Reformversuche von Javier Milei
Seit dem 10. Dezember ist Javier Milei Präsident Argentiniens und versucht seitdem, seinen harten Reformkurs durchzusetzen. Bereits Ende Dezember verabschiedete Milei ein Mega-Dekret, mit dem er weitreichende wirtschaftliche Maßnahmen umsetzen wollte. Das Dekret enthielt unter anderem Maßnahmen zur Deregulierung des Arbeitsmarktes, zur Privatisierung staatlicher Unternehmen und zur Reduzierung der Staatsausgaben. Milei argumentierte, dass diese Maßnahmen notwendig seien, um die Wirtschaft anzukurbeln und Investitionen anzuziehen. Dies stieß auf Widerstand. Neben Protesten von Gewerkschaften und anderen Sozialverbänden, schaltete sich auch die Justiz ein und erklärte einige Passagen des Präsidentialdekrets für verfassungswidrig. Das Dekret ist nach Ablehnung durch den Senat jedoch immer noch in Kraft, da es nur im Falle der Ablehnung durch beide Kammern ungültig geworden wäre.
Darüber hinaus brachte der argentinische Präsident ein umfassendes Gesetzespaket auf den Weg, das aufgrund seines Umfangs auch als Omnibusgesetz bezeichnet wird. Ursprünglich umfasste das Gesetzespaket 664 Artikel. Da Mileis Partei La Libertad Avanza jedoch in beiden Kammern des Nationalkongresses über keine eigene Mehrheit verfügt, kam es im Vorfeld zu Verhandlungen zwischen der Regierung und Teilen der Opposition. Vor allem die rechtskonservative Partei Propuesta Republicana spielte dabei eine wichtige Rolle. Letztendlich wurde eine überarbeitete und deutlich verkürzte Version an den Kongress zur Abstimmung weitergeleitet. Der Gesetzesvorschlag scheiterte jedoch, da auch einige Abgeordnete der Propuesta Republicana dagegen stimmten. In einem zweiten Anlauf hat das argentinische Abgeordnetenhaus am 30. April einem weiteren Entwurf des Omnibusgesetzes zugestimmt. Neben den Abgeordneten von La Libertad Avanza stimmten auch die Mandatsträger der Propuesta Republicana, der Hacemos Coalición Federal, sowie weite Teile der Unión Civica Radical zugunsten des Entwurfs. Von den ursprünglich 664 Artikeln sind nur 232 übrig geblieben. Das Gesetz sieht nun vor, die argentinische Wirtschaft durch Steuersenkungen, flexible Arbeitsregelungen und Bürokratieabbau zu deregulieren, um das Wirtschaftswachstum zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Außerdem soll es den Handel erleichtern und ausländische Investitionen anziehen. Darüber hinaus gewährt es dem Präsidenten legislative Befugnisse über administrative, wirtschaftliche, finanzielle und energiebezogene Angelegenheiten für ein Jahr.
Das Gesetz muss jedoch noch vom Senat bestätigt werden, bevor es in Kraft treten kann. Die Schwierigkeit, Mehrheiten im Kongress zu organisieren, verdeutlicht die parlamentarische Schwäche von Javier Milei. Ohne eine Mehrheit der eigenen Partei ist er auf die Zusammenarbeit mit anderen politischen Kräften angewiesen, um nachhaltige Reformen voranzutreiben. und den Provinzen ergeben.
Konflikt zwischen den Provinzen und dem Nationalstaat
Nachdem die Nationalregierung eine Reihe von Transferzahlungen an die argentinischen Provinzen gestrichen hatte, kam es im Februar zu einem Konflikt zwischen der Regierung in Buenos Aires und den Gouverneuren der Provinzen. Ignacio Torres, Gouverneur der Provinz Chubut, forderte die Nationalregierung auf, die gestrichenen Gelder auszuzahlen, da den Provinzen dadurch ein Teil ihrer finanziellen Mittel fehle und sie Schwierigkeiten hätten, wichtige Programme und Dienstleistungen zu finanzieren. Unterstützt wurde Torres dabei parteiübergreifend von allen Gouverneuren, mit Ausnahme von Osvaldo Jaldo, dem Gouverneur der Provinz Tucumán. Die Nationalregierung entgegnete, die Kürzungen seien notwendig, um das Haushaltsdefizit zu beseitigen und die finanzielle Stabilität des Landes zu gewährleisten. Nachdem zwischenzeitlich ein Gericht den Provinzen Recht gegeben und die Nationalregierung zur Auszahlung der Gelder aufgefordert hatte, rief diese in Buenos Aires den Obersten Gerichtshof an, um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Der Konflikt zwischen der Nationalregierung und den Provinzregierungen verdeutlicht die Spannungen und Herausforderungen, mit denen Argentinien in Bezug auf seine föderale Struktur und die Verteilung von Finanzmitteln konfrontiert ist. Es bleibt abzuwarten, wie der Oberste Gerichtshof entscheiden wird und welche Auswirkungen sich für die Beziehungen zwischen der Nationalregierung und den Provinzen ergeben.
Entlassungen im öffentlichen Dienst und Schließungen von Ministerien
Zudem hat die Regierung von Javier Milei angekündigt, eine Reihe von Ministerien und Behörden zu schließen sowie die Anzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu reduzieren. Diese Maßnahme ist Teil von Mileis Reformprogramm, das darauf abzielt, den öffentlichen Sektor zu reformieren und die Staatsausgaben zu senken. Seit Dezember wurden bereits über 13.000 Angestellte des öffentlichen Dienstes entlassen und die Zahl der Ministerien wurde halbiert.
Protest gegen die Budgetbeschränkungen der öffentlichen Universitäten
Eine breite Allianz aus Studenten, Dozenten, Professoren sowie Vertretern von Parteien und Gewerkschaften protestierte am 23. April gemeinsam gegen die Budgetbeschränkungen der öffentlichen Universitäten. Einige Universitäten sahen sich daher zu drastischen Sparmaßnahmen gezwungen, so dass in einigen Einrichtungen