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Ein weiterer Vorzug der Steppe sei, so Tschinag, dass der Mensch in ihr klein werde. Rund ist für ihn die Urform des Lebens und daher ist auch das Weltbild seines Stammes rund. Er bemängelte, dass ihm die Welt des Westens oftmals zu eckig und horizontlos sei.
Seine Kinderstube war die wilde Freiheit der Berge und Steppe. Bereits als Fünfjähriger wurde er zum Schamanen ausgebildet und nahm in den 60er Jahren ein Germanistikstudium in Leipzig auf, das er als Jahrgangbester abschloss und zum ersten Germanisten seines Landes wurde. Nach seiner Rückkehr lehrte er an der Universität in Ulan Bator deutsche Sprache und Literatur, bis er 1976 wegen der Kritik am kommunistischen System mit Berufsverbot belegt wurde. Seit 1991 arbeitet er als freier Schriftsteller und ist überdies noch Stammesoberhaupt der Tuwa und Schamane. 1995 erfüllte er sich seinen Lebenstraum, indem er eine Karawane von Tuwa-Nomaden 2000km weit in ihr Stammland im Altaigebirge zurückführte. Er gab ihnen, die sie zu sozialistischen Zeiten im Norden der Mongolei angesiedelt worden waren, somit sowohl ihre Heimat als auch ihre Freiheit zurück.
Nach seiner Einführung stellte Tschinag Passagen aus verschiedenen Büchern vor. Aus dem Erstlingswerk „Eine tuwinische Geschichte“ las er eine sehr poetische Beschreibung der Steppe, aus „Die Rückkehr“ eine Stelle, in der er als alter Mann in seine Heimat zurückkehrt, aus „Gold und Staub“ eine Passage, in der es um die Begrünung der Steppe geht und aus „Der Mann, die Frau, das Schaf, das Kind“ Auszüge, in denen er der Menschheit die Verantwortung für die Umwelt verdeutlichen sowie ihnen die Erkenntnis vermitteln will, dass jeder Einzelne in der Lage ist etwas zu verändern.
Im anschließenden Gespräch machte Galsan Tschinag deutlich, dass es ihm nicht um die Freiheit des Einzelnen, sondern um die Freiheit für alle geht. Er kritisierte, dass es immer noch zu viele Egoisten und noch zu wenige Menschen gäbe, die sich für andere Menschen einsetzten. Der Autor machte deutlich, dass die Menschheit schon einen gehörigen Schritt vorankäme, wenn sich jeder Einzelne zunächst einmal von seinen eigenen Schwächen befreien würde. Er betonte, dass Freiheit für ihn in erster Linie Leben im Einklang mit der Natur und mit der Familie bedeute. Der Moderator stellte fest, dass auch wenn das Wort „Freiheit“ in Tschinags Büchern kaum erwähnt wird, es dennoch eine zentrale Rolle im Werk des Autors spielt.
Zum Abschluss eines langen wunderbaren Abends ließ sich der Autor dennoch nicht die Freiheit nehmen, die Bücher einer schier endlos langen Menschenschlange sehr persönlich und ausführlich zu signieren.
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Politisches Bildungsforum Berlin
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