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Politik, Literatur, Musik im nachrevolutionären Russland

Eindrücke aus unserem Studienseminar 'Nachrevolutionäres Russland' in Waren / Müritz

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Vom 12. bis 15.04.2018 veranstaltete das Politische Bildungsforum (PBF) M-V ein Studienseminar in Waren an der Müritz zum Thema „Politik, Literatur, Musik im nachrevolutionären Russland“. Unter der Federführung der Berliner Literaturwissenschaftlerin Pia Gursch beschäftigten sich die über 20 Teilnehmer mit russischer Geschichte und Kultur nach 1917, besonders mit der Zeit des Stalinismus.

Nach einer Einführung in das Thema beschäftigte sich das Seminar am ersten Veranstaltungstag mit russischer Musik dieser Zeit, besonders mit den Komponisten Schostakowitsch und Prokofjew. Deutlich wurde, dass die Kunst dieser Epoche ohne Kenntnis der politischen und gesellschaftlichen Begleitumstände kaum zu verstehen ist. Den Abschluss des ersten Seminartages bildete eine Amsterdamer Inszenierung von Schostakowitschs Oper „Lady Macbeth von Mzensk“.

Am 2. Veranstaltungstag erläuterte der Osteuropahistoriker Prof. Dietrich Beyrau den historischen Hintergrund des im Seminar behandelten Zeitraums mit zwei Vorträgen zur russischen Revolution selbst, dem nachfolgenden Bürgerkrieg sowie dem Stalinismus. Prof. Beyrau machte deutlich, dass Revolution und Bürgerkrieg von einem bis dahin in Europa unbekannten Gewaltniveau zwischen gesellschaftlichen Gruppen geprägt waren, mit nachhaltigen Folgen für die russische Gesellschaft. In der Folgezeit spielte bei der Schaffung eines neuen Systems und des „Sowjetmenschen“ die Bildung eine zentrale Rolle, wozu besonders die Förderung und zugleich Instrumentalisierung von Kunst, Musik und Literatur gehörte.

Im weiteren Verlauf beschäftigten sich die Teilnehmer intensiv mit Boris Pasternaks Roman „Doktor Schiwago“. Es wurde deutlich, dass sich in diesem Roman alle Probleme der russischen Gesellschaft vor 1917 wiederfinden, die dann zu Revolution und Bürgerkrieg führten. Anhand von Einzelschicksalen schildert Pasternak die großen historischen Entwicklungen und zeigt, wie unterschiedlich Menschen auf moralische und praktische Herausforderungen in Umbruchszeiten reagieren.

Am nächsten Veranstaltungstag stand eine Exkursion zur Gedenkstätte Fünfeichen bei Neubrandenburg auf der Agenda. Bei einer Führung durch Dr. Harry Schulz, Koordinator Gedenkarbeit der Stadt Neubrandenburg, wurde eindrucksvoll die Dualität der Gedenkstätte deutlich: zunächst deutsches Kriegsgefangenenlager mit unmenschlicher Behandlung gerade sowjetischer Gefangener, wurde es 1945 umfunktioniert zu einem Speziallager des NKWD, in dem Menschen aufgrund ihrer Opposition zum Stalinismus und der Sowjetunion eingesperrt wurden, von denen viele aufgrund der Haftbedingungen verstarben.

Im weiteren Tagesverlauf wurde über Michail Scholochows Roman „Der stille Don“ diskutiert. Ähnlich wie bei Pasternak werden hier anhand dem Schicksal einer Dorfgemeinschaft von Kosaken Revolutionszeit und Bürgerkrieg mit all ihren unmittelbaren Auswirkungen auf einzelnen Menschen lebhaft dargestellt. Besonders das Entstehen von erbitterten Feindschaften in einer zuvor intakten Dorfgemeinschaft aufgrund ideologischer Auseinandersetzungen wird eindrücklich geschildert.

Der Abschlusstag begann zunächst mit einem Vortrag von Frau Jessy Pens von der Universität Rostock zur aktuellen Situation Russlands unter der Präsidentschaft Wladimir Putins. Nach ihrem Vortrag diskutierten die Teilnehmer intensiv sowohl über die Lage in Russland selbst wie über die deutsch-russischen Beziehungen und deren zukünftige Entwicklung.

Zum Abschluss berichteten die Seminarteilnehmer von ihren Eindrücken der vergangenen Tage und waren sich einig, dass der russischen Kultur in Deutschland mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Sowohl an den Biographien wie an den besprochenen Werken selbst ist deutlich geworden, dass russische Autoren und Komponisten die Triumphe und Tragödien des 20. Jahrhunderts, nicht nur in Russland selbst, widerspiegeln.

Ivo Sieder

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