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Dass es in vielen Ländern ein ähnliches Problem in Bezug auf den Text der Verfassung und die Auslegung der Verfassung gibt, machten die Experten im Vorfeld der Diskussionsrunde in ihren Statements deutlich. Auf dem Podium eingefunden hatten sich dazu neben Noor auch Prof. Masykuri Abdillah von der Fakultät für islamische Theologie und Philosophie der indonesischen Universität Syarif Hidayatullah, Dr. Naseef Naeem von der juristischen Fakultät der Universität Hannover und Dr. Markus Böckenförde, der gegenwärtig für das Auswärtige Amt die Umsetzung des Friedensvertrags im Sudan begleitet. Sie waren im zweiten Teil der ganztägigen Konferenz angetreten, um über „Verfassungsgebung und Verfassungsgestaltung“ in islamischen Staaten zu sprechen.
So machte Dr. Naeem in seinem Kurzreferat deutlich, dass sich ein Großteil der islamischen Verfassungen durchaus europäisch lese. Das Problem bestehe in der Religionsklausel. Weil diese durch die Integration in die Verfassung zum Verfassungsprinzip wird, können mit ihrer Hilfe andere Grundrechte eingeschränkt werden, und das nach rechtsstaatlichen Prinzipien.
Als praktisches Beispiel diente Dr. Böckenfördes Beitrag über den Sudan, in dem es nach Ende des Krieges nach wie vor eine deutliche Trennung zwischen islamischem Norden und christlichem Süden gibt. Zwar wurde diese Trennung in der Verfassung berücksichtig und durch die Aufnahme aller 26 vom Sudan ratifizierten Menschrechtsverträge in die Verfassung untermauert. Doch in der Praxis wird dieser Verfassung erheblicher Widerstand entgegengebracht.
Prof. Abdillah vertrat in seinem Vortrag über die Verfassungsbildung in Indonesien unterdessen die These, dass es durchaus einen Kompromiss zwischen den Grundlagen der Demokratie und den Idealen des Islam geben könne. Als Beispiel für diesen Kompromiss stellte er die indonesische Verfassung vor, die die Anwendung der Scharia in einigen Bereichen wie dem Familienrecht ermöglicht, gleichzeitig aber auch die Rechte von Minderheiten schützt, in dem sie beispielsweise weitere offizielle Religionen neben dem Islam anerkennt.
In der folgenden Diskussion wurden sehr verschieden Themenkomplexe angesprochen, wobei sich die Experten jedoch in einem Punkt einig waren. Die Verletzung von Menschenrechten liegt fast nie im Koran begründet, sondern in der Regel am politischen Willen der Machthabenden, die den Islam für ihre Zwecke interpretieren.
Einen dreiteiligen Bericht über die Konferenz sendet der Offene Kanal Berlin vom 26. bis zum 28. September, jeweils ab 22 Uhr.
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