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Chinas Tech-Giganten: Baidu, Alibaba, Tencent

von Hong Shen

Baidu, Alibaba und Tencent, die drei größten chinesischen Technologiekonzerne, sind Vorreiter der boomenden Digitalwirtschaft Chinas.

Baidu, Alibaba und Tencent, die drei größten chinesischen Technologiekonzerne, sind Vorreiter der boomenden Digitalwirtschaft Chinas. Begünstigt durch Investitionen westlicher Länder, die Vielzahl an Kunden auf dem Heimatmarkt und Unterstützung von Seiten der Regierung gelang ihnen ein rasantes Wachstum. Während es ausländischen Unternehmen durch die „Great Firewall“ verwehrt blieb sich auf dem chinesischen Markt zu behaupten, ermöglichte sie es diesen Unternehmen in Bereichen wie Suchmaschinen, E-Commerce, sozialen Medien und Mobile Gaming erfolgreich zu werden. Die neue „Internet Plus“ Politik vereinfacht den Tech-Giganten nun den Weg in neue Tätigkeitsfelder und sorgt gleichzeitig für das Aufkommen einer neuen Generation von chinesischen Einhörnern.

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WER SIND DIE BAT?

Wer sind die BAT? Es erweist sich als überraschend schwierig, diese scheinbar einfache Frage zu beantworten. Baidu, Alibaba und Tencent, zusammen unter dem Akronym BAT bekannt, sind die drei einflussreichsten Anbieter von Web-Anwendungen in China. Ihre Ursprünge haben die drei Tech-Konglomerate in den Bereichen Suchmaschinen (Baidu), E-Commerce (Alibaba), sowie Soziale Medien und Mobile Gaming (Tencent). Alle drei Unternehmen wurden Ende der 1990er oder Anfang der 2000er Jahre gegründet. Zwanzig Jahre später haben sie auf ihren jeweiligen Gebieten nahezu Monopolstellung eingenommen. Zur Jahresmitte 2018 verbuchten sie Marktwerte von jeweils 484 Milliarden US-Dollar (Alibaba), 447 Milliarden US-Dollar (Tencent) und 89 Milliarden US-Dollar (Baidu) und gehören damit zum Club der weltweit wertvollsten Tech-Unternehmen. Sie stehen somit auf einer Stufe mit den amerikanischen Tech-Giganten Apple, Amazon, Alphabet und Facebook.

Die BAT sind jedoch mehr als nur Suchmaschinen-, E-Commerce- oder Social-Media-Konzerne. In den letzten zwei Jahrzehnten haben sie äußerst komplexe digitale Imperien aufgebaut und sind heute in fast jedem Bereich der chinesischen Volkswirtschaft präsent. Alibaba sei hier als Beispiel aufgeführt. Obwohl sich das Unternehmen bei seinem Börsengang (IPO) 2014 als „größtes Online- und Mobile-Commerce-Unternehmen der Welt“ vorstellte, bildet E-Commerce heute allenfalls noch die „Spitze des Eisbergs“ im Portfolio dieses vielseitigen Imperiums. Alibabas massives Unternehmenssystem besteht zwar im Kern aus seinen Handelsaktivitäten (sowohl online als auch offline), umfasst aber gleichzeitig auch die Bereiche Logistik, Zahlungsverkehr und Finanzen, Cloud Computing und Verbraucherdienstleistungen sowie Medien und Unterhaltung bis hin zu Gesundheitswesen und Automobilherstellung. Alipay, eine multifunktionale App für mobiles Bezahlen (jetzt Teil von Ant Financial, einem mit Alibaba liierten Finanzunternehmen), hat über 600 Millionen Benutzer . In ähnlicher Weise hat Tencent auch die Mega-App WeChat entwickelt, die neben Nachrichtenübermittlung und sozialen Netzwerken auch mobiles Bezahlen und Vermögensverwaltung anbietet und sogar das Bezahlen von Gebühren oder die Visabeantragung ermöglicht. Im März 2018 verzeichnete das Unternehmen monatlich 1 Milliarde aktive Nutzer . Baidu hingegen setzt intensiver auf den aufstrebenden Bereich der künstlichen Intelligenz, einschließlich der Entwicklung von Sprachassistenten und selbstfahrenden Autos . Alles in allem haben alle drei Internet-Konzerne bis Ende 2018 nicht nur ihre Kerngeschäfte in den Bereichen Suche, E-Commerce und Soziale Netzwerke konsolidiert, sondern sich auch zu facettenreichen Technologieplattformen weiterentwickelt.

