تقارير البلدان
Trotz Direktwahl sind die Vollmachten des bulgarischen Präsidenten weitgehend repräsentativ. Lediglich wenn es zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommt, ernennt er eine Interimsregierung. Darüber hinaus kann er Gesetze zur erneuten Beratung an das Parlament zurückverweisen. Nimmt das Parlament aber das Gesetz wieder mit absoluter Mehrheit an, ist er verpflichtet, es zu unterzeichnen und auszufertigen.
Der amtierende Präsident Rossen Plevneliev, vor fünf Jahren von der Partei „Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens“ (GERB) aufgestellt, hatte im Mai dieses Jahres angekündigt, sich nicht um ein zweites Mandat zu bewerben. Plevneliev hatte sich stets kompromisslos zu Gunsten der Westbindung Bulgariens ausgesprochen und sich dadurch insbesondere in den Staaten, die der EU bzw. der NATO angehören, ein hohes Ansehen erworben. Zuletzt war es allerdings zwischen ihm und Ministerpräsident Bojko Borissov zu Spannungen gekommen, weil letzterer Plevneliev eine zu kritische Haltung gegenüber Moskau vorgeworfen hatte, die zur Verschlechterung der bulgarisch-russischen Beziehungen beigetragen habe.
Der Ministerpräsident und GERB-Vorsitzende Bojko Borissov hatte die Nominierung des Kandidaten bzw. der Kandidatin seiner Partei für die Präsidentschaftswahl immer wieder verschoben und damit zahlreiche Spekulationen ausgelöst, u.a. wurde diskutiert, ob er selbst für das höchste Staatsamt kandidieren wolle. Allerdings hatte er solche Ambitionen stets dementiert.
Kein gemeinsamer bürgerlicher Kandidat von GERB und Reformblock...
Am 2. Oktober gab er dann bekannt, dass die gegenwärtige Präsidentin der Nationalversammlung, Zezka Zatscheva, für GERB in den Wahlkampf ziehen solle. Sie ließ sich daraufhin umgehend von ihrer gegenwärtigen Funktion beurlauben.
Zatscheva ist Juristin, war vor 1989 Mitglied der Bulgarischen Kommunistischen Partei, jedoch nie in herausragender Position und hatte diese unmittelbar nach der Wende verlassen. 2007 übernahm sie ihr erstes politisches Mandat und wurde Stadträtin in Pleven. Bei der Parlamentswahl 2009 wurde GERB dann stärkste Partei, Zatscheva zog in die Nationalversammlung ein und wurde ihre Präsidentin. Bei der Parlamentswahl 2013 aber verlor GERB die Mehrheit und verzichtete auf das ihr zustehende Amt eines Vizepräsidenten der Nationalversammlung. Die Mehrheit zurückerobern konnte die Partei bei der vorgezogenen Parlamentswahl 2014, anschließend wurde Zatscheva erneut zur Präsidentin der Nationalversammlung gewählt. Zatscheva gilt als enge Vertraute von Bojko Borissov. Ebenso wenig wie die anderen Bewerber hat sie ein Wahlprogramm vorgelegt, dies ist wohl auch auf die geringen Kompetenzen des Staatsoberhaupts zurückzuführen. Im Wahlkampf spricht sie sich für die Mitgliedschaft Bulgariens in der NATO und eine ausgewogene Außenpolitik aus, die Sanktionen gegen Russland sollten „überdacht“ werden, auch wenn die Annexion der Ukraine durch Russland eine grobe Verletzung des Völkerrechts darstelle und die Krim de iure weiter zur Ukraine gehöre. Als große Probleme Bulgariens benennt sie Migration und Terrorgefahr.
Auf einen gemeinsamen bürgerlichen Kandidaten konnten sich GERB und ihr Koalitionspartner, der Reformblock, ein Bündnis mehrerer kleiner Parteien, nicht verständigen. Für den Reformblock wird Trajtscho Trajkov antreten. Er war von 2009 bis 2012 Minister für Wirtschaft, Energie und Tourismus. Während seiner Amtszeit hatte er immer wieder gefordert, die Energieabhängigkeit Bulgariens von Russland zu beenden. Nach seinem Rücktritt kritisierte er die Regierung Borissov wiederholt öffentlich. Seit 2015 ist er Stadtrat in Sofia. Er prangert den starken Einfluss von Oligarchen in Bulgarien an und sieht sich als einziger bürgerlicher Kandidat, weil er sich unzweideutig für eine Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland ausspreche.
... und kein gemeinsamer Kandidat der Linksparteien
Auch die Linksparteien verhandelten längere Zeit über einen gemeinsamen Kandidaten, konnten sich aber ebenfalls nicht einigen. Offiziell Kandidat eines Initiativkomitees, aber faktisch Bewerber der Sozialistischen Partei wird der parteilose General Rumen Radev sein. Er ist politisch bisher nicht in Erscheinung getreten, sondern war Chef der bulgarischen Luftstreitkräfte. Im Oktober 2015 bat er um seine Entbindung von dieser Funktion, weil die Luftstreitkräfte des Landes unterfinanziert seien, auf Bitten von Ministerpräsident Borissov blieb er jedoch im Amt, von dem er nach seiner Nominierung auf eigenen Wunsch dann dennoch entbunden wurde. Radev war nicht nur Jahrgangsbester der Akademie der bulgarischen Luftstreitkräfte, sondern hat auch einen Masterabschluss der Maxwell Squadron Officer School in den USA. Ihm werden gleichwohl seit längerem sehr gute Beziehungen zu den Linksparteien des Landes nachgesagt, u.a. zum früheren Präsidenten Bulgariens, Georgi Parvanov, der später die BSP verließ und eine neue Partei, die „Alternative für die Wiedergeburt Bulgariens“ (ABW) gründete. Radev betont immer wieder, die bulgarische Außenpolitik müsse in Sofia (und nicht in Brüssel) formuliert werden. Auch bedeute Europhilie nicht Russophobie, die Mitgliedschaft Bulgariens in EU und NATO sei allerdings alternativlos. Die Sanktionen gegen Russland sollten „überdacht werden“, die Krim gehöre de iure zur Ukraine, aber dort „weht die russische Fahne.“ Als Hauptprobleme Bulgariens benennt er Migration und Armut sowie das angebliche „Machtmonopol“ der GERB.
