Zprávy z jednotlivých zemí
Die erste Senatswahlrunde endete mit einem beruhigenden Ergebnis für die Regierung des Premierministers Bohuslav Sobotka (ČSSD). Die Regierungsparteien werden eine Mehrheit in der zweiten Kammer des Parlamentes der Tschechischen Republik (vgl. Bundesrat) behalten. Damit wird eine rasche Gesetzesverabschiedung gewährleistet, da der Senat die Dauer einer Gesetzesverabschiedung durch negatives Votum deutlich verlängern könnte. Doch die Machtverteilung innerhalb der Regierungsparteien wird umgestaltet. Bislang verfügte die ČSSD über eine absolute Mehrheit im Senat, dies wird sich nun zu Gunsten der anderen Koalitionsparteien ändern. Von insgesamt 81 Senatorensitzen wird alle zwei Jahre ein Drittel neu besetzt. Gleich in 12 von 27 Wahlkreisen stehen die Kandidaten der Koalitionsparteien gegeneinander. ČSSD befindet sich in einer schwierigen Situation, da sie 23 Sitze verteidigen muss. In die zweite Wahlrunde geht die ČSSD mit 19 Kandidaten und wurde damit zum Sieger der ersten Wahlrunde, was die Position des Parteivorsitzenden und Premierminister Sobotka stärkt.
Als ein Gewinner der ersten Wahlrunde gelten auch die Christdemokraten, die keinen Senatssitz verteidigen mussten und gleich in 11 Wahlkreisen ihre Kandidaten in der zweiten Wahlrunde stellen. Deutlich schwächer schnitt die im Jahre 2011 von dem Milliardär Andrej Babiš gegründete ANO Bewegung ab. Mit 9 Kandidaten landete sie auf dem dritten Platz. Dies verdeutlicht die Personalschwäche der Bewegung ANO, da die Senatswahlen durch das Mehrheitswahlrecht stark personalisierte Wahlen sind.
Unter den Kandidaten sind auch 3 Minister der amtierenden Regierung – Bildungsminister Marcel Chládek, der Minister für Menschenrechte Jiří Dienstbier und Verkehrsminister Antonín Prachař. Vor den Wahlen wurde von Kommentatoren spekuliert, dass es beim Wahlmisserfolg zu Personalveränderungen in der Regierungsbesetzung kommen könnte. Diese Variante war auch dem Finanzminister Babiš nicht fremd, der in der Presse seine Unzufriedenheit mit einigen Ministern offenlegte. Doch nach der ersten Wahlrunde lehnten der Premierminister Sobotka sowie der Finanzminister Babiš Personalwechsel in der Regierung ab. Die zweite Wahlrunde wird in einer Woche stattfinden.
Die Kommunalwahlen standen deutlich im Zeichen des Ablegens von Rechenschaft. Die Unzufriedenheit der Bürger mit der Politik, die vor allem durch zahlreiche Korruptionsverdachtsfälle verursacht wurde, zeigte sich bei den letzten Kommunalwahlen 2010 in einem Erdbeben auf der politischen Landkarte. Die Kommunalwahlen 2014 stellen ein viel differenzierteres Bild dar.
Erwartungsgemäß gingen die meisten (41.460 der über 60.000) Sitze in den Stadt- und Gemeindeversammlungen an unabhängige Gruppierungen und Kandidaten. Die Bürger orientierten sich bei der Wahl vor allem an der Leistung der bisherigen Kommunalvertreter und der Vertrauenswürdigkeit der politischen Alternativen. Die Parteizugehörigkeit und das Wahlprogramm verloren an Bedeutung. Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass die erfolgreichen Stadtvertreter, die in den letzten vier Jahren die Wünsche nach einer positiven Veränderung erfüllt haben, auch wiedergewählt worden sind. Da, wo es zu der gewünschten Veränderung nach 2010 nicht kam, fanden die Bewegung ANO oder die Bürgerinitiativen ihre Wähler. Beispielhaft ist die Situation in der Hauptstadt Prag. Vor vier Jahren feierte die konservative Partei von Karel Schwarzenberg TOP 09 einen großen Sieg über die Bürgerpartei ODS, die mit zahlreichen Korruptionsverdachtsfällen verbunden war. Doch in den letzten vier Jahren wechselten zwei Bürgermeister und mehrere Regierungskoalitionen. Vor diesem Hintergrund suchten die Prager wieder nach einer Alternative und die ANO-Bewegung konnte die Hauptstadt erobern, obwohl sie kein Wahlprogramm hatte und in ihrer Kampagne nur populistische Versprechen anbot.
Ein ähnliches Szenario spielte sich auch in weiteren neun von dreizehn Regionalhauptstädten ab, in denen die ANO-Bewegung die traditionellen demokratischen Parteien besiegt hat. In den übrigen Regionalhauptstädten landete die ANO-Bewegung auf dem zweiten Platz. Damit wurde der Erfolgskurs der ANO-Bewegung fortgesetzt, die von Null auf dem zweiten Platz bei den Parlamentswahlen 2013 und auf dem ersten Platz bei der Europawahl 2014 landete (mehr hierzu in den KAS-Länderberichten Oktober 2013 und Juni 2014). Doch der Erfolg der Bewegung des Milliardärs Andrej Babiš stellt auch Herausforderungen an die Bewegung. Die ANO-Bewegung definiert sich selbst weiterhin als eine Protestbewegung der Bürger, die die traditionellen demokratischen Parteien ablehnt. Bislang wurde die Partei mit circa. 1 500 Mitgliedern, 47 Abgeordneten und 4 Europaabgeordneten zentralistisch von Andrej Babiš gesteuert und zeichnete sich durch viele Merkmale einer Führerpartei aus. Nach dem Erfolg in den Kommunalwahlen wird es schwieriger sein, die Partei in derselben Weise zu steuern. Dreiviertel der Kommunalvertreter von ANO sind keine Mitglieder der Bewegung.
