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Einzeltitel

Soziale Marktwirtschaft ökologisch erneuern

Ökologische Innovationen, wirtschaftliche Chancen und soziale Teilhabe in Zeiten des Klimawandels

In diesem Buch erörtern namhafte Autorinnen und Autoren ordnungspolitische Leitlinien, langfristig angelegte Strategien und konkrete Handlungsmöglichkeiten für die ökologische Fortentwicklung der Industriegesellschaft auf einer marktwirtschaftlichen Grundlage.

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Das „Anthropozän“ ist angebrochen. Der Mensch ist zentraler Einflussfaktor auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse der Erde geworden. Klimawandel und Artensterben sind dringende Aufrufe zum Handeln. Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft ist hinreichend offen, um ökologische, wirtschaftliche und soziale Ziele in Einklang zu bringen. 
Es geht darum, das ökologisch Notwendige mit wirtschaftlichen Chancen und sozialer Teilhabe zu verbinden. Alles in allem ein vielstimmiges Plädoyer für die ökologische Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft.


 

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
Ralf Fücks & Thomas Köhler

7

Ökologie und Freiheit
Ralf Fücks

15

Deutschland kann seinen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung leisten
Thomas Köhler

29

Können sich liberale Demokratien eine ambitionierte Klimapolitik leisten?
Ottmar Edenhofer & Linus Mattauch

37

Voraussetzungen einer sozial-ökologischen Transformation
Walter Kahlenborn

 61

Für eine marktwirtschaftliche Energie- und Klimapolitik
Joachim Lang

73

Klimaschutz zum Geschäftsmodell des Jahrhunderts machen
Sabine Nallinger

87

Die Soziale Marktwirtschaft: Auslaufmodell oder Blaupause für Transformationsprozesse?
Hildegard Müller

103

Vom Ordoliberalismus zur öko-sozialen Marktwirtschaft
Felix Chr. Matthes

121

Chancen nutzen: Öko-soziale Marktwirtschaft im Zeitalter der Digitalisierung
Alexander Bonde

137

Marktwirtschaft und ökologische Transformation
Wolfgang Bretschneider & Sebastian Spiegel

153

„Mehr Öko“ erfordert die Modernisierung auch des Ökologischen
Günther Bachmann

165

Soziale und ökologische Marktwirtschaftin einer globalen Wirtschaft
Tanja Gönner

179

Mehr Kooperation: in Deutschland, mit Europa und der Welt
Klaus Milke & Christoph Bals

 191

Die digitale Nachhaltigkeitsgesellschaft
Dirk Messner & Ina Schieferdecker

 205

Neu Denken und Handeln – das Finanzsystem der Zukunft
Kristina Jeromin

 227

Der Beitrag der Bioökonomie zu mehr Innovationund Nachhaltigkeit im Anthropozän
Joachim von Braun

237

Mehr Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft – aber wie?
Julia Klöckner

253

Klimapositive, nachhaltige Landwirtschaft geht!
Franz-Theo Gottwald

269

Mit dem Einkaufswagen die Welt retten?
Klaus Müller

287

Einfach mal machen – nachhaltige Politik pragmatisch gestalten
Kai Whittaker

303

Die Autorinnen und Autoren

316

 

Vorwort

Dieses Buch ist ein vielstimmiges Plädoyer für die ökologische Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft. Aus unserer Sicht war und ist das Konzept einer freiheitlichen und sozialen Wirtschaftsordnung ein Erfolgsmodell ohnegleichen. Die Soziale Marktwirtschaft versöhnte die Deutschen mit dem Kapitalismus und den Kapitalismus mit der Demokratie. Nach der Katastrophe von Nationalsozialismus und Krieg ermöglichte sie einen nie gekannten wirtschaftlichen Aufschwung und sozialen Aufstieg. „Wohlstand für alle“ blieb kein leeres Versprechen. Hinreichender Wohnraum, allgemeiner Zugang zu Gesundheitsleistungen, ein kontinuierlicher Ausbau der sozialen Sicherung, Bildung für alle, Fünftagewoche und Mitbestimmung, Wettbewerb statt Kartellen und Monopolen, breit steigender Lebensstandard, die mehrmalige Integration vieler Millionen von Flüchtlingen sind nur einige Stationen dieser Erfolgsgeschichte.

Erfolge der Vergangenheit sind aber keine Garantie für eine erfolgreiche Zukunft. Die Soziale Marktwirtschaft steht erneut im globalen Wettbewerb mit anderen politischen und wirtschaftlichen Systemen. Zugleich sind die Risse im Fundament unseres Wirtschaftsmodells unübersehbar. Das gilt zum einen für die soziale Dimension der Marktwirtschaft: Die Ungleichheit in Deutschland nimmt zu, wenn auch weniger dramatisch als in anderen Ländern. Es droht eine zunehmende Polarisierung zwischen Gewinnern und Verlierern von Globalisierung und digitaler Revolution. Wirtschaftliches Wachstum führt nicht mehr selbstverständlich zu höheren Einkommen und mehr Chancen für alle. Steigende Mieten und knapper Wohnraum in den Ballungszentren sind zu einer drängenden sozialen Frage geworden.

