تقارير البلدان
Ihre Bildung kommt keineswegs überraschend; der informelle Kreis um den ehemaligen Generalsekretär der UDK, Christo Bisserov, der wegen skandalöser Attacken gegen die eigene Parteiführung und vor allem gegen Premier Iwan Kostov aus der Union ausgeschlossen wurde, existiert seit längerer Zeit in latenter Form. Derartige Umgruppierungen sind in den bulgarischen Parlamenten seit der Wende 1989 keine Seltenheit. In der aktuellen Volksversammlung waren bisher alle Fraktionen von Austritten und Fraktionswechseln betroffen, die kleine Fraktion des Bulgarischen Businessblocks (BBB) ist dabei sogar untergegangen.
Diese neue Fraktion ist nach Bisserovs Äußerungen als Keimzelle einer hypothetischen konservativen Partei gedacht, die innerhalb einer promonarchistischen Koalition an den bevorstehenden Wahlen teilnehmen soll. Christo Bisserov war dieser Tage in Madrid zu Besuch beim bulgarischen Exilmonarchen Simeon II (geb. 1937), um ihn mit seinen Absichten bekanntzumachen und für seine Sache zu gewinnen. Simeon II, der als Kind 1946 Bulgarien verlassen musste und seitdem in Spanien lebt, hat bereits zu Beginn der 90er Jahre seine bulgarische Staatsbürgerschaft und in der Regierungszeit der Vereinigten Demokratischen Kräfte (VDK) seit 1997 auch seine recht ansehnlichen Besitzungen in Bulgarien zurückerhalten. Er hatte 1997 indirekt in die Politik eingegriffen, indem er die Koalition Union für Nationale Rettung (die türkische Bewegung für Rechte und Freiheiten BRF nebst einigen marginalen Parteien) unterstützte.
Der König hat angekündigt, aktiv in die bulgarische Politik einsteigen zu wollen und sich an den kommenden Parlamentswahlen zu beteiligen. Seitdem ist ein großes Rätselraten um seine konkreten Absichten im Gange. Diverse Gruppen, Parteien und Bewegungen sind bestrebt, eine promanarchistische Koalition oder Sammelbewegung zu schmieden, sich die Unterstützung des Monarchen erhoffend. Meinungsumfragen weisen aus, dass eine derartige politische Kraft zumindest theoretisch Chancen für den Einzug ins Parlament hätte. Die praktische Umsetzung dieses Vorhabens ist indessen mit einer Reihe von Schwierigkeiten wie z.B. programmatischen und persönlichen Unverträglichkeiten zwischen den zahlreichen Kandidat-Monarchisten behaftet. Zudem schiebt Simeon die Verkündung seiner exakten Intentionen immer weiter hinaus, obwohl bis zum Urnengang weniger als 3 Monate verbleiben, und beschränkt sich auf allgemeine Floskeln und Andeutungen.
Die Regierungsmehrheit ist damit von einst 137 Abgeordneten (der UDK und Volksunion VU) auf 124 Abgeordnete geschrumpft. (3 Abgeordnete, die formal der UDK-Fraktion angehörten, aber Mitglieder anderer politischer Parteien - der WMRO und einer Bauernpartei - sind, waren vor einiger Zeit ebenfalls aus der Fraktion ausgeschieden). Die absolute Mehrheit liegt bei 121.
Die neue Fraktion erklärte, sie sei gebildet worden, um die Erwartungen der Gesellschaft für eine offene Politik zu erfüllen. Es sei der politische Wille erforderlich, alle Mitte-Rechts-Parteien und Bewegungen zu vereinen, wie es die UDK 1996 und 1997 gemacht habe.
Es ist darüber hinaus bekannt, dass Bisserov in der Vergangenheit insbesondere für eine enge Kooperation der UDK mit der BRF plädiert hat und weiter dazu steht. Die jetzige UDK-Führung ist in ihren Kontakten zur BRF sehr vorsichtig, weil sie (leidvolle) Koalitionserfahrungen mit ihr 1991-92 hat machen müssen, als die Führung der Bewegung, deren Wähler infolge der Repressalien des kommunistischen Regimes in den 80er Jahren eigentlich antikommunistisch eingestellt sind, die Koalition aufkündigte und eine Regierung mit der BSP bildete. Es folgte "die Zeitlosigkeit" des berüchtigten Berov-Kabinetts, unter dem die demokratischen Umgestaltungen gestoppt bzw. zurückgenommen wurden.