Bei der Gesamtanzahl der Kommunalvertreter wurde die KDU-ČSL mit knapp 3 800 Vertretern die stärkste Partei. Gleichzeitig kandidierte die KDU-ČSL in den traditionell schwachen Regionen in Koalitionen mit anderen Parteien, vor allem der Grünen Partei und den Bürgermeistern. In diesen Koalitionen gewann sie weitere 1 000 Vertreter. Dank der erfolgreichen Strategie der Wahlkoalitionsbildung ist die Partei nach acht Jahren wieder im Prager Rathaus vertreten. Damit bestätigte die Partei, die zwischen 2010 und 2013 nicht im Parlament vertreten war, dass sie wieder auf festen Beinen steht und stark regional verankert ist.
Dagegen haben die Sozialdemokraten in keiner der Regionalhauptstädte gewonnen und gleich zwei wichtige Bürgermeisterposten in der zweitgrößten Stadt Brno und der drittgrößten Stadt Ostrava verloren. Insgesamt verloren die Sozialdemokraten über 800 Kommunalvertreter. Premierminister Sobotka sieht den Grund für die Verluste vor allem in den Konflikten und Streitereien innerhalb der Partei, die medial aufgegriffen worden sind.
Die liberal-konservative Opposition, die Parteien TOP09 und die Bürgerpartei (ODS) erlitten Verluste. Die TOP09 kandidierte in den Kommunalwahlen ohne die Partei der Bürgermeister, von der sie in den Parlamentswahlen unterstützt wurde. Die traditionell von der städtischen Bevölkerung unterstützte TOP09 verlor auch in den Städten. Insgesamt verlor die Partei mehr als die Hälfte ihrer Kommunalvertreter. Die Partei hat den Glanz des „Hoffnungsträgers“ verloren und muss nach neuen Strategien suchen, um die Wähler ansprechen zu können. Dagegen war die allein kandidierende Partei der Bürgermeister ziemlich erfolgreich.
Die Bürgerpartei ODS hat nach den katastrophalen Parlamentswahlen (mehr im KAS-Länderbericht Oktober 2013) um ihr Überleben gekämpft. Obwohl sie mehr als die Hälfte der Kommunalvertreter verlor, waren die Befürchtungen noch viel schlimmer. Gleichzeitig schaffte es die Partei, sechs Kandidaten für die zweite Senatswahlrunde zu stellen. Die Wahlen geben somit ein klares Signal, dass die Bürgerdemokraten trotz der starken Verluste ein fester Bestandteil der politischen Parteienlandschaft sind.
Ein klarer Verlierer der Wahlen ist die Kommunistische Partei (KSČM). Sie verlor knapp 600 Kommunalvertreter; in der Prager Stadtvertretung überwand die Kommunistische Partei nur knapp die 5-Prozent-Hürde. Auch bei den Senatswahlen hat keiner der kommunistischen Kandidaten es in die zweite Wahlrunde geschafft. Dank anderer Alternativen wurde die Partei nicht als eine Protestpartei empfunden.
Zu den Gewinnern der Wahlen zählen auch die Partei der Piraten und zahlreiche Bürgerinitiativen, die in den Kommunalwahlen kandidiert haben. Die Partei der Piraten ist zum ersten Mal im Prager Rathaus vertreten und in der westböhmischen Stadt Marienbad wurde sie sogar zum Gewinner. In zahlreichen Städten waren lokale Bürgerinitiativen sehr erfolgreich, die sich zur politischen Kandidatur entschlossen hatten. Bei den Kommunalwahlen kandidierte historisch die größte Anzahl an Parteien/Bewegungen, über 165, und auch an Kandidaten, über 233 000. 25 Jahre nach der Samtenen Revolution scheint die Bereitschaft zur politischen Teilnahme auf der kommunalen Ebene größer geworden zu sein. Gleichzeitig sinkt aber die Wahlbeteiligung, die im Vergleich zum Jahr 2010 um 3 Prozentpunkte auf 44 Prozent gefallen ist. Schockierend war die geringe Wahlbeteiligung in der Hauptstadt Prag, die nur knapp 38 Prozent betrug. Die Gründe scheinen in der sinkenden Zufriedenheit der Tschechen mit der Demokratie zu liegen und deuten strukturelle Probleme der tschechischen Demokratie an.
Die kommunale Politik ist die Keimzelle der Demokratie. Die Kommunalwahlen gaben vor allem den traditionellen politischen Parteien eine klare Botschaft. Zahlreiche Wähler haben bessere Leistungen der Parteien erwartet und deswegen suchten sie in bedeutender Masse nach Alternativen in neuen Bewegungen und unparteilichen Konzepten der politischen Teilhabe. Dieser Trend ist nicht nur auf der kommunalen, sondern auch der gesamtstaatlichen politischen Ebene in den letzten Jahren dominierend. 25 Jahre nach der Wende müssen die traditionellen Parteien innere Reformen anstreben und nach neuen Strategien suchen, um politischen Projekten wie der populistischen Bewegung ANO als Gegengewichte entgegen stehen zu können.
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