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„Was hält Europa zusammen?“

3. Vortrag der Ringvorlesung „Europäische Verfassung"

Heinrich August Winkler, jüngst emeritierter Professor für Neueste Geschichte an der Humboldt-Universität Berlin, ist ein Mann von beeindruckender Themenfülle, den in seinem mittlerweile langen wissenschaftlichen Leben immer eine Frage ganz besonders umgetrieben hat: Was zeichnet den „Westen“ aus, welche Nationen und Staaten gehören dazu und welches Verhältnis hat Deutschland in der Geschichte zu „westlichen Werten“ entwickelt?

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Von dieser Grundfrage aus liegt es nahe, Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union in Blick zu nehmen. Dies hat Heinrich August Winkler am 22. November 2007 in einem Vortrag im Rahmen der von der KAS und der Universität Bonn zusammen veranstalteten Ringvorlesung auf beeindruckende Weise getan.

 

 

 

Winkler bezog dabei klar Position: wohlwollend gegenüber dem Projekt einer westlichen Werten verpflichteten vertieften Gemeinschaft europäischer (National)staaten, skeptisch gegenüber der vorwärts hastenden Erweiterung, die seiner Meinung nach auch nicht breit und öffentlich genug debattiert wird, sondern in den vielzitierten Hinterzimmern ausgehandelt und dann vollstreckt wird.

 

 

 

Das prominenteste Beispiel ist für Winkler die Türkeifrage. Interessant: Das SPD-Mitglied Winkler, Mitglied der Historischen Kommission der SPD, sprach sich gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU aus und plädierte für eine „privilegierte Partnerschaft“ (sic!) mit einem Land, das er noch weit entfernt davon sieht, von westlichen Werten - Freiheitlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und „checks and balances“ – geprägt zu sein.

 

 

 

Winkler ist skeptisch gegenüber jedem Versuch, die Vertiefung der Gemeinschaft zu forcieren, so wie Teile der postnationalen Linken (Habermas) es fordern. Eine europäische Öffentlichkeit gebe es noch nicht und sie könne auch nicht geschaffen werden, sie müsse wachsen. Was er die „Verselbständigung der Exekutive“ nennt, also jene charakteristische Schieflage der europäischen Konstruktion, in der Exekutiven, die Regierungen der Mitgliedstaaten, gleichzeitig Legislative sind, ist für ihn auf diesem Wege das größte Hindernis. Er plädiert deswegen dafür, dass die nationalen Parlamente neben dem EU-Parlament in ihrer Rolle gestärkt werden.

 

 

 

Die Diskussion, insbesondere ein Einwurf Brigitte Seebachers, zeigte, dass der Furor der Exekutive sich vielleicht am nachhaltigsten in den „kleinen“ Entscheidungen vor dem Hintergrund der Schaffung eines europäischen Binnenmarktes zeigt, also da, wo nationale, gewachsene Besonderheiten wie das deutsche Sparkassenwesen oder das VW-Gesetz getilgt werden.

 

 

 

Der voll besetzte Theatersaal der Universität dankte Winkler seine gedankliche Klarheit und seine offene Sprache mit lang anhaltendem Beifall.

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Dr. Johannes Christian Koecke

Dr

Referent Politische Grundsatzfragen und Internationale Politik, Büro Bundesstadt Bonn

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