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Buenos Aires-Briefing

Buenos Aires-Briefing Februar 2022

von Inga von der Stein, Olaf Jacob, Inga von der Stein
Reaktion Argentiniens auf die Invasion Russlands in die Ukraine | Kremlbesuch Anfang Februar von Alberto Fernández | Beitritt Argentiniens zur Neuen Seidenstraße | Brände zerstören Naturschutzgebiet in Corrientes

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Buenos Aires-Briefing Februar 2022

gesprochen von Inga von der Stein

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Reaktion Argentiniens auf die Invasion Russlands in die Ukraine

Die Invasion Russlands in der Ukraine schlug auch in Argentinien hohe Wellen. Die desaströsen Nachrichten aus Europa dominieren seit der letzten Februarwoche die Berichterstattung in den Medien. Die Positionierung auf die Invasion der Regierung und der Opposition offenbarten unterschiedliche Verständnisse der internationalen Beziehungen. Auch innerhalb der Regierungsallianz Frente de Todos zeigten sich Unterschiede.

Die Reaktion der argentinischen Regierung war zunächst zurückhaltend. Am Tag der Invasion am 24. Februar 2022 verlas lediglich eine Sprecherin eine Stellungnahme des Außenministeriums. Die argentinische Regierung lehne die „Anwendung von Waffengewalt entschieden ab“ und fordere Russland dazu auf, „die militärischen Aktionen in der Ukraine einzustellen". Von der Verhängung von Sanktionen gegenüber Russland sieht die argentinische Regierung ab. Die Regierungssprecherin äußerte Sorgen um steigende Gas- und Ölpreise. Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Sergio Massa hingegen, welcher der Regierungsallianz Frente de Todos angehört, verurteilte Russlands Handlung noch am 24. Februar als „Invasion“ und nannte sie „eine der schwerwiegendsten Ereignisse der letzten Jahrzehnte“. Diese „gefährde das gesamte ukrainische Volk, Europa und destabilisiere den Rest der Welt“. Der linke Flügel der Frente de Todos um Vize-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner verzichtete auf die Nutzung des Begriffs „Invasion“. Die Vize-Präsidentin selbst verurteilte die Invasion Russlands nicht, sondern verwirrte mit Aussagen über eine "Doppelmoral“ der Großmächte im internationalen Recht. Als erster Regierungsvertreter benutzte der Außenminister Argentiniens, Santiago Cafiero, erst vier Tage nach Konfliktbeginn bei einer Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat öffentlich die Begriffe „Verurteilung“ und „Invasion“. In der UN-Generalversammlung stimmte Argentinien letztendlich mit der überwältigenden Mehrheit von 141 von 193 UN-Mitgliedsstaaten für die Resolution, welche den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilte.

Die Oppositionsallianz Juntos por el Cambio dagegen reagierte geschlossen, schnell und scharf. Am 24. Februar veröffentlichte das Parteienbündnis eine Stellungnahme, in welcher sie die „Invasion der russischen Förderation […] scharf verurteilt“. Die Vorsitzende der KAS-Partnerpartei Propuesta Republicana, Patricia Bullrich, kritisierte die Entscheidung der Regierung, sich nicht der deutlich schärferen Erklärung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAE) anzuschließen. In dieser wurde der russische Präsident Wladimir Putin für die "illegale, ungerechtfertigte und nicht provozierte" Invasion der Ukraine verurteilt.

Am Abend des 24. Februars organisierten führende Vertreter der Oppositionsallianz Juntos por el Cambio eine Demonstration zur ukrainischen Botschaft. Der Obelisk von Buenos Aires leuchtete in den Farben der ukrainischen Flagge.

 

„Argentinien als Tor Russlands nach Lateinamerika”: Alberto Fernández in Moskau

Genau drei Wochen vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine traf Alberto Fernández am 3. Februar den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau. Dieses Treffen fand im Rahmen seiner Reise zu der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking statt. Der Besuch folgte kurz nach der Vorstellung der –für Argentinien– durchaus vorteilhaften Einigung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) (wir berichteten).  In den USA löste der Besuch von Fernández in Russland und China daher bereits im Vorfeld Sorge aus.

In einem Gespräch mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin bedankte sich Alberto Fernández für die Lieferungen des Sputnik V-Impfstoffes. Die „strategische Allianz“ zwischen Argentinien und Russland, welche 2015 unter der damaligen argentinischen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner vereinbart worden war, solle weiter gefestigt werden. Darüber hinaus pries der argentinische Präsident sein Land als Russlands "Tor nach Lateinamerika“ an. Er stütze sich dabei auf den Vorsitz Argentiniens in 2022 in der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC). Außerdem sagte Fernández, dass Argentinien sich von „seiner Abhängigkeit vom IWF lösen müsse, der unter dem Einfluss der Vereinigten Staaten stehe“. Dies ist als Affront gegenüber den USA zu werten. Putin nannte Argentinien als „einer der wichtigsten Partner Russlands in Lateinamerika" und hob „enge oder übereinstimmende Positionen" in der regionalen und internationalen Politik hervor.