Erklärung der Parteiführungen von UDK und Volksunion vom 15.3.2001:
"Heute haben zehn Abgeordnete der Fraktionen der UDK, VU und UNR eine Parlamentsfraktion gebildet, dabei vergessend, dass sie mit anderen Listen als Volksvertreter gewählt wurden und dass sie gegenüber ihren Wählern Pflichten haben. Die Zusammensetzung dieser Gruppe zeigt, dass darin vornehmlich Leute sind, die Mitarbeiter der ehemaligen Staatssicherheit DS waren oder mit Vertretern der russischen organisierten Kriminalität, die aus Bulgarien ausgewiesen wurden, verbunden sind.
Für uns bleibt die Frage offen, inwieweit Simeon II eine Beziehung zu dieser Provokation gegenüber den bulgarischen Parteiinstitutionen hat und inwiefern er sich auf diese Personen stützen wird.
In den zentralen und örtlichen Parteistrukturen der UDK entsteht seit langem eine Milieu der Ablehnung gegenüber diesen Abgeordneten. Es war nur eine Frage der Zeit, wann wir uns von ihnen trennen würden. Daher trennen sich die VDK mit Erleichterung von diesen Volksvertretern und rufen sie auf, die Volksversammlung zu verlassen. Wir gestehen ein, dass wir unsere Wähler mit unserer Geduld lange auf die Folter gespannt haben und zu lange geschwiegen haben, als der Präsident seine Appelle an uns richtete, uns von solchen Leuten zu befreien. Wir glauben, dass heute alle den Grund verstehen werden, nämlich den Weg Bulgariens nicht in Frage zu stellen.
Alle Parteien der Koalition VDK verurteilen das unwürdige Verhalten der Gruppe. Diese Gruppe vertritt keine politische Sache und kann sie nicht vertreten, am allerwenigsten diejenige der VDK."
Der Kontrollrat der UDK hat beschlossen, auf der nächsten Nationalratssitzung (=Vorstand) den Ausschluss der 5 Abgeordneten zu beantragen. Parlamentspräsident Jordan Sokolov sagte, dass inzwischen auch anderen VDK-Abgeordneten große Geldsummen angeboten werden, um sich der neuen Fraktion anzuschließen. Die Mitarbeiter der DS in der neuen Fraktion würden in wenigen Wochen nach Anwendung des neuen Stasi-Unterlagengesetztes bekannt werden. Bezeichnenderweise hätten Leute wie Swetlana Djankova sich demonstrativ geweigert, das neue DS-Gesetz zu unterstützen, merkte der Vorsitzende der Jungen Union, Welislav Welitschkov, an.
Dazu sagt das Präsidiumsmitglied der UDK Dimitar Abadshiev: "Das Vorgefallene ist ein positiver Prozess für die UDK, weil aus der Partei Leute ausgeschieden sind, die das Vertrauen in die UDK untergraben haben. Wir sind überzeugt, dass die ehemaligen Geheimdienste einen großen Einfluss auf diese Leute haben. Es ist eine Tatsache, dass ein Großteil von ihnen den von der UDK eingebrachten DS-Gesetzentwurf nicht unterzeichnet haben. Die neue Fraktion ist Teil aller Formationen, Strukturen und Subjekte, die keine EU- und NATO-Integration Bulgariens wünschen. Sie setzen alles daran, dass Bulgarien ein Land mit nach Osten orientierter Schattenwirtschaft bleibt. Um ihr Ziel zu erreichen, führen sie gewaltige Ressourcen ins Feld, weil sie wissen, dass das ihre letzte Schlacht ist...Unsere Sympathisanten müssen wissen, dass die UDK nach dem Ausscheiden dieser Leute viel monolithischer ist. Denn, ich sage es nochmals, das waren die Leute, die das Vertrauen in die Partei untergruben und die die Politik mit dem Klientelismus verwechseln..."
Der BSP-Vorsitzende Georgi Parwanov bekundete die Bereitschaft der BSP, einen politischen Dialog mit der sich um Simeon II herausbildenden Koalition zu führen. Man erwarte ein seriöses Programm und werde unter den Monarchisten nach Personen Ausschau halten, die die Grundlage der nächsten Regierung bilden könnten. Das Thema einer Zusammenarbeit mit den vernünftigen Politikern in der UDK sei nicht erschöpft.
