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„Funke Europas neu entzünden“

Julia Klöckner zur Zukunft Europas auf dem Kommunalkongress in Trier

Unter dem Motto „Europa wächst vor Ort“ diskutierten 200 Gäste, darunter Bundes- und Kommunalpolitiker sowie Wissenschaftler, auf Einladung der KommunalAkademie über Erfolge und Herausforderungen in der Grenzregion Trier. Mit einer Exkursion durch Luxemburg und Frankreich, einer Stadtführung in Trier sowie einem Empfang in der deutschen Botschaft von Luxemburg klang der zweitägige Kongress aus.

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Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert mehr positive Werbung für Europa. „Der europäische Funke von Brüssel muss in die Lebensräume der Menschen überspringen“, sagte sie auf dem diesjährigen Kommunalkongress der KommunalAkademie in Trier.

 

„Europa ist für die Bürger nicht greifbar, wenn der Mehrwert nicht sichtbar ist“, sagte Klöckner. Sie bedauerte, dass Vieles auf der „Habenseite“ abgehakt werde, während negatives mehr Beachtung fände. „Wir brauchen Botschaften für die Dinge, die gut laufen.“ Dabei spielten die Kommunen eine entscheidende Rolle, die der Schlüssel vor Ort sein könnten. „Wenn ein gewisser Wohlstand, eine gute Infrastruktur und eine öffentliche Hand als funktionierend empfunden wird, dann tragen wir dazu bei, dass Bürger zufrieden sind.“ Klöckner verurteilte zudem einen aufkommenden neuen Nationalismus und Abschottungen. Sie hielt dagegen, dass mit dem internationalen Austausch Europa vor Ort wachse.

Bereits 60 Jahre nach in Kraft treten der Römischen Verträge ist Europa auch kontinental gewachsen. Aus einer Wirtschaftsgemeinschaft von sechs Gründungsstaaten wurde Europa zu einer politischen Union von 28 Staaten. Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, beobachtet dabei gewisse Entwicklungserscheinungen. „Mir fallen unangemessene, regelmäßig pubertäre Reflexe auf, die es nicht nur an der einen oder anderen Stelle gibt, sondern bei immer mehr Mitgliedsstaaten deutlich zu sehen sind“, kritisierte er. Um so wichtiger sei es, sich über die Zukunft Europas und den Zustand unserer Demokratie Gedanken zu machen. Schon in der Antike implizierte der Demokratie-Begriff auch eine lokale Perspektive. „Demokratie entsteht vor Ort“, folgerte der ehemalige Bundestagspräsident. „Aber hoffentlich verstehen wir unter Wachstum nicht nur quantitative Entwicklungsprozesse, sondern auch qualitative Fortschritte“, mahnte Lammert.

Weitere Fotos des Kongresses und der Exkursion finden Sie in unserem Flickr-Album hier:

Kommunalkongress 2018 in Trier

 

Esch-sur-Alzette erhält Auszeichnung „Integrative Stadt 2018“

Ein gelungenes Beispiel für ein gelebtes Europa ist die Stadt Esch-sur-Alzette. Schon seit Jahrhunderten mussten sich die Bewohner der luxemburgischen Grenzregion mit dem Thema Migration auseinandersetzen. Aufgrund dieser langen Erfahrung und heute, wo Zuwanderung aktueller denn je ist, entwickelte die Stadt so eine Erfolgsgeschichte. Deshalb erhielt Esch-sur-Alzette die diesjährige Auszeichnung „Integrative Stadt 2018“ für ihre besondere Integrationsarbeit, den multikulturellen Zusammenhalt und ihr Engagement gegen Ausgrenzung. Das symbolische Ortsschild überreichte Norbert Lammert dem Bürgermeister Georges Mischo, der sich für die Auszeichnung bedankte. „Ich danke auch meinen Bürgern der Stadt, die sich getraut und bemüht haben, dem Neuen und den Menschen ihre Herzen zu öffnen“, sagte Mischo mit Stolz.

 

