Краінавая справаздача
Der chilenisch-bolivianische Grenzkonflikt im Zeitverlauf
Als Mitte des 19. Jahrhunderts Salpeter als Wundermittel für Naturdünger und Sprengstoff entdeckt wurde, gewann die Atacamawüste sehr schnell an Attraktivität. Auf Grund der reichen Vorkommen an diesem Rohstoff traten ihre Anrainerstaaten, Peru, Bolivien und Chile, einen Wettlauf um den Zugriff darauf an. Chilenische Unternehmen sicherten sich die Abbaurechte.
Bolivien schloss in den Jahren 1866 und 1874 mit Chile Verträge, die die Festlegung der chilenisch-bolivianischen Grenze am 24. Breitengrad zum Inhalt hatten, und ließ sich so die Gebietshoheit vertraglich zusichern. Im Gegenzug gewährte Bolivien den chilenischen Firmen eine 25-jährige Steuerfreiheit.
Doch schon 1878 brach der bolivianische Präsident Hilarión Daza das Abkommen, indem er Steuern erhob. Dies wiederum veranlasste die chilenische Regierung im März 1879 Truppen in die damals noch bolivianische Hafenstadt Antofagasta zu senden. Endgültig entbrannte der Salpeterkrieg, als Peru, der Verbündete Boliviens, Chile im April 1879 den Krieg erklärte. In den folgenden fünf Jahren fielen ihm mehr als 14.000 Menschen zum Opfer, in der Mehrzahl Peruaner.
Trotz der verheerenden Seeschlacht bei Iquique im Mai 1879, in der der chilenische Nationalheld Arturo Pratt sein Leben liess, konnte sich Chile, dank der Unterstützung Groβbritanniens, sowohl zu Wasser als auch zu Land behaupten. Ende 1879 gewann die chilenische Flotte bei Kap Angamos eine entscheidende Schlacht und Anfang 1880 drangen Bodentruppen bis nach Arica und Tacna vor, so dass Bolivien sich schlieβlich geschlagen gab. Peru, nun auf sich alleine gestellt, musste mitansehen, wie 1881 seine Hauptstadt Lima von chilenischen Truppen erobert wurde. 1883 kapitulierten auch die letzten, in die Berge geflüchteten Soldaten.
Friedensverträge
Nach all diesen Kriegswirren unterzeichneten Chile und Peru den Vertrag von Ancón (20.10.1884), mit dem das chilenische Staatsgebiet um die Provinz Taracapá erweitert wurde. Tacna und Arica wurden von Peru allerdings nur unter der Bedingung abgetreten, dass dort nach zehn Jahren eine Volksabstimmung abgehalten werde. Trotz Unstimmigkeiten gelang es 1928, die “Tacna-Arica-Frage” auf dem Verhandlungswege zu klären: Tacna blieb peruanisch, Arica wurde chilenisch.
