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Bei der Betrachtung der EU-Organe bemängelte Graf Kielmansegg ein erhebliches demokratisches Defizit. Im Kern griff er auf das Modell nationalstaatlicher Legitimationsbegründung zurück, indem er feststellte, dass der „immer engere Zusammenschluss der Völker" eben nicht mit einem europäischen Volk verwechselt werden dürfe. Es gebe auch weiterhin nationale Kommunikations- und Erinnerungsgemeinschaften, in denen nicht das Europäische überwiege. Nur über den Weg einer europäischen Erfahrungsgemeinschaft sieht der Politikwissenschaftler den Weg zu einer europäischen Identität und auf lange Sicht wohl auch zu einer europäischen Demokratie geebnet.
Die europäische Demokratie sei vorwiegend durch das föderale Element und die im Lissaboner Vertrag eingeführte doppelte Mehrheit repräsentiert - wenn auch eingeschränkt, so doch erkennbar. Eine fortschreitende Demokratisierung verspricht sich Graf Kielmansegg aber nicht in erster Linie von weiteren institutionellen Vorkehrungen, sondern von einer gemeinsamen Aufgabe, einem europäischen Projekt. Nur durch ein solches könne die EU sich international profilieren und eine nach innen wie außen sichtbare europäische Identität gewinnen. Als Beispiel nannte er wie schon am Tag zuvor Dr. Jürgen Rüttgers in seiner Europa-Rede die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. In der anschließenden Diskussion gab sich der klar und sprachgewandt argumentierende Politikwissenschaftler aber skeptisch, dass ein Einigungsschub unmittelbar bevorstünde.
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