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„BRICS Plus“ - Kurzanalyse Asien und Pazifik

Eine für alle Länder Asiens gleichermaßen geltende Antwort auf die Frage, ob die BRICS als eine anti-westliche Allianz wahrgenommen werden, gibt es – wenig überraschend – nicht. Mit China und Indien liegen gleich zwei der fünf BRICS-Länder in Asien. Beide geopolitische Schwergewichte vereinen zusammen knapp ein Drittel der Weltbevölkerung. Mit Russland liegt ein drittes BRICS-Land zumindest flächenmäßig überwiegend in Asien. Das enorme politische und auch wirtschaftliche Gewicht Chinas sowie die Suche Russlands nach neuen Formen der internationalen Vernetzung und Anerkennung machen zwar aus BRICS noch keine asiatische Veranstaltung. Die Staaten in unmittelbarer Nachbarschaft sind jedoch schon heute wirtschaftlich und politisch von beiden Großmächten abhängig und von deren Ambitionen und Interessen massiv betroffen.

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Die Einstellungen auf dem asiatischen Kontinent gegenüber der BRICS-Kooperation lassen sich in fünf Gruppen einteilen: 

 

  1. Die der BRICS am meisten zugewandte Einstellung, die in der Staatenkooperation einen Gegenpol zu den etablierten internationalen Organisationen und zumindest auch in Ansätzen den Werten der westlichen Welt sehen, findet sich in Zentralasien. Kasachstan bemüht sich um Beitritt zu BRICS, auch der usbekische Staatspräsident, Schawkat Mirzijojew, zeigte sich interessiert und zuversichtlich, die Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten zu vertiefen. 
  2. Eine zweite Gruppe bilden Malaysia, Thailand und die Philippinen, die in BRICS ebenfalls einen Gegenpol zu westlichen Organisationen und Stimme des „Globalen Südens“ sehen, allerdings eher auf analytischer Ebene und ohne damit konkrete Beitrittsambitionen zu verbinden. 
  3. Eine dritte Sichtweise auf die BRICS kann man als skeptisch-distanziert bezeichnen. Sie finden wir beispielsweise in der Mongolei, aber auch in Kambodscha. Auch die Sichtweise Singapurs, BRICS nicht als Gegenentwurf zur westlichen Welt und den traditionellen Organisationen anzusehen, kann man hier einordnen. 
  4. Eine vierte Art der Wahrnehmung ist die Sorge davor, einer der an BRICS beteiligten Staaten würde das Format nutzen wollen, um seinen regionalen oder gar globalen Einfluss auszubauen. Das betrifft in erster Linie die Sorge vor weiter anwachsendem chinesischem Einfluss, eine Einstellung, die sich in Japan, den Philippinen, Indonesien oder Vietnam finden lässt. In Zentralasien und in der Mongolei gilt das aber auch für Russland. Bemerkenswert ist, dass ein zentrales Motiv Indiens, sich am BRICS-Format zu beteiligen, darin liegt, China gegebenenfalls im Rahmen des BRICS einzuhegen. Dies ist ebenso wichtig oder gar wichtiger, als mit der Beteiligung am Format eigene geostrategische oder wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. 
  5. Als fünfte und letzte Wahrnehmungsart lässt sich identifizieren, den BRICS wenig Relevanz in den internationalen Beziehungen zu bescheinigen. Diese Sichtweise findet sich hauptsächlich in Südkorea. 

 

Neue Form der Kooperation oder geopolitische Verschiebung? 

Die Erweiterung der BRICS wird in der Region überwiegend als Schritt eingestuft, mit dem die beteiligten Länder ihr ökonomisches Gewicht für globale Anliegen zusammenbringen können, um darüber ihre Verhandlungsposition, beispielsweise bei Handelsabkommen, zu stärken. Weniger gesehen wird aber eine für geopolitische „Verschiebungen“ erforderliche gemeinsame Agenda der beteiligten Länder, auf deren Grundlage überhaupt erst ein Anstieg des globalen Einflusses fußen könnte. Zwar wird die Erweiterung nicht in der Breite als sich herausbildender Gegenpol zur G7 verstanden, allerdings kommt immer wieder die Sorge zum Ausdruck, dass mit einer Verstetigung dualistischer internationaler Strukturen und mit Zunahme des geopolitischen Wettbewerbs zwischen China/Russland und den USA/dem Westen der Druck auf Staaten im Indo-Pazifik größer werden könnte, sich für eine Seite entscheiden zu müssen. Andere Beobachter bleiben aber pragmatisch und sehen in der Erweiterung der BRICS nicht zuletzt Chancen für ihre Länder, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit den BRICS-Ländern zu vertiefen. 

Eine grundsätzliche Machtverschiebung durch die Erweiterung der BRICS sieht man in der Region aber wohl auch deswegen eher nicht, weil die Erweiterung keine direkten Anrainerstaaten umfasst. Was viel mehr Eingang in die Diskussionen findet, ist die Frage, welche fundamentalen Veränderungen von der BRICS-Erweiterung ausgehen könnten, sollte der US-Dollar mittelfristig geschwächt und durch eine neue Leitwährung ersetzt werden. Insgesamt findet man aber wenige Anhaltspunkte, dass sich ein solcher Schritt rasch vollziehen wird. 

 

Perspektive - Wird BRICS+ geopolitisch und wirtschaftlich international an Gewicht gewinnen? 

