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FINANZIERUNGSZUSAGEN NOCH UNVERBINDLICH
Einem Bericht zufolge, den die australische Regierung gemäß der UNFCCC eingereicht hat, sollen mit der Zusage von einer Milliarde australischen Dollar „Länder in unserer Region unterstützt und zusätzliche Gelder aus dem Privatsektor bereitgestellt werden” (DFAT 2016). Zwar handelt es sich dabei um eine Verstärkung bisheriger Bemühungen, jedoch liegt der Betrag nach wie vor deutlich unter dem, was laut den meisten Studien Australiens ein „fairer Anteil” an Finanzierungsbemühungen wäre. Die Abbildung auf der nächsten Seite stellt einen Vergleich zwischen der aktuellen Zusicherung Australiens und den Schätzungen zu Australiens „fairen Anteil” an der internationalen Finanzierung von Maßnahmen gegen den Klimawandel im Jahr 2020 dar.¹ Es handelt sich um ein unverbindliches politisches Versprechen und weder die Finanzierung des Klimaschutzes im Allgemeinen noch die Finanzierung aus privaten Quellen im Einzelnen finden im NDC Australiens Erwähnung.
¹Die Schätzung des „fairen Anteils” von ActionAid basiert auf den am 13. Juni 2017 geltenden Wechselkursen von US-Dollar in australische Dollar. Diese Schätzung gilt lediglich für die Anpassungsfinanzierung. Die Schätzung von Petherick gilt für den „fairen Anteil” Australiens in einer ersten Zusagenrunde im Rahmen des GCF und nicht spezifisch für das Jahr 2020. Beide Zahlen bieten dennoch nützliche Richtwerte für den Vergleich mit aktuellen Finanzierungsbemühungen. Die dargestellte „bestehende Zusage” für Australien ist der Jahresdurchschnitt über den fünfjährigen Zeitraum des Beitrags hinweg.
WACHSTUM UND FRAGMENTIERUNG
Da öffentliche Mittel begrenzt sind, ist die Mobilisierung privater Gelder für die Finanzierung des Klimaschutzes zu einer immer wichtigeren Strategie für die Regierung und andere Akteure geworden. Hier werden private Gelder für den Klimaschutz als Finanzmittel verstanden, die mit der Absicht mobilisiert werden, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern oder um von australischen Akteuren aus dem privaten Sektor im Inland und auf internationaler Ebene verwendet zu werden. In internationalen Verhandlungen war Australien ein ausgesprochener Verfechter der Nutzung von Geldern aus dem Privatsektor, um multilaterale Finanzierungsziele zu erreichen. Dazu gehört auch Australiens führende Rolle bei der Entwicklung der „Roadmap to US$ 100 Billion”, einer Strategie, die bei den Klimagesprächen in Marrakesch im Jahre 2016 vorgelegt wurde und die die Rolle privater Gelder bei der Erreichung des 2009 beschlossenen Kopenhagener Finanzierungsziels (Copenhagen Accord), bis zum Jahre 2020 für Entwicklungsländer jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Finanzmitteln für die Bekämpfung des Klimawandels zu mobilisieren, unterstreicht. Die Beteiligung des australischen Privatsektors an der Klimafinanzierung hat ebenfalls zugenommen. Die Investor Group on Climate Change hat einen Bericht zu den sieben Klimawandelprioritäten für Investoren veröffentlicht und die Einführung eines neuen Handlungsrahmens für Investoren in Bezug auf nachhaltige Immobilien in Australien unterstützt.
Trotz zunehmenden Interesses sind die australischen Bemühungen, private Gelder für den Klimaschutz aufzubringen, fragmentiert und schwierig nachzuverfolgen. In Australien und auch international gibt es derzeit keine eindeutige Definition privater Klimafinanzierung. In Ermangelung klarer Definitionen und einer zentralen Übersicht hat sich in Australien ein Flickenteppich an Initiativen entwickelt. Im Folgenden ist eine Typologie privater Finanzierungsmaßnahmen für den Klimaschutz aufgeführt.
