Nachdem Staatspräsident Klaus Iohannis zunächst Verteidigungsminister Nicolae Ciuca zum amtierenden Premier ernannt hatte, hatte die PNL bereits am 9.12. den bisherigen Finanzminister Florin Citu als neuen Regierungschef nominiert und damit auch ein Signal der Kontinuität zur Regierung Orban gesetzt. Orban selbst führte die Koalitionsverhandlungen für die PNL und war in einer kritischen Phase auch erneut als Premier im Gespräch. Dabei spielten aber wohl vor allem verhandlungstaktische Motive eine Rolle. Umstritten war vor allem der Vorsitz in der Abgeordnetenkammer, den USR-PLUS ursprünglich für Dan Barna gefordert hatte, einen der beiden Vorsitzenden von USR-PLUS (der andere, Dacian Ciolos, ist Fraktionsvorsitzender von Renew Europe im Europaparlament). USR-PLUS fällt der Vorsitz im Senat zu, der deshalb weniger kontrovers war, weil keiner der Parteivorsitzenden dieser Parlamentskammer angehört. Barna ist jetzt ebenso wie Kelemen Hunor, der Vorsitzende der UDMR, als Vizepremier in die Regierung eingetreten.
Innerhalb der Regierung besetzt die PNL neun, USR-PLUS sechs und die UDMR drei Ressorts. Kritik fand innerhalb der PNL die Tatsache, dass für die politische Sichtbarkeit und Mittelverteilung wichtige Ministerien wie das für Regionalentwicklung und für EU-Fonds an UDMR bzw. USR-PLUS gingen. USR-PLUS übernimmt auch die Ressorts Justiz, Verkehr, Wirtschaft und Gesundheit. Zugleich legte Präsident Iohannis aufgrund seiner Zuständigkeit für die Außen- und Sicherheitspolitik Wert darauf, das Außen- und Verteidigungsministerium selbst zu besetzen und erwartete von der ihm nahestehenden PNL, diese Ressorts in den Verhandlungen zu sicheren. Hier bleibt es bei den bisherigen Amtsinhabern Bogdan Aurescu und Nicolae Ciuca. Mit diesen beiden Ressorts, dem Premierminister, Präsidenten des Abgeordnetenhauses und dem Finanzministerium hat die PNL tatsächlich ihre fünf wichtigsten Präferenzen sämtlich durchsetzen können. Diese Tatsache spricht für den Erfolg der Verhandlungsführung Orbans.
In den Koalitionsverhandlungen zeigte sich eher die politische Problematik, die mit dem Rücktritt Orbans als Premier einhergeht. Innerhalb der PNL ist kein wirklicher Ersatz für die Erfahrung und für die Autorität von Orban abzusehen, die dieser über Jahre erst aufbauen musste. Dass die PNL sich in den Verhandlungen auf drei separate Forderungen konzentrieren musste – den Premierminister, ein Spitzenamt für Orban (das nur der Vorsitz im Abgeordnetenhaus sein konnte) und die vom Präsidenten gewünschten Ministerien, schränkte die Flexibilität und Durchsetzungskraft bei anderen Zielen ein. Zugleich ist Orban durch seinen Rückzug vom Amt des Regierungschefs zwangsläufig auch selbst zunächst etwas in Frage gestellt und die innerparteiliche Kritik an den Verhandlungen verweist darauf, ebenso wie sie zeigt, dass der Koalitionsregierung ein klares Führungszentrum fehlen wird.
Citu hat sich als Finanzminister bewährt, war nicht zufällig schon nach einem Misstrauensvotum im Frühjahr als Premierminister gehandelt worden und war die plausible Wahl als neuer Regierungschef. Der Erfolg der Regierung und die Durchsetzungskraft der PNL in der Regierung wird aber auch davon abhängen, dass Citu und Orban ihre erfolgreiche Zusammenarbeit in möglichst enger Abstimmung fortsetzen. Mitspracherechte werden zudem nicht nur bei den Koalitionspartnern liegen. Auch Präsident Iohannis hat seinen Einfluss auf PNL und Regierung gestärkt. Die Koalitionsregierung wird daher von einem recht komplexen Nebeneinander mehrerer Machtpole geprägt werden, das die Verhandlung grundsätzlicher und ressortübergreifender Entscheidungen erschweren dürfte. Das hat zwangsläufig Fragen hinsichtlich der Umsetzbarkeit langfristiger und strategischer Investitions- und Reformvorhaben aufgeworfen.