Landsberg: „Die Kommunen müssen gestärkt werden“

Doch dieses Klima der Offenheit und Freundlichkeit herrscht nicht überall. „Wir haben in weiten Bereichen der Gesellschaft – das ist das Geschäft der Populisten – ein Europabashing“, sagte Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Schuld daran seien mangelndes Wissen und unreflektierte Stammtischparolen. Landsberg sprach sich dafür aus, die Errungenschaften der EU wieder wertzuschätzen und nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Frieden, Reisefreiheit, Jobsuche – daraus resultiere Deutschlands Wohlstand. „Es ist auch Aufgabe der Wirtschaft die Begeisterung für Europa entgegen der Populisten wieder zu wecken.“ Europa müsse im Sinne der Gemeinden gestaltet werden. „Europa wächst nur von unten und wir müssen die Kommunen stärken“, forderte Landsberg. Dazu gehören unter anderem der Reformvertrag, die kommunale Selbstverwaltung und das Subsidiaritätsprinzip. „Die europäische Rechtsprechung muss besser werden“, forderte Landsberg zudem. Die Folgenabschätzung fehle nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf der europäischen Ebene. Dazu führte er als Beispiel die Lärmschutzrichtlinien an. „Was nützen mir die Vorgaben, wenn ich als Stadt nicht die Mittel habe, die Umgehungsstraße oder die Lärmschutzwälle zu bauen.“ Daher forderte er, dass mehr auf den Vollzug geschaut werden müsse. Damit könne man eine Menge Frust abbauen, so Landsberg.

 

Kulturprojekte und Tourismus lassen Europa vor Ort wachsen

„Damit wieder die ‚Freude schöner Götterfunken‘ in den Herzen der Bürger aufleuchtet“, wie es Bürgermeister Leon Gloden aus der luxemburgischen Stadt Grevenmacher formulierte, hat die Grenzregion Trier eine Vielzahl an Projekten mit den Nachbarländern Luxemburg und Frankreich erfolgreich entwickelt. Mit dem 1980 vereinbarten Kulturabkommen zwischen Deutschland und Luxemburg, startete in der Grenzregion und im „Rom des Nordens“ (Trier) eine Vielzahl von gemeinsamen Konzerten, Veranstaltungen, Orchesteraufführungen und musikalischem Jugendaustausch. Wenn gemeinsam ein Schwimmbad oder ein Fußballplatz gebaut werden, wird an diesen Orten Europa spürbar. Dies machten in der Diskussionsrunde auf dem Kongress die Kommunalpolitiker und Experten deutlich.

Mit historisch eindrucksvollen Orten wie der „Porta Nigra“ oder der jüngst errichteten Karl-Marx-Bronzestatue zu Ehren des berühmten Stadtbewohners, lockt Trier eine Vielzahl von internationalen Besuchern an. Die Weinberge an Mosel und Saar sind zudem Aushängeschild für die Region. Mit der Nähe zu Luxemburg wird der Tourismus grenzenlos. „9.000 Bürger pendeln täglich nach Luxemburg“, machte Wolfram Leibe, Oberbürgermeister der Stadt Trier, deutlich und unterstrich damit den hohen Stellenwert des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes. Die dafür nötigen sprachlichen Grundlagen werden bereits in der Schule gelegt. Insbesondere das Saarland hat eine Offensive gestartet Kinder bilingual in Kindergärten und Grundschulen zu erziehen, damit deutsch und französisch zu gleichwertigen Hauptverkehrssprachen werden. Seit der Gründung der „QuattroPole“ Trier, Luxemburg, Saarbrücken und Metz arbeiten die vier Städte eng miteinander zusammen. Daraus hervorgegangen ist jüngst der erste länderübergreifende Reiseführer.

 

Herausforderungen für Kommunen

Doch in der europäisch gelebten Region können Städtepartnerschaften oder regionale Projekte nicht in Gänze über die Herausforderungen der Zeit hinweghelfen. Megatrends wie Stadt-Land-Flucht, mangelnde Infrastruktur oder dringend benötigter Breitbandausbau beschäftigen die internationalen Kommunen auf beiden Seiten der Mosel und Sauer. Auch die Mobilität unterliege einem radikalen Wandel und betreffe die Lebensqualität in Zukunft, gab Bernhard Kaster zu bedenken. Der ehemalige Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und frühere Bürgermeister Trier-Land sprach sich für eine Kombination von Verkehrsträgern mit Elektro-Mobilität aus. Auch eine Anbindung an den Nah- und Fernverkehr sei entscheidend. Gerade bei der unterstützenden Finanzierung nimmt er den Bund in die Pflicht.

Bei all den Wandlungsprozessen, Innovationen und dem rasanten Tempo des Fortschritts liegt für Jacques Santer der Motor des europäischen Binnenmarktes in den Grenzregionen. „Großregionen werden die Bausteine eines Europas der Zukunft sein“, sagte der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission. In dem die Städte Trier, Saarbrücken oder Aachen die Synergien der Grenznähe nutzen würden, „geben sie sich im internationalen Wettbewerb ein unverwechselbares Profil“, so Santer. Der in Wasserbillig geborene Santer ist überzeugt, dass die bisherigen Erfolge zum weiter machen ermutigen. „Im Vergleich zu anderen europäischen Großregionen braucht sich unsere Region mit dem bisher erreichten nicht zu verstecken.“

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