Die auf der nächsten Seite aufgeführte Typologie und die Übersicht über die Initiativen stellen eine unvollständige Momentaufnahme der privaten Klimafinanzierungslandschaft in Australien dar.
- Public Catalyst: Australien nutzt öffentliche Gelder, um zur Förderung der privaten Finanzierung beizutragen. Australien hat mehrere Institutionen gegründet, die den Großteil ihrer Mittel aus öffentlichen Kassen erhalten. Ein Beispiel ist die Clean Energy Finance Corporation (CEFC), ein Fonds mit zehn Milliarden australischen Dollar zur Förderung von umweltfreundlichen Energieprojekten. Die Australian Renewable Energy Agency (ARENA), im Jahre 2012 gegründet, wird bis zum Jahre 2022 über ein Budget von 2,5 Milliarden australische Dollar verfügen. Ihr Zweck besteht darin, in Projekte zu investieren, mit denen die Entwicklung und Kommerzialisierung von erneuerbaren Energietechnologien beschleunigt wird. Der Renewable Energy Venture Capital Fund ist eine Co-Investment-Initiative mit Geldern in Höhe von 120 Millionen australischen Dollar unter der Schirmherrschaft der ARENA. Die Hälfte des Kapitals wird von ARENA und die andere Hälfte von Softbank China Capital (SBCVC) bereitgestellt. Der Fonds tätigt Eigenkapitalinvestitionen in erneuerbare Energieprojekte in den USA, Australien und Asien, die sich in der Anfangsphase befinden, und hilft Unternehmen, ihre Start-up-Kapitalkosten zu decken. Zudem hat Australien dem Programm für den Aufbau emissionsarmer Kapazitäten (Low Emissions Capacity Building Programme) vier Millionen australische Dollar gewährt und neue Investitionshilfen angeordnet, um innovative Methoden zur Beteiligung des Privatsektors zu berücksichtigen.
- Private Catalyst: Australische Akteure waren an der Unterstützung zahlreicher privat geleiteter Finanzierungsinitiativen beteiligt. Die australische Regierung hat z. B. dem Private Financing Advisory Network (PFAN) Gelder zur Verfügung gestellt, das Investoren mit Projekten für saubere Energie zusammenbringt und Unternehmern in diesem Bereich Förderung, Schulungen und Vernetzungsmöglichkeiten bietet. Auf ähnliche Weise bietet die Regierung dem Climate Innovation Centre in Vietnam und dem Clean Energy Solutions Centre, das auf der ganzen Welt tätig ist, dauerhafte Unterstützung. Letztgenanntes hilft Regierungen bei der Gestaltung und Umsetzung von Programmen, mit denen die Entwicklung erneuerbarer Energien gefördert wird, während das Climate Innovation Centre Unternehmer und neue Unternehmen mit Geldern und kaufmännischen Schulungen unterstützt. Die australische Regierung gewährt zudem über die Private Infrastructure Development Group in Entwicklungsländern Garantien für Investitionen in umweltfreundliche Energien. Finanzinstrumente wie Klimaanleihen nehmen ebenfalls zu. Im Zeitraum zwischen dem Jahr 2014 und dem Jahr 2017 haben die Flexigroup, Monash University, Westpac, ANZ, Treasury Corporation Victoria und die National Australia Bank in Klimaanleihen investiert – der Betrag belief sich insgesamt auf etwa zwei Milliarden australische Dollar (1,52 Milliarden US-Dollar). Diese Anleihen wurden durch die Climate Bonds Initiative aus dem Vereinigten Königreich zertifiziert, die an der Entwicklung zuverlässiger Standards für Klimaanleihen arbeitet.