Allerdings hoben alle Koalitionsparteien das Erfordernis einer Regierung hervor, die grundlegende Strukturreformen einleitet. Daran dürften PNL und USR-PLUS tatsächlich bei der nächsten Parlamentswahl von den Wählern gemessen werden. Citu unterstrich daher auch die Notwendigkeit einer langfristig angelegten Regierung. Orban betonte wie schon als Premier das Ziel einer Modernisierung Rumäniens insbesondere durch Investitionen in die Infrastruktur und die Reform der öffentlichen Verwaltung. Zuvor hatten sich PNL, USR-PLUS und UDMR auf einen 300-seitigen Koalitionsvertrag verständigt. Barna sprach dabei von einem verantwortungsvollen Kompromiss, auch wenn er nicht alle politischen Ziele seiner Partei widerspiegele.
Nachdem am 21.12. der Koalitionsvertrag unterschrieben war, nominierte Präsident Iohannis Florin Citu bereits am Folgetrag zum Premierminister. Dem Präsidenten wie den Koalitionspartnern kam es dabei auf eine möglichst schnelle Regierungsbildung an, um in Krisenzeiten Handlungsfähigkeit zu zeigen. Citu hob dabei auf die Notwendigkeit ab, den Haushalt für 2021 möglichst noch vor dem Jahreswechsel endgültig zu verabschieden. Die neue Regierung wurde daher im Eiltempo, einschließlich der erforderlichen Anhörungen in den Fachausschüssen, vom Parlament bestätigt.
Gegen die neue Regierung stimmte die PSD und die neu ins Parlament eingezogene nationalistische Partei AUR. Die PSD hatte bei der Parlamentswahl zwar die relativ meisten Stimmen erhalten und verfügt über etwa ein Drittel der Mandate im Parlament. Ihr Vorsitzender Marcel Ciolacu hatte daher kritisiert, dass sich Präsident Iohannis faktisch bereits vor der Wahl auf eine Regierungsbildung unter Führung der PNL festgelegt hatte und beanspruchte den Auftrag zur Regierungsbildung für sich. Es stand jedoch fest, dass die PSD keine Koalitionspartner finden würde. Die Verfassung stellt es zudem ins Ermessen des Präsidenten, nach Konsultationen mit den Parteien einen Premierminister zu benennen; und Iohannis handelte in diesem Rahmen, indem er mit Citu eine Person nominierte, die bereits die Unterstützung einer parlamentarischen Mehrheit hatte.
Wie in anderen europäischen Ländern wird auch in Rumänien das Jahr 2021 im Zeichen einer gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Krise stehen. Wie die Regierung diese Krise zu meistern in der Lage sein wird, dürfte mit darüber entscheiden, ob ihr eine längere Dauer bevorsteht als im politisch volatilen Rumänien bislang meist üblich. Reguläre Wahlen sollen in Rumänien erst wieder 2024 stattfinden, wo sowohl Parlaments- als auch Kommunal- und Präsidentschaftswahlen anstehen.Themen
Bereitgestellt von
Länderbüro Rumänien
Über diese Reihe
Fondacija Konrad Adenauer ima predstavništva u oko 80 zemalja svijeta na pet kontinenata. Direktori predstavništava sa lica mjesta mogu iz prve ruke izvještavati o trenutnim događajima i dugoročnim zbivanjima u zemlji u kojoj su raspoređeni. U "izvještajima o stanju u zemlji" oni nude korisnicima Web stranice Fondacije Konrad Adenauer ekskluzivne analize, pozadinske informacije i procjene.
Bitte melden Sie sich an, um kommentieren zu können