So eindeutig zeichnete sich die Niederlage bereits in den frühen Morgenstunden ab, dass Bawumia wohl schnell zu dem Schluss kam, dass sein größter noch möglicher Beitrag zu friedlichen Wahlen in diesem Moment ein rasches Eingeständnis des Wahlsieges der Opposition war, um so möglichen Konflikten zwischen Parteigängern vorzubeugen. Diese Entscheidung zeugt von politischer Größe, war aber sicherlich auch durch die Erinnerung an die Gewaltausbrüche motiviert, die Ghana nach dem knappen Wahlausgang im Jahr 2020 durchlebte, nachdem beide Parteien den Sieg für sich beanspruchten.
Insgesamt gut organisierte und friedliche Wahlen
Die diesjährigen Wahlen lassen sich insgesamt als sehr erfolgreich beschreiben. Die zusätzliche Schaffung von mehr als 2.600 Wahllokalen (von gut 38.000 im Jahr 2020 auf mehr als 40.600 im Jahr 2024) verhinderte lange Schlangen und Wartezeiten und sorgte dafür, dass die Wähler ihre Stimmen zügig abgeben konnten. Die zur Identifikation genutzten Fingerabdruck-Maschinen, die in dieser Form erstmalig eingesetzt wurden, funktionierten in den meisten Wahllokalen ohne größere Probleme. Auch die Zusammenarbeit mit den Sicherheitskräften gestaltete sich laut Aussage der Electoral Commission positiv; die ghanaische Polizei war in den Wahllokalen durchgängig präsent und sicherte einen friedlichen und fairen Wahlablauf, hielt sich ansonsten aber stark im Hintergrund. Dies leistete sicherlich auch einen maßgeblichen Beitrag dazu, dass der Wahltag insgesamt friedlich ablief, auch wenn es – wie zu erwarten war – vereinzelte Ausnahmen gab. Mittlerweile zählt man drei Menschen, die durch Gewaltausbrüche während der Wahl und der folgenden Stimmauszählung ihr Leben verloren haben. In vereinzelten Wahllokalen kam es zu Handgreiflichkeiten und gewaltsamen Auseinandersetzungen, Vertreter der Electoral Commission wurden angegriffen, ein Auszählungszentrum wurde komplett zerstört.
Den Anspruch, freie und faire Wahlen durchzuführen, hat Ghana aber trotz dieser bedauerlichen Zwischenfälle erfolgreich erfüllt. Zwar kam es auch hier vereinzelt zu Unregelmäßigkeiten: So kursierten in den sozialen Medien Aufnahmen von Stimmzetteln, die in Taxis oder Privatfahrzeugen in die Auszählungszentren transportiert wurden, anstatt in den dafür vorgesehen offiziellen Fahrzeugen der Electoral Commission, was teilweise zu chaotischen Szenen vor Ort führte. Auch gab es vereinzelte Berichte über die versuchte Manipulation von Wahlzetteln und -urnen. Diese Vorkommnisse dürfen allerdings als Ausnahmen gewertet werden, die keinen Einfluss auf den Ausgang oder die Validität des Wahlergebnisses haben. Negativ zu bewerten ist in diesem Zusammenhang lediglich die niedrige Wahlbeteiligung, die mit 60,9% deutlich hinter der der letzten beiden Wahlen 2020 und 2016 zurückblieb. Es wird davon ausgegangen, dass vor allem viele junge Menschen ihre Stimme nicht abgegeben haben – zu groß ist die Enttäuschung mit Blick auf beide große Parteien und der Vertrauensverlust in deren Vertreter.
Die Regierung hat das Vertrauen der Menschen verspielt
Während die Wahlen insgesamt ein Gewinn für die ghanaische Demokratie waren, stellen ihre Ergebnisse einen neuen Tiefpunkt für die aktuelle Regierung dar. Mit gerade mal 41,61% der Stimmen hat die NPP eines ihrer bislang schlechtesten Wahlergebnisse eingefahren, während Mahama und der NDC mit 56,55% einen eindeutigen Wahlsieg für sich verbuchen können. Die Ursachen für dieses klare Ergebnis dürften vielschichtig sein: Die anhaltende Wirtschaftskrise, hohe Inflation und hohe Preise für Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs stellen für viele Ghanaer nach wie vor eine starke finanzielle Belastung dar; das Vertrauen, dass die aktuelle Regierung diese Herausforderungen effektiv lösen kann, nahm in der breiten Bevölkerung zuletzt immer mehr ab. Parallel erschütterten Vorwürfe der Korruption, des Missmanagements und der Verschwendung öffentlicher Gelder das Vertrauen in den Präsidenten Akufo-Addo und seine NPP.