- Facilitation and Dialogue: Aktivitäten im Bereich Förderung und Dialog werden von einer Reihe von Akteuren genutzt, um Chancen auf private Klimafinanzierung zu erhöhen und neue Partnerschaften und Projekte zu schaffen. Sowohl der World Wildlife Fund Australia (WWF Australia) und das Department of Foreign Affairs and Trade(DFAT) haben zur Klimafinanzierung in Australien zwei runde Tische organisiert. Diese Veranstaltungen haben über 40 inländische Stakeholder aus dem öffentlichen und privaten Sektor sowie aus der Zivilgesellschaft zusammengebracht. Der WWF Australia hat zudem die Podcast-Serie „Climate Cash” geschaffen, um die Klimafinanzierungsmaßnahmen im gesamten asiatisch-pazifischen Raum hervorzuheben. Das DFAT wird außerdem am 5. August 2017 einen runden Tisch für den grünen Klimafonds des Privatsektors (Green Climate Fund Private Sector Roundtable) organisieren. Der runde Tisch verfolgt den Zweck, über die Chancen auf eine GCF-Förderung zu informieren und Unternehmen zu ermutigen, mit dem Fonds zusammenzuarbeiten. Australien beabsichtigt außerdem, über das International Green Bank Network Kompetenzen der Clean Energy Finance Corporation auf internationaler Ebene weiterzugeben.
- Multilateral Engagement: Australien ist gegenwärtig einer der Vorsitzenden sowie ein aktiver Förderer des GCF. Das Land hat seine Position genutzt, um Bemühungen für den Einsatz privater Gelder aktiv zu fördern. Australien ist zudem an einer Reihe weiterer privater Klimafinanzierungsinitiativen beteiligt, darunter Mission Innovation, die Business and Investor Engagement Group und Aktivitäten im Rahmen der Green Finance Study Group der G20 zur Identifikation von Hindernissen, die der umweltfreundlichen Finanzierung im Wege stehen, sowie von Möglichkeiten der Mobilisierung. Die zwei erstgenannten Initiativen tragen zur Forschung und Entwicklung im Bereich kohlenstoffarmer Energien durch private Investitionen bei, während die letztgenannte daran arbeitet, Hindernisse und Chancen für umweltfreundliche Finanzierungsmaßnahmen zu erkennen.
VIELE INITIATIVEN, VIELE HINDERNISSE
Diese Reihe von Aktivitäten deckt ein Spektrum an Finanzinstrumenten ab, darunter Darlehen, Anleihen (zertifizierte Klimaanleihen), direkte öffentliche Finanzierungsmaßnahmen (Renewable Energy Venture Capital Fund), Zuschüsse (GCF-Finanzierung), Eigenkapital (ARENA) und Schutz vor Investitionsrisiken (CEFC). Andere Herangehensweisen fehlen oder finden keine ausreichende Verwendung. Es könnte bei der Begrenzung von Investitionen in Projekte für Kohle und fossile Brennstoffe im Inland und durch die Exportkreditfinanzierung mehr getan werden. OECD-Länder haben sich bspw. darauf verständigt, Subventionen für den Export ineffizienter kohlebefeuerter Kraftwerkstechnologien zu begrenzen, jedoch hat sich Australien dem widersetzt, indem Ausnahmen verhandelt wurden. Es ist schwierig, die Auswirkungen dieser Initiativen abzuschätzen oder gründliche Prüfungen bisheriger Erkenntnisse durchzuführen. Da es keine Definitionen dazu gibt, was private Klimafinanzierung ist, gibt es kaum Beobachtungen und Berichte zu Ergebnissen. So gestaltet das Fehlen von durch die Regierung zertifizierten Standards, z. B. im Falle von Klimaanleihen, Vergleiche oder Beurteilungen problematisch.