Gleichzeitig ist nicht mehr zu verdrängen, dass die bisherige Art von Produktion und Konsum die Grundlagen von Freiheit und Wohlstand untergräbt. Klimawandel, der rapide Verlust biologischer Vielfalt, die Vermüllung der Meere und der Verlust fruchtbarer Böden sind grelle Warnzeichen, dass die Belastungsgrenzen der Biosphäre bereits überschritten sind. Fossile Energieträger – Kohle, Öl, Gas – waren die Basis für Industrialisierung, Massenproduktion, Mobilität und Urbanisierung. Sie sind zugleich die Hauptquellen für den Treibhauseffekt. Gerät der Klimawandel außer Kontrolle, gefährdet er die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen. Wir müssen handeln, um den Übergang in eine nachhaltige Wirtschaftsweise zu bewerkstelligen.

Die ökologische Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft ist Notwendigkeit und Lösungsansatz zugleich. An einer Absenkung überschüssiger Treibhausgase gegen Null führt kein Weg vorbei. Das erfordert nicht weniger als eine neue industrielle Revolution – eine grundlegende Erneuerung unseres Energiesystems, von Industrie und Landwirtschaft, Städtebau und Verkehr. Zugleich stecken im Übergang zu einer umweltfreundlichen Ökonomie, die auf erneuerbaren Energien, nachwachsenden Rohstoffen und einer modernen Kreislaufwirtschaft aufbaut, enorme Chancen für Erfindergeist und Unternehmertum, zukunftsfähige Arbeitsplätze und nachhaltige Einkommen. Wenn wir es klug anstellen, kann daraus eine ökologische und wirtschaftliche Erfolgsgeschichte werden.

Das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft beruht auf ordnungspolitischen Prinzipien, die dabei helfen, auch die neuen Herausforderungen zu meistern. Es muss nicht durch eine alternative Wirtschaftsordnung ersetzt werden. Vielmehr gilt es, die bewährten Prinzipien einer freiheitlichen Wirtschaft und Gesellschaft auf eine veränderte Lebensumwelt anzuwenden und damit die gelebte Soziale Marktwirtschaft ökologisch zu erneuern, wie es der Titel dieses Bandes zusammenfasst.

Die ökologische Fortentwicklung der Industriegesellschaft kann nur als gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gelingen. Dazu braucht es ein Zusammenwirken vielfältiger Akteure. Politik muss den Ordnungsrahmen für den Wettbewerb um die besten Lösungen setzen und in die Erneuerung der Infrastruktur investieren. Unternehmertum ist ebenso gefragt wie Erfindergeist und die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Nachhaltiger Konsum ist ein wichtiger Hebel für die Veränderung von Produktion und Handel.
Politik kann nicht alles, aber die bisherigen Erfolge – etwa beim Schutz der Ozonhülle der Erde, bei der Sanierung von Flüssen und Seen in Europa oder dem raschen Aufwuchs erneuerbarer Energien im Stromsektor – zeigen sehr deutlich, dass Umweltschutz entscheidend von politischen Weichenstellungen abhängt. Das gilt erst recht für den Klimaschutz. Die weitgehende Dekarbonisierung der Industriegesellschaft ist eine hoch komplexe Aufgabe. Sie umfasst alle Sektoren unserer Wirtschaft, von der Landwirtschaft bis zum Finanzsektor. Und sie erfordert gleichzeitiges Handeln auf lokaler, nationaler, europäischer und globaler Ebene.

Ordnungspolitische Leitfragen

Dieses Buch ist ein Gemeinschaftswerk von Autorinnen und Autoren mit unterschiedlichem gesellschaftlichem, wissenschaftlichem und politischem Hintergrund. Sie alle vertreten hier ihre eigene Perspektive. Gemeinsam ist allen, dass sie die ökologische Fortentwicklung unserer Wirtschafts- und Lebensweise für notwendig und machbar halten.

Einige der Beiträge rücken systemische Fragen ins Zentrum, andere konzentrieren sich auf die spezifische Rolle von Politik, Unternehmen oder Verbrauchern, wieder andere nehmen bestimmte Schlüsselsektoren wie die Energieerzeugung, die Landwirtschaft und die Finanz-industrie in den Blick oder beleuchten die Wechselwirkung zwischenökologischer Erneuerung und digitaler Revolution. Nicht ganz zufällig behandelt der letzte Beitrag einen Handlungsaufruf für mehr Nachhaltigkeit.

