Christian Zinke berichtete über die Herausforderungen und Probleme der Wahlkampagne für den EPP-Spitzenkandidaten Manfred Weber. Um diesen zu begegnen, stellte die Kampagnenleitung ein eher unübliches Team von knapp 30 Mitarbeitern zusammen: mehrheitlich politikfremde, junge Leute, die eben nicht aus dem Parteiapparat kamen, sondern in Brüssel gearbeitet und Praktika gemacht haben. Und dieses Team hatte nicht nur wenig Zeit und ein relativ knappes Budget, es musste Datenschutzregeln beachten, sich mit den nationalen Kampagnen der EPP-Parteien verzahnen und absprechen, es konnte nicht auf eine EPP-Parteibasis zugreifen und stand vor einer immensen Sprachbarriere von 24 Sprachen in den 28 Ländern: „Eine umfassende Mobilisierung in Europa hinzubekommen, ist ein logistischer Kraftakt“.
Weber und sein Team nutzten aber auch die Chancen dieses Wahlkampfs: Zum ersten Mal habe es eine europäische Öffentlichkeit für einen Spitzenkandidaten gegeben mit europäischen Themen. So holte sich Weber mit der sogenannten „Listening Tour“ – er hörte sich während 45 Besuchen bei 27 EPP-Mitgliedsparteien die Meinungen von Menschen an – ein „Mandat der europäischen Bevölkerung“, so Zinke, und konzentrierte sich auf die drei Themen „Strong Europe“ (Forderung nach einem europäischen FBI), „Smart Europe“ (Masterplan zur Krebs-Bekämpfung) und „Kind Europe“ (Kampf gegen Kinderarbeit).
Aus der Sicht des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in München erläuterte Tobias Winkler die Parlamentskampagne, die das Ziel hatte, die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Diese lag zuletzt 2014 europaweit bei knapp 42 Prozent und war seit 1979 kontinuierlich gesunken: „Das ist für die europäische Demokratie ein Problem, für das Parlament und dessen Legitimierung.“ Grundlage für die Kampagne waren diverse Analysen und insbesondere eine Nichtwähleranalyse der letzten EP-Wahl von 2014. Das Budget habe bei knapp 9 Cent pro Bürger gelegen. Großen Wert legten die Kampagnenmacher daher auf freiwillige Unterstützer. Diese in der Community zusammenzubringen und sie zu motivieren habe viel Arbeit gekostet. Doch sie hatten viele Freiheiten und das „setzte Kreativität frei“ und „es kam unglaublich viel bei raus“, so Winkler.
Digital, aber auch analog ging das Kampagnenteam vor. Eine der Maßnahmen, die „reißenden Absatz gefunden hat“, war eine vorbereitete Postkarte. Diese konnte man in einem Verbindungsbüro oder am Wahlwerbestand ausfüllen und an Freunde oder Verwandte adressieren. Das Münchner Büro versandte sie dann im Mai, berichtet Winkler. Auch so wurden freiwillige Unterstützer genutzt, um Menschen an die Wahl zu erinnern und im persönlichen Kontakt zum Wählen zu bewegen. Zu den Informationsmitteln gehörte aber – neben vielen anderen wie Social Media-Arbeit oder Image-Filmen – auch eine Website, die darüber aufklärte, was die EU für jeden einzelnen Menschen tut.
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