Am Dienstag, den 05.12.2023, empfing die St. Johannis-Schule in der Dechanatstraße Christiane Quenstedt sowie den Tagungsleiter Jochen Leinert. Den darauffolgenden Dienstag, den 12.12.2023, besuchte Frau Quenstedt gemeinsam mit dem Tagungsleiter Toritseju Nanna das Ökumenische Gymnasium in Oberneuland. Die Tagungsleiter begrüßten die Schülerinnen und Schüler und gaben eine kleine Hinführung zum Thema. Nach einer kurzen Vorstellung der KAS und ihrer Arbeit wurde noch auf die Ausstellung verwiesen, die den jeweiligen Schulen zur Verfügung gestellt wurde.
Christiane Quenstedt begann mit ihrer Vorstellung. Geboren 1950 in Magdeburg, lebte sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern bis 1984 in der DDR. Sie berichtete von ihrem Leben in der DDR, von ihrem Studium zur Architektin in Dresden, ihrem Mann und ihrer Familie. Das normale Alltagsleben, so beschrieb sie es, war geprägt durch Unterordnung und Anpassung wie auch durch den Gedanken, bloß nicht aufzufallen. Und weil das so war, war die Grundstimmung in der Bevölkerung resignierend. Viele ergaben sich einfach den Lebensumständen und hatten das Gefühl, nichts ändern zu können. Da die DDR eine sozialistische Diktatur war, hatten die Arbeiter und Bauern bei allem ein Vorrecht. Wenn man zum Beispiel eine teure Anschaffung leisten oder verreisen wollte, wurde geschaut, wo man stand. Eine Mitgliedschaft in der SED, gutes Betragen und eine hohe politische Überzeugung bzw. Regimetreue führten zu einer Bevorzugung.
Im Laufe ihrer Erzählungen berichtete Quenstedt auch von einer Situation, in der ihr Mann in eine Bredouille kam. Er vertrat jemanden bei der Stadt und gab einer west-deutschen Touristengruppe eine Stadtführung in Dresden und zeigte die vermeintlich glorreichen Bauten der DDR. Im Anschluss gab ihr Mann, ebenfalls Architekt, der Gruppe eine private Führung und zeigte ihnen die schlechten Seiten der DDR, wie etwa den Zerfall jahrhundertalter Gebäude. Ein Spitzel hatte dies mitbekommen, was Konsequenzen hatte. Ihr Mann verlor seinen Job und erhielt einen Eintrag in seine Akte, wodurch es nicht nur für ihn, sondern auch für seine Frau sehr schwierig war, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Nach einer gewissen Zeit fand Quenstedt eine Stelle als Sekretärin bei der Diakonie, wo sie Gleichgesinnte fand. Es arbeiteten dort Menschen, die ähnliche Erfahrungen wie ihr Mann gemacht hatten. In dieser Gemeinde fanden sie nette Bekannte und Freunde, jedoch bestand jederzeit die reale Gefahr, durch Spitzel verpfiffen zu werden. Die Stasi konnte immer private Räume betreten, auch ohne Einwilligung. Plötzliche Verhaftungen und nächtliche Verhöre waren ebenso alltäglich wie Trabis der Stasi auf der Straße.
Die Erleichterung war groß, als Frau Quenstedt mit ihrer Familie von der BRD freigekauft und nach Stade zog, wo ihr Bruder nach seiner Flucht schon jahrelang lebte.
Gegen Ende der Schulveranstaltung konnten die Schülerinnen und Schüler noch Fragen stellen. Diese Möglichkeit wurde von einigen Schülerinnen und Schülern eifrig genutzt. Es wurden Fragen zur Stasi gestellt, zum Alltag, aber auch zur Integration in den Westen. Ein Schüler warf die Frage in den Raum, wie es in so einem autokratischen Regime, in dem es gefühlt überall Spitzel und Verräter gab, überhaupt möglich war, anderen Menschen zu vertrauen und Freundschaften zu schließen. In den Diskussionen stellte sich heraus, dass manche Schülerinnen und Schüler in Ostdeutschland geboren und aufgewachsen sind oder Familienangehörige haben, die auch aus der DDR geflohen sind. So berichteten einige auch von den Erfahrungen und Schicksalen ihrer Angehörigen.
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