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Der römische Krautgarten eines bayerischen Königs

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Kommt man von der Via Porta Pinciana herunter, ragt der Turm der Villa Malta hoch heraus. Er ist nicht mehr ganz der alte Turm, im 19. Jahrhundert war er im oberen Bereich erneuert worden. Auch der gesamte heutige Gebäudekomplex wurde erst 1873 von dem späteren Besitzer, dem russischen Grafen Leon Bobrinski, vom einfachen Landhaus in eine feudalere Residenz umgewandelt. Seit 1949 befindet sich in der Villa der Redaktionssitz der jesuitischen Kulturzeitschrift „Civiltà Cattolica“. Der Name „Villa Malta“ geht auf den Malteserorden zurück, der Mitte des 18. Jahrhunderts seinen Botschaftssitz in den Ruinen der antiken Villa des Lukullus eingerichtet hatte.

 

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Villa Malta

 

Weder heute, noch im 19.Jahrhundert, hatte die Villa Malta je einen besonderen Eindruck auf Besucher gemacht und gehörte als Bauwerk nie zu den Sehenswürdigkeiten Roms. Nur „Eingeweihte“ pilgerten seit dem 18. Jahrhundert in den idyllischen Garten wie zu einem Kultort, um dann vor einer bestimmten Dattelpalme andächtig zu verharren, die Goethe dort eigenhändig gepflanzt haben soll. Allerdings verweist heute ein Täfelchen darauf, dass dies nicht Goethes Werk war, sondern das des bayerischen Kronprinzen Ludwig. Zu Goethes Zeiten bestand die Villa Malta aus einem bescheidenen Gebäude mit dem hohen Turm und einem romantischen Garten mit Gartenhäuschen- ein ideales Ambiente für Künstler. In der Tat zogen ab 1780 deutsche Maler und Bildhauer hier ein und füllten die alte Villa mit neuem Leben. Sie wohnten nicht nur hier, sondern in den Ateliers wurde gearbeitet, man traf sich mit anderen Künstlern, diskutierte und gab Zeichenunterricht.

 

Als der bayerische Kronprinz Ludwig 1805 erstmals in Rom war, kam es zu einer weiteren unerwarteten Bereicherung für die künftige Geschichte der Villa Malta. Der Kronprinz logierte im Palazzo Rondanini an der Via del Corso, kam aber oft zu Besuch in die Villa Malta, um die deutschen Künstler zu treffen. Das einfache rustikale Haus mit dem Turm und dem idyllischen Garten musste Ludwig sofort verzaubert haben, denn ab 1818 wohnte er während seiner insgesamt neunzehn Rombesuchen meist in der Villa Malta, ohne je deren einfachen Charakter in eine Prinzen-Residenz umwandeln zu wollen. Verliebt war der seit 1810 verheiratete Kronprinz nicht nur in die Villa, sondern auch in die 19-jährige Marchesa Fiorenzi. Diese über Jahre dauernde Beziehung nahmen ihm die Münchener sehr übel.

 

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Angelika Kauffmann. Portrait König Ludwig I. 1807 Mü. Schack Galerie

 

In der Villa Malta portraitierte die Malerin Angelika Kauffmann den künftigen König. Sie muss gleich bei einem der ersten Besuche des Kronprinzen die Skizzen für das bekannte Portrait gezeichnet haben. Das ausgeführte Gemälde, welches ihn lebensgroß mit dem Kolosseum im Hintergrund darstellt, beendete die Künstlerin in ihrem Todesjahr 1808. Es befindet sich heute in der Neuen Pinakothek in München.

 

Schon 1808 stand die Villa Malta zum Verkauf, aber Kronprinz Ludwig konnte sich nicht zum Kauf entscheiden. So erwarb sie der schwedische Bildhauer Johann Nicolas Byström als Wohnsitz und Atelier. Zu den bisher deutschen Künstlern, die gerne zur „Deutschtümelei“ neigten, zogen nun auch schwedische Maler und Bildhauer ein. Bertel Thorvaldsen und Antonio Canova kamen regelmäßig zu Besuch. Kronprinz Ludwig wurde zum Mäzen und Förderer der Künstler und richtete für sie eine Bibliothek in der Villa ein. Er schätzte unter ihnen die Klassizisten ebenso wie die Nazarener und die Landschaftsmaler. Der Kronprinz fühlte sich wohl in „seinem römischen Krautgarten“, wie er ihn nannte und ebenso in der Gesellschaft der Künstler. 1829 schrieb er aus Rom an Goethe „Von des Thrones Ketten habe ich mich für einige Zeit befreit, lebe als Privatmann glücklich; Künstler sind meine Tischgäste“.