Kommentare zur Bildung der neuen Fraktion
Ognjan Mintschev: "Die Ameisen werden es nicht schaffen"
Die jetzt ablaufenden Ereignisse wiederholen in hohem Maße die Prozesse 1992. Das, was sich nicht wiederholen wird, ist der Sturz der Regierung. Ich denke nicht, dass das Kabinett real in Gefahr ist.Aber auch jetzt ist, analog 1992, der Versuch da, die UDK intern zu spalten. Auch jetzt wird die Koalitionspolitik durch eine oberflächliche und unbegründete These attackiert. Es erschienen wieder "blaue Ameisen", die eine der Konjunktur unterworfene Politik betreiben. Der Unterschied ist, dass es damals "Bojanische Wiesen" (Pressekonferenz des damaligen Staatspräsidenten Shelju Shelev unter freiem Himmel in der Residenz Bojana, die vielen Beobachtern als Signal zum Sturm auf das erste nichtkommunistische Kabinett unter Philip Dimitrov gilt), jetzt aber "Madrider Wiesen" da sind. Ich erwarte aber nicht, dass sich das Schicksal der jetzigen blauen Ameisen erheblich von dem der anderen unterscheiden wird (die inzwischen fast allesamt volens-nolens aus der aktiven Politik verdrängt wurden. - Anm. des Autors)."
Ewgenij Dajnov: "Die UDK kann den Zerfall bremsen"
Vor einiger Zeit stelle ich fest, dass die UDK von einer inneren Unruhe erfasst ist und sich damit abgefunden hat, dass sie die geneigte Ebene herunterrollt und es kein Halten gibt. Damals erinnerte ich daran, dass das Abstoppen vom Willen, der in eine straffe Organisation eingebunden ist, abhängt. Bisher wurden dieser Wille und diese Organisation nicht an den Tag gelegt und wir nähern uns dem katastrophalen Ende für die UDK. Dabei zieht die UDK am Wahltag mit der BSP gleich und stürzt weiter ab. Das eröffnet die Möglichkeit für das Erscheinen einer neuen Konfiguration von 50-60 Abgeordneten im Parlament, die die strategische Initiative halten. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist, daß die Philosophie der geneigten Ebene die Leute schützte, die jetzt die UDK verlassen. Das bedeutet, daß das Auftauchen eines in Organisation gekleideten Willen möglich ist, der den Absturz der UDK aufhält."
Emil Koschlukov (1990 Studentenführer der UDK, heute scharfer Kritiker der Union):"Es ist eine geschäftsführende Regierung nötig"
Die Spaltung in der UDK war angekündigt. Sie wurde seit langem in der Öffentlichkeit diskutiert und ist das natürliche Ergebnis der Clan-Gegensätze in der UDK. Kostov hat versucht, die UDK in eine "Familie Kostov" GmbH zu verwandeln. Es gibt natürlich Leute, die das nicht akzeptieren können und so reagiert haben, wie wir es sahen.
Die große Frage jetzt ist, ob sich noch weitere Leute finden werden, die sich gegen das Diktat und die Zensur stellen.
Die Frage ist, ob die Bildung einer größeren Gruppe im Parlament möglich ist, die zu einer geschäftsführenden Regierung führt. Das ist der einzige Weg, um den Zugang der Familie zu Macht und Ressourcen zu unterbinden."
Unruhen wegen eines Kriminaldelikts
Ein Kriminalfall in der Hauptstadt Sofia am 16. März sorgte für viel Aufsehen und große Aufregung landesweit.
Am Freitag morgen meldeten die Medien, dass um 8.50 einer jungen Frau ihr dreijähriges Kind auf dem Weg zum Kindergarten von einem Unbekannten buchstäblich aus der Händen entrissen und in einem schwarzen BMW entführt wurde. Da der Vater des Kindes sich als Taxifahrer herausstellte, begannen viele Taxifahrer in der Hauptstadt daraufhin, zusammen mit der Polizei, eine fieberhafte Suche nach dem vermissten Kind. Es wurde zwei Stunden später in einem See im hauptstädtischen Südpark tot aufgefunden. Eine große Zahl von Taxifahrern versammelte sich unverzüglich zu einem "bürgerlichen Protest" vor dem Parlamentsgebäude im Zentrum Sofias. In Sprechchören und mit Hupkonzerten wurde der Rücktritt der Regierung verlangt, es erklangen Rufe wie "Mafia", "Mörder" u.ä. Ministerpräsident Iwan Kostov sowie Beamte des Innenministeriums versuchten - nicht ganz ohne Erfolg - die aufgeheizte Atmosphäre durch Ansprachen zu beruhigen. Man sagte eine schnellstmögliche Aufklärung des Falles zu. Bereits zu diesem Zeitpunkt warnte einer der hochrangigen Beamten des Ministeriums, die Menge würde beschämt auseinandergehen, wenn sie den Mörder und die wahren Motive für die Tat erführe. Die versammelten Fahrer wollten diese Worte aber nicht gelten lassen.