DER AUFSTIEG DER BAT

Wie ist den BAT in den letzten zwei Jahrzehnten der Aufbau derart eindrucksvoller digitaler Imperien gelungen? Es lassen sich drei mögliche Faktoren nennen, die zum Erfolg der BAT beigetragen haben.

Erstens haben die drei chinesischen Web-Konglomerate ihre Wurzeln im größten Online-Markt der Welt. Dieser wurde, zumindest teilweise, durch die so genannte „Great Firewall“ abgeschirmt. Im Jahr 2017 lebten in China 772 Millionen Internetnutzer. Das sind mehr als die Gesamtbevölkerung Europas . Jeden Tag durchsuchen diese 772 Millionen Internetnutzer das Internet mit Baidu, senden Nachrichten über WeChat und kaufen auf Taobao (der E-Commerce-Site von Alibaba), anstatt ähnliche Aktivitäten mittels Google, Facebook oder Amazon auszuführen. Ignoriert man einmal den politisch fragwürdigen Aspekt der staatlichen Internetzensur, so fungierte die „Great Firewall of China“ als staatlicher Schutzschild gegen internationale Konkurrenz und verschaffte einheimischen Akteuren somit auf dem Inlandsmarkt einen Vorteil. Mit Chinas wachsender Wirtschaftsmacht hat dieser enorme Inlandsmarkt zunehmend an Lukrativität gewonnen. Im Jahr 2018 erreichte Alibabas 24-Stunden-Einkaufsspektakel, der sogenannte „Single’s Day“ (ähnlich wie „Black Friday“ in den USA) einen Verkaufsrekord von 30,8 Milliarden US-Dollar und übertraf damit spielend das Umsatzvolumen jedes einzelnen der US-amerikanischen Einkaufsfestivals . Die Kombination aus boomender chinesischer Wirtschaft, einer einschränkenden Internetpolitik des Staates, die externe Konkurrenz faktisch ausschließt, und der wachsenden Kaufkraft einer „aufsteigenden Mittelschicht“ ermöglichte den Aufstieg der BAT.

Zweitens profitierten die BAT nicht nur von einem lukrativen Heimatmarkt, sondern auch von der starken politischen Unterstützung von Seiten der chinesischen Regierung. Dies trifft vor allem auf Chinas konsequente Ausrichtung auf die Entwicklung von Kommunikations- und Informationstechnologien (IKT) im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte zu. Die chinesische Fokussierung auf den IKT Bereich begann bereits in den 70er Jahren mit Premier Zhou Enlais „vier Modernisierungen“ und umfasste im Anschluss Präsident Jiang Zemins „Keine der vier Modernisierungen wäre ohne Informatisierung möglich“ in den 1990er Jahren. Chinas oberste Führungsebene sah in der Entwicklung einer modernen Informationsbranche stets eine entscheidende Chance, um „den Westen einzuholen“ . In den achtziger und neunziger Jahren galt die IKT-Herstellung als Schlüsselindustrie im Kontext einer von ausländischen Direktinvestitionen (FDI) angetriebenen, exportorientierten und arbeitsintensiven Phase der Wirtschaftsentwicklung Chinas. Mit dem Beginn der 2000er gewannen Netzwerkkonnektivität und Online-Anwendungen immer mehr an Bedeutung. Seit 2008 läuft die Umstrukturierung Chinas zu einer auf Innovation und Konsum basierenden Wirtschaft. Das umfasst sowohl die höhere Positionierung in der globalen Wertschöpfungskette als auch den Übergang zu einer stärker auf das Inland ausgerichteten Wirtschaft . Die „Internet Plus“ Politik von 2015, die darauf abzielt, digitale Technologien stärker in die traditionellen Wirtschaftssektoren zu integrieren, und der kürzlich veröffentlichte „Next Generation Artificial Intelligence Development Plan“ von 2017 sind nur zwei der jüngsten Beispiele für einen langfristig angelegten politischen Fokus. Chinas Internetbranche, allen voran die BAT, waren die unmittelbaren Nutznießer dieser kontinuierlichen staatlichen Unterstützung.

