Einzeltitel
Repressive Staaten
In vielen Ländern weltweit wird die akademische Freiheit verletzt. Wissenschaftliches Know-how
wird nicht wertgeschätzt und aus Machtinteresse als Fake-News diskreditiert. Wissenschaftler werden
aus politischen und ideologischen Gründen in ihrer Forschung behindert. Sie werden verfolgt,
bedroht, inhaftiert oder sogar getötet.
Die nachfolgende Graphik wirft ein Schlaglicht auf die Gefährdungen der akademischen Freiheit.
Dargestellt sind die fünf Länder mit den meisten, von der Organisation „Scholars of Risk“ erfassten,
Verstößen. Nicht aufgeführt sind demokratieferne Staaten, die sich nach außen abschotten,
wie Nordkorea oder konservativ-muslimische Länder. Dort ist die Wissenschaftsfreiheit noch stärker
gefährdet. Es fehlen jedoch belastbare Daten.
Westliche Länder
Nicht nur in unfreien Gesellschaften wird der Freiraum für Wissenschaft eingeschränkt. Dies geschieht
auch in westlich orientierten Ländern, allerdings deutlich weniger eklatant. Oft ist es unterschwellig
und subtil. So werden z. B. in Ungarn und Polen unzulässige politische Einflussnahmen beklagt.
Am 22. April 2017 fand der erste weltweite „March for Science“ mit der Hauptveranstaltung in
Washington D.C. statt. In mehr als 600 Städten gingen zehntausende Menschen unter dem Motto
„Science, not Silence“ auf die Straße. Sie haben auf die zunehmende Einschränkung der Wissenschaft
in vielen Ländern, auch in den USA, hingewiesen.
Deutschland
Auch in Deutschland gilt es, sich des Wertes der Wissenschaftsfreiheit immer wieder zu vergewissern.
Das Wissenschaftsnetzwerk der Konrad-Adenauer-Stiftung hat ein Thesenpapier „Wissenschaftsfreiheit.
Argumente für mehr Rücksicht auf ein gefährdetes Grundrecht“ vorgelegt. Hier eine Zusammenfassung
der wichtigsten Thesen:
In Deutschland hat Wissenschaftsfreiheit Verfassungsrang. Sie ist in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes
verankert. Als unbedingtes Verfassungsrecht darf sie nur dann eingeschränkt werden, wenn andere
Verfassungsgüter gefährdet sind. Einklagbare Verstöße sind in Deutschland selten.
Gesellschaftliche und politische Zielvorgaben sind zulässig und notwendig. Aber zu enge und detaillierte
Steuerung beschneidet notwendige Freiräume. Auch muss dafür Sorge getragen werden, dass gesellschaftliche
Vorbehalte, die sachlich unbegründet sind, nicht zum Hindernis für Wissenschaft werden.
Gesellschaft und Politik müssen für eine ausreichende und verlässliche Finanzierung sorgen. Fehlt
sie, wird Wissenschaftsfreiheit zu einer Leerformel.
Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen benötigen starke Leitungsstrukturen, um notwendige
Reformen durchzusetzen. Es muss eine Balance gefunden werden, die die Freiheit von Hochschullehrern
und Wissenschaftlern nicht unzulässig einschränkt.
Gesetzliche und strukturelle Vorgaben müssen so gestaltet sein, dass sie die Freiräume für Wissenschaft
schützen.
Die Wissenschaftsfreiheit gilt gleichermaßen für die Zusammenarbeit von öffentlich geförderten
Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen: Kooperationen sind sinnvoll und tragen zur Innovativität
bei. Unternehmensinteressen dürfen wissenschaftlichen Standards nicht zuwiderlaufen.
Trotz der wirtschaftlichen Bedeutung anwendungsorientierter Forschung braucht auch Grundlagenforschung
einen angemessenen Raum. Sie ist Voraussetzung für die innovative Leistungsfähigkeit
in langfristiger Perspektive.