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„Der Iran hat sich Pluralität bewahrt“
Vor einer massiven, meterhohen, steinernen Fassade aus dem 8. Jahrhundert wirkten die Worte des Iranisten umso beeindruckender: „Der Iran hätte ein erstarrtes, degeneriertes System werden können – ist er aber nicht“, befand Walter Posch. Er sieht in dem Land sehr viel Dynamik und eine doppelte Kompromissfähigkeit, sowohl bei der Bevölkerung als auch in den staatlichen Institutionen: „Keine kann die andere wirklich ausbooten.“ Posch bewertete diese unterschiedlichen Machtzentren positiv: „Der Iran hat sich Pluralität bewahrt“, sagte der Islamwissenschaftler während er auf die bunten Teppiche und reich verzierten Handschriften im Museum für Islamische Kunst im Berliner Pergamonmuseum schaut, Zeugen der kulturellen Vielfalt in der Historie der islamischen Welt.
„Einschränkung der Willkür“
Das Wahlergebnis vom Februar zeigte, was die Menschen wollen: „Im Iran herrscht Einigkeit, dass eine Reform her muss“, fasste Posch die Stimmung im Land zusammen. Und Staatspräsident Hassan Rohani scheint sich nicht nur wirtschaftlichen Fortschritt, sondern auch die Schaffung eines Rechtsstaats auf die Fahnen geschrieben zu haben: Die „Einschränkung der Willkür“ sei sein Ziel, sagte Posch.
Gerade die Wirtschaft sei immens wichtig, betonte Bijan Khajehpour. Der iranische Wirtschaftsanalyst aus Wien wies darauf hin, dass der Iran wirtschaftlicher Spitzenreiter in der Region werden wolle, was aber nur mit westlicher Technologie ginge. So seien immer mehr Menschen in dem Land der Auffassung, dass sich das Land international anpassen und seine inneren Machtverhältnisse reformieren müsse – im Gegensatz zu den Hardlinern, die genau das Gegenteil wollten.
Kontroverse zu den Wirtschaftssanktionen
Kritik äußerte Khajehpour auch gegenüber den westlichen Wirtschaftssanktionen: „Die Kaufkraft der Mittelschicht hilft der Gesellschaft sich zu entwickeln“, so Khajehpour, doch die Sanktionen hätten das gestoppt. Posch widersprach und sagte, die Sanktionen seien nicht falsch gewesen, denn sie sollten Druck aufbauen und das Regime zum Umdenken bei seinen Atomplänen bewegen, nicht aber die Wirtschaft zerstören. Mit dem Atomabkommen sei nun ein neuer Dialog möglich.
Damit dieser funktioniere, dürfe er nicht in der höchsten Politik geführt werden, empfahl Rouzbeh Parsi, Iran-Experte von der Universität Lund. Zudem müsse der Dialog von Anfang an offen sein. Eine weitere Grundlage nannte der Bonner Nahostexperte Adnan Tabatabai: ein besseres Verständnis für die Politik des Iran. „Wir haben die iranischen Sicherheitsinteressen nicht respektiert und keine Gespräche gesucht“, kritisierte er.
Um einen erfolgreichen Dialog zu führen, müsse auch die Gefahr eines Glaubwürdigkeitsdefizits gebannt werden: So mahne Deutschland gegenüber anderen Ländern zwar die Einhaltung der Menschenrechte an, jedoch in unterschiedlicher Intensität, so Posch. Man müsse eben wissen, was man von dem Kontakt mit dem Iran wolle, sagte Posch. Zudem hänge vieles von der inneren Entwicklung des Landes ab, insbesondere vom wirtschaftlichen Transformationsprozess und den rechtsstaatlichen Fortschritten. Iran-Kenner Posch klang jedenfalls zuversichtlich: „Die Iraner haben uns immer wieder positiv überrascht.“
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