Das Eröffnungsgespräch im Video-Mitschnitt
Eröffnungsgespräch mit Bundesministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Auswirkungen von COVID-19 auf die deutsche Verteidigungspolitik.
Die Folgen der COVID-19 Pandemie für Sicherheitspolitik
Vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Corona-Virus während der letzten Monate stellte die Verteidigungsministerin direkt zu Anfang der Konferenz heraus, dass es unter diesen Umständen eine besondere Herausforderung gewesen sei, dem Kernauftrag der Bündnis- und Landesverteidigung sowie internationalen Verpflichtungen nachzukommen. Der Bundeswehr sei dies aber gut gelungen. Dennoch versuchten Staaten wie Russland und China mit Propaganda einen Vorteil aus der Krise zu ziehen. Auch der islamische Extremismus nutzte die Krise für sich, wie beispielsweise im Irak, wo Terroristen wieder Geländegewinne erzielen konnten. „Corona hat uns in der Sicherheitspolitik keine Pause beschert“ folgerte Kramp-Karrenbauer daher. Die Krise erfordere stattdessen, die zuvor bestehenden Aufgaben weiter voranzutreiben.
Das transatlantische Verhältnis vor Herausforderungen
Mit Blick auf die gegenwärtige Debatte um einen teilweisen amerikanischen Truppenabzug unterstrich die Bundesministerin einmal mehr die Bedeutung der Unterstützung der USA und der Sicherheitsgarantien der NATO für Deutschland – diese haben einen Anteil daran, dass wir heute in Freiheit und Einheit leben. Das Bündnis habe aber auch einen Mehrwehrt für die USA. Die amerikanischen Soldatinnen und Soldaten in Deutschland und Europa dienten der Sicherheit des gesamten Bündnisses und eben auch der Sicherheit der Vereinigten Staaten. Letztendlich gründe sich die NATO auf Solidarität sowie Vertrauen und vereine gemeinsame Wert sowie Interessen. „Die Nato ist keine Handelsorganisation und Sicherheit ist keine Ware“, unterstrich Kramp-Karrenbauer daher.
Nichtsdestotrotz habe Deutschland seine Hausaufgaben zu machen. Es liege in seinem ureigenen Interesse, den deutschen Verpflichtungen in der NATO nachzukommen, nicht nur bei den Verteidigungsausgaben, sondern auch bei den militärischen Fähigkeiten die Deutschland im Bündnis zur Verfügung stelle. „Made in Germany“ heiße, was Deutschland zugesagt hat, hält es auch ein, so die Ministerin. Dies gilt auch in Zeiten von Corona weiterhin.
Die Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO
Kramp-Karrenbauer hob hervor, es bedürfe jedoch auch einer stärkeren europäische Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik – „nicht als Plan B und als Alternative zur NATO, sondern als Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO“. Dafür gebe es mit PESCO, der europäischen Friedensfazilität und dem gemeinsamen Verteidigungsfonds bereits genügend Ansätze. Die Herausforderung bestehe nun darin, all diese einzelnen Punkte in einem strategischen Kompass zusammenzufassen. Dies wird daher auch eine Aufgabe der im Juli 2020 beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden.
Eine deutsche Debatte zu Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Im Anschluss konstatierte der KAS-Vorsitzende Lammert, dass Sicherheit heute wieder relevanter denn je sei, zumal die alte Sicherheitsproblematik nach dem Ende des Kalten Krieges nicht verschwunden, sondern vielmehr zusätzliche Sicherheitsbedrohungen, wie beispielsweise Cyberkriminalität, hinzugekommen seien. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung sei Sicherheit daher ein traditioneller Schwerpunkt ihrer Aktivitäten und eine Debatte zum Thema Sicherheit wichtig.
Ein politischer Diskurs zu Sicherheits- und Verteidigungspolitik sei in Deutschland zwar aufgrund der spezifischen Geschichte schwieriger als in anderen Ländern. Die Debatte, was Frieden und Sicherheit kosten, müsse jedoch ehrlich geführt werden, waren sich der Vorsitzende und die Ministerin einig. „Ein Teil unseres Problems besteht darin, dass wir es zu lange nicht diskutiert haben, zu sehr als selbstverständlich vorausgesetzt haben“ resümierte Lammert. Zur besonderen deutschen Tradition gehöre ebenfalls, dass diese Debatte insbesondere in Parlamenten stattfinden müsse. Aber auch in der Bevölkerung sollte dies geschehen – dabei sei gerade bei der jüngere Generation das Interesse und die Bereitschaft groß, wie jüngste Studien zeigen.
Europas Position im Systemwettbewerb
Zugleich stellten Kramp-Karrenbauer und Lammert gemeinsam heraus, dass das internationale Umfeld zunehmend auch von einem Systemwettbewerb zu Staaten wie China und Russland geprägt sei. Dies habe sowohl Auswirkungen auf die Verteidigungspolitik als auch auf die Arbeit der Stiftung. In diesem Zusammenhang hob die Verteidigungsministerin hervor: „ Wir sind als europäischer Kontinent nicht neutral“. Deutschland stehe nicht irgendwo zwischen China und den Vereinigten Staaten, sondern ist durch gemeinsame Werte in das transatlantische Bündnis eingebunden – „deswegen stehen wir ganz klar an dieser Seite“. Im Rahmen des sich verstärkenden Systemwettbewerbs sei es vor allem wichtig, eigene Resilienz, etwa gegen hybride Bedrohungen, aufzubauen. Aber auch, wie Lammert unterstrich, indem Wertepartner wie Australien stärker eingebunden werden.
Erste Bilanz aus einem Jahr im Amt
Zuletzt zog die Verteidigungsministerin Bilanz aus ihrem ersten Jahr im Amt. Dabei nannte sie mit Verweis auf die öffentlichen Gelöbnisse vor dem Reichstag sowie die kostenlosen Bahnfahrten in Uniform Fortschritte bei der Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz der Truppe als Erfolge der vergangenen Zeit. Weiterhin Handlungsbedarf sieht Kramp-Karrenbauer hingegen im Bereich der materiellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr sowie bei der Übernahme von Verantwortung und einer aktiveren deutschen Rolle in der Welt – Herausforderungen, welche der Ministerin aber zugleich als Ansporn dienten.
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