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In der Republik Moldau dreht sich das Rad der Geschichte zurück

от Sabine Habersack
Die Republik Moldau ist in den letzten Jahren zum ärmsten Land Europas geworden. Ende vorigen Jahres betrug die Staatsschuld über 1,3 Milliarden Dollar, 60 Prozent der Bevölkerung verdienten weniger als 2 Dollar pro Tag und etwa 20 Prozent der Bevölkerung auf dem Lande lebten außerhalb jeden Geldverkehrs.

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Die Landwirte des früheren "Getreidelandes" der ehemaligen Sowjetunion leben heutzutage in Abhängigkeit von dubiosen sog. Großgrundbesitzern, oder von demjenigen Geld, welches Verwandte, meistens junge Frauen, die sich im Ausland prostituieren, nach Hause schicken. Resignation und mangelnde Perspektiven waren wohl auch der Grund, warum am 25. Februar 2001 die Kommunisten die Parlamentswahlen gewannen und ihr Kandidat Vladimir Voronin Staatschef wurde. Das Programm der Kommunistischen Partei Moldaus (PCM) machte große Versprechungen: "Effiziente Bekämpfung der Korruption und des Schmuggels", "Marktwirtschaft", "kostenlose Gesundheitsfürsorge" und "soziale Garantie für alle Menschen". Dagegen sind aber ausländische Wirtschaftsexperten der Weltbank der Meinung, dass zur Realisierung dieser Versprechen die Ressourcen fehlen. Nicht nur die ideologische und kulturelle Verwandtschaft mit Russland, sondern auch die realen wirtschaftlichen Umstände ermunterten die Kommunisten aus Chisinau, einerseits schöne Worte in Richtung Europa zu sagen und andererseits konkrete Schritte in Richtung Russland zu gehen.

Als am 27. August 2001 die Republik Moldau ihre 10-jährige Unabhängigkeit von der Sowjetunion feierte, zeigte sich Rumänien von der außenpolitischen Akzentverschiebung des "Schwesternlands" Moldau sehr besorgt. Denn anstatt ihre Beziehungen zu Rumänien und dem Westen zu verbessern, erklärten die kommunistischen Behörden aus Chisinau offen ihre Sympathie zu Russland, genauer zu Vladimir Putin.

Der moldauische Staatschef Voronin kündigte sogar an, sein Land sei bereit, der russisch - weißrussischen Union beizutreten.

Außerdem wird in letzter Zeit trotz heftiges Widerstandes einiger Historiker die stalinistische Version der "Moldauischen Geschichte" gepriesen. Nachdem 10 Jahre lang offiziell unumstritten war, dass die Republik Moldau und Rumänien ein einziges Volk mit einer gemeinsamen Geschichte darstellen würden, welches infolge des Ribbentropp-Molotov-Abkommens auf ungerechte Weise getrennt worden sei, wird nun in Chisinau behauptet, dass Bessarabien (der historische Name für die Republik Moldau) 1940 von den Russen nach langer rumänischer Besatzung befreit worden wäre und sich mit der großen Familie der sowjetischen Republiken wiedervereinigt hätte.

Darüber hinaus wurden nicht nur Änderungen in der Schulordnung durchgeführt, wie zum Beispiel das Umbenennen des Schulfaches "Rumänische Geschichte" in "Moldauische Geschichte", oder "Rumänische Sprache" in "Moldauische Sprache", sondern auch konkrete Maßnahmen getroffen, wie Russisch als Pflichtfach in allen Schulen wiedereinzuführen.

Mit der Behauptung, dass sie zwar vier weitere Jahre Kommunismus ertragen könnten, nicht aber vier weitere Jahre kulturelle Unterdrückung, haben die Lehrer ihren Protest gegen diese Veränderungen aufgegeben. Anscheinend ist die Zeit der Massendemonstrationen vorbei, die Menschen kämpfen eher um das nackte Überleben als um Ideale.

Ghiorghi Prisacaru, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des rumänischen Parlamentes, hat am 7. Oktober 2001 auf einer Pressekonferenz zugegeben, dass zwischen Rumänien und der Republik Moldau seit dem Wahlsieg der Kommunistischen Partei (PCM) gewisse Probleme vorliegen würden. Denn die neuen kommunistischen Führer aus Chisinau hätten eine deutliche anti-europäische Haltung, welche sich in erster Linie gegen Rumänien richten würde, so Prisacaru.

In diesem Zusammenhang erwähnte er die neuesten Erklärungen des moldauischen Justizministers, Ion Morei. Dieser hätte in seiner Eigenschaft als Vertreter der Republik Moldau in Straßburg vor dem Europäischen Hof für Menschenrechte Rumänien öffentlich beschuldigt, sich in die inneren Angelegenheiten der Republik Moldau eingemischt zu haben und "Expansionismus" zu betreiben.

Hintergrund der juristischen Auseinandersetzung: die Kommunisten in Chisinau hätten gerne, dass die moldauische Kirche autonom bleibt, während die rumänische orthodoxe Mitropolie die Tendenzen unterstützt, dass beide Kirchen fusionieren. Infolge dieser Aussagen von Morei hat der rumänische Premierminister Adrian Nastase seinen Besuch in Chisinau abgesagt.

Auf einer Pressekonferenz der Regierung präzisierte der Kabinettschef noch, dass die Republik Moldau sogar gefordert hätte, das in der Erarbeitungsphase befindliche bilaterale Abkommen für gute Nachbarschaft in moldauischer und rumänischer Sprache zu verabschieden. Dies sei aber absurd, solange es sich in Wirklichkeit um dieselbe Sprache handele, so Nastase.

Bessere Verhältnisse zwischen Rumänien und Russland

Dagegen haben sich seit dem Besuch des rumänischen Außenministers Mircea Geoana in Moskau am 28. Oktober 2001 die Beziehungen zwischen diesen Rumänien und Russland wesentlich verbessert. Die neue politische Führung Rumäniens hat entschieden, auf alle bisherigen Streitpunkte, welche zwischen beiden Staaten vorhanden sind, zu verzichten und ab dem 30. Oktober neue Verhandlungen zur Verabschiedung eines Abkommens für gute Nachbarschaft zu beginnen.

So verzichtet Rumänien jetzt auf die Rückgabeforderung in bezug auf den wertvollen Nationalschatz (in heutiger Währung Wert iHv etwa 3 bis 4 Milliarden USD), den man vor Beginn des 2. Weltkriegs nach Moskau "in Sicherheit" gebracht hatte und der angeblich spurlos verschwunden sein soll. Ein weiterer Streitpunkt war immer wieder das Ribbentropp-Molotow-Abkommen, durch welches Rumänien das Gebiet der heutigen Republik Moldau und einen Teil der heutigen Ukraine (Bukowina) einschließlich der Schlangeninsel verloren hatte.

In Rumänien wurde diese Absicht des Kabinetts hart kritisiert. Die parlamentarische Opposition ist gegen den Verzicht auf diese "legitimen Ansprüche", so z.B. Valeriu Stoica, Vorsitzender der National Liberalen Partei (PNL).

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Dr. Martin Sieg

martin.sieg@kas.de

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