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Regionale Schlüsselakteure in der neuen globalen Ordnung

Indien, Kenia, Kolumbien, Türkei

In Zeiten globaler Machtverschiebungen und geopolitischer Fragmentierungen ist es eine Herausforderung für Deutschland und die Europäische Union, stabile und für beide Seiten attraktive Partnerschaften zu bauen. Selten wird dabei die Perspektive der (potenziellen) Partnerländer in den Blick genommen. Was sind ihre zentralen Interessen, welche spezifischen Abhängigkeiten prägen ihre außenpolitischen Entscheidungen, in welche regionalen Ordnungen sind sie eingebunden? Und was bestimmt ihren Blick auf Deutschland und die EU? Diesen und anderen Fragen hat sich dieses Projekt gewidmet. Mit Indien, Kenia, Kolumbien und der Türkei wurden vier Länder aus vier Weltregionen in den Blick genommen und deren außenpolitische Positionierungen genauer untersucht. Am Ende steht der Versuch, Rückschlüsse für die (Außen-)Politik Deutschlands und der Europäischen Union im Umgang mit diesen und anderen Staaten, zu denen strategische Partnerschaften intensiviert und ausgebaut werden sollen, zu ziehen.

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Im Zuge dieses Projekts wurde die außenpolitische Positionierung von Indien, Kenia, Kolumbien und der Türkei – vier sehr unterschiedlichen, sich jeweils als Regionalmacht beziehungsweise Schlüsselakteur in der Region verstehenden Ländern – untersucht. Es können folgende Rückschlüsse für die (Außen-)Politik Deutschlands und der Europäischen Union im Umgang mit diesen und anderen Staaten, zu denen strategische Partnerschaften intensiviert und ausgebaut werden sollen, gezogen werden:

 

1. Deutschland und die EU müssen sich vom „Lagerdenken“ verabschieden und mehr Ambiguitätstoleranz entwickeln.

  • Die politische Kategorie des „Westens“ ist für ein tieferes Verständnis der Umbrüche auf globaler Ebene wenig hilfreich. Die ihm innewohnende „Zweiteilung der Welt“ wird dieser in ihrer heutigen Komplexität nicht gerecht und ist außerdem normativ überfrachtet und exklusiv. 
  • Deutschland und die EU sollten mehr Ambiguitätstoleranz entwickeln und die übergeordnete Bedeutung einer Partnerschaft trotz mancher Differenzen in den Vordergrund stellen. Dabei sind Mehrdeutigkeiten auszuhalten, auf vorgefertigte Positionen ist zu verzichten, insbesondere, wenn diese den Anspruch einer moralischen Richtigkeit erheben. Vor allem sollten es Deutschland und die EU vermeiden, den Partnerländern eine Entscheidung „für eine Seite“ abzuverlangen. 
  • Deutschland und die EU müssen darauf vorbereitet sein, dass sich (mögliche) Partner pragmatisch und fordernd positionieren. Vermeintliche Inkonsistenzen in Fragen der internationalen Ordnung sind oft Ausdruck einer interessengeleiteten Außen-, Wirtschafts- und Handelspolitik, die darauf schließen lassen, dass alternative Angebote zur Kooperation bestehen.

 

2. Deutschland und die EU sollen die „Zugeneigten“ nicht vernachlässigen.

  • Länder wie in dieser Studie Kenia und Kolumbien sollten nicht fälschlicherweise als „selbstverständliche Partner“ gesehen werden, weil das zu einer schleichenden Vernachlässigung führen kann und als solche von diesen wahrgenommen wird.
  • Deutschland und die EU sollten diese Länder viel mehr als wichtige Kommunikationsadern und Brückenbauer in den sogenannten Globalen Süden verstehen, mit denen auch ergebnisoffen zu kritischen Themen gesprochen werden kann. Das Hinterfragen eigener Positionen und auch die Divergenzen in der Bewertung der globalen Veränderungen sind hier zentral; die oft unterschiedlichen Signale seitens der EU an die Partnerländer oft hinderlich.
  • Mittelgroße Länder wie Kenia und Kolumbien stehen international weniger im Mittelpunkt und verfügen über geringere Ressourcen. Deutschland und die EU können dort mit überschaubarem Mitteleinsatz in verschiedensten Politikbereichen Angebote machen, die gute Chancen auf gewinnbringende Umsetzung für beide Seiten haben. In Zeiten von knapper werdenden eigenen Ressourcen ist diese Abwägung für das deutsche Außenhandeln kein zu vernachlässigender Punkt.

 

3. Deutschland und die EU sollten Reformansätze der Partnerländer für das internationale System unterstützen.

  • Alle untersuchten Länder erheben nachvollziehbare Ansprüche auf eine größere Repräsentation und Mitsprache im internationalen System. Nur durch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen Erwartungen und einer Unterstützung, wo sich diese mit den eigenen Interessen deckt, können Deutschland und die EU als vertrauenswürdige Partner bei einer Reform des internationalen Systems wahrgenommen werden.
  • Eine Reform des internationalen Systems wird nicht ganz ohne substanzielle Zugeständnisse seitens Deutschlands und der EU zugunsten der bisher unterrepräsentierten Länder möglich sein. Sich diesen Reformansätzen trotz innenpolitischer Zwänge nicht zu verschließen, ist notwendig, damit Deutschland und die EU nicht an Glaubwürdigkeit verlieren.

 

4. Deutschland braucht mehr Strategie und Kohärenz in seiner Außenpolitik.

  • Ein vertieftes Wissen um die tatsächlichen Interessen und dringendsten Bedürfnisse eines Landes ist unentbehrlich, will Deutschland seine Zusammenarbeit mit jenem Land auf- oder ausbauen. Die deutschen Auslandsvertretungen sind dafür essenziell, wurden jedoch in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren zugunsten von Stellen in Berlin reduziert. Eine gute Abstimmung aller im deutschen Regierungsauftrag tätigen Organisationen vor Ort ist in Zeiten knapper werdender Ressourcen wichtiger denn je.
  • Deutschland muss klar benennen, welche seine Prioritäten in der Zusammenarbeit mit einem spezifischen Land sind. Es braucht jedoch auch kohärente Strategien, die nicht nur Werte und Grundsätze festlegen, sondern ebenso die deutschen Interessen und Ziele über Politikbereiche hinweg klar definieren und geostrategische Aspekte einbeziehen. So verfügen die Partnerländer über eine bessere Grundlage, auch längerfristige Interessensüberschneidungen zu erkennen.
  • Durch die Verknüpfung dieser nach außen und innen gerichteten Elemente könnte Deutschland eine Politik des pragmatischen Umgangs mit Werten und Interessen anstoßen. Es würde dadurch in seinem internationalen Auftreten sowohl an Attraktivität als auch an Glaubwürdigkeit gewinnen und sich somit von anderen Akteuren unterscheiden.

Lesen Sie die gesamte Publikation: „Regionale Schlüsselakteure in der neuen globalen Ordnung – Indien, Kenia, Kolumbien, Türkei“ hier als PDF.

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