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Veranstaltungsberichte

Antimikrobielle Resistenz (AMR) und Sepsis – zwei Seiten derselben Medaille

von Dr. Anja Maria Rittner

Frühstücksgespräch am Rande der 77. Weltgesundheitsversammlung (WHA)

Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit– jeder fünfte Todesfall geht auf Sepsis zurück - und antimikrobielle Resistenz (AMR) bedroht mit 1,3 Millionen Todesfällen (Daten aus 2019) die Wirksamkeit lebensrettender Behandlungen. Die Frühstücksdiskussion des Multilateralen Dialogs der Konrad-Adenauer-Stiftung in Genf zu antimikrobieller Resistenz (AMR) und Sepsis brachte am Rande der 77. Weltgesundheitsversammlung führende Experten zusammen, um über die globalen Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren.

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Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit– jeder fünfte Todesfall geht auf Sepsis zurück - und antimikrobielle Resistenz (AMR) bedroht mit 1,3 Millionen Todesfällen (Daten aus 2019) die Wirksamkeit lebensrettender Behandlungen. Die Frühstücksdiskussion des Multilateralen Dialogs der Konrad-Adenauer-Stiftung in Genf zu antimikrobieller Resistenz (AMR) und Sepsis brachte am Rande der 77. Weltgesundheitsversammlung führende Experten zusammen, um über die globalen Herausforderungen und Lösungsansätze zu diskutieren. Der stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Hermann Gröhe, begrüßte die Vortragenden und Gäste mit einem klaren Aufruf, für starke, umsetzbare Ergebnisse einzutreten und sicherzustellen, dass die gemeinsamen Bemühungen zu nachhaltigen Lösungen für AMR und Sepsis führen. Das hochrangige Treffen zu AMR auf der UN-Generalversammlung im September 2024 biete eine hervorragende Gelegenheit, auf die globale Bedrohung durch AMR und Sepsis aufmerksam zu machen. Die komplexen und oft multisektoralen Herausforderungen sollten ganzheitlich adressiert werden mit einer angemessenen Finanzierung für Forschung und Entwicklung, aber auch Diagnostik, einem verbesserten Zugang und einem verantwortungsvollen Umgang mit Therapeutika angegangen werden.  

Der Generalsekretär der thailändischen Food and Drug Administration, Dr. Narong Aphilkulvanich, hob die gemeinsamen Herausforderungen hervor, denen wir bei der Bekämpfung von AMR und Sepsis gegenüberstehen. Eine gute medizinische Versorgung ist entscheidend, um beides effektiv zu bekämpfen. Dafür sollte gezielt in das Gesundheitssystem investiert werden und dabei ein besonderer Fokus auf das Gesundheitspersonal und seine wichtige Rolle gerichtet werden. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit Antibiotika ist zentral, um Resistenzen zu vermeiden. Thailand unterstützt diesen ganzheitlichen Blick auf antimikrobielle Resistenzen und war die treibende Kraft bei der jüngst in der Weltgesundheitsversammlung verabschiedeten Resolution zu AMR. 

Die Vertreterin des maltesischen Gesundheitsministeriums, Dr. Maya Podesta, unterstrich die wachsende Bedeutung von AMR und die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit. Dr. Podesta betonte die Bedeutung eines multisektoralen Ansatzes, um sichtbare Effekte zu erzielen. Maltas Nationaler Aktionsplan war genau in diesem Bereich auf Herausforderungen gestoßen. Malta ist zusammen mit Barbados Co-Vorsitzender des hochrangigen Treffes der UN-Generalversammlung im September. Am 20. Mai 2024 war der Zero-Draft der zu verabschiedende Erklärung für dieses Treffen verschickt worden. Er umfasst sechs Bereiche: die Steuerung, die Finanzierung auf nationaler und internationaler Ebene, den gerechten Zugang zu Diagnostika und Medikamenten, eine koordinierte, sektorübergreifende Reaktion, Forschung und Entwicklung, Innovation und Produktion sowie Überwachung und Monitoring. Der Zero-Draft schlägt vor, in fünf Jahren die nächste hochrangige Sitzung zu AMR einzuberufen.  

