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Friedensnobelpreis geht an äthiopischen Regierungschef Abiy Ahmed

Interview mit Benno Müchler, Leiter des KAS-Auslandsbüros DR Kongo

Der äthiopische Minsterpräsident Abiy Ahmed erhält den Friedensnobelpreis 2019. Der reformorientierte Regierungschef wird für sein Bemühen um den Frieden mit dem Nachbarland Eritrea ausgezeichnet, erklärte das norwegische Nobelkomitee. Benno Müchler, Leiter des KAS-Auslandsbüros DR Kongo, erklärt im Interview, was der Preis für das ostafrikanische Land bedeutet.

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Seit 2018 ist Abiy Ahmed Regierungschef in Äthiopien. Nur anderthalb Jahre nach seinem Amtsantritt erhält er nun den Friedensnobelpreis. Herr Müchler, warum genau hat sich das Komitee in Oslo für den äthiopischen Ministerpräsidenten entschieden? 

Der junge Premierminister hat seit Beginn seiner Amtszeit eine ganze Reihe von Dingen getan, die zur Aussöhnung innerhalb wie auch außerhalb des Landes beigetragen haben. Der historische Friedensschluss mit Eritrea, seine Vermittlung jüngst zur Übergangsregierung in Sudan, die Freilassung politischer Gefangener in Äthiopien und die Garantie der Meinungs- und Pressefreiheit. Wer heute durch Äthiopien fährt, wird sich wundern, wie frei und offen die Menschen auf der Straße über Politik sprechen. Das war vorher nicht möglich. Der Nobelpreis ist sogleich eine Aufforderung an Premierminister Abiy, diesen Weg nicht zu verlassen.

Ein Weg, der einen klaren Bruch mit der autoritären Politik der Vorgänger-Regierungen darstellt. Was beudetet der Friedensnobelpreis für die weitere Entwicklung in Äthiopien?

Der Preis lässt Äthiopien für einen Moment erstrahlen. Wissen Sie, wir haben es hier mit einem Land zu tun, dass seit Jahrzehnten am negativen Bild eines Hungerlandes zehrt. Dieses Image, die Zeit des Hungers, des Leids, des Bürgerkriegs, das will Äthiopien endlich hinter sich lassen und von sich abschütteln. Tatsächlich stimmen diese Klischees mit den heutigen Äthiopien nicht mehr überein und so ist der Preis vor allem erst mal gute Werbung. Er ist aber auch eine Auszeichnung für die Äthiopier selbst, die für ihre Freiheit auf die Straße gingen. Es darf nicht vergessen werden, dass sie den Wandel im Land überhaupt erst möglich machten und drei Jahre lang demonstrierten. Erst dadurch kam Ahmed Abiy an die Macht.

Natürlich profitiert vom Nobelpreis Premierminister Abiy selbst am allermeisten, der nun als Nobelpreisträger in die Wahlen geht, die in einem halben Jahr stattfinden sollen. Der Preis erhöht jedoch auch den Druck auf ihn, von seinem Engagement für den Frieden und die Aussöhnung nicht abzulassen. Die derzeitige Lage im Land ist hoch sensibel und es mehren sich Zweifel an seiner Führung. Ich war diese Woche in Addis Abeba.

Seit Öffnung des Systems sind ethnische Spannungen neu aufgebrochen. Der Premier entging einem mutmaßlichen Attentat. Es gibt neue Gewalt in verschiedenen Regionen des Landes. Die Inflation ist horrend. Es fehlen Auslandsdevisen. In Äthiopien wehte Anfang der Neunziger schon einmal der Wind des Wandels nach dem Sturz der Militärdiktatur. Als die Opposition dann jedoch zu groß wurde, änderte der damalige Premierminister Meles den Kurs. Äthiopien wurde eine der engsten Autokratien Afrikas.

Herr Müchler, Sie leiten das KAS-Auslandsbüro DR Kongo und haben lange in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba gelebt. Wie ist der Nobelpreis aus deutscher Sicht zu bewerten und welche Auswirkungen hat er auf das Engagement der Stiftung vor Ort?

Die Bundesregierung hat exzellente Kontakte nach Äthiopien und zählt Äthiopien zu seinen wichtigsten Partnern auf dem Kontinent. Die Bundeskanzlerin ist hoch angesehen. Viele Äthiopier haben ihren Besuch 2016 in Erinnerung, als die frühere äthiopische Regierung die Wahlen in DDR-Manier gerade mit 100 Prozent der Stimmen gewonnen hatte und sich die Kanzlerin in Addis Abeba mit mehreren Vertretern der Opposition und Zivilgesellschaft traf. Der Nobelpreis wird die Bundesregierung bestärken, Äthiopien weiter zu fördern. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird vor Ort bald selbst einen Beitrag zu Förderung der Demokratie, des Rechtsstaats, Sozialen Marktwirtschaft und den Menschenrechten leisten können. Der Nobelpreis steht symbolisch nicht zuletzt auch insgesamt für einen politischen Wandel in Afrika in jüngster Zeit. Wenn auch verfrühte Hoffnungen immer mit Vorsicht zu genießen sind und der Berg an tiefgreifenden strukturellen Problemen afrikaweit enorm ist und einen sehr langen Atem braucht, ist das große Engagement der Konrad-Adenauer-Stiftung von zentraler Wichtigkeit. Äthiopien ist dabei ohne Frage ein Schlüsselland.
 

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Benno Müchler

Leiter des Auslandsbüros Äthiopien / Afrikanische Union

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