Mit Bolivien wurde der Vertrag von Valparaíso (04.04.1884) geschlossen: Es musste sämtliche Küstenregionen abtreten und verlor die Provinz Antofagasta. Bolivien wurde somit zum einzigen Land Südamerikas ohne souveränen Zugang zum Meer, was zu einem dauernden Streitpunkt werden sollte. 1904 wurde dieser Vertrag jedoch in einigen Teilen modifiziert, so dass das gesamte Gebiet zwar chilenisch blieb, Bolivien jedoch freien Zugang zum Pazifik erhielt. Dem folgten noch weitere Zugeständnisse: Bolivien wurden Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten eröffnet, um Lima mit dem Ozean zu verbinden. Es durfte – auf eigene Kosten – die Eisenbahnverbindung Arica – La Paz errichten und das Schienennetz im Landesinneren ausbauen. Chile gewährte Bolivien Zugang zur Hafeninfrastruktur und den mit dem Warenverkehr verbundenen Dienstleistungen, sowie, vom Hafen ihrer Wahl (Arica oder Antofagasta) freien Transit ihrer Güter. Bolivien darf auch in den chilenischen Häfen Zollanlagen errichten und seine Zollgeschäfte abfertigen, zudem kann es auf dem Hafengelände kostenlos Lagerhallen für Transitgüter nutzen. Auch haben die Häfen von Arica und Antofagasta auf ihrem Gelände eine Fläche von 30.000 m² zur Verfügung gestellt, damit bolivianische Importgüter auf ihrem Transitweg kostenlos bis zu einem Jahr gelagert werden können. Bolivianische Exportgüter, die nach Übersee verschifft werden, vor allem unverpackte mineralische Güter, können über zusätzliche 4 Hektar Lagerplatz verfügen und 60 Tage kostenlos gelagert werden. Weiterhin stehen in beiden Häfen 10.000 m² an überdachten Lagerflächen und überwachten Zonen zur Aufbewahrung von Wertgütern zur Verfügung. Für bestimmte Frachtgüter (sog. Cargas FIO) gewährt Chile einen 20-prozentigen Nachlass auf die marktüblichen Preise. Dies alles übertrifft - worauf die chilenische Regierung wiederholt hingewiesen hat - die Empfehlungen der “Convención sobre el Comercio de los Estados sin Litoral” der UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development).
Darüber hinaus ließ Chile den Bau der Ölpipeline von Sicasica nach Arica zu. Damit diese für den Im- und Export von Öl genutzt werden konnte, wurden frühere Klauseln verändert. 1999 wurde die Konzession für diese Pipeline um weitere 20 Jahre verlängert.
Auf der Tagesordnung steht momentan die Privatisierung der Hafenanlagen von Arica. Könnte Bolivien sich bei der Ausschreibung behaupten, würde dies möglicherweise zu einer Versöhnung führen. Gegner führen hingegen an, dass es nur eine Strategie sei, die wirklichen Besitzrechte Boliviens zu vertuschen und das bolivianische Volk so ruhig zu stellen. Auch würde Bolivien bei einer Privatisierung die bereits genannten Zugeständnisse und Zugangsrechte von 1904 verlieren.
Neid, Missgunst und ihre Folgen
Chile gewann im letzten Jahrhundert das weltweite Monopol für den Salpeterhandel und in der Folgezeit erlangte das Land dadurch beträchtlichen Reichtum, vorwiegend durch die Einnahmen auf Grund der Ausfuhrzölle. Zwar entwickelte bald ein deutscher Chemiker synthetischen Ersatz, was den Salpeterabbau überflüssig machte, jedoch wurde eine lukrative Alternative gefunden: gewaltige Kupfervorkommen, ebenfalls in der Atacamawüste, machten Chile zum gröβten Kupferproduzenten in der Welt.
Chile wurde also reich an den Exportgeschäften über den Hafen von Antofagasta, während Bolivien den Anschluss verlor. Ein Grund für Neid und Missgunst zwischen den beiden Staaten. Auch heute noch führen einige Stimmen Boliviens seine wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Unterentwicklung nicht etwa auf versäumte Gelegenheiten, unkluge Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik oder auf politische Instabilität zurück, sondern vielmehr auf das Abgeschnittensein vom Meer und den Verlust wichtiger natürlicher Ressourcen. Es isoliere das Land vom internationalen Güter- und Kapitalverkehr und verhindere lukrative Handelsbündnisse.
Nach Gründung der Vereinten Nationen 1945 rief Bolivien die Generalversammlung dazu auf, seine Petition auf die Rückerstattung des Hafens anzunehmen. Chile setzte sich dagegen heftig zur Wehr, erklärte 1953 jedoch Arica zum freien Hafen und garantierte Bolivien die besonderen Zugangsrechte.
