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Das Diskussionsforum setzte sich mit Gestaltung und Herausforderungen der deutschen Migrationsgesellschaft auf kommunaler Ebene auseinander. Der Fokus der Veranstaltung lag auf folgenden Leitfragen:
- Konzepte und Herausforderungen der Gestaltung der Migrationsgesellschaft vor Ort;
- aktueller Stellenwert der Vielfalt und Diversität auf lokaler Ebene;
- Handlungsspielräume der Kommunen in Bezug auf die fluchtbezogene Migration sowie
- Formen des interkulturellen Dialogs in Kommunen vor dem Hintergrund geopolitischer Krisen.
Durch vielseitige und praxisorientierte Behandlung solch aktueller Fragen sowohl aus der wissenschaftlichen als auch politischen und demokratiepädagogischen Perspektive konnten effektive Konzepte für die Steigerung der Aufnahmebereitschaft der deutschen Mehrheitsgesellschaft einerseits sowie ganzheitliche Inklusionsstrategien für Migrantinnen und Migranten vorgestellt und diskutiert werden.
Eröffnet wurde das Forum durch den Auftaktimpuls von Prof. Roswitha Pioch zum Thema „Migration und Integration – eine Daueraufgabe der Kommunen?“ Ausgehend von dem in den Politikwissenschaften etablierten Begriff der „multiplen Krise“ wurden im Vortrag die strukturell miteinander verflochtenen Innovationspotenziale von Bund, Ländern und Kommunen in Bezug auf die fluchtbezogene Migration gezeigt. Der Hauptfokus konzentrierte sich auf der Auffassung der Integration als einer Mehrebenenaufgabe, die am Ende der Delegierungskette oft von den Kommunen alleine geleistet werden muss. Dabei kann operative Stärke der Kommunen im Integrationsbereich anhand statistischer Daten unbestritten nachgewiesen werden. Auch der eindeutige Aufnahmewille von neuen Zugewanderten, die schnelle Anpassung an die neuen krisenhaften Migrationswellen sowie politische Lernprozessfähigkeit sind am Beispiel des Umganges mit ukrainischen Geflüchteten klar zu erkennen. Es bedarf jedoch neben der zusätzlichen finanziellen Förderung der Kommunen vor allem struktureller Lösungen, um die kommunalen Erfahrungsdefizite im Bereich des Integrations-, Projekt- und Begrüßungsmanagements auszugleichen. Denn leider fehlt es bis jetzt auf lokaler Ebene an professionellen Skills im Bereich der interkulturellen Kommunikation und des geregelten Unterbringungsmanagements, was stets nur durch Freiwilligendienste und Ehrenamtliche ausgeglichen werden konnte. Daher drehte sich die anschließende Diskussion hauptsächlich um die Frage, wie das Auftreten der Kommunen als eigenständige Integrationsakteure im deutschen politischen System besser verankert werden könnte.
Der Konsens bestand zudem darüber, dass bei der Gestaltung einer effektiven Migrationspolitik vor europaweiten Direktvergleichen und einer unreflektierten Übernahme von einzelnen nationalen Modellen gewarnt werden muss. Dänemark wird oft als erfolgreiches Beispiel in den Integrationsdiskussionen auf europäischer Ebene erwähnt, da hier ein zielführendes Konzept für zügige Integration von Zugewanderten in den dänischen Arbeitsmarkt durch finanzielle Sanktionierung und Strenge der Migrationsregelungen gefunden zu sein scheint. Dieses Modell wäre in Deutschland aber kaum umsetzbar, weil deutsche Migrationspolitik vor allem auf den Ansatz der sozialen Marktwirtschaft und so auf ganzheitliche Strategien setzt, die durch pädagogisch ausgereifte Sprach- und Integrationskurse in längerfristiger Perspektive tiefgehende und generationenübergreifende Integration in die lokale Mehrheitsgesellschaft ermöglichen soll.
