Veranstaltungsberichte
Zur Begrüßung gab Ralf Altenhof, Leiter des Politischen Bildungsforums Bremen, einen Überblick über die Entstehung der Sozialen Marktwirtschaft unter Federführung Ludwig Erhards, des ersten Wirtschaftsministers und späteren zweiten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Gemeinsam mit Walter Eucken, Begründer der ordnungspolitischen Lehre von einem Wirtschaftssystem frei agierender Unternehmer, in dem der Staat lediglich für faire ökonomische Rahmenbedingungen sorgen soll, Alfred Müller-Armack, dem Entwickler der Idee einer den Wohlstand des Individuums fördernden Wirtschaft, und Franz Böhm, Berater Konrad Adenauers, gelten die Genannten als „Väter der Sozialen Marktwirtschaft“.
Holger Steltzner, der 2016 mit dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet wurde, umriss in seinem Vortrag die Herausforderungen, vor denen die Soziale Marktwirtschaft derzeit steht: „Digitalisierung, Euro-Krise und Migration“ führten zu einer Verunsicherung der Bevölkerung, die sozialen Sicherungssysteme und die Marktmacht großer Unternehmen zu einer „Aushöhlung der Freiheit.“ Dadurch verliere die „freiheitliche, sozial verpflichtende Wirtschaftsordnung“ an Rückhalt zugunsten der Forderung nach staatlicher Lenkung. Tatsächlich wachse der globale Wohlstand seit Jahren sowohl in den Industrie- als auch in den Entwicklungsländern – doch die Konfrontation mit internationalen Herausforderungen fördere den Wunsch nach einer Rückkehr zu staatlicher Absicherung. Umso wichtiger sei es, die „kreativen Kräfte“ der Wirtschaft wieder freizusetzen, statt sie durch Regulierung zu beschränken und mit staatlichen Eingriffen die Wirtschaft aus einem wohlstandsfördernden Gleichgewicht zu bringen. Statt „teurer Sozialpolitik“ müsse zum Kurs der „klugen Wirtschaftspolitik“ zurückgekehrt werden, um „mit Maß und Mitte“ allen die Möglichkeit zu bieten, eigenverantwortlich vom wirtschaftlichen Fortschritt zu profitieren.
Das anschließende Gespräch mit Kai Niklasch zeigte die oft gegensätzlichen Ansichten der Gesprächspartner. Niklasch stellte den von Steltzner erwähnten Aufschwung in Frage – zwar sänken die Arbeitslosenzahlen, doch die soziale Ungleichheit wachse beständig und schlösse Teile der Bevölkerung aus, die Freiheit der Wirtschaft bringe hier keine Verbesserung. Dies begründete Steltzner mit deren Lähmung durch Gesetzesvorgaben. Sie beschränkten das Wirtschaftswachstum, es brauche „mehr Eigenverantwortung“. Dies setze auch voraus, die steuerliche Umverteilung zurückzufahren, sodass eigene Leistung der zentrale Ansporn werde. Auf internationaler Ebene werde dieser Grundsatz ebenfalls missachtet: Die Einführung des Euros betrachtet Steltzner, anders als Niklasch, ebenso als Fehler und Einschränkung wirtschaftlichen Potenzials wie die Schuldenübernahme in der Eurokrise. Dies mache es umso wichtiger, die „Sorgen der Leute ernst zu nehmen“, um ihnen das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft zurückzugeben. Die Teilhabe am Wohlstandswachstum sei das überzeugendste Argument.
Zum Abschluss der Veranstaltung bedankte sich Ralf Altenhof bei den Referenten und dem Publikum für die kontroverse Diskussion über ein hochaktuelles Thema, das „wohl noch die nächsten Jahre und Jahrzehnte“ von Bedeutung bleibe. Beim anschließenden Empfang hatten die Gäste die Möglichkeit, sich untereinander und mit den Referenten weiter über das Thema auszutauschen.
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