1978 spitzte sich der Konflikt zwischen Chile und Bolivien zu. Zu diesem Zeitpunkt scheiterten die Verhandlungen zwischen den Generälen Hugo Banzer und Augusto Pinochet (“Abrazo de Charaña”). Pinochet bot Bolivien ein Stück Küste im Tausch für ein proportional gleichwertiges Stück bolivianischen Terrains an. Banzer selbst war zwar nicht abgeneigt, erhielt jedoch keine Unterstützung von seinen Militärs, was schlieβlich und endlich dazu führte, dass die bis dato bestehenden diplomatischen Beziehungen abgebrochen wurden. Die chilenische Regierung betont, dass dieser Abbruch einzig und allein ein unilateraler Entschluss Boliviens gewesen sei und sie selbst zu jeder Zeit und bedingungslos bereit sind, die Beziehungen wieder aufzunehmen.(1)
Phase der Entspannung und Annäherung
Zur Verbesserung der Situation zwischen der I. und II. chilenischen Region und den bolivianischen Nachbarprovinzen wurde 1997 das “Comité de Frontera Chile-Bolivia” gegründet. Am 3./4. August 1998, zugleich die erste Zusammenkunft dieses Komitees, wurde beschlossen, dass dieses Gremium sich mit allen Angelegenheiten der gemeinsamen Bergpässe bzw. Grenzen befassen werde.
Im September 2000 schien sich die Lage zu entspannen, als Chile Bolivien einen zirka einen Quadratkilometer breiten Küstenabschnitt auf chilenischem Staatsgebiet anbot. Dadurch wäre Bolivien der Zugang zum Meer ermöglicht worden, ohne die chilenische Souveränität gleichzeitig in Frage zu stellen. Jedoch wurde dieses Angebot nicht weiter verfolgt, auch wenn die chilenische Auβenministerin Soledad Alvear am 16. November 2000 offiziell erklärte, dass man über die bolivianischen Forderungen nach einem eigenen Meereszugang nachdenke, jedoch ohne chilenisches Territorium abtreten zu wollen.
Die Wende und neuere Entwicklungen
Einen Wendepunkt bildet der Oktober 2003. Seitdem ist der Konflikt neu entfacht und wird von beiden Seiten in aggressiver Weise ausgetragen.
Auslöser war eine Entscheidung des damaligen bolivianischen Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada. Dieser wollte Erdgas – eines der wichtigsten natürlichen Ressourcen des Landes – über eine Pipeline durch Chile hindurch an US-amerikanische Konzerne exportieren. Eine solche kurzfristige Verkaufslösung hätte zwar zum Ausgleich des eklatanten Haushaltsdefizits beigetragen, rief jedoch den Widerstand von sozialen Bewegungen und nationalistischen Wirtschaftsfachleuten hervor. Sie bevorzugten ein längerfristiges Projekt, bei dem die Weiterverarbeitung und Nutzung des Gases im eigenen Land geschehen solle. Im Exportfall entfielen nur geringe Erträge auf Bolivien, so dass sie von einer Politik des “Ausverkaufs”, des "Vaterlandsverkaufs" sprachen. Stein des Anstoβes war neben diesem Verlust der Besitzrechte und dem generellen Misstrauen gegenüber den Machenschaften der Politiker, auch die drohende Entscheidung der Regierung einen chilenischen Exporthafen für die Lieferung an die USA auszuwählen, die in Bolivien u. a. wegen ihrer Vernichtungspolitik der Koka-Pflanze keinen guten Ruf genießen. Wochenlange Volksproteste führten schlieβlich zu einem bürgerkriegsähnlichen Zustand. Als die bolivianische Regierung die Aufstände durch massiven Militär- und Polizeieinsatz eindämmte, wurden die Protestierenden vom Links-Populisten, dem Abgeordneten Evo Morales, Vorsitzender des “Movimiento al Socialismo (MAS)”, der den Konflikt ideologisch auflud und emotional weiter hochpeitschte, aufgestachelt.