Der Referatsleiter für Kontroll- und Reaktionsstrategien in der Abteilung für antimikrobielle Resistenz der WHO, Dr. Benedikt Huttner, betonte die Schlüsselrolle der Prävention in der Bekämpfung von AMR und Sepsis. Der Zugang zu spezifischen Diagnostika und Behandlungen müsse verbessert werden, und umfassende Stewardship-Aktivitäten seien erforderlich. Allerdings sind die meisten Studien zur Sepsis in einkommensstarken Ländern durchgeführt worden, um die besten Praktiken zu ermitteln und zu verbreiten. Sowohl der unangemessene Einsatz von Antibiotika als auch der fehlende Zugang zu wichtigen Reserveantibiotika sind weit verbreitet. Wichtig seien aus seiner Sicht daher vier Lösungsansätze: eine verbesserte Infektionsprävention und -kontrolle, ein verbesserter Zugang zu qualitätsgesicherten wichtigen Antibiotika und besseren diagnostischen Tests, Programme für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Therapeutika (Stewardship) sowie das Schließen der wichtigsten Lücken in der Evidenz durch vermehrte Forschung. So könnten jährlich Hunderttausende von AMR-assoziierten Todesfällen verhindert werden. 

Ein Beitrag zum Schließen dieser Forschungslücke ist eine Studie zur neonatalen Sepsis in Subsahara-Afrika (NESSA), die Dr. Flavia Rosa Mangeret und Dr. Noemi Wagner vom Genfer Universitätsklinikum (HUG) vorstellten. Sepsis ist besonders häufig in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (LMIC) Todesursache bei Neugeborenen. Im Fokus der NESSA-Studie stand, wie Klinikärzte in Subsahara-Afrika Sepsis und Infektionen bei Neugeborenen behandeln. Besonders kritisch sei dort, dass viele Labore nicht in der Lage sind, Blutkulturen und Entzündungsmarker zu messen, und die richtigen Medikamente oft fehlen. Programme gegen den übermäßigen Antibiotikaeinsatz sind selten, und es gibt nur wenige große Studien. Die Exposition gegenüber Antibiotika ist hoch, und gleichzeitig fehlen den Ärzten spezifische Informationen aus den Labors. Eine vertiefende Untersuchung in Burkina Faso zeigte die große Bedeutung diagnostischer Werkzeuge und der Verfügbarkeit der richtigen Antibiotika, denn gleichzeitig mit diesem Mangel konnten Blutkulturen eine hohe Verbreitung resistenter Erreger zeigen. Die Herausforderungen betreffen eine fehlende Definition für neonatale Sepsis, aber auch hinsichtlich des begrenzten Zugangs zu Diagnostika und Präventionsmaßnahmen gilt es anzugehen. 

Der stellvertretende Exekutivdirektor von GARDP, Dr. Peter Beyer, unterstrich diese Erkenntnisse mit einer großen Beobachtungsstudie in Südafrika mit 3.000 Babys, die an neonataler Sepsis litten. Die Ergebnisse zeigten eine breite Palette von Bakterien, die oft resistent gegen Erstlinienbehandlungen sind. Es wurden über 200 verschiedene Behandlungsansätze getestet. Die Pharmaindustrie investiert aufgrund des hohen Risikos wenig in diesen Bereich, weshalb GARDP daran arbeitet, bestehende Antibiotika zu kombinieren und regional angepasste Behandlungen zu entwickeln. Er schloss sich seinen Vorrednern hinsichtlich der Bedeutung von Infektionsprävention und Kontrollmaßnahmen sowie der Laborkapazitäten an. 

Die Diskussionen der Teilnehmer betonten die Notwendigkeit, stets die richtigen Werkzeuge zur Verfügung zu haben und diese ordnungsgemäß zu nutzen. Die akute Problematik der AMR müsse jetzt angegangen werden, da sie bisher nicht priorisiert wurde. UN-Studien zeigen, dass zwar die Kindersterblichkeit insgesamt gesenkt werden konnte, die neonatale Sterblichkeit jedoch weiterhin hoch ist und auch eine Verbindung zur Müttersterblichkeit hat. Es wurde hervorgehoben, dass 80 Prozent der Infektionen aus der Community stammen und Gesundheitsbildung nicht nur für das Fachpersonal, sondern auch für die breite Öffentlichkeit wichtig sei. Selbstmedikation, insbesondere in der Landwirtschaft, wurde als großes Problem identifiziert, das koordinierte Anstrengungen erfordert. Daher wurde geschlossen, dass ein multisektoraler Ansatz notwendig ist, um die Herausforderungen von AMR und Sepsis effektiv zu bewältigen. Dabei spielen internationale Zusammenarbeit und gezielte Ressourcenzuweisung eine zentrale Rolle. 

Zu den Diskutanten gehörten unter anderem Deepali Patel vom AMR Action Fund und Professor Dr. Konrad Reinhart von der Global Sepsis Alliance. Sie betonten die Bedeutung eines umfassenden Ansatzes und die Notwendigkeit, verschiedene Ministerien und Sektoren zusammenzubringen, um eine koordinierte Antwort auf AMR und Sepsis zu gewährleisten. 

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