Trumps Wählerschaft
Nachwahlumfragen zeigen, dass Donald Trump über die Jahre seine Unterstützung verbreitern konnte. Neben Wählergruppen, die schon lange überwiegend für ihn stimmen (männlich, weiß, ländlich, kein Hochschulabschluss) konnte er auch bei anderen Gruppen Stimmen gewinnen (jünger, afro-amerikanisch, lateinamerikanisch, selbsterklärt moderat).[1]
Laut einer Analyse der Zahlen auf Landkreis-Ebene konnte Trump in den meisten Kreisen (Counties) zulegen. Auf dem Land baute er seine Führung zudem weiter aus, in den Städten gelang es ihm, den Abstand zu Harris zu verkürzen. [2]
Eine AP-Umfrage zeigt, dass 56 Prozent der Männer und 47 Prozent der Frauen über 45 Jahre für Trump stimmten, aber auch 52 Prozent der Männer unter 45. Trumps Zustimmung bei jüngeren Wählern stieg an, auch bei afroamerikanischen Männern (24 Prozent) und lateinamerikanischen Männern (47 Prozent), traditionell eher demokratische Wählergruppen. Wähler ohne Hochschulabschluss machten 55 Prozent seiner Unterstützer aus, eine Gruppe, auf die er von Anfang an zählen konnte. [3]
Die Themen, die von den befragten Wählerinnen und Wählern als entscheidend benannt wurden, passten vor allem zu Trumps Schwerpunkten: 39 Prozent sahen die Wirtschaftslage als wichtig, 20 Prozent Einwanderung. Wenn es um die Frage geht, wer die Wirtschaft besser händeln könne, lag Trump in allen Altersgruppen klar vorn, vor allem bei Männern, Weißen und Wählern ohne Hochschulabschluss. Aber auch 46 Prozent der Latino-Wähler hielt ihn für den besseren Wirtschaftspolitiker, während 70 Prozent der schwarzen Wähler hier Harris bevorzugten. Bei Wählern mit Hochschulabschluss lag Harris leicht vorn.
Ganz ähnlich sind die Zahlen beim Thema Einwanderung. Etwa 4 von 10 Wählern erklärten, dass Menschen, die ohne Papiere in den USA leben, abgeschoben werden sollten – nicht die Mehrheit, aber eine höhere Zahl als vor vier Jahren. Im Gegenzug dazu verkleinerte sich die Mehrheit, die meint, diese Personengruppe sollte die Chance bekommen, sich für einen legalen Status zu bewerben.
Wichtige Themen für die Demokraten wie Abtreibungsrecht und Gesundheitsfürsorge lagen bei 11 Prozent beziehungsweise 8 Prozent und vermochten es ganz offensichtlich nicht, den Mobilisierungseffekt frei zu setzen, den Harris Kampagne damit verbunden hatte.
Auch außenpolitisch reflektiert die Umfrage die Haltung Trumps: 4 von 10 Befragten wollten, dass die USA eine weniger aktive Rolle in der Welt spielen – auch das ist ein Anstieg. Eine überwiegende Mehrheit der Trump-Wähler ist außerdem dafür, dass die Hilfen für die Ukraine eingestellt werden. [4]
Bemerkenswert bei alledem ist, dass die befragten Wähler in der charakterlichen Einschätzung der beiden Kandidaten durchaus differenzierten: Eine Mehrheit fand, Trump könne Krisen besser bewältigen und sei generell ein starker Anführer. Gleichzeitig lag Harris vorn, wenn es um Ehrlichkeit, Fürsorglichkeit oder geistige Leistungsfähigkeit geht.
Wahlkampf-Verlauf
Der Wahlkampf der vergangenen Wochen hatte nicht auf so ein schnelles und klares Ergebnis schließen lassen. Umfragen der letzten Wochen legten konsequent nahe, dass es auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kandidaten hinauslaufen würde. Vizepräsidentin Kamala Harris und ihr Team führten einen disziplinierten Wahlkampf mit klaren Botschaften. Zahlreiche Spenden ermöglichten ihr umfassende Mobilisierungs-Kampagnen in den Bundesstaaten.
Im Gegensatz dazu fiel Donald Trump vor allem mit undisziplinierten Wahlkampfreden auf, die häufig in Verschwörungstheorien abglitten. Dies um so mehr zum Leidwesen des Kampagnen-Führung des Ex-Präsidenten, die ihren Bannerträger teilweise sogar öffentlich dazu aufrufen mussten, bei den – durchaus erfolgversprechenden -Themen zu bleiben, anstatt sich in emotional aufgeladener, teilweise persönlicher Rhetorik zu ergehen.