Mehr als 80 Tote, beträchtlicher Sachschaden, Lebensmittelknappheit und wirtschaftliche Verluste in Millionenhöhe, sowie eine schwere Schädigung des nachbarschaftlichen Verhältnisses von Chile und Bolivien waren die Folge. Auch musste der bolivianische Präsident Sánchez de Lozada, obwohl von den USA und der OEA unterstützt, am 17. Oktober 2003, nach nur siebzehn Monaten im Amt, seinen Rücktritt erklären und dem Vizepräsidenten Carlos D. Mesa als neuem verfassungsmäβigem Präsidenten die Staatsgeschäfte übertragen.
Unter Mesa wurde dann beschlossen über die Entscheidung der Gasexporte Mitte 2004 eine Volksbefragung abzuhalten. Zumindest für die USA wird dieses Referendum ohne Belang sein. Abgeschreckt von den gewaltigen Unruhen, der Instabilität und der Amerikafeindlichkeit in Bolivien haben sich die USA Indonesien zugewandt, um den geplanten Gasimport zu realisieren. Ob ein Referendum allerdings bei einem Thema, dass so von Nationalstolz geprägt und zudem emotional aufgeladen ist, die wirtschaftspolitisch klügste Entscheidung ist, bleibt fraglich. Dieser Entschluss ist eher eine populistische Maβnahme, um das Volk auf die Regierung einzuschwören mit Blick auf die kommenden Wahlen.
In seiner Antrittsrede vom 19. Oktober 2003 erklärte der neue bolivianische Auβenminister Juan Ignacio Siles, die Wiedererlangung des Zugangs zum Pazifik als prioritäres politisches Ziel. Daher dehnt sich seit Ende 2003 der Konflikt weiter auf die internationale Ebene aus. Evo Morales fordert Chile auf, seinen Botschafter bei der UNO abzuberufen. Nach seinen Angaben unterstützten der UNO-Generalsekretär Kofi Annan und Jimmy Carter die bolivianische Position und hätten sich als Vermittler angeboten.
Die bolivianische Regierung bemüht sich sehr um eine Multilateralisierung des Konflikts. So wendet sie sich nicht nur an Organisationen wie die UN oder die OEA, sondern sucht auch bei seinen südamerikanischen Nachbarn um Unterstützung.
Einen weiteren Rückschlag erlitten die chilenisch-bolivianischen Beziehungen durch eine der ersten Amtshandlungen Mesas zu Beginn des Jahres 2004. Dieser brach die Verhandlungen über einen Freihandelsvertrag mit Chile, die kurz vor dem Abschluss standen, ab. Mesa verfolgte damit die Absicht, den Ansehensverlust der Regierung wieder wett zu machen und der Opposition entgegenzukommen. Auch ist dieses Thema, das mit so viel Nationalstolz und gekränkten Gefühlen belastet ist, geeignet, von innenpolitischen Problemen abzulenken, um sich die Unterstützung breiter Bevölkerungsschichten und der eigenen Wählerschaft, zu sichern.
Internationale Stimmen
Trotz der chilenischen Position, nach der im Vertrag von 1904 alle territorialen Unklarheiten geklärt und der jetzige Konflikt ausschlieβlich bilateraler Natur sei, gelang es Bolivien – insbesondere ab Ende 2003 – den Konflikt immer mehr zu internationalisieren.
Hinter einer solchen Politik steckt nicht nur gekränkter Nationalstolz - schlieβlich liegt der Territorialverlust schon 100 Jahre zurück und wiegt auf Grund der von Chile gemachten Zugeständnisse wirtschaftlich nicht so schwer. Vielmehr braucht Präsident Mesa politisch und wirtschaftlich internationale Unterstützung, um regierungsfähig zu bleiben.
Internationaler Währungsfonds und Weltbank fordern weiterhin vom Land einen neoliberalen Kurs. Da die neue Regierung die Wirtschaftspolitik von Sánchez de Lozada weitgehend fortsetzt, wird sie von zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Gruppen hart kritisiert. Für Präsident Mesa ist es deshalb lohnend, die Territorialfrage auch international anzusprechen. Er sichert sich damit die Sympathie breiter Bevölkerungskreise und isoliert Chile in der Region.
