Zu Beginn leitete Ralf Altenhof, Leiter des Politischen Bildungsforums Bremen, thematisch in die Veranstaltung ein. Die Causa Nancy Faeser – die neue Bundesinnenministerin hatte letztes Jahr einen Gastbeitrag in der „linksextremistisch beeinflussten“ Zeitschrift VVN-BdA geschrieben – zeige die Aktualität des Veranstaltungsthemas, so Altenhof. Mit einer „klaren Kante gegen Rechtsextremismus“ rechtfertigte Faeser jüngst ihren Beitrag. Eine klare Kante gegen Rechtsextremismus sollte, so Altenhof, für Demokraten ohnehin selbstverständlich sein. Das eigentliche Problem hingegen bestünde in der Tatsache, dass Faeser dies in einer linksextremistisch beeinflussten Zeitschrift, also in Bündnis mit Linksextremisten, tat. Dies offenbare, wie schnell die Grenze zwischen Demokratie und Linksextremismus beim „Kampf gegen Rechts“ verwischt wird. Nach dieser Einführung stellte Altenhof Prof. Dr. Klaus Schroeder vor.
Schroeder teilte dem Publikum zu Beginn seines Vortrags seine Einschätzung zum Linksextremismus mit – die Szene sei „ideologisch radikaler und ihre Gewaltformen enthemmter geworden“. Bei Teilen der Grünen und der SPD, insbesondere bei deren Jugendorganisationen, beklagte Schroeder eine fehlende Distanzierung von politisch linksmotivierter Gewalt. Altenhofs Kritik an Bundesinnenministerin Faeser teilte der Politikwissenschaftler Schroeder und forderte darüber hinaus ihren Rücktritt. Seinen Vortrag strukturierte Schroeder, indem er zunächst aktuelle linke Gewalttaten nannte. Ein Gewalthöhepunkt war beispielsweise der Überfall von Linksextremisten auf eine Angestellte einer Leipziger Immobilienfirma im November 2019, bei der das Opfer in ihrer Privatwohnung brutal niedergeschlagen wurde. Die Gewaltenthemmung in der linken Szene wird dabei in höchsten Maßen sichtlich, da die Täter angaben, der Frau bewusst ins Gesicht geschlagen zu haben, „damit es ihr wirklich weh tut“, berichtet Schroeder.
Darüber hinaus erläuterte der Politikwissenschaftler dem Publikum, wann von „linksextrem“ gesprochen werden kann. Linksextreme möchten nicht nur die Wirtschaftsordnung abschaffen, sie wollen zusätzlich das politische System und die bürgerliche Gesellschaft grundsätzlich verändern, so Schroeder (Stichwort „Systemwechel“). Ihre Ablehnung der Verfassung und der ihr zugrunde liegenden Werteordnung begründet die Einstufung von Linksextremisten als verfassungsfeindlich. An diesem Punkt entstünde das Problem der Abgrenzung von verfassungsfeindlichen Linksextremisten auf der einen Seite und radikalen gemäßigten Linken, die noch im Rahmen der Verfassung agieren, auf der anderen Seite, erklärte Schroeder. Das linksextreme Personenpotential liegt derzeit nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden bei 34.000 Personen, von denen 10.000 gewaltbereit sind.
Weiter berichtete Schroeder von den Themenfeldern von Linksextremisten wie Antifaschismus, Antiimperalismus oder Antikapitalismus, aus denen sich auch die Zielgruppen linksextremistischer Gewalt ergeben, wie zum Beispiel Polizisten als Vertreter des Staates oder rechte, rechtsextreme oder vermeintlich rechte Personen. Schroeder kritisierte hierbei besonders die Einstellung von Linksextremisten, dass im „Kampf gegen Rechts“ faktisch alles erlaubt sei. Da sie „rechts sein“ sehr weit fassen, gelten in Augen von Linksextremen nahezu alle Personen als rechts, die nicht ausdrücklich links sind, erklärte Schroeder. Linksextremisten meinen, sie hätten das Recht, das staatliche Gewaltmonopol zu entheben, um gegen Faschisierung anzugehen. „Gewalttaten werden in der linken Szene akzeptiert“, sagte Schroeder. Gewalt gelte aus Sicht der Linksextremen nicht nur gegen Rechte als legitim, das zeigten beispielsweise Brandanschläge auf Bahnstrecken oder Angriffe auf Polizisten.
Obwohl Linksextremismus seit Jahrzehnten vorhanden ist, wird er weitgehend ignoriert. Diesen Umstand kritisierte Schroeder aufs schärfste, denn Demokraten sollten stets jegliche Gewalt ablehnen egal aus welcher Richtung und sich somit gegen alle Formen des politischen Extremismus positionieren. Dies würde nicht bedeuten, dass Links- und Rechtsextremismus gleichgesetzt werden würden, wie oftmals behauptet wird. Die Unterschiede in den Zielsetzungen und Motiven liegen auf der Hand. Dies schließt jedoch nicht aus, dass es keinerlei Gemeinsamkeiten gibt, wie beispielsweise der von Linksextremen sowie Rechtsextremen geteilte Hass auf den Staat zeigt. Schroeder kritisierte hierbei, dass in der Politik unterschiedliche Maßstäbe angewandt würden. Während zu Recht eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen würde, fehle auf linker Seite die Abgrenzung zur Linken.
Im Anschluss seines Vortrags führte Ralf Altenhof ein Diskussionsgespräch mit Klaus Schroeder, auch das Publikum bekam die Möglichkeit, Fragen an den Politikwissenschaftler zu richten. Nach einem regen Austausch plädierte Schroeder für die Aufrechterhaltung eines Konsenses gegen Antidemokraten, sich also gegen alle Demokratiefeinde zu stellen, anstatt nur einen antifaschistischen Konsens zu verfolgen, wie Teile der Linken es tun würden. Ralf Altenhof bedankte sich zum Abschluss bei Klaus Schroeder für den Vortrag sowie beim interessierten Publikum.
Enthemmung linker Gewalt im „Kampf gegen Rechts“
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