Bei aller Verschiedenheit drehen sich die allermeisten Beiträge um gemeinsame ordnungspolitische Leitfragen:

  • Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit einer Marktwirtschaft ist die Kostenwahrheit der Preise. Wie können wir also am besten gewährleisten, dass „Preise [auch] die ökologische Wahrheit sagen“, wie die Umweltökonomie schon vor Jahrzehnten gefordert hat? Die Externalisierung ökologischer Kosten (etwa für die Ablagerung von CO2-Emissionen in der Atmosphäre) ist eine zentrale Ursache für die Übernutzung der Ökosysteme. Man kann und muss über die effizientesten Instrumente streiten, aber eine Internalisierung über das Preissystem ist gerade in der Sozialen Marktwirtschaft das Mittel der Wahl.
  • Der ökologische Umbau der Industriegesellschaft erfordert langfristige, verbindliche Zielvorgaben ebenso wie ein hohes Maß an Flexibilität im Hinblick auf Wege und Instrumente. Wir benötigen einen verlässlichen Erwartungshorizont für Investoren und Verbraucher etwa im Hinblick auf eine stufenweise Absenkung von CO2-Emissionen. Zugleich braucht es angesichts des rapiden technischen, wirtschaftlichen und politischen Wandels die Offenheit für neue Entwicklungen und veränderte Rahmenbedingungen.
  • Eine beständige Hintergrundmusik vieler Beiträge ist die Frage nach der Rolle von Staat, Markt und Zivilgesellschaft. „So viel Staat wie nötig, so viel Wettbewerb und Unternehmertum wie möglich“ ist eine Formel, auf die sich vermutlich die meisten Autorinnen und Autoren verständigen könnten. Was dies allerdings konkret bedeutet, wenn es um die ökologische Modernisierung des Energiesektors, des Verkehrs oder der Landwirtschaft geht, muss jeweils konkret ausbuchstabiert werden.
  • Das gilt auch für das Mischungsverhältnis von marktwirtschaftlichen und ordnungsrechtlichen Instrumenten. In einer komplexen Wirtschaft und Gesellschaft sind Preise im Zweifel das bessere Steuerungsinstrument. Sie ersetzen aber nicht vollständig das Instrumentarium von Grenzwerten, Effizienzstandards, Geboten und Verboten sowie von staatlicher Forschungs- und Infrastruktur-politik.
  • Auch das Spannungsfeld zwischen lokalen, nationalen und internationalen Handlungsebenen zieht sich als Querschnittsthema durch das Buch. Was können und müssen wir vor Ort bewirken, wo können und müssen wir als Bundesrepublik Deutschland vorangehen, was soll und muss möglichst auf europäischer Ebene geregelt werden und wo braucht es multilaterale Abkommen und Regelwerke? Auf den großen internationalen Durchbruch zu warten ist ebenso verkehrt wie die Illusion, wir könnten die Energiewende oder den klimaneutralen Umbau der Industrie allein auf nationaler Ebene bewältigen.
  • Schließlich zeichnet sich eine hohe Übereinstimmung ab, dass wir die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung – wirtschaftliche Dynamik, soziale Sicherheit und ökologische Tragfähigkeit – nicht gegeneinander ausspielen dürfen. Klimaschutz muss auch ökonomisch erfolgreich und sozial ausgewogen sein, sonst rutschen wir in eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft und blockieren die notwendige Veränderungsbereitschaft.

Wir können nicht reklamieren, den Stein der Weisen gefunden und alle diese Fragen abschließend beantwortet zu haben. Das wäre vermessen. Aber wir sind zuversichtlich, dass dieser Band wichtige Impulse für die Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft in dem hier verstandenen Sinne geben kann. Trotz aller Fehlentwicklungen und Krisen sind wir doch überzeugt, dass es keine bessere Alternative zur Kombination aus vorausschauender staatlicher Ordnungspolitik, subsidiärer und kollektiver sozialer Sicherheit, Unternehmerinitiative, Innovationswettbewerb und der Eigenverantwortung von Konsumenten gibt, die in der Summe eine ökologische Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft ermöglichen.

Wir danken allen Autorinnen und Autoren für Ihre Beiträge und die konstruktive Zusammenarbeit. Martin Schebesta und Dennis Krüger von der Konrad-Adenauer-Stiftung gebührt großer Dank für ihre sehr hilfreiche fachliche und organisatorische Unterstützung bei der Realisierung dieses Sammelbands. Marianne Graumann von der Konrad-Adenauer-Stiftung und Marta Pasiek und ihrem Team von der Agentur Yellow Too danken wir für ihre kreative, engagierte und nicht zuletzt sehr geduldige grafische Gestaltung des Bandes. Verbleibende Mängel gehen zu Lasten der Herausgeber.

 

Berlin, im August 2019

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Bestellinformationen

Herausgeber

Ralf Fücks und Thomas Köhler

ISBN

978-3-95721-565-9

seitenzahl

323