In den kommenden Wochen wird es umfassende Analysen geben, was besonders im demokratischen Wahlkampf falsch gelaufen ist – und warum Donald Trump es wieder geschafft hat, gegen die Rezepte erfahrener Politikstrategen bei den Wählern zu punkten. Zugleich werden sich die empirischen Sozialforscher ähnlich wie 2016 nochmals kritischen Fragen nach der Halbwertszeit sowie Methodik ihrer Umfragen gefallen lassen müssen.
Klar ist, dass Harris wenig Zeit hatte, sich als Kandidatin zu positionieren. Ihr Wahlkampf begann erst vor gut drei Monaten, nachdem Präsident Biden aus dem Rennen ausgestiegen war und ihr die Kandidatur überlassen hatte. Harris musste sich bekannt machen und ein eigenes Profil aufbauen, was sich mitunter nicht nur als problematisch erwies, sondern mit nachhaltig wirkenden Tücken versehen erwies: Einmal von einem Journalisten gefragt, was sie denn anders als Präsident Joe Biden machen würde, antworte die Vize-Präsidentin vermutlich ehrlich, aber zugleich fahrlässig „Da fällt mir nichts ein.“
Sich vom schlechten Image der Biden-Regierung zu befreien und gleichzeitig auf Erfolge hinzuweisen, die das Team Biden-Harris tatsächlich auch vorweisen kann, erwiesen sich somit inmitten der Kampagne als kaum kommunizierbar.
Teilweise nötige inhaltliche Kurskorrekturen zum Beispiel beim Thema Einwanderung oder Fracking wurden ihr als Prinzipienlosigkeit vorgeworden. Die Welle der Begeisterung, die ihre Kandidatur an der demokratischen Basis auslöste und die einen sichtbaren Höhepunkt bei der Convention der Demokraten Mitte August in Chicago fand, konnte die Nachteile nicht aufwiegen.
Donald Trump dagegen konnte darauf setzen, dass die Erinnerung an das Chaos seiner ersten Amtszeit verblasst war, sein Bekanntheitsgrad hoch ist und ihm vor allem Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wird – eines der wichtigsten Themen im Wahlkampf. Dabei spielte er auch durchaus bewußt mit der Neigung der Wähler, angesichts der aktuell als schwierig empfundenen Lage die mittelbare Vergangenheit – sagen wir – nostalgisch zu betrachten. Nahezu schon legendärer Bestandteil der zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen der letzten Wochen war die – natürlich – rhetorische Fragen an die Massen zu Beginn, die stets mit grölendem „Yeah!!!“ beantwortet wurde: „Ging es Euch vor vier Jahren nicht besser, als ich noch Präsident war?“ In ähnliche Richtung ging der mittlerweile ebenso bekannte Satz: „She broke it, I´ll fix it!“ Sie hat (die Wirtschaft) kaputt gemacht, ich repariere das.
Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus die Rolle der Medien, die in den USA höchst polarisiert sind. Je nachdem, in welcher „Bubble“ sich Wähler bewegten, bekamen sie ganz unterschiedliche Bilder und Meinungen über die Kandidaten präsentiert.
Trumps Politik-Pläne
Bei seinem ersten Einzug ins Weiße Haus vor acht Jahren brauchte es einige Zeit, bis aus Trumps Wahlkampf-Ideen umsetzbare Politikkonzepte wurden. Ein Grund war, dass die Vorbereitung für Konzepte und Personalpläne nicht sehr umfangreich gewesen war. Das ist jetzt anders: Mit dem „Project 2025“ unter Leitung der Heritage Foundation und weiterer neugegründeter Think Tanks liegen nunmehr Konzepte, Vorlagen und Personalpläne vor, damit eine neue Trump-Regierung sofort starten kann. Diese konzeptionelle Vorbereitung eines „MAGA-Programms“ kann einer Trump-Regierung jetzt als Leitfaden dienen.
Im Zentrum seines Wahlkampfes stand das Thema Einwanderung, das sicher auch die ersten Schritte seiner Regierung bestimmen wird. Dazu gehören Vorbereitungen zur Ausweisung von Millionen Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, eine Verschärfung von Asylregeln und eine personelle Ausweitung des Grenzschutzes. Allerdings fehlt es bislang noch an Details, wie genau diese verschärfte Einwanderungspolitik umgesetzt werden soll.