Innenminister Emanuil Jordanov, der sich zu diesem Zeitpunkt in Belgien aufhielt, unterbrach sofort seinen Aufenthalt und reiste nach Sofia zurück. Er kündigte an, bis Dienstag seinen Rücktritt einreichen zu wollen, wenn das Delikt bis dahin nicht aufgeklärt sei.
Die oppositionellen BSP und Union für Nationale Rettung (UNR) verlasen Erklärungen, in denen der Regierung totale Unfähigkeit im allgemeinen und ein völliges Versagen in der Verbrechensbekämpfung im besonderen vorgeworfen und ihr unverzüglicher Rücktritt sowie die Ausschreibung vorgezogener Parlamentswahlen gefordert wurden. Die Eurolinke hielt die Rücktrittsforderungen an das gesamte Kabinett für überspitzt, verlangte aber zumindest die Demission des Innenministers.
Unterdessen hatten die Taxifahrer Umzüge in Sofia organisiert, zahlreiche Kollegen aus der Provinz, so aus der zweitgrößten Stadt Plovdiv, bekundeten ihre Bereitschaft, sich ihnen anzuschließen und nach Sofia zu begeben. Sie wurden jedoch von der Polizei höflich, aber bestimmt an der Fahrt in die Hauptstadt gehindert.
Bereits im Laufe der Nacht wurde die eigentliche Tragödie Gewissheit - das Kind war von der eigenen Mutter erwürgt und in den See geworfen worden, die Geschichte mit der Entführung war ihre freie Erfindung, um ihre Tat zu decken. Die Frau hatte seit Jahren an schweren psychischen Störungen gelitten. Daraufhin fanden alle Proteste ein jähes Ende und die Fahrer gingen auseinander.
Der "zivile Protest" wird vor dem Hintergrund verständlich, dass es sich um das Kind eines Kollegen handelt. Eine Rolle scheinen auch ein gewisse Unzufriedenheit der Fahrer mit bestimmten sozialen Mißständen und damit verbundene gewerkschaftliche Forderungen gespielt zu haben, wenngleich hier der konkrete Ansprechpartner eigentlich nicht die Regierung, sondern die Kommunalverwaltungen gewesen wären. Außerdem haben es die Opposition durch Misstrauensanträge und die Medien mit entsprechenden Publikationen in letzter Zeit geschafft, der Öffentlichkeit ein Gefühl der allgemeinen Unsicherheit wegen der ihres Erachtens gesteigerten Kriminalität zu vermitteln.
Ebensowenig kann man es der Opposition verdenken, wenn sie vor allem im Hinblick auf die Wahlen Kapital aus echten oder vermeintlichen Fehlern und Unzulänglichkeiten der Regierung zu schlagen versucht. Auf einem anderen Blatt steht allerdings, ob dafür jedes Mittel recht und es vom ethischen Standpunkt aus gerechtfertigt ist, eine derartige Familientragödie für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Auch muß man sich fragen, ob die oppositionellen Politiker nicht mit ihren radikalen Rücktrittsforderungen hätten abwarten sollen, bis sie sich ein präziseres Bild von der Situation verschafft haben.
Wie dem auch sei, die zunächst etwas befremdlich wirkende, übertriebene Reaktion der Fahrer und der Opposition mag in Anbetracht der obigen Argumente einigermaßen verständlich werden, doch liefert das noch nicht die ganze Erklärung.
Parlamentspräsident Jordan Sokolov, der 1991-92 Innenminister war, sowie der amtierende Innenminister Emanuil Jordanov gaben an, unter den Protestierenden eine Rei he von Mitarbeitern der ehemaligen Staatssicherheit DS, darunter den vormaligen hochrangigen DS-Mitarbeiter und jetzigen BSP-Aktivisten Zwjatko Zwetkov (der als Innenminister in einer eventuellen künftigen BSP-geführten Regierung gehandelt wird), ausgemacht zu haben. Eines der am Protest beteiligten Taxiunternehmen werde nach den Worten des Innenministers von zwei ehemaligen Geheimdienstlern geleitet. Ministerpräsident Iwan Kostov teilte mit, die Vorgänge würden weiter geprüft und er werde am kommenden Donnerstag mit einer Erklärung zur Rolle der ehemaligen Geheimdienste und der Opposition bei diesen Protesten an die Öffentlichkeit treten. Der Kriminalfall wäre demnach nur ein Anlass für ein vorbereitetes Szenario gewesen.