 

Während dieser Jahre beauftragte der Kronprinz die Maler Johann Georg Dillis und Ludwig Reinhard, für ihn „Erinnerungsbilder an Rom“ zu fertigen. Es entstanden die einmaligen Panoramaansichten vom Turm der Villa aus gezeichnet, die sich heute in der Münchener Neuen Pinakothek befinden. (Ein modernes Pendant von Stadtansichten schafft der heute in Leipzig lebende persische Panoramen- Künstler Yadegar Asisi mit seinen 360 Grad Panoramagemälden von Dresden, Berlin, Rom u.a.)

 

Als die Villa Malta 1827 erneut zum Kauf angeboten wurde, erwarb sie Ludwig I., nun seit zwei Jahren König von Bayern. Zum Neid Anderer war er damit der einzige deutsche Fürst mit Grundbesitz in Rom und dazu noch römischer Ehrenbürger. „Giardino di Malta, meine eigenthümlich mir gehörende Wohnung in Rom, wie wert bist du mir, geliebtes Asyl, wo ein König endlich den Menschen findet, den er in der Heimat verloren hat.“

 

Auch jetzt veränderte Ludwig nicht den Charakter der Villa, selbst die vielen Künstler durften bleiben, nur auf das Kneipen- und Boheme Leben mit ihnen musste er verzichten. Als König Ludwig I. wohnte er bei seinen Rombesuchen nur noch einmal in der Villa Malta, ansonsten standesgemäß im Hotel Serny oder im Albergo de Londres an der Spanischen Treppe. Für seine offiziellen Empfänge standen ihm römische Adelspaläste zur Verfügung.

 

Die insgesamt 27 Italienreisen, davon 19 Romaufenthalte, des bayerischen Königs hatten ausschließlich kulturellen und künstlerischen Charakter. In Italien entstand sein grandioser Traum, Norden und Süden kulturell zu verbinden. Die architektonischen und künstlerischen Anregungen hatte er sich in Florenz und vor allem in Rom geholt. Er wollte München im Geist der Klassik erneuern und zur Kunst-Weltstadt erheben und setzte dieses megalomane Projekt wirklich in einem etwas freieren Stil in die Tat um. Inmitten der behäbigen kleinen Stadt begann er mit dem Bau der Glyptothek, der Alten und Neuen Pinakothek, der Feldherrenhalle. Die neue Ludwigsstraße mit ihren Prachtbauten und der neu ausgemalten Ludwigskirche wurde die Krönung, seine „Via Triumphalis“.

 

Die Münchener aber konnten sich weder mit den Bauten anfreunden, noch weniger mit dem enormen Kostenaufwand. Sie akzeptierten auch nicht mehr den aufwendigen Lebensstil und die vielen Italienreisen ihres Königs und spotteten „Vater unser, der du bist in Italien und Sizilien, nur nicht in deinem Lande, verflucht sei dein Name im Himmel und auf Erden … erlöse uns von dem Übel“. Als Ludwig noch der Tänzerin Lola Montez haltlos verfiel, war die Grenze der Toleranz erreicht. Es kam 1848 zum Aufstand und der König dankte ab.

 

Frei von politischen Verpflichtungen zog es nun den ehemaligen König ab 1855 wieder jedes Jahr nach Rom in seine geliebte Villa Malta. Der letzte fünfmonatige Besuch Ludwigs in der Villa war 1867, der Abschied fiel ihm schwer. Er starb im darauf folgenden Jahr in Nizza. Nach dem Weggang des Königs verblasste auch das schillernde Leben der Villa Malta und das Künstlerzentrum erstarb.

 

Der Spaziergang endet mit dem Besuch auf dem akatholischen Friedhof an der Pyramide

 

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Literatur

 

Ferdinand Gregorovius. Wanderjahre in Italien 1986

 

Ernst Batta. Römische Villen und Paläste 1992

 

Giovanni Caprile S.J. Villa Malta. La Civiltà Cattolica 1999

 

Yadegar Asisi: www.asisi-panorama.com

 

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