Ende November 2003 äußerte der venezolanische Präsident Hugo Chavez am Rande des ibero-amerikanischen Gipfeltreffens im bolivianischen Santa Cruz, dass er davon träume, “eines Tages an einem bolivianischen Strand zu baden”. Chile reagierte sofort und zog seine Botschafter aus Caracas zu Beratungen ab. Das Auβenministerium stellte klar, dass man eine Einmischung von Drittländern in bilaterale Beziehungen nicht dulden werde. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen, waren Beschwichtigungen von anderen Politikern aus der Region nötig. So bot sich Argentinien als Schlichter an, spielte jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Präsident Kirchner beschränkte sich darauf, einen Atlantikhafen als Alternative für bolivianische Gaslieferungen anzubieten.
Der brasilianische Präsident Lula trat als Vermittler auf. Die venezolanische Regierung sah sich gezwungen, die Aussage Chavez’ herunterzuspielen und abzumildern. Es sei lediglich ein “gesto motivo, no una intervención” gewesen und habe darüber hinaus nur dem Zweck gedient, einen Dialog zwischen Chile und Bolivien zu provozieren. Die Worte Chavez’ seien von feindlich eingestellten Gruppen aus dem Kontext gerissen worden. Die Lage schien sich wieder zu entspannen, bis ein weiterer Skandal die Gemüter erhitzte: chilenische Medien berichteten von Geheimverhandlungen zwischen der chilenischen und venezolanischen Regierung, bei denen der Rückzug Venezuelas durch die chilenische Zusage erkauft worden sei, sich nicht mehr für die demokratische Opposition in Venezuela einzusetzen. Die chilenische Regierung dementierte dies heftig.
Der kubanische Auβenminister Felipe Pérez Roque betonte während eines Besuches in Chile gegenüber Präsident Lagos, dass Kuba größtes Verständnis für den bolivianischen Territorialanspruch habe, dass er die Forderung von Präsident Chavez’ mit Sympathie betrachte und teile. Wörtlich sagte er: “En Cuba hay un apoyo amplio y mayoritario, no de ahora, sino histórico, a la aspiración boliviana de tener salida al mar”.
Diese Aussagen sind in einem weiteren Kontext zu bewerten: Anlass für den Besuch des kubanischen Auβenministers war dessen Bestreben, die chilenische Regierung zu überreden, sich bei der bevorstehenden Sitzung der UN-Menschenrechtskommission bei der die Kuba-Problematik wieder einmal erörtert wird, entweder zu enthalten oder im Sinne Kubas zu stimmen. Chile ließ sich jedoch zu keinem klaren Zugeständnis bewegen, so dass der aufgebrachte Kubaner seinen Unmut darin zum Ausdruck brachte, die chilenische Bolivienpolitik in der Öffentlichkeit anzugreifen.
Involviert ist auch der nördliche Nachbar. Peru teilt sich mit Chile einen zirka 13 Kilometer langen Grenzstreifen in der Atacamawüste. Eine Änderung der Gebietsrechte ohne peruanische Zustimmung wird nicht möglich sein. Präsident Alejandro Toledo stellte am Rande des Amerikagipfels am 12./13. Januar 2004 in Monterrey, Mexiko zwar in Aussicht, zwischen den beiden verfeindeten Nachbarn vermitteln zu wollen, konkrete Schritte sind jedoch noch nicht unternommen worden. Die Situation bleibt festgefahren.
Ungeachtet aller Schlichtungsangebote, droht Bolivien weiter damit, das Thema auf anstehenden Konferenzen und Zusammenkünften in der Region zu diskutieren, sein “angestammtes Territorialrecht” vor der UNO, der OEA und gar in Brüssel einzufordern, falls Chile weiterhin auf seiner Position beharre.
