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"Wie die Demokratie (in Bremen) geschützt werden sollte"

Am 14.09. lud die KAS zu einer Abendveranstaltung mit der Thematik "Wie die Demokratie (in Bremen) geschützt werden sollte" unter der Leitung von Dr. Ralf Altenhof ein.

Dr. Rudolf van Hüllen ist Politikwissenschaftler, Dozent und Extremismusforscher. Er war Referatsleiter der Abteilung Linksextremismus beim Bundesamt für Verfassungsschutz und wurde 2014 Mitglied der Enquete-Kommission zur Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) des baden-württembergischen Landtages.

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Am 14.09. lud die KAS Bremen zu einer Abendveranstaltung mit dem Thema Demokratieschutz in Deutschland allgemein und mit besonderem Fokus auf Bremen ein.
 

Zentraler Teil der von Ralf Altenhof moderierten Veranstaltung war ein Impulsvortrag des Extremismusforschers und ehemaligen Referatsleiter Linksextremismus/Linksterrorismus beim Verfassungsschutz Rudolf Van Hüllen.

Ralf Altenhof erläuterte zu Beginn den Zweck des Bundesamtes für Verfassungsschutz und dessen Besonderheiten im internationalen Vergleich. Ziel der Behörde sei es, gegen verfassungsfeindliche Strömungen vorzugehen, egal aus welcher politischen Richtung. Zentral sei dabei der seit den 1970er verwendete Begriff des Extremismus, welcher eine geplante Überwindung des politischen Systems und des Grundgesetzes vorsieht. Bei der Bundesrepublik handelt es sich nämlich eine wertgebundene Demokratie, in welcher die Werte der Verfassung durch einen Inlandsgeheimdienst vor Angriffen geschützt werden.

Van Hüllen startete seinen Impulsvortrag damit, zu erklären, warum er den Verfassungsschutz verlassen habe und diesen heute in Teilen kritisiere. Als wichtigsten Kritikpunkt nannte der Experte die Aufblähung und Bürokratisierung der Behörde, welche er unter dem Motto "Zu viele Juristen, zu wenig Verstand" zusammenfasste. Als nächstes bezog sich van Hüllen auf gängige Kritik am Verfassungsschutz und dessen potenzieller politischer Instrumentalisierung, sah jedoch die Schlussfolgerung einer gänzlichen Abschaffung der Behörde als nicht sinnvoll an. Für ein generelles Verständnis der Aufgaben und der rechtlichen Grenzen des Verfassungsschutzes erläuterte van Hüllen dessen Geschichte, welche mit der Idee der "wehrhaften Demokratie" von Karl Löwenstein begann. Diese entstand als Reaktion auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten auf legalem Wege. Extremistische Kräfte, die den sogenannten legalistischen Weg verfolgen, beteiligen sich am demokratischen System. Sie versuchen, von innen heraus an der Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu arbeiten. Laut Löwenstein dürfe man keine Toleranz gegenüber intoleranten extremistischen Kräften haben, doch auch er sah bereits die darin liegende Gefahr eines allmächtigen Geheimdienstes, welchem jedes Mittel zum Schutz der Demokratie zustünde. In Deutschland übernimmt der Verfassungsschutz aus diesem Grund keine polizeilichen Kompetenzen.

Um die Herausforderungen für das Bundesamt zu visualisieren, zeigte van Hüllen die "fünf Bewährungsproben" für den Verfassungsschutz auf. Angefangen mit den Verboten der rechtsextremen Sozialistischen Reichspartei 1952 und der DDR-finanzierten KPD 1956, welche eine breite Mehrheit der Bevölkerung hinter sich hatten, stand der Verfassungsschutz in den Folgejahren ambivalenteren Bewegungen gegenüber. 1980 stand man vor der Entscheidung die Grünen zu beobachten, gab jedoch der Demokratie eine Chance, sich zu entfalten, das Gleiche nach der Wende bei der LINKE, trotz der SED-belasteten Vergangenheit vieler Parteigenossen. Die aktuelle Herausforderung stellt die Alternative für Deutschland (AfD), welche seit 2021 bundesweit als Verdachtsfall geführt wird, dar. Das vorläufige Gutachten für diese sei handfest, so van Hüllen, allerdings kritisierte er die Kommunikation der Behörde nach außen im Zusammenhang mit der Partei scharf. Beim Umgang mit derartigen Herausforderungen warf van Hüllen die Fragen auf, wie groß eine Partei werden müsse, bis man diese nicht mehr verbieten könne, ohne die Demokratie maßgeblich zu schädigen und, wie viel Resilienz eine Behörde wie der Verfassungsschutz gegenüber neuen Parteien und brauche.

Der nächste Punkt, den der Verfassungsschutzexperte ansprach, waren die Verfehlungen seines früheren Arbeitgebers. Die Gründe, so van Hüllen, seien vielseitig. Neue Befugnisse, Gesetze und Vorschriften führten im Endeffekt zu mehr Komplikationen innerhalb der Bundes- und Landesämter. Die Aufblähung der Behörde durch immer mehr Personal verschärfe diese Tendenz nur weiter. Hinsichtlich des Personals beim Verfassungsschutz schnitt er die Causa Maaßen und dessen Werdegang an und ging im Anschluss daran ebenfalls kritisch auf dessen Nachfolger Thomas Haldenwang ein. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Priorisierung einzelner Extremismusformen über anderer nach politischen Vorgaben. Der Verfassungsschutz ist weisungsgebunden und somit lässt sich stetig ein gewissen Einfluss aus den Innenministerien von Bund und Ländern nachzeichnen. Dies veranschaulichte van Hüllen mit dem Vergleich der Verfassungsschutzberichte Gesamtdeutschlands und Bremens und der regional unterschiedlichen Verteilung des Rechts- und Linksextremismus als auch des Islamismus, sowie deren Darstellung in den jährlichen Verfassungsschutzberichten.

Nach dem Vortrag von Rudolf van Hüllen leitete Altenhof eine gemeinsame Podiumsdiskussion mit anschließender Publikumsbeteiligung ein. Zentrale Themen stellten dabei das Konzept der wehrhaften Demokratie, die Vorverlagerung des Demokratieschutzes und das sogenannte Hufeisenmodell zum Vergleich von Rechts- und Linksextremismus dar. Das Verhältnis zwischen Freiheit und Demokratie sowie die Kooperation der Landesbehörden und deren Versagen im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie waren Aspekte, die die Zuhörerschaft besonders interessierten. Abschließend ergriff Altenhof erneut das Wort und hielt fest, dass das deutsche Grundgesetzt in seinem Kern antiextremistisch und nicht gegen eine spezielle Form des Extremismus ausgerichtet sei. Der beste Demokratieschutz seien jedoch nach wie vor der aufgeklärte Bürger und eine starke Zivilgesellschaft.

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Kontakt

Dr. Ralf Altenhof

Dr. Ralf Altenhof

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Bremen

ralf.altenhof@kas.de +49 421 163009-0 +49 421 163009-9

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