Gleich nach der Begrüßung rief Altenhof als erstes die Einschränkungen, die die Menschen in der früheren DDR hatten, in Erinnerung und wies auf die massiven Menschenrechtsverletzungen des SED-Regimes hin. Anlass für diese deutliche Klarstellung boten in diesem Jahr veröffentlichte populärwissenschaftliche Bücher zum Thema DDR, welche das Leben in der DDR als gar nicht so schlecht darstellten und den Schuldigen der aktuellen Unzufriedenheit vieler Ostdeutscher in den Westdeutschen suchen. Eine Klarstellung dieser Vorwürfe sei daher Ziel der Veranstaltung, so Altenhof, der daraufhin Ablauf des Abends und Knabe als Referenten vorstellte. Dabei warf er die Frage auf, ob man angesichts der wieder aufflammenden Debatte von einem „Revival“ der DDR sprechen könne.
Knabe begann seinen Vortrag ebenfalls mit einer Bezugnahme auf eines dieser DDR-Bücher, „Jenseits der Mauer“ von Katja Hoyer. Die Historikerin, die in der DDR geboren wurde und heute in Großbritannien lebt, erhebt mit ihrer Publikation den Anspruch, eine „neue Geschichte der DDR“ zu liefern. Ähnlich wie Altenhof hielt Knabe den wissenschaftlichen Anspruch Hoyers für nicht erfüllt. Anstatt sich jedoch lange an einem einzelnen Buch abzuarbeiten, interessierte Knabe sich mehr für die Frage, die Altenhof zuvor aufgeworfen hatte. Generell lasse sich eine immer positivere Betrachtung der DDR über die Zeit nicht konstatieren, jedoch gebe es in wellenartigen Bewegungen über die Jahre immer Phasen mit mehr oder mit weniger Interesse an der DDR. Aufgrund der aktuellen Debatte um Bücher wie Hoyers würden wir nun vermutlich erneut eine solche Phase durchleben, so Knabe. In diesem Zusammenhang sprach der Historiker von „bittersüßen Gift der Ostalgie“ und versuchte zu erklären, wie diese entsteht. Anstatt einer rationalen, faktischen Begründung ging Knabe von einer psychologischen Erklärung für die Nostalgie aus. Es sei für die Menschen schwer gewesen, alles, an das man vor 1989 geglaubt habe, nun als falsch zu betrachten und das eigene Weltbild komplett infrage zu stellen. Weitere Gründe sah er in dem Fehlen einer kritischen Aufarbeitung der DDR, vielen DDR-Apologeten in der Bundesrepublik und einer sanften Behandlung der alten DDR-Eliten bei der friedlichen Revolution. Es habe keine so kritische Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur wie mit dem NS-Staat gegeben und es wurden auch keine Symbole der DDR verboten, sodass es schnell zu einem teilweisen Vergessen der Staatsverbrechen kommen konnte.
Im Laufe seines Vortrages sprach Knabe zudem gesellschaftliche Themen wie Umweltverschmutzung in der DDR und deren Zusammenhang mit der Planwirtschaft an. Ein anderer Referenzpunkt war der Berliner Mietendeckel, bei welchem Knabe sich an die Wohnungspolitik der DDR und die Außerkraftsetzung von Angebot und Nachfrage erinnerte.
Anschließend erfolgte eine Podiumsdiskussion, in der Altenhof Fragen an Knabe richtete. Dabei bezog er sich vor allem auf die Erinnerungskultur der DDR und die heutigen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Knabe widersprach entschieden der Anschuldigung in Ostdeutschland sei man kollektiv diktaturgeschädigt. Weitere Aspekte, die Altenhof interessierten, waren die Schuldabwälzung der SED auf die Stasi in den 1990er Jahren und die Weigerung der Partei DIE LINKE, der Nachfolgerin der SED, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Knabe argumentierte, dass der einzelne Bürger keine Rechte dem Staat gegenüber hatte und auch in der Verfassung festgeschriebene Rechte relativ waren. Die Unzufriedenheit vieler Ostdeutscher begründete Knabe erneut psychologisch durch das Selbstbild vieler Menschen, aber auch dadurch, dass die „Friedliche Revolution“ als erinnerungspolitisches Ereignis nicht gut gepflegt worden sei.
Eine interessante Debatte entbrannte mit dem Publikum, wer denn nun 30 Jahre nach der Wende überhaupt Ostdeutscher sei. „Den Ostdeutschen“ gebe es laut Knabe heutzutage nämlich nicht mehr. Aufgrund von innerdeutscher Migration in beide Richtungen und Ost-West-Mischfamilien könne man das heute bei vielen Menschen nicht mehr so klar kategorisieren. Auch ein Vergleich der DDR mit anderen Ostblock-Ländern, in denen der Elitenwechsel besser oder auch schlechter vollzogen wurde, war für eine heutige Beurteilung der Wiedervereinigung sinnstiftend. Die Frage, was passiert wäre, hätte man statt einer Wiedervereinigung die DDR wirtschaftlich „vor die Wand fahren lassen“, löste am Ende noch eine Diskussion mit vielen Spekulationen aus.
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Politisches Bildungsforum Bremen
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