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Wie meistert Sachsen-Anhalt die Herausforderungen des demografischen Wandels? Diese Frage war Kern eines Tagesseminars der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Kooperation mit dem Bildungswerk der KPV Sachsen-Anhalt e.V. in Sangerhausen. Der bisherige Vorsitzende des Demografie-Beirates Dieter Klein moderierte die Veranstaltung. Neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern nahmen auch mehrere Experten an der Veranstaltung teil, darunter engagierte Kommunalpolitiker aus der Region.
Finanzminister André Schröder MdL verwies in seinem Grußwort darauf, dass politische Themen in den Medien oft als Tagesgeschäft zu erleben sind, jedoch sind langfristige strategische Themen ebenso wichtig. Dazu gehört der Demografische Wandel, der eine ressortübergreifende Daueraufgabe darstellt, die Debatte darüber aber oft in einer Dramatik der Zahlen („Der letzte macht das Licht aus“) mündet. Sachsen-Anhalt hat es sich nicht ausgesucht, vom demografischen Wandel besonders hart betroffen zu sein, aber um so wichtiger ist es, die Chancen zu erkennen. So hat die Landesregierung bereits früher als andere Bundesländer mit der Thematik befasst und Konzepte erstellt sowie Expertenkreise/Gremien wie den Demografie-Beirat ins Leben gerufen. War in den Jahren nach der deutschen Einheit vor allem die Abwanderung das große Thema, so ist hier inzwischen eine Veränderung eingetreten, denn der Saldo aus Zu- und Abwanderung ist etwa gleich. Als wichtiger stufte Schröder für die Zukunft das Thema Alterung der Gesellschaft ein, damit verbunden die Bevölkerungspolitik.
In seinem Statement griff Finanzminister André Schröder die Gedanken wieder auf, stellte dabei dar, dass es im höheren Alter einen Frauenüberschuss gebe, bei den jüngeren Lebensjahren aber deutlich mehr Männer. Vor allem gibt es immer weniger Kinder und Jugendliche – bspw. eine Halbierung des Anteils der 18jährigen seit 1990. Die heute geborenen Menschen haben eine um sechs Jahre höhere Lebenserwartung als in den Jahrzehnten zuvor: Neugeborene Mädchen werden im Schnitt 82 Jahre alt, Jungen 76 Jahre. Zurückgegangen sind hingegen die Bevölkerungsdichte (von 141 Einwohnern pro Quadratkilometern auf 109) sowie vor allem die Geburtenrate (von 2,1 Kinder je Frau auf 1,5). Insgesamt gehen die Mehrkindfamilien deutlich zurück; zudem kommt nur noch jedes dritte Kind in einer Ehe zur Welt. Einen besonders großen Rückgang der Einwohnerzahl hat der Landkreis Mansfeld-Südharz zu verzeichnen – die derzeitige Einwohnerzahl von 141.000 sinkt monatlich um 120.
Mit der Alterung ist verbunden, dass es sich im Landkreis bei 40 Prozent aller Haushalte um Seniorenhaushalte handelt, dort also mindestens ein Senior lebt. Jeder dritte Mensch ist älter als 60 Jahre, was sich auch im Kaufverhalten widerspiegelt. Gestiegen ist hingegen die Beschäftigungsquote: Von 47 Prozent (2003) auf 58 Prozent. Auch gibt es genügend Wohnraum. Schröder betonte, dass es nicht um den Erhalt staatlicher Ressourcen gehe, sondern um die Bündelung der Maßnahmen für gleichwertige Lebensverhältnisse. Deshalb sei es wichtig, Standortraster für die Daseinsvorsorge einzurichten und Verantwortungsgemeinschaften zu bilden.