Trotz der Zunahme von privaten Finanzinitiativen beschränken zahlreiche Barrieren ihre weitere Ausbreitung und Effektivität. Fehlende Gelder und eine mangelnde Sicherheit sind die zwei größten inländischen Hindernisse. Die Klimafinanzierung Australiens war bisher volatil. Während internationale Finanzierungsaktivitäten auch durch „internationalen Gruppendruck” bestimmt wurden, war die Situation im Inland weniger vorhersehbar. Inländische Organe wie die CEFC und ARENA hatten mit wiederholten Kürzungen ihrer Mittel und Veränderungen ihrer Mandate zu kämpfen. Andere Hindernisse bestehen auf internationaler Ebene. Einigen Entwicklungsländern fehlt bspw. die Möglichkeit, privates Kapital zu nutzen. Es kann zudem höhere Risiken geben, etwa staatliche und Wechselkursrisiken, die den Risiken eher abgeneigten Privatsektor abschrecken. Möglicherweise gestaltet es sich zudem schwierig, den privaten Sektor für weniger profitable Unternehmungen zu mobilisieren. Im asiatisch-pazifischen Raum sind Klimaprojekte von essentieller Bedeutung; sie sind für den Privatsektor jedoch von geringer Attraktivität, da sie allgemein als weniger gewinnbringend gelten.
UNGENUTZTES POTENZIAL
Australien vertritt derzeit keine offizielle nationale Position zur Rolle der G20 bei der Mobilisierung von Finanzmitteln für den Klimaschutz, wird jedoch wahrscheinlich seine Arbeit in diesem Rahmen in Zukunft fortführen. Das Potenzial der G20 ist aufgrund ihrer Rolle als Forum der Konsensbildung und des Dialogs begrenzt. Sie hat jedoch in einem Bericht aus dem Jahr 2011 zur „Mobilisierung der Klimafinanzierung”, der von den Finanzministern der G20 in Auftrag gegeben wurde, einige neue Impulse signalisiert. Leider hat Australien die meisten der empfohlenen Maßnahmen, z. B. die Nutzung von Preisfestsetzungssystemen für Kohlenstoff, die allmähliche Einstellung von Subventionen für fossile Brennstoffe und den Einsatz von Schiffsdieselsteuern, nicht umgesetzt.
Derzeit wird die private Klimafinanzierung Australiens durch Wachstum wie auch Fragmentierung charakterisiert. Es handelt sich keinesfalls um ein Wundermittel. Um das Potenzial des Privatsektors zu maximieren, werden Sicherheit, Definitionen und Gelder benötigt. Wenn Australien die Entrichtung eines fairen Beitrags auf internationaler Ebene mit Ernsthaftigkeit verfolgt, braucht es eine glaubwürdige und kohärente Strategie, um öffentliche Gelder für die Förderung der privaten Klimafinanzierung nutzen zu können.
ÜBER DEN AUTOR
Dr. Luke Kemp ist Dozent für Klima- und Umweltpolitik an der Fenner School of Environment and Society sowie der Crawford School of Public Policy der Australian National University. Der Autor dankt Jonathan Pickering für seine Kommentierung einer früheren Fassung dieses Beitrags und Geoff O’Keefe für seine unschätzbare Hilfe beim Bezug weiterführender Informationen zu Initiativen der australischen Regierung.
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
Australische Regierung, DFAT 2016: Climate Finance Roadmap to US$100 Billion, in: http://bit.ly/2tTOWvN (06.07.2017).
Australische Regierung, DFAT 2016: Australia’s Submission on Strategies and Approaches for Scaling Up Climate Finance from 2015 to 2020, in: http://bit.ly/2tLrMHF (06.07.2017).
Kemp, Luke 2016: 2016 Australian Climate Finance Roundtable: Options Paper, Australian Council for International Development, in: http://bit.ly/2tsleer (06.07.2017).
Pickering, Jonathan/Mitchell, Paul 2016: What Drives National Support for Multilateral Climate Finance? International and Domestic Influences on Australia’s Shifting Stance Acknowledgements, International Environmental Agreements: Politics, Law and Economics, Bd. 17, Nr. 1, S. 107–125.
Wu, Brandon/Reeves, Jonathan/Anderson, Teresa/Singh, Harjeet 2015: Mind the Adaptation Gap. Why Rich Countries Must Deliver Their Fair Shares of Adaptation Finance in the New Global Climate Deal: ActionAid, Washington D.C., 17.11.2015, in: https://shar.es/1BO50M (06.07.2017).
WWF Australia 2016: ”Climate Cash” podcas t series, in: http://scl.io/8wLUqIZE (04.07.2017).