Ein anderer Schwerpunkt seines Wahlkampfes war die Handelspolitik: Trump kündigte an, mit erhöhten Zöllen sowohl die einheimische Wirtschaft stärken als auch Einnahmen generieren zu wollen, mit denen Steuern wie die Körperschaftssteuer nicht nur weiter gesenkt, sondern die Einkommenssteuer gar völlig abgeschafft werden können.
So soll es Zölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent auf alle Importe geben, und bis zu 60 Prozent auf Importe aus China. Auch hier ist noch unklar, wie genau Trump diese Zölle umsetzen wird, denn formal ist der Spielraum des Präsidenten in Zollfragen begrenzt.
Trump hofft, dass ihm höhere Zolleinnahmen Spielräume in der Steuerpolitik geben. Sein erklärtes Ziel ist es, Steuern weiter zu senken – zum Beispiel auf Trinkgelder, Überstunden oder in den USA gebaute Autos. Im nächsten Jahr laufen außerdem Steuersenkungen aus, die Trump in seiner ersten Amtszeit durchgesetzt hatte. Trump wird sie behalten wollen – wofür er Mehrheiten im Kongress braucht.
In der Außenpolitik wird sich Trump klar wieder seiner „Amerika first“-Politik zuwenden. Israel kann auf eine stärkere Unterstützung seiner Politik im Nahen Osten hoffen. Für die Ukraine kündigte Trump an, er werde den Krieg noch vor seinem Amtsantritt mit schnellen Verhandlungen beenden. Wie, blieb bislang offen. Besonders in dieser Frage werden seine Personalentscheidungen zeigen, zu welchem realistischen Pfad Trump neigt, denn unter seinen Beratern gibt es unterschiedliche Sichtweisen zum Umgang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.
In unmittelbarem Zusammenhang mit der Ukraine steht das Verhältnis zur NATO. Trump hat immer wieder klar gemacht, dass er viele NATO-Mitglieder für Trittbrettfahrer hält, die mehr für ihre eigene Sicherheit tun müssen, oder er werde sie russischen Ambitionen ungeschützt aussetzen. Wenngleich ein NATO-Austritt der USA derzeit unwahrscheinlich scheint, da zum einen die Biden-Administration mit Blick auf den Kongress für einen solchen Fall gesetzgeberisch hohe Hürden hat einziehen lassen, gibt es selbst unter den sicherheitspolitischen Falken im Umfeld Trumps kaum jemanden, der einen solchen Schritt befeuern würden.
Eine klare Kehrtwende wird es in der amerikanischen Klimapolitik geben: Trump hat angekündigt, Bidens Klimaschutzpolitik zu stoppen. Dafür wird er die Produktion von Öl und Gas ausweiten, Kohlekraftwerke weiter in Betrieb halten und Hilfen für Elektroautos kürzen.
Neben neuen Schwerpunkten in Politikfeldern hat Trump auch Schritte angekündigt, die das politische Klima in den USA erheblich verändern können. Dazu gehört vor allem sein Plan, alle diejenigen zu bestrafen, die ihn in den vergangenen vier Jahren zur Verantwortung ziehen wollten. Ein Sonderermittler solle die Rolle von Bidens Familie untersuchen. Beobachter gehen davon aus, dass Trump die Unabhängigkeit des Justizministeriums wieder einschränken wird. Sie war nach der Watergate-Affäre eingeführt worden, um Politik und Ermittlungsbehörden schärfer voneinander zu trennen.
Trumps Team
Wie bei in den Politikkonzepten will die nächste Trump-Regierung auch beim Personal besser vorbereitet starten. Trump-nahe Think Tanks und das „Project 2025“ haben dafür in den vergangenen Monaten Listen mit möglichen Regierungsmitarbeitern erstellt. In den USA wechseln – anders als in den meisten europäischen Regierungen - mit der Regierung auch viele Führungskräfte in der Verwaltung und zwar bis zu 4000 Beamte, die sich dann zwischenzeitlich in Washingtoner Think Tanks, Public Affairs Agenturen oder Kanzleien verdingen, bis der nächste Wechsel ansteht.
Die Besetzung von Schlüsselpositionen im Weißen Haus und Ministerposten wird in den kommenden Wochen Hinweise auf die inhaltliche Arbeit der nächsten Trump-Regierung geben. Vor acht Jahren hatte sich Trump auf erfahrene und bewährte Republikaner der Bush oder zum Teil sogar noch Reagan-Administration verlassen, die großteils erfahren und parkettsicher waren, daher auch manche impulshafte Entscheidungen des Präsidenten abmildern oder umlenkten konnten. Darum mussten sie sich später vorwerfen lassen, nicht loyal genug gewesen zu sein. Nun ist davon auszugehen, dass Loyalität bei der Besetzung zentraler Posten eine größere Rolle spielen wird.