Der dritte Faktor, welcher in der derzeitigen Diskussion relativ wenig Beachtung findet, betrifft die Rolle des transnationalen Kapitals. Wie ich bereits an anderer Stelle besprochen habe , kontrolliert Peking einerseits das chinesische Internet durch verschiedene regulatorische Maßnahmen. Andererseits zeigt die Regierung eine ungewöhnlich hohe Toleranz gegenüber ausländischem Kapital als Portfolioinvestition. Denn es war im Wesentlichen ausländisches Kapital, welches die chinesische Web-Economy Ende der 1990er Jahre stark ankurbelte. Tatsächlich wurden die BAT in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren mit Hilfe von Investitionen seitens transnationaler Risikokonzerne gegründet; Tencent im Jahr 1998 mit 2,2 Millionen US-Dollar durch PCCW mit Sitz in Hong Kong und der in Boston ansässigen IDG, Alibaba im Jahr 1999 mit 5 Millionen US-Dollar durch ein von Goldman Sachs angeführtes Team ausländischer Investoren und Baidu im Jahr 2000 mit 1,2 Millionen USD durch die Risikokapitalunternehmen Integrity Partners und Peninsula Capital aus dem Silicon Valley. Mittels ihrer erheblichen Kapitaleinlage haben ausländische Investoren Kontrollanteile an den drei „chinesischen“ Techkönigen, einschliesslich dem Sitz im Konzernvorstand, eingenommen. Im Jahr 2013 kontrollierte das südafrikanische Unternehmen Naspers 34% von Tencent, die US-Investmentgesellschaft DFJ Venture Capital kontrollierte 25,8% von Baidu und Softbank of Japan hatte einen Anteil von 31,9% an Alibaba . Die BAT sind also weniger Symbol für die aufstrebende „chinesische“ Tech-Macht, sondern weitaus kompliziertere Gebilde, die aus dem Zusammenspiel von staatlicher Politik und transnationalem Kapital entstanden sind.

DIE GLOBALEN AMBITIONEN DER BAT

Nach erfolgreicher Sicherung ihrer Monopolstellung auf dem chinesischen Markt richten die BAT ihr Augenmerk zunehmend auf die Auslandsmärkte und tätigen dort gewaltige Investitionen. Beispielsweise hat Alibaba nach einem Rekord-Börsengang von 25 Milliarden US-Dollar im Jahr 2014 kürzlich eine Milliarde US-Dollar für eine kontrollierende Beteiligung an Lazada, dem größten E-Commerce-Unternehmen in Südostasien, ausgegeben. In ähnlicher Weise betätigte Baidu 2014 seine Investition in Uber, dem US-amerikanischen Taxi-Sharing-Unternehmen. Die Höhe der Investitionen wird auf rund 600 Millionen US-Dollar geschätzt. Mitte 2016 veranlasste Tencent eine Investmentgruppe, 84 Prozent des finnischen Herstellers für mobile Spiele, Supercell, für einen Betrag von 8,6 Milliarden US-Dollar zu kaufen.

Was ist das Ziel dieser massiven globalen Investitionen?