Die Verschiedenartigkeit der Mitglieder, fehlende Strukturen sowie die Vielfalt ihrer wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen werden als die größten Hemmnisse für eine erstarkende BRICS betrachtet. Während die umfangreichen Erdöl- und Gasvorkommen Saudi-Arabiens und der VEA beispielsweise in der philippinischen und indischen Presse als Chance für die BRICS hervorgehoben werden, überwiegt vielerorts die Unschlüssigkeit, wie die einzelnen wirtschaftlichen Potenziale zum Vorteil der gesamten BRICS realisiert werden sollen. Unschlüssig bliebe dabei auch, inwieweit eine stärkere finanzielle Förderung der zentralen wirtschaftlichen Institution der BRICS, der New Development Bank, durch Petro-Dollar die Probleme der Weltbank-Alternative lösen könne. 

Auch wenn die fehlende Struktur der BRICS als Problem gesehen wird, verweisen beispielsweise australische Medien auf die informalen Koordinierungsmechanismen, die bereits im Rahmen der BRICS bestehen würden. Bei der Aushandlung von Handelsabkommen würden Diplomaten und Diplomatinnen der BRICS-Staaten bereits heute informelle Absprachen zur Aufteilung von Exportmärkten treffen. Zukünftig sähen sich australische (und westliche) Diplomatinnen und Diplomaten beim Übergehen solcher Konsortien potenziell mit einer größeren Allianz konfrontiert. 

Der Großteil der asiatischen Beobachter sieht in China die klare wirtschaftliche Führungsmacht der BRICS. Auch wenn mit den VEA und Saudi-Arabien zwei rohstoff- und finanzstarke Staaten der Gruppe beigetreten seien, seien die meisten der Mitgliedsländer keine besonders dynamischen Wirtschaften. Russlands Kampf mit den Folgen des Kriegs gegen die Ukraine und China beginnendes schwächelndes Wachstum würden dabei mittelfristig das wirtschaftliche Potenzial der Gruppe schwächen. Für beide Staaten sei aber letztlich die politische Botschaft auf der internationalen Bühne mindestens ebenso wichtig wie die tatsächliche Realisierung von wirtschaftlichen Vorteilen. Eine ernsthafte Konkurrenz zur G7 sieht in den Nicht-BRICS-Staaten Asiens jedoch kaum jemand in der Erweiterung. Lediglich im zwischen Russland und China gelegenen und von beiden besonders abhängigem Zentralasien betrachtet man das Wirkpotenzial der BRICS mit erhöhter Vorsicht. 

 

Rückschlüsse und Konsequenzen in der Region 

Für indo-pazifische Akteure mit hervorgehobener Stellung wie Japan und Australien bedeutet die Entwicklung vor allem eine noch komplexere Abwägung in der regionalen Zusammenarbeit. Beide Länder sind mit der Wiederaufnahme des Quadrilateral Security Dialogue (Quad) seit 2017 sicherheitspolitisch und geostrategisch näher an die USA und das BRICS-Mitglied Indien gerückt. Nun wird abgewogen, wie sich die indische Beteiligung an Quad in einem Konfliktfall in der Region auswirken würde, insbesondere wenn dabei andere Mitglieder der nun vergrößerten BRICS-Gruppe beteiligt sind. Eine zusätzliche Erweiterung der BRICS um Länder wie Ägypten, Nigeria und Mexiko, aber auch asiatische Akteure wie Thailand und Indonesien wird dabei als realistisches Szenario betrachtet. Aus australischer Sicht würde dies die Ausrichtung innerhalb Eurasiens radikal verschieben, weswegen sich das Land stärker auf das Szenario einer noch umfassenderen BRICS-Erweiterung vorbereiten möchte. 

In den genannten südostasiatischen Ländern und ihren Nachbarn ist die Reaktion in Bezug auf eigene Konsequenzen allerdings eher von Zurückhaltung geprägt. In Indonesien überwiegt bisher die Skepsis bezüglich eines eigenen Beitritts zu den BRICS, weil man sich davon wenig Mehrwert verspricht. Ähnliches gilt auch für Vietnam, die Philippinen oder Malaysia. Etwas stärkere Hoffnungen auf die wirtschaftliche Attraktivität einer BRICS-Mitgliedschaft werden dagegen in Thailand oder Kambodscha formuliert. Doch auch in Thailand herrscht unter vielen Experten Konsens darüber, dass das Land aufgrund der angespannten Beziehungen mehrerer BRICS-Mitgliedstaaten zu den Vereinigten Staaten bei seinen Beziehungen zu dem Block und Beitrittsbemühungen vorsichtig sein sollte. 

Eine stärkere geopolitische Komponente spielt bei den Überlegungen in Zentralasien eine Rolle. Alle zentralasiatischen Länder werden die weitere Entwicklung der BRICS genau verfolgen, da sie wissen, dass die Ausdehnung dieser internationalen Plattform durch den Beitritt neuer Länder und deren mögliche Institutionalisierung globale geopolitische und wirtschaftliche Dimension verleihen wird. Die zentralasiatischen Staaten werden daher in der neuen geopolitischen Situation voraussichtlich eine äußerst vorsichtige und pragmatische Haltung einnehmen und die aktuellen Veränderungen im globalen Kräfteverhältnis genau beobachten. Die geopolitische Haltung könnte dabei maßgeblich von den Entwicklungen und dem letztendlichen Ausgang des Konflikts in der Ukraine beeinflusst werden. 

 

 

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Leiter der Abteilung Asien und Pazifik

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Referentin Entwicklungspolitik

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