Seit 2021 arbeitet das Charkiwer Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine mit der Gedenkstätte für die Opfer des Holocausts „Drobyzkyj Jar“ in der Region Charkiw zusammen. Vor dem achtzigsten Gedenkjahr 2021 hat die KAS die Neugestaltung des Erinnerungsraums und die Gestaltung einer neuen Ausstellung zum Holocaust in der nordöstlichen Ukraine unterstützt. Mit dem umfassenden russischen Angriff auf die Ukraine geriet der Stadtrand Charkiws, an dem sich die Gedenkstätte befindet, sehr schnell unter Beschuss. Die Leiterin von „Drobyzkyj Jar“, Iryna Ferentseva, berichtete im Mai 2022, dass russische Truppen die Orte um den Gedenkort seit dem 25. Februar 2022 besetzt hielten.
Drobyzkyj Jar liegt im Dorf Satyscha (Затишшя). An diesem Ort wurden zwischen 1941 und 1942 die Bewohner und Bewohnerinnen aus Charkiw und dem Charkiwer Gebiet, vorwiegend die jüdische Bevölkerung, sowie sowjetische Kriegsgefangene und Minderheiten wie Roma erschossen. Laut den Angaben des Charkiwer Staatsarchivs wurden innerhalb von wenigen Tagen von 16.000 bis 20.000 Menschen erschossen.
Heute, am 14. November, jährt sich der Befehl des nationalsozialistischen Kommandanten von besetztem Charkiw den Befehl, alle Juden der Stadt in die Kasernen der Werkzeugmaschinen- und Traktorenfabriken umzusiedeln, wovon sie nach Drobyzkyj Jar getrieben wurden. Am heutigen Gedenktag für die Opfer des Holocausts durch Kugeln in Charkiw erinnern wir uns an das Verbrechen und gedenken den Opfern.
"Der Gedenkpark und das Museum, die zu Erinnerung an diese Ereignisse errichtet wurden, wurden fast 8 Jahre lang gebaut und im Dezember 2002 vom Präsidenten der Ukraine eröffnet. Die Einzigartigkeit des Denkmals besteht darin, dass es nicht nur eine Gedenkstätte direkt am Ort der Tragödie ist, sondern auch ein starkes Bildungs- und Informationsprojekt ist. Seit 2016 wurde die Gedenkstätte als Denkmal mit gesamtstaatlicher Bedeutung bezeichnet.“ So fasste die Direktorin der Gedenkstätte die Entstehungszeit in einem Interview im Mai 2022 zusammen.
Die Gedenkstätte Drobyzkyj Jar wurde in den letzten zwanzig Jahren zu einem wichtigen Erinnerungs- und Mahnort in der Region Charkiw, um an den von den Nationalsozialisten begangenen Völkermord an den ukrainischen Juden zu erinnern und die grausamen Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Es ist einer der wenigen historischen Orte aus dieser Zeit in der Region, die noch zu besichtigen sind und für die Bildungsarbeit genutzt wurde. Beim russischen Angriff auf Charkiw Ende Februar wurde die Gedenkstätte massiv beschädigt. Dass dieser Ort des Massenverbrechens erneut zum Schauplatz eines Krieges wurde, ist kaum zu begreifen.
Iryna Ferentseva berichtet über die Zerstörungen durch den russischen Angriff Ende Februar auf das Gelände der Gedenkstätte wie folgt: „Nach Angaben der Gemeinde wurde durch den Artilleriebeschuss der russischen Besatzer am 26. März 2022 eines der Symbole der Gedenkstätte, die Menora, beschädigt. Die Menora (1995-2002) steht am Eingang des Denkmals, die Autoren sind die Architektin Natalya Fomenko und der Bildhauer Oleksandr Illichiv."
„Mittlerweile wissen wir von der Befreiung des Territoriums, doch die Gefahr bleibt. Das Territorium der Gedenkstätte wurde noch nicht vom Militär untersucht, daher gibt es keine vollständigen Informationen über die anderen Gebäude des Komplexes. Auf der Entfernung von einigen hundert Metern kann man sehen, dass das Hauptdenkmals für die Opfer des Holocaust unbeschädigt sind. Aber wir werden die endgültigen Schlussfolgerungen erst ziehen, nachdem wir alle Symbole des Gedenkkomplexes inspiziert haben", - betonte Iryna Ferentseva im Mai 2022.
Die Leiterin der Gedenkstätte mahnte zudem, dass die Beschädigung von Drobyzkyj Jar ein Verbrechen gegen die Menschen und gegen die ukrainische Erinnerungskultur- und orte sei.
Die russische Armee zerstörte bei ihren Angriffen auf die Ukraine bereits zahlreiche Denkmäler für die Opfer des Nationalsozialismus. Am 1. März 2022 wurde das Territorium der Gedenkstätte Babyn Jar bei einem Angriff auf Kiew getroffen. Damals wurden fünf Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt. Die Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine wird sich weiterhin für die Aufarbeitung nationalsozialistischer Verbrechen in der Ukraine einsetzen und die Gedenkstätten in ihrer Arbeit unterstützen. Die Zerstörung dieser Gedenkstätten durch russische Angriffe verurteilen wir nicht nur, sondern sichern ihnen unsere Unterstützung bei der Fortsetzung ihrer Arbeit zu.