Es ist in der Tat korrekt, dass der vorzeitige Rücktritt des Kabinetts nur wenige Tage vor Ablauf seiner Amtszeit eine Destabilisierung des Landes par exellence wäre, zumal angesichts der angespannten Situation in Mazedonien. Der mazedonische Präsident Boris Trajkovski äußerte in einem Fernsehinterview seine Besorgnis über eine eventuelle Regierungskrise in Bulgarien, die sich seines Erachtens sehr ungünstig auf die ohnehin instabile Situation in Mazedonien auswirken würde. Mazedonien sei an der Stabilität seiner Nachbarstaaten sehr interessiert.
Manche politische Kommentatoren gehen noch weiter und postulieren Zusammenhänge zwischen den Versuchen zur Destabilisierung Mazedoniens und dem "Umsturzversuch" in Sofia. In Medienäußerungen und Publikationen behauptet Iwo Maev beispielsweise, dass Moskau starke geopolitische Interessen auf dem Territorium Ex-Jugoslawiens habe und nicht ganz unbeteiligt an den Vorgängen in Mazedonien ist. Die Proteste in Sofia seien ebenfalls nicht losgelöst von den angeblichen Versuchen zur Destabilisierung der gesamten Balkanhalbinsel zu sehen. In dieselbe Kerbe schlägt Ognjan Mintschev, wenn er sagt, dass der Balkan traditionell zum geostrategischen Interessenfeld Moskaus gehört, dem nicht sonderlich an einer Befriedung der Region gelegen ist.
Die sehr rasche Aufklärung des Falles hat jedenfalls eine weitere Eskalation der Lage verhindert, der Regierung und den sie tragenden Parteien möglicherweise Pluspunkte im bevorstehenden Wahlkampf beschert und umgekehrt der Opposition infolge ihrer überstürzten, voreiligen Reaktion statt der erhofften Vorteile eher Nachteile gebracht.
Bulgarische Aktivitäten in Zusammenhang mit der Krise in Mazedonien
Die krisenhafte Entwicklung in Mazedonien ruft Unruhe in der bulgarischen Öffentlichkeit sowie in politischen Kreisen hervor. Bulgarien ist berechtigterweise um die Stabilität des Nachbarlandes besorgt, um so mehr, als die Entwicklung dort unmittelbare Auswirkungen auf das eigene Land hat und die Stabilität Mazedoniens daher im ureigensten Interesse Bulgariens liegt.
Neben diesen pragmatischen Gesichtspunkten sind auch die vielfältigen geschichtlichen, menschlichen und sentimentalisch-romantischen Verbindungen zwischen beiden Ländern zu berücksichtigen. Es muss an dieser Stelle jedoch ausdrücklich betont werden, dass selbst extrem nationalistische und nationalpatriotische Kreise in Bulgarien längst alle Ansprüche auf Mazedonien, wie sie im Verlaufe des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts geltend gemacht wurden, aufgegeben haben und mit Nachdruck für die territoriale Integrität und nationale Souveränität Mazedoniens plädieren. Das bulgarische Parlament verabschiedete eine diesbezügliche Erklärung mit nur einer Gegenstimme.
Bulgarien hat mehrere Hundert Tonnen Militärgüter unentgeltlich nach Mazedonien geliefert (deren konkrete Zusammensetzung der Geheimhaltung unterliegt). Ministerpräsident Iwan Kostov zog seinen geplanten Staatsbesuch in Skopje vor, um sich ein Bild von der Lage vor Ort machen zu können und Mazedonien der bulgarischen Untersuchung zu versichern.
Staatspräsident Petar Stojanov sagte Mazedonien ebenfalls jedwede erdenkliche bulgarische Hilfe zu. Einige zweideutige Formulierungen in den Presseerklärungen des Präsidialamtes sorgten für zeitweilige Aufregung und verschiedene Interpretationen. Bestimmte Passagen daraus wurden als Zusage einer begrenzten bulgarischen Militärintervention in Mazedonien ausgelegt. Angesichts der geschichtlichen Vorbelastungen sowie der internationalen Situation wäre eine einseitige bulgarische Aktion natürlich absolut kontraindiziert, wenn denn die internationale Staatengemeinschaft und insbesondere die Nachbarstaaten Mazedoniens überhaupt Truppen in das Land entsenden sollten.
Stojanov stellte seine Worte jedoch bald klar und bereitete allen Spekulationen ein Ende. Der Sinn seiner Äußerung sei gewesen, dass sich Bulgarien einer Beteiligung an etwaigen internationalen Truppen im Südkosovo oder notfalls auch auf mazedonischem Territorium nicht entziehen kann. Bulgarische Soldaten sind bereits an den Friedenstruppen in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo beteiligt.
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