In der Konsequenz hat die Partei es vor allem in ihren traditionellen Hochburgen nicht geschafft, ausreichend Unterstützer zum Urnengang und zur Stimmabgabe zu bewegen. Die Motivation dieser Kernwählerschaft ist für die NPP aber essenziell, um einen Wahlsieg erringen zu können. Aber auch klassische „Swing Regions“ wie Greater Accra oder Central Region gingen in diesem Jahr eindeutig an den NDC.[1] In diesen Regionen lebt eine diverse urbane und rurale Bevölkerung, von denen viele Wechselwähler sind. Aber auch innerparteiliche Machtkämpfe und personelle Fehlentscheidungen haben zur Niederlage der NPP beigetragen. So schaffte es zum Beispiel der NPP „Running Mate“ – eine der zentralen Figuren eines Wahlkampfs – Dr. Matthew Opoku Prempeh nicht, die Menschen von sich zu überzeugen. Auch wurden in vielen Wahlkreisen bewährte NPP-Mandatsinhaber, die das Vertrauen und Zugänge zur lokalen Bevölkerung haben, nicht als Kandidaten aufgestellt. An deren Stelle setzte man stattdessen auf Parteivertreter aus dem engeren Umfeld von Präsident Akufo-Addo. Das dürfte ein Erklärungsansatz sein, warum die NPP auch bei den Parlamentswahlen so schlecht abgeschnitten hat und viele etablierte Wahlkreise an den NDC verloren hat. Nach dem letzten Stand der Auszählung, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht final abgeschlossen ist, hat der NDC 184 Sitze im Parlament, die NPP gerade einmal 77 (Stand 11.12.24).[2] Diese eindeutige Mehrheit dürfte das Regieren in den kommenden Jahren vereinfachen.
Wie geht es weiter?
John Mahama wird nun also der „neue alte“ Präsident Ghanas, nachdem er als Vizepräsident das Amt des verstorbenen Präsidenten bereits von 2012 bis Januar 2017 übernommen hatte. Seine de facto zweite – und auf Grund verfassungsrechtlicher Beschränkungen auch letzte – Amtszeit beginnt offiziell nach der für den 7. Januar 2025 angesetzten Vereidigung. Der regierende Präsident Akufo-Addo versprach eine reibungslose Machtübergabe an seinen Nachfolger. Die Freude über den Wahlsieg unter den NDC-Anhängern ist groß – ebenso groß sind aber auch die Herausforderungen, welche die neue Regierung zu bewältigen haben wird: Die schlechte wirtschaftliche Lage, die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Schwächen im Bildungssystem sowie die Auswirkungen des illegalen Goldabbaus auf Wirtschaft und Umwelt sind dabei sicherlich unter den dringlichsten. Um sie zu lösen, strebt der NDC weitreichende Reformen an, die allerdings mit entsprechend Kosten einhergehen. Wie sich diese mit dem bereits überstrapazierten Haushalt und der nach wie vor massiven Staatsverschuldung umsetzen lassen, wird sich zeigen müssen. Vor Herausforderungen – wenn auch eher interner Natur – steht in den kommenden Jahren aber auch die NPP, die sich nun die drängende Frage stellen muss, wie sie das Vertrauen wiedergewinnen kann, das offenbar so viele Menschen in die Partei verloren haben. Einzelne Parteimitglieder äußern sich bereits öffentlich und schlagen konkrete Reformen vor. Ob diese Ideen aufgegriffen werden und ob sie – oder andere Reformen – ernsthaft angegangen werden, wird sich zeigen. Eines dürfte aber auf jeden Fall klar sein; ein reines „Weiter-So“ kommt für die NPP nicht in Frage, wenn man 2028 wieder reelle Chancen auf einen Wahlsieg haben möchte.
[1] 2024 ELECTION RESULTS – NATIONAL – Electoral Commission
[2] https://peacefmonline.com/elections/2024/parliament
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