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Die Wahlversammlung bestand aus 142 Personen (fünf fehlten krankheitsbedingt). Mitglieder sind alle Metropoliten und Bischöfe, alle Äbte und Äbtissinnen sowie ein Mönch/Nonne pro Kloster, jeweils drei Priester und zwei Laien jeder Diözese sowie die Dekane des Sofioter und des Plovdiver Priesterseminars. Das Prozedere sieht zwei Wahlgänge vor. Eine hohe Hürde ist der erste Wahlgang, weil dieser nur dann gültig ist, wenn der Erstplazierte eine 2/3-Mehrheit erreicht. Der Letzte scheidet für den zweiten Wahlgang aus. In diesem genügt die absolute Mehrheit. Die Wahl zog sich über mehrere Stunden hin. Gegen 15 Uhr wurde Neofit dann in einer feierlichen Zeremonie in der Nevski-Kathedrale in Sofia inthronisiert.
Neofit ist der dritte frei gewählte Patriarch in der Geschichte Bulgariens nach 1953 und 1971. Er tritt die Nachfolge Maxims an, der 98jährig Ende des vergangenen Jahres verstarb.
Vor einem Jahr wurde die Kirche in Bulgarien durch die Nachricht erschüttert, dass fast alle amtierenden Metropoliten Inoffizielle Mitarbeiter der bulgarischen Staatssicherheit waren. Neofit kann in dieser Frage als unbelastet gelten. Die Staatssicherheit führte zwar seit 1983 eine am Ende 16 Seiten starke Akte über ihn; sie enthält aber keine Informationen, die von ihm selbst stammen. Auch nutzte der Geheimdienst den Familiennamen des Geistlichen als Decknamen, was überaus untypisch ist und eine Tarnung unmöglich gemacht hätte (Simeonov). Er wurde von den Geheimdienstoffizieren als „konservativ eingestellter junger Priester, der für die Erhaltung der alten Traditionen in der bulgarischen Kirche kämpft“ charakterisiert, was diese sicher nicht als Kompliment auffassten.
Der neue Patriarch ist ein hochgebildeter Theologe und sehr musikalisch. Er wird als volksnah, offen, höflich und diszipliniert beschrieben sowie gesprächsbereit im interreligiösen Dialog.
Neofit wurde am 15. Oktober 1945 in Sofia in einer religiös geprägten Familie geboren. Er lernte am Theologischen Seminar in Sofia (1959-1965) und studierte später an der Theologischen Akademie, die er 1971 abschloß. Es schloß sich ein einjähriger Aufenthalt an der Geistlichen Akademie in Moskau an. 1975 wurde er Mönch im Kloster Trojan und 1985 Bischof der Diözese Sofia unter Patriarch Maxim. Später wurde er Rektor der Theologischen Akademie (1989/90) und Hauptsekretär der Heiligen Synode. Seit 1994 ist Neofit Metropolit von Ruse.
Seine Antrittsrede macht Hoffnung auf eine aktive Rolle der Kirche in Gesellschaft und Politik. Er versprach, er wolle sich für ein stärkeres Engagement der Kirche in der Bildung und einen größeren gesellschaftlichen Einfluss einsetzen; auch die internationale Position der bulgarischen Kirche will er fördern. Nicht zuletzt werde er sich der Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit der Kirche widmen; dazu gehört auch die Heiligsprechung der unter der kommunistischen Diktatur ermordeten Kirchenmitarbeiter (Märtyrer).
Die Wahl Neofits macht Hoffnung, dass die Orthodoxe Kirche Bulgariens den Prozess der Modernisierung des Staates und der Gesellschaft aktiv begleiten und sich Gehör verschaffen kann. Nicht zuletzt scheint mit ihm die Zeit des Kommunismus endgültig überwunden zu sein.