Offiziell ebenfalls für ein Initiativkomitee, praktisch aber für die ABW wird Ivajlo Kalfin antreten, der bei der Präsidentschaftswahl 2011 Rossen Plevneliev nur knapp unterlegen war. Der Wirtschaftswissenschaftler Kalfin, nach eigenem Bekunden vor 1989 BKP-Mitglied, blickt auf eine langjährige politische Karriere zurück. Bereits 1994 zog er als Abgeordneter in die Nationalversammlung ein, der er zunächst bis 1997, dann erneut von 2000 bis 2001 angehörte. Von 2003 bis 2005 war er sodann Wirtschaftsberater von Präsident Parvanov, unter Ministerpräsident Sergej Stanischev (BSP) 2005-2009 stellvertretender Ministerpräsident und Außenminister. 2009 wurde er Abgeordneter im Europäischen Parlament. Ministerpräsident Borissov gelang es 2014, ABW als Koalitionspartner zu gewinnen und Kalfin wurde stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Arbeit und Soziales. Im Mai 2016 trat Kalfin von seinem Regierungsamt zurück, und ABW wechselte in die Opposition. Er spricht sich für eine „aktive Außenpolitik“ mit dem Ziel der „Wiederherstellung der Würde Bulgariens in der Region“ sowie eine Bestandsaufnahme der seit 1989 durchgeführten Wirtschaftsreformen aus und kündigte Vorschläge für eine Verfassungsreform an, mit der eine bessere „Balance“ der staatlichen Institutionen erzielt werden solle.
Im Namen eines weiteren Initiativkomitees, hinter dem mehrere nationalistische Parteien stehen, wird Krassimir Karakatschanov kandidieren. Er ist Historiker, war vor der Wende für den kommunistischen Geheimdienst tätig und gehört der Nationalversammlung in der dritten Wahlperiode an. Sein Wahlkampfmotto lautet „Bulgarien über alles“, als Hauptprobleme Bulgariens sieht er „Roma-Kriminalität“, Migration und die aus seiner Sicht bestehende türkische Bedrohung. Bulgarien habe als EU- und NATO-Mitglied entsprechende Pflichten, aber auch eigene Prioritäten.
Als unabhängiger Kandidat tritt der Finanzfachmann Plamen Orescharski an. Er war von 2013 bis 2014 Ministerpräsident Bulgariens und zog landesweite Proteste auf sich, nachdem er im Juni 2013 den Medienoligarchen Deljan Peevski zum Chef des Nachrichtendienstes ernennen wollte. Orescharski hat am 20. Oktober die Unterstützung der Partei der ethnischen Türken „Bewegung für Rechte und Freiheiten“ (DPS) erhalten. Er setzt sich für eine „ausgewogene“ Außenpolitik, wirtschaftliche Entwicklung und die Bekämpfung der Armut ein.
Die zahlreichen weiteren Bewerber sind völlig chancenlos.
Ein Blick auf die Kandidaten von GERB und BSP für das Vizepräsidentenamt
GERB hat den früheren Vizeadmiral Plamen Manuschev als Vizepräsidentschaftskandidaten aufgestellt. Dies gilt auch als Reaktion auf die zuvor erfolgte Nominierung von General Radev für das Präsidentenamt. Das Militär genießt in Bulgarien hohes Ansehen, zumal in der gegenwärtigen angespannten internationalen Situation.
Nachdem Ministerpräsident Borissov während des Sommers mehrfach erklärt hatte, er könne sich auch eine Frau als Kandidatin der GERB vorstellen, nominierte die BSP die Philologin und seit 2007 Abgeordnete im Europäischen Parlament Iliana Jotova für das Vizepräsidentenamt.
Die jüngsten Meinungsumfragen ergeben für den ersten Wahlgang folgendes Bild: Zatscheva ca. 34 Prozent, Radev 28,6 Prozent, Karakatschanov 12,5 Prozent, Kalfin 6,6 Prozent und Trajkov 5,1 Prozent. Das Ergebnis von Orescharski ist schwer einschätzbar, da er die Unterstützung der DPS erst gegen Ende des Wahlkampfs erhalten hat. Je nach Umfrage beabsichtigen 4-11 Prozent der Wähler, ihr Kreuz in der Spalte „Ich unterstütze keinen Kandidaten“ zu machen. Mit den neuen Änderungen im Wahlgesetz herrscht inzwischen formell Wahlpflicht, bisher sind jedoch nach eigenen Angaben nur 67 Prozent aller Wahlberechtigten entschlossen, zur den Urnen zu gehen. Meinungsforscher gehen allerdings von einer noch niedrigeren Beteiligung aus.
Laut Umfragen ist ein zweiter Wahlgang wahrscheinlich, bei dem Zatscheva und Radev aufeinander treffen würden. Mit Spannung wird erwartet, welche Wahlempfehlung die im ersten Wahlgang unterlegenen Kandidaten dann abgeben werden.
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