Erfolge konnte Bolivien mit dieser Politik jedoch noch nicht verbuchen. In Monterrey setzte Lagos sich mit seiner Forderung durch, den Streit ausschließlich bilateral zu behandeln. Beim Treffen der Vizeauβenminister Cristián Barros aus Chile und Jorge Gemucio aus Bolivien im Februar 2004, wurde das Thema nicht einmal auf die Tagesordnung gesetzt.
Perspektiven
Einhundert Jahre währt schon der Grenzkonflikt zwischen Chile und Bolivien. Ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. Unterschiedliche Konfliktparteien diskutieren aggressiv, zynisch und herablassend, selten jedoch objektiv-konstruktiv.
Das Säbelrasseln ist unüberhörbar. Evo Morales will einen baldigen Krieg nicht ausschlieβen; Militärexperten vergleichen im Fernsehen chilenisches und bolivianisches Kriegsgerät, und Chile wird vor allem von Peru wegen seines für die Region hohen Militäretats gerügt.
Der diplomatische Weg scheint den verfeindeten Staatsmännern nicht zu gelingen. Jeder wirft dem anderen mangelnde Dialogdisziplin vor. Chile bleibt hart gegenüber bolivianischen Territorialforderungen; Bolivien setzt auf die Region und die Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft.
Der Streit zieht sich durch alle Schichten: 80% der Chilenen halten Bolivien und seine Einwohner für rückständig und lehnen jegliche territorialen Zugeständnisse ab. Spott und Schadenfreude hallt über die Grenze. Dass das Thema beim letzten Treffen der Vizeauβenminister nicht angesprochen wurde, wird in den chilenischen Medien als Triumph gefeiert. Der konservative Senator Jorge Martínez Busch, ehemaliger Generalkommandeur der chilenischen Marine, äußerte sich gegenüber der United Press International: “This is the 21st cirisis we’ve had with Bolivia, which has been demanding its lost port since the 1920s. But this time it’s complicated by the mass mobilization, which is using the issue to arouse nationalist hysteria and support from other parts of America.”
Tatsächlich reagiert die Mehrzahl der Bolivianer, tief in ihrem Nationalstolz verletzt, sehr emotional. Chilenische Flaggen und Puppen chilenischer Politiker werden verbrannt, Demonstrationen abgehalten und chilenische Produkte boykottiert. Schulkindern wird im Geschichts- und Geographieunterricht unversöhnlicher Hass auf den Nachbarn vermittelt.
Eine kriegerische Lösung des Konflikts wird angesichts der militärischen Schwäche Boliviens nicht erwartet. Analysten befürchten jedoch, dass sich die aufgestaute Wut in terroristischen Akten, Massenprotesten oder “walk-ins” auf chilenisches Gebiet entladen könnte.
Präsident Lagos hat erkannt, dass durch die Konzentration auf Handelsbündnisse mit Europa und den USA Chile sich in der Region stärker als gewünscht isoliert hat. Die chilenische Wirtschaftspolitik rief nicht nur eine im nachbarschaftlichen Vergleich prosperierende Wirtschaft hervor, sondern auch Neid und Missgunst.
Erstrebenswert für die gesamte Region wäre sicherlich, nach dem Vorbild Europas, eine regionale bzw. subregionale Integration. Nur dadurch ist mittel- und langfristig ein friedliches Zusammenleben, -arbeiten und –wirtschaften zu schaffen.
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Anmerkung
- Zum letzten Mal geschah dies anlässlich des Gipfeltreffens der amerikanischen Staatschefs in Monterrey, Mexiko, am 13. Januar 2004, bei dem der chilenische Staatspräsident Ricardo Lagos hoffte, durch die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen den frisch wieder aufgeflammten Konflikt um Boliviens Zugang zum Meer zu mildern. Sein bolivianischer Amtskollege Mesa wies das angebot jedoch mit der Begründung zurück, dass die Voraussetzung dafür die Klärung des Meereszugangs sei. Ein schier unlösbarer Teufelskreis.
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