Viele Personalentscheidungen sind jetzt noch Spekulation. Klar ist, dass sein Vizepräsident JD Vance eine wichtige Rolle spielen wird, auch inhaltlich, als junger Vertreter einer rechtspopulistischen Bewegung.
Trump hat im Wahlkampf angekündigt, dass der unabhängige Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy Jr. eine wichtige Rolle in der Gesundheitspolitik spielen soll. Kennedy war als Impfgegner und Verschwörungstheoretiker bekannt geworden. Zuletzt kündigte er an, es sollte in Zukunft kein Florid für die Zahngesundheit mehr dem Trinkwasser zugesetzt werden. Eine zentrale Rolle hat Trump auch für Elon Musk vorgesehen. Der Milliardär soll die Bundesverwaltung verkleinern und effizienter machen und dabei bereits am Anfang 2 Mrd. US-$ einsparen.
Trumps Senatsmehrheit
Zur Wahl standen auch alle Mitglieder des Repräsentantenhauses und rund ein Drittel der Senatoren. Die Mehrheiten der laufenden Legislaturperiode sind knapp – und zumindest im Repräsentantenhaus wird das auch so bleiben, egal, wer am Ende der Auszählungen dort die Mehrheit hat.
Im Senat war schon vor dem Wahltag klar, dass es zu einem Wechsel der Mehrheit kommen kann. Mehrere demokratische Senatoren standen zur Wiederwahl in Bundesstaaten an, die nun als mehrheitlich republikanisch gelten. Dazu gehört West Virginia. Senator Joe Manchin galt als konservativer Demokrat, trat dann aus der Partei aus und jetzt zurück. Er wird von dem Republikaner Jim Justice abgelöst. In Ohio verlor der Demokrat Sherrod Brown gegen seinen republikanischen Herausforderer, in Montana musst sich der Demokrat Jon Tester ebenfalls einem republikanischen Kandidaten geschlagen geben. Drei republikanische Senatoren, die in Umfragen unter erheblichen Druck geraten waren, konnten ihre Sitze halten: Ted Cruz in Texas, Rick Scott in Florida und Deb Fischer in Nebraska.
Die Senatsmehrheit wird das Regieren für Präsident Trump erheblich erleichtern. Der Senat bestätigt zum Beispiel Minister und Botschafter. Sehr wichtig für konservative Gruppen: Der Senat wählt auch Bundesrichter. Mit der Mehrheit können die Republikaner den Obersten Gerichtshof und die weiteren Bundesgerichte auf Jahrzehnte prägen, da deren Mitglieder auf Lebenszeit ernannt werden.
Trumps historischer Sieg
Donald Trump ist mit 78 Jahren der älteste Mann, der jemals eine US-Präsidentenwahl gewonnen hat. Außerdem ist er erst der zweite Präsident in der Geschichte der USA, der es geschafft hat, nach einer Wahlniederlage wieder Präsident zu werden. Der erste war der Demokrat Grover Cleveland, 22. und 24. Präsident der USA. Er schaffte 1885 und 1893 den Einzug ins Weiße Haus. Andere Präsidenten hatten Ähnliches versucht, konnten die Wahlen aber nicht gewinnen; Martin Van Buren und Theodore Roosevelt zum Beispiel.
Verfassungsrechtlich beginnt jetzt Trumps zweite Amtszeit – auch wenn eine Pause von vier Jahren dazwischen war. Der 22. Verfassungszusatz regelt, dass kein Präsident mehr als zweimal gewählt werden kann. Damit ist schon jetzt klar, dass die republikanische Partei für die Wahl in vier Jahren einen neuen Kandidaten nominieren muss, der dann entweder Trumps Vermächtnis fortführt oder die Partei neu erfinden muss.
[1] https://www.cnn.com/interactive/2024/politics/2020-2016-exit-polls-2024-dg/
[2] https://www.washingtonpost.com/elections/interactive/2024/11/05/compare-2020-2024-presidential-results/?itid=lk_inline_manual_5
[3] https://apnews.com/projects/election-results-2024/votecast/
[4] https://apnews.com/article/ap-votecast-trump-harris-election-president-voters-86225516e8424431ab1d19e57a74f198
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