Vertieft und erweitert wurde dieser Aspekt durch den Impuls von Oyun Ishdorj, stellvertretende Vorsitzende des Landesintegrationsrates NRW. Der Vortrag stellte das Konzept und die vielseitigen Aufgaben des Integrationsrates NRW vor, dessen ausgebaute Struktur und ausgeprägte Funktion der politischen Bürgerbeteiligung von Migrantinnen und Migranten auf kommunaler Ebene bundesweit einmalig sind. Die Bedeutung des Integrationsrates als ein wichtiges Instrument der politischen Partizipation im Einsatz für Bildungsgerechtigkeit und Beseitigung von Diskriminierungen wurde an praktischen Beispielen erklärt. Solche Themen wie Integrationsangebote für Neueingewanderte, aber auch interkulturelle Öffnung der Verwaltung veranschaulichten den Stellenwert des Integrationsrates im kommunalpolitischen Gefüge.
Um das Thema der interkulturellen Öffnung der deutschen Einwanderungsgesellschaft ging es unter anderem auch im Impuls aus MIGRApolis Bonn von Christian van den Kerckhoff, Geschäftsführer des Bonner Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V. Unter besonderen Herausforderungen der kommunalen Integrationsarbeit wurden vor allem drei Aspekte hervorgehoben und diskutiert:
- zu viel Arbeit für einzelne Ehrenamtliche,
- daraus resultierendes Spannungsfeld zwischen Ehrenamt und Hauptamt
- sowie Konflikte und Formen ihrer Austragung zwischen den einzelnen Zugewanderten-Gruppen.
MIGRApolis Bonn versteht sich dabei als Haus der Vielfalt zur Entfaltung der kulturellen Diversität, Internationalität und Pluralität vor Ort. Die laufenden Projekte zielen darauf ab, die interkulturellen Werte der Migrationsgesellschaft durch einen lokalen Austausch sichtbar zu machen und miteinander zu verknüpfen. Es handelt sich bei der Arbeit mit verschiedenen Kulturkreisen auf keinen Fall um reine Brauchtumspflege z.B. aus Südamerika oder Afrika auf deutschem Boden, sondern um intensive Förderung der interkulturellen Kommunikation durch Fortbildungen, Ausstellungen, Kulturfeste, aber auch Antirassismus-Arbeit und Diskussionsabende.
Über die Schaffung eines lebendigen Ortes zum Zusammenkommen und interkulturellen Austausch ging es auch im Impuls von Bebero Lehmann, wissenschaftliche Kuratorin des Dokumentationszentrums und Museums über die Migration in Deutschland (DOMiD) e.V. Unter dem Titel „Von der Garage zum Museum: DOMiDs Weg zum Haus der Einwanderungsgesellschaft“ wurde das demokratiepädagogische Konzept von DOMiD erläutert, welches nicht danach strebt, ein statisches Migrationsmuseum aufzubauen, sondern durch Dauerausstellung und ein abwechselndes Workshop- und Fortbildungsangebot ein Gesamtbild der modernen deutschen Gesellschaft zu widerspiegeln, die durch Migration in letzten Jahrzehnten in vielfältiger Weise geprägt wurde.
FactSheet: Strategien für ganzheitliche Integration durch VHS изтеглянеUm „Beitrag von kommunalen Weiterbildungszentren für ganzheitliche Integration“ ging es anschließend im Impuls von Sascha Rex aus dem Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV). Als öffentlicher Bildungsanbieter setzt sich DVV bundesweit für gesellschaftliche Integration von Zugewanderten vor Ort ein
- durch Förderung von gesellschaftlichem Zusammenhalt und Mehrsprachigkeit,
- Stärkung der individuellen Sprachkompetenzen und
- Befähigung zu sozialem Handeln und Beziehungsgestaltung.
Dabei wird es gezielt auf die bildungsorientierte Migrationsarbeit gesetzt, bei der das fachliche und kulturelle Potenzial der Zugewanderten frühzeitig erkannt und gefördert werden soll, damit der deutsche Arbeitsmarkt und das deutsche Sozialsystem in längerfristiger Perspektive davon profitieren können.
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