Oberbürgermeister Ralf Poschmann stellte dar, wie sich der demografische Wandel auf seine Stadt Sangerhausen auswirkt. Die Stadt hat in den letzten Jahrzehnten ein Drittel ihrer Einwohner verloren – auch nach dem Abbau von 6.000 Arbeitsplätzen nach 1989/90. Zu einer zentralen Frage der Stadt entwickelte sich der Wohnungsleerstand, so dass eine Lenkungsgruppe mit ca. 20 Partnern sowie externen Beratern geschaffen wurde und sich Konzepte ab Mitte der 1990er Jahre erstmals mit dem demografischen Wandel beschäftigten. Bei der Stadtentwicklung profitierte Sangerhausen vom IBA-Konzept und erhielt einerseits durch Abriss, aber andererseits durch Sanierung eine Aufwertung. Nach Eingemeindungen hat Sangerhausen inzwischen 14 Ortsteile, wobei die Dörfer schneller Einwohner verlieren als die Kernstadt. Poschmann verwies in seinem Statement zudem auf die gewerbliche Entwicklung, auf das Sportentwicklungskonzept, auch auf Freizeiteinrichtungen wie Bäder. In vielen Fällen lobte er das bürgerschaftliche Engagement und kommt trotz der Negativerscheinungen des demografischen Wandels zum Schluss: „Wir sterben nicht aus!“
Mit Prof. Dr. Klaus Friedrich von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hielt ein namhafter Wissenschaftler sein Statement. Er verwies darauf, dass sich die beschriebenen demografischen Entwicklungen in weiten Teilen Deutschlands und seiner Nachbarländer aufzeigen, im Osten Deutschlands treten sie allerdings schneller auf als in anderen Regionen. Sachsen-Anhalt ist das Land mit dem höchsten Bevölkerungsverlust: 20 Prozent zwischen 1991 und 2013. Die Wissenschaft unterscheidet drei Phasen der demografischen Entwicklung, zunächst die Transformation (ab 1989/90): Alterung/Anstieg der Lebenserwartung, Rückgang der Geburtenrate, massive Abwanderung (vor allem von Frauen), Wohnungsleerstände bis zum Verfall und Abriss, Probleme bei der Daseinsvorsorge. Als zweite Phase sei die Suburbanisierung zu nennen: Viele Bürger zogen aus den Städten in die Umlandkreise, wo sich isolierte Wohngebiete am Rand von Kleinstädten bildeten – allerdings ohne Versorgungszentren/Einkaufsmöglichkeiten. Hier steht die Frage, wie sich diese Wohngebiete künftig entwickeln, zumal die einstigen Erbauer der Häuser inzwischen oft das Rentenalter erreicht haben, deren Kinder auf kaum noch in der Region leben. Heute sei freilich eine dritte Phase zu beobachten – die Reurbanisierung: Viele Menschen ziehen zurück in Städte, wo vor allem Gründerzeitviertel oder Innenstadtkerne Aufwertung erfahren. Für Sachsen-Anhalt hob Prof. Friedrich das enge Netzwerk an Einrichtungen hervor, die sich mit dem demografischen Wandel befassen. Von großer Bedeutung sei es dabei, die Bürgergesellschaft zu aktivieren.
Marit Krafcick, Leiterin des Jugend- und Kulturzentrums „TheO’door“, sprach aus pädagogischer Sicht. Bei allen Handlungen und Entscheidungen soll der Mensch im Fokus stehen, denn er ist das Zentrum. Der Mensch ist die wichtigste Ressource und wird schon im Kindergarten auf das Leben vorbereitet. Junge Menschen wollen die Gesellschaft mitgestalten und mehr als die Hälfte schaut optimistisch in die Zukunft. Sie sind experimentierfreudig und werden auch „Generation Aufbruch“ genannt. Krafcick appellierte auch an die Politik, die jungen Menschen einzubeziehen und zitierte – bezüglich der Gesamtbevölkerung – Konrad Adenauer: „Nehmen Sie die Menschen wie sie sind, andere gibt’s nicht.“
Tobias Ulbrich (Vorsitzender der Landeselternvertretung von Sachsen-Anhalt, LEV) stellte dar, dass heute 140.000 Kinder in Kindergärten bzw. Horte gehen und dass die Jugend künftig immer mehr die Last der Alten tragen müssten. Wichtig sei es, gezielte Aktionen zu starten, um Familien zu fördern und zugleich die Abwanderung zu stoppen. Vor allem viele junge Frauen wandern ab, während zahlreiche Elternteile (vor allem Väter) berufsbedingt pendeln und oft nur am Wochenende zu Hause sind. Beides sind Hemmnisse bei der Entwicklung von Familien, zumal die jungen Frauen nicht zurückkehren und als künftige Mütter ebenfalls fehlen. Ulbich sieht vor allem die Fläche im Flächenland Sachsen-Anhalt bedroht – etwa bzgl. der Schließung von Kindergärten, Grundschulen, Horten. Hier stellte er die Frage, wer in 20 Jahren noch Gelder erwirtschaften solle. Eine Lösung sei Migration, doch hierbei stellt sich die Frage der Integration in unsere Gesellschaft. Diese müsste bereits im Kindergarten und in der Schule beginnen – die Wertevermittlung könnte auch über die Kinder an die Elterngeneration laufen.
Dr. Andreas Siegert vom Zentrum für Sozialforschung Halle nannte die drei wichtigsten Ursachen für den demografischen Wandel: Sterbeüberschuss, Geburtenrückgang sowie Abwanderung. Sachsen-Anhalt ist die am drittheftigsten betroffene europäische Region. Bereits heutige Negativ-Entwicklungen könnten sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern werden: Anstieg von Preisen (bspw. Trinkwasser), Lehrermangel, Schwächung von Feuerwehr, Vereinssport, Kultur- und Freizeitangeboten, Rückgang der Nachfrage nach Häusern bzw. Grundstücken, Verfall stillgelegter Unternehmen, Abbau der Daseinsvorsorge (z.B. im öffentlichen Nahverkehr). Den regionalen Unternehmen fehlen Arbeitskräfte, vor allem Fachleute. Auch ist eine Standortverlagerung nicht immer möglich, um andernorts neue Arbeitskräfte zu gewinnen. Bzgl. eines Lösungsansatzes betonte Siegert die Heimatliebe und Wertegebundenheit der Menschen, besonders in Kleinstädten. Zudem sei oft die soziale Verbundenheit als Stärke hervorzuheben und damit die Möglichkeit, neu hinzugezogenen Menschen (z.B. Flüchtlingen) ein Zuhause zu geben.
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Politisches Bildungsforum Sachsen-Anhalt
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