 

Beitritt Argentiniens zur Neuen Seidenstraße

Die Reise nach Russland war ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Peking. Offizieller Anlass der Reise waren außer der Eröffnung der Olympischen Spiele auch der 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und Argentinien. Im Gegensatz zu vielen westlichen Staaten wie den USA, Kanada und Großbritannien entsandte Argentinien hohe Regierungsvertreter zu den Olympischen Spielen. Neben Alberto Fernández besuchte jedoch nur ein weiteres Staatsoberhaupt aus Lateinamerika, Ecuadors Präsident Guillermo Lasso, die Eröffnung der Olympischen Spiele. Alberto Fernández wurde von einer Delegation begleitet, welcher außerdem Außenminister Santiago Cafiero sowie der Gouverneur der Provinz Buenos Aires Axel Kicillof angehörten.

Höhepunkt der Reise nach China war die Unterzeichnung des Beitritts Argentiniens zur „Neuen Seidenstraße“ durch Alberto Fernández und Xi Jinping. Argentinien ist das erste der drei größten lateinamerikanischen Länder, welches sich der Initiative anschließt. Weder Brasilien, noch Mexiko sind bisher beigetreten. Im Zuge des Beitritts Argentiniens zur Neuen Seidenstraße verpflichtet sich China Finanzmittel in Höhe von mehr als 23 Milliarden US-Dollar in verschiedene argentinische Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Energie und Verkehr zu investieren. Im Vorfeld der Reise hatte Argentinien bereits einen Vertrag mit China über den Bau des Kernkraftwerks „Atucha III“ nahe Buenos Aires mit einem Investitionsvolumen von acht Milliarden US-Dollar unterzeichnet. Darüber hinaus vereinbarte Fernández die Ausweitung der Devisentauschgeschäfte zwischen den beiden Zentralbanken zur Erhöhung der argentinischen Währungsreserven.

Für Argentinien präsentiert China eine alternative Finanzquelle zum Internationalen Währungsfonds. Alberto Fernández bat zudem um die Aufnahme Argentiniens in die BRICS, einer Gruppe von Schwellenländern, die sich aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammensetzt.

Neben wirtschaftlicher Kooperation drängte Xi Jinping auf die Stärkung des Austauschs zwischen der kommunistischen Partei Chinas und den Parteien Argentiniens. Alberto Fernández drückte seine Identifizierung für die kommunistische Partei Chinas aus „und alles, was diese für China erreicht hat“. Darüber hinaus sagte er, die kommunistische Partei China und er „teilten die gleiche Philosophie des Regierens“. Eine Wertung, welche für Demokraten problematisch sein sollte.

 

Brände in der Provinz Corrientes

Brände verwüsten fast 10 Prozent der nordöstlichen Provinz Corrientes. Betroffen war das Naturschutzgebiet Esteros del Iberá, das größte Feuchtgebiet Argentiniens und das zweitgrößte  Südamerikas. Die spärlichen Niederschläge sowie vor Ort eingesetzten Feuerwehrleute reichen nicht aus, um die zahlreichen aktiven Brände zu stoppen. Die Brände wurden zur Umweltkatastrophe erklärt.

 

Ausblick für März

› National: Im Kongress soll über die Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds abgestimmt werden. Es geht um die Rückzahlung des Rekordkredits von 44 Milliarden US-Dollar. Eine Vereinbarung war Ende Januar 2022 gefunden worden.

› Trivia: In den Medien ging die Aktion einer Eisdiele aus Córdoba viral, die aus Protest gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine den Verkauf der beliebten Eissorte Crema Rusa aussetzte. Die Crema Rusa ist eine Eissorte mit Pekannuss-Geschmack und karamellisierten Walnüssen. Ob diese ihren Ursprung tatsächlich in Russland hat, ist allerdings umstritten.

 

© Fotos: Casa Rosada, skhakirov

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Olaf Jacob

Olaf Jacob

Leiter des Auslandsbüros Chile

olaf.jacob@kas.de
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Inga von der Stein

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Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.

Susanne Käss

Susanne Käss bild

Leiterin des Auslandsbüros Argentinien / Leiterin des Auslandsbüros Brasilien (kommissarisch)

susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552