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Islamische Wirtschaftsordnung und Soziale Marktwirtschaft

Mit verschiedenen Grundlagen wirtschaftlichen Handelns hat sich am 30. September 2010 das Fachgespräch „Islamische Wirtschaftsordnung und Soziale Marktwirtschaft" auseinandergesetzt. Langfristig orientierte und auf Werten gegründete Wirtschaftsmodelle sind stärker gefragt denn je. Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse an den Finanzmärkten erscheint die Durchsetzung von strikten Regeln und einer Rahmenordnung, innerhalb derer sich das Marktgeschehen frei entfaltet, besonders dringlich.

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Die Frage nach den verbindenden Elementen zwischen der Sozialen Marktwirtschaft und einer islamisch geprägten ökonomischen Ordnung stand daher im Mittelpunkt der Veranstaltung.

Zaid el-Mogaddedi, der Managing Director des Institute for Islamic Banking and Finance (IFIBAF) gab einen ersten Einblick in die Prinzipien der islamischen Wirtschaftsordnung: Diese könnten sich auch für den Westen als „nachhaltiges ethisches und sozial verantwortungsvolles Investment“ erweisen. Das gesamte Handeln eines gläubigen Muslims, auch das ökonomische, begründe sich in seinem Glauben. Daraus ergebe sich eine Verantwortung vor Gott, die sich in verschiedenen Handlungsgrundsätzen äußere. Geldgeschäfte, durch die Menschen zu Schaden kommen, sowie hochspekulative Risiken würden im Islam abgelehnt.

So sei etwa das Geldzinsverbot eine zentrale Säule des Islamic Banking. Dem Geld, das durch das islamische Bankenwesen in Umlauf gebracht wird, müsse ein Realwert zugrunde liegen, sagte el-Mogaddedi. Geldanlagen in bestimmte Güter wie Alkohol oder in Bereiche wie der Rüstungsindustrie seien nicht erwünscht. Die Investitionen würden von Ethikkommissionen, sogenannten Sharia Boards, auf ihre Regelkonformität überprüft und in der Folge zugelassen oder abgelehnt. Hätten die Vorgaben des Islamic Banking eine breitere Tragweite, hätte die Finanzkrise verhindert werden können, so el-Mogaddedi. Auch soziale Transferleistungen seien vorgesehen, so etwa die Entrichtung der Zakat am Ende des Mondjahres, die einer Art Vermögenssteuer entspricht. Die Zakat würde an Bedürftige gespendet und betrage zwei Prozent des Vermögens.

Prof. Dr. Volker Nienhaus, Präsident der Phillipps Universität Marburg a.D., betonte in seiner Einleitung, dass man Islamic Banking nicht als eigenes Wirtschaftsordnungskonzept bezeichnen solle, da es selbst in islamischen Ländern kaum angewandt werde. Vielmehr handle es sich dabei – und dies im Gegensatz zur praxisorientierten Sozialen Marktwirtschaft – um ein gedankliches Konstrukt. Immer wieder gebe es Missverständnisse darüber, auf welchen Grundsätzen Islamic Banking beruhe. „Die Ideologie wird als islamkonform und andersartig gepriesen, doch die Praxis stößt sich daran. Man will kein anderes System haben, sondern man möchte weiterhin seine auf Gewinnmaximierung ausgelegten Handelsgeschäfte finanzieren - allerdings in einer Scharia-gerechten Form“, kritisierte Nienhaus.

Für Aussagen über die Wirtschaftsordnung würden sich Gelehrte einerseits an der gängigen ökonomischen Lehrmeinung orientieren, um präskriptive Elemente zu finden, und andererseits an der islamischen Rechtswissenschaft, wenn es um die normative Dimension des Handelns gehe. Nienhaus hält vor allem das Zinsverbot – mit den damit einhergehenden Beschränkungen für den Finanzsektor – für eine sachliche Hürde im Dialog zwischen Sozialer Marktwirtschaft und Islamischer Ökonomie. Doch inzwischen hätten die Scharia-Gelehrten Möglichkeiten gefunden, den Unternehmern mit Hilfe von Zwischenhändlern Liquidität zu verschaffen. Somit seien diese islamischen Handlungsprinzipien durchaus mit den wirtschaftlichen Strukturen einer Sozialen Marktwirtschaft vereinbar.

Gleich zu Beginn seines Vortrages stellte Dr. Mehmet Asutay, Spezialist für Islamisches Bank- und Finanzwesen von der Universität Durham (Vereinigtes Königreich), fest, islamische Werte hätten zwar das Potential um aus der Finanzkrise herauszuführen, derzeit sei jedoch die islamische Ökonomie als Disziplin nicht in der Lage, dies tatsächlich zu tun. Islamische Leitwerte, die in der Gestaltung der Wirtschaftsordnung eine Rolle spielen sollten, böten momentan lediglich das Potenzial Krisen abzuschwächen: „Islamic Banking kann sich gegenwärtig nicht als moralisches Wirtschaftssystem bezeichnen“. Asutay sieht die Finanzkrise als ethische Krise des Bankwesens, die auf ein moralisches Defizit hinweise. Darum plädierte er für einen Wandel des Finanzwesens: „Die derzeitige Krise weist darauf hin, dass ethische Regeln gefunden werden müssen, egal ob sie nun hinduistisch oder muslimisch sind“.

Asutay ist der Überzeugung, dass Gleichheit und Gerechtigkeit notwendig sind, um Entwicklung voranzutreiben. Dies wird auch in der, wie sie von ihm bezeichnet wird „islamischen moralischen Ökonomie“ als weiter gefasster Denk- und Ordnungsansatz vorausgesetzt. Das heutige gängige Finanzwesen beinhalte jedoch sehr viele aus dem liberalisierten Finanzsystem übernommene Elemente, die eine große Diskrepanz zwischen den Grundsätzen des Koran und dem tatsächlichen Handeln entstehen ließen.

Text: Nora Enzlberger

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