Zum einen nutzten die BAT diese Investitionen sicherlich zur Stärkung ihrer jeweiligen Kernstärken. Zum Beispiel hat Tencent in verschiedene Spielehersteller auf dem internationalen Markt investiert, darunter Riot Games, Epic Games, Activision, CJ-Spiele, Glu Mobile und Supercell. Dabei zielte das Unternehmen auf die Unterstützung des Online-Spiele-Markts als seinen primären Wachstumsmotor. In ähnlicher Weise investierte Alibaba große Mengen an Kapital in verschiedene E-Commerce-Webseiten, Zahlungsunternehmen und Logistikplattformen, um die Entwicklung seines Hauptgeschäfts E-Commerce zu unterstützen. Zum Aufbau globaler Partnerschaften investierte es unter anderem in die amerikanische Online-Vertriebsplattform Shoprunner, das indische Online-Zahlungssystem Paytm und das singapurische Logistikunternehmen Singapore Post.

Zum anderen helfen internationale Investitionen den chinesischen Technologiegiganten dabei, ihre Geschäftsstrukturen weiter zu diversifizieren. Neben verschiedenen Abkommen mit mobilen Spieleherstellern bewegt sich Tencent so auch auf anderen Märkten, beispielsweise im Bereich der sozialen Medien (mit Spotify und SnapChat), Mitfahrgelegenheiten (mit Ola und Go-Jek), E-Commerce (mit Flipkart) und elektronische Fahrzeuge (mit Tesla). Auch Alibaba hat in den Bereichen soziale Medien (mit TangoMe und SnapChat) und Online-Spiele (mit Kabam) finanzstarke Geschäfte abgeschlossen und dringt damit in den klassischen Markt des Tech-Giganten Tencent ein.

Zu guter Letzt hat die Projektion der Kapitalabflüsse für die BAT eine wichtige Rolle bei der Suche nach profitablen Absatzmöglichkeiten gespielt, um das über die Jahre angesammelte Geldkapital wieder anzulegen. Berichten zufolge verfügte Alibaba 2013 über Bargeldreserven in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar, während Tencent 5 Milliarden US-Dollar besaß. Dieser hohe Geldbetrag muss reinvestiert werden, um neue Gewinne zu erwirtschaften. Es ist wahrscheinlich, dass die BAT auch aus diesem Grund damit begonnen haben, mit transnationalen Risikokapitalfirmen zusammenzuarbeiten, um in Schwellenmärkten außerhalb Chinas lukrative neue Abatzmärkte zu erschließen. Mit dem Ziel einer „langfristigen strategischen Partnerschaft“ investierte Tencent im April 2010 300 Millionen US-Dollar in die für ihre Investitionen in Facebook bekannte russische Investmentfirma Digital Sky Technologies. Im Januar 2015 investierten Tencent und ein weiteres chinesisches Social-Media-Unternehmen, Renren, 100 Millionen US-Dollar in Singulariteam, eine israelische Risikokapitalfirma. Laut Singulariteam würden diese 100 Millionen Dollar zur Finanzierung von Start-ups vor Ort verwendet. Mit anderen Worten, anstatt lediglich globale Risikokapitalinvestitionen zu erhalten, haben in China ansässige Internetunternehmen, die durch die BAT vertreten werden, nun begonnen, mit transnationalem Finanzkapital zu kooperieren, um Geld nach außen zu projizieren.

Trotz wachsender Kapitalprojektion nach außen ist es für die BAT noch ein weiter Weg zur Eroberung der internationalen Märkte. Im Jahr 2017 machten die Auslandsumsätze von Alibaba, Tencent und Baidu nur 11%, 5% bzw. 1% ihres Jahresumsatzes aus. Im Gegensatz dazu betrug der Umsatz in Übersee für Google 53%, für Facebook 56% und für Amazon 32%. Bisher konnten sich die BAT demnach noch nicht als „globale“ Internet-Giganten etablieren.

NEUE WEGE

Im März 2015 gab der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang die Verabschiedung der „Internet Plus“ Strategie bekannt. Diese zielt darauf ab, das Internet, insbesondere Netzwerktechnologien der nächsten Generation wie Big Data und „Internet der Dinge“, in fast alle Sektoren der chinesischen Volkswirtschaft zu integrieren. Wenige Monate später, am 5. Juli, verkündete der chinesische Staatsrat, das oberste Entscheidungsorgan der Regierung, den „Internet Plus-Aktionsplan“. Der Plan fordert eine verstärkte Integration der Netzwerktechnologien in elf Zielsektoren, einschließlich den Bereichen Unternehmertum und Innovation, Produktion, Landwirtschaft, Energie, Finanzen, öffentliche Dienstleistungen, Logistik, E-Commerce, Transport, grüne Ökologie und künstliche Intelligenz. Verschiedene staatliche Agenturen und Lokalregierungen haben eigene Versionen dieser zentralen Strategie entworfen. „Internet Plus“ ist offiziell zum Markenzeichen der Regierung unter Xi Jinping-Li Keqiang geworden.

„Internet Plus“ bedeutet auch für die BAT den Beginn eines neuen Abschnitts, da viele zuvor stark regulierte Wirtschaftszweige in China nun offiziell für den Zugang von Internet-Kapital geöffnet wurden. Die neu zugänglichen Wirtschaftszweige umfassen die Bereiche Gesundheits- und Bildungswesen, bis hin zum Bankwesen und öffentlichen Dienstleistungen.

Getragen von der „Internet Plus“ Welle ergaben sich für die drei Tech-Giganten in der Tat viele neue Geschäftsideen. Im Bank- und Finanzbereich gehörten Alipay und WeChat Pay zu den ersten alternativen Zahlungsanbietern, die eine Lizenz von der chinesischen Zentralbank erhielten. Im Jahr 2014 war die Alibaba-Tochterbank Zhejiang Internet Commerce Bank eine der beiden in Privatbesitz befindlichen Geschäftsbanken - eine weitere gehört zu Tencent -, die im stark regulierten staatlichen Bankensektor tätig sein darf. Eine Reihe von Kommunen hat mit Alibaba und Tencent Vereinbarungen zur Entwicklung von Smart Cities-Initiativen getroffen, bei denen öffentliche Dienstleistungen wie Krankenhausbesuche oder die Zahlung von Versorgungsrechnungen mit Alipay und WeChat Wallet, den Zahlungsplattformen der beiden Unternehmen, verknüpft werden. Am bedeutendsten ist jedoch, dass die Tech-Riesen auch begonnen haben, enge Kooperationen mit Chinas staatseigenen Giganten aufzubauen. Im Jahr 2016 arbeitete Alibaba mit Chinas größtem Automobilhersteller, der staatlichen SAIC Motor Corporation, zusammen, um gemeinsam selbstfahrenden Autos zu entwickeln. Im selben Jahr kündigte das Unternehmen seinen Plan an, den staatlichen Ölkonzern Sinopec bei der Analyse von Big Data und der Informationssicherheit zu unterstützen und offiziell in den hochsensiblen Energiesektor einzusteigen. Mit Hilfe dieser neuen Initiativen ist es den BAT gelungen, ihren Einfluss auf verschiedene Bereiche der chinesischen Volkswirtschaft auszuweiten.

Angesichts der chinesischen Ambitionen in den Bereichen 5G-Mobilfunknetze, „Internet der Dinge“ und allen voran dem Gebiet künstliche Intelligenz (KI), wird sich dieser Trend voraussichtlich weiter fortsetzen. Im Jahr 2017 wurden die BAT als erste Mitglieder der chinesischen Nationalmannschaft für Innovationen im Bereich KI rekrutiert. Baidus Fokus liegt dabei auf selbstfahrenden Autos, während Alibabas Schwerpunkt auf Smart Cities liegt und Tencents sich auf Computer Vision und medizinische KI spezialisiert. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich diese neue Etappe in der Entwicklung der BAT gestalten wird.

DIE NEUEN EINHÖRNER

Trotz ihrer dominanten Stellung auf dem chinesischen Markt sind die BAT keineswegs ohne Konkurrenz. Die nächste Generation digitaler Einhörner, sprich Tech-Start-ups mit einer Marktbewertung von mehr als 100 Milliarden US-Dollar, wächst bereits heran. Dank der oben erläuterten Regierungspolitik gibt es in China 164 chinesische Tech-Einhörner im Wert von mehr als 600 Milliarden US-Dollar. Diese Ziffer nennt der 2017 veröffentlichte „China Unicorn Enterprise Development Report“ des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie.

Auf der Liste dieser neuen Tech-Unternehmen sind die TMDs wohl die wichtigsten im Bereich der Web-Anwendungen. Dazu gehören der Nachrichten- und Informationsanbieter Toutiao, der Anbieter von Online Lebensmittel- und Ticketbestellungen, Meituan-Dianping, und die Plattform für Mitfahrgelegenheiten Didi-Chuxing. Nach weiteren Mittelaufnahmen an der Börse im August 2018 hat Toutiao derzeit einen Wert von mehr als 20 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen verwendet Machine-Learning-Algorithmen zur Erstellung hochgradig personalisierter Newsfeeds. Es hat sich damit schnell zu einer der beliebtesten Nachrichten- und Social-Media-Apps in China entwickelt und rückt weiter in den von Tencent und Baidu bespielten Marktbereich vor. Meituan-Dianping, das chinesische Einhorn für die Lieferung von Lebensmitteln, ging im September in Hongkong an die Börse und sammelte 4,2 Mrd. USD in einem einzigen Deal. Das Unternehmen betreibt eine offensive Expansion seines Geschäftsmodells. Sein Angebot reicht von Sammelbestellungen über Lebensmittellieferung bis hin zu Mitfahrgelegenheiten. Damit macht es Eleme, der von Alibaba unterstützten Online-Bestellplattform für Lebensmittel, direkte Konkurrenz. Nach der Übernahme von Uber China im Jahr 2016 hat schließlich auch Didi-Chuxing eine Monopolstellung auf Chinas wachsendem Markt für Mitfahrgelegenheiten eingenommen. Unterstützt durch Finanzmittel und Markteintritte von Alibaba als auch von Tencent, bietet es eine breite Palette an Transportmöglichkeiten für seine 550 Millionen Nutzer in China, angefangen vom Taxi bis hin zum Bike-Sharing, und konkurriert derzeit mit Meituan-Dianping auch im Lebensmittelversorgungssektor.

Der globale Aufstieg dieser vielseitigen chinesischen Technologieunternehmen hat nicht nur für das chinesische, sondern auch für das internationale Internet ernste Fragen aufgeworfen. Einschlägige Medienberichte prägen seit langem die gängige Meinung über Chinas Beziehung zum globalen Internet. Für viele ist China nur daran interessiert, ein nationales „Intranet“ aufzubauen, das durch die "Große Firewall" wie in einem „riesigen Käfig“ vom internationalen Netzwerk abgeschirmt wird. Diese konventionelle Meinung ist jedoch angesichts der wachsenden Cyber-Expansion von in China ansässigen Unternehmen immer unzulänglicher und sogar irreführend geworden. Hat sich das chinesische Internet über die „Große Firewall“ hinweg bewegt? Wird die zukünftige Struktur des globalen Internets maßgeblich von den in China ansässigen Wirtschaftsakteuren beeinflusst werden - nicht nur den BAT, sondern auch den TMDs und vielen weiteren Einhörnern? Wenn ja, für wen und mit welchem Ausgang?


Hong Shen arbeitet als Systemforscherin am Human-Computer Interaction Institute der Carnegie Mellon University. Sie promovierte 2017 in den Bereichen Medien und Kommunikation an der University of Illinois in Urbana-Champaign. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Internetindustrie und -politik (mit Schwerpunkt China) sowie den sozialen und politischen Auswirkungen neuer Technologien.

Übersetzung aus dem Englischen: Susanne Rentzow-Vasu

Dieser Artikel erschien unter dem Titel „China’s Tech Giants: Baidu, Alibaba, Tencent“ in Digital Asia, Ausgabe 2/2018 Panorama. Insights into Asian and European Affairs

https://www.kas.de/web/politikdialog-asien/publikationen/einzeltitel/-/content/digital-asia-8

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