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Der zweite Sieger dieser Wahl ist der Nationalpopulist Wolen Siderov, der Vorsitzende der nationalpopulistischen Bewegung „Ataka“. Auf Siderov entfielen 21,5 Prozent der Stimmen (596.000 Stimmen). Er wird am Sonntag, dem 29. Oktober, gegen Parwanow in der zweiten Runde antreten. Zwar zweifelt in Sofia keiner am Ausgang der Wahl – dazu scheint der Vorsprung an Stimmen beim ersten Durchgang einfach zu groß. Parwanow bekam mit 1,77 Millionen Stimmen über eine Million mehr als Siderov, doch trotzdem ist allein der zweite Platz für Siderov ein großer Erfolg.
Die im Frühjahr 2005 gegründete Bewegung „Ataka“ des früheren Journalisten Siderov wird oft fälschlich ob ihrer xenophoben und nationalistischen Rhetorik als „rechts“ eingestuft. Tatsächlich aber ist in den Reden Siderovs zu mindestens gleichen Teilen auch ein klar antiwestliches Profil zu erkennen. Mit Vorliebe wettert er gegen die Mitgliedschaft seines Landes in der NATO, gegen die Errichtung amerikanischer Militärbasen in Bulgarien und gegen die USA im allgemeinen. Kurz vor der Wahl machten auch Presseberichte die Runde, die das anscheinend enge Verhältnis Siderovs zu russischen Kreisen beschrieben. Doch weder diese Pressemeldungen noch die anhaltenden Skandale in seiner Partei und in seiner Fraktion in der Nationalversammlung haben ihm wirklich schaden können.
Geradezu dramatisch ist aber die Niederlage der Bürgerlichen zu nennen. Ihre Politik bedarf ganz offenkundig eine fundamentalen Generalüberholung. Ein „Weiter so“ kann es nach diesem Debakel schlicht nicht geben.
Der Kandidat der Bürgerlichen, der oberste Verfassungsrichter Nedeltscho Beronov, konnte gerade 9,74 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Das sind 270 267 Stimmen. Bei der letzten Parlamentswahl konnten die Bürgerlichen noch rund 700 000 Stimmen auf sich vereinen. 1997, bei den Parlamentswahlen, bei dem größten Triumph der Bürgerlichen, waren es noch 2,2 Millionen. So erhoben sich noch in der Wahlnacht die Stimmen aus allen bürgerlichen Lagern, die einen kompletten Neuanfang forderten. Doch davon wollten die betroffenen Parteiführer nichts wissen. In der großen Pressekonferenz in der Wahlnacht wurden sowohl die Führer der Union Demokratsicher Kräfte, der frühere Staatspräsident Stojanov, als auch der Chef der Partei „Demokraten für ein starkes Bulgarien“, der frühere Ministerpräsident Kostov, immer wieder nach ihrer politischen Verantwortung für das Debakel befragt. Während Stojanov ausweichend antwortete, wies Kostov jeden Gedanken an einen Rücktritt geradezu brüsk von sich. „Ich kann nicht nach jeder Niederlage zurücktreten“, sagte er fragenden Journalisten.
Die Gründe für das Desaster der Bürgerlichen sind naturgemäß noch nicht vollständig ausgeleuchtet, doch zeichnen sich erste Hinweise deutlich ab.
Zum einen: der Prozeß der Kandidatenfindung. Dieser Prozeß, der sich von Beginn dieses Jahres bis Mitte August hinzog, hat mehr neue Wunden geschlagen als alte geheilt. Zu offenkundig wurde es, dass jeder auf eigene Rechnung spielte. Dann geriet auch noch die Kampagne völlig aus dem Tritt, als einer der Partner, die UDK, plötzlich ausstieg und die Unterstützung für den gemeinsamen Kandidaten zeitweise entzog. All das führte dazu, dass die eigene Anhängerschaft nicht mehr an dem Erfolg einer gemeinsamen Kandidatur glaubte. Hinzu kam, dass der 78-jährige Kandidat ein politischer Novize war, der bis dahin noch keine Wahlkampagne bestritten hatte und so gar keine Aufbruchstimmung vermitteln konnte.
Am Tag nach dem Desaster stehen die Führer der Bürgerlichen in Bulgarien vor einem politischen Scherbenhaufen. Tiefer konnte der Fall nicht kommen, schmerzhafter die politische Demütigung nicht sein als der Wahlsieger, der Sozialist Parwanow, das Abschneiden der Bürgerlichen bedauerte und darauf hinwies, dass dies ein ernstes Problem sei.
Gleichzeitig machen aber im politischen Sofia Gerüchte die Runde, dass die Sozialisten die vorteilhafte Situation dazu ausnutzen könnten, um die Koalition mit der Zarenbewegung aufzukündigen und vielleicht vorzeitige Neuwahlen anzustreben. Die Gelegenheit scheint günstig: Die Zarenbewegung, die bei den Präsidentschaftswahlen erst gar nicht antrat, dümpelt nach einigen Skandalen im Umfragekeller und die Bürgerlichen sind in ihrer gegenwärtigen Verfassung nur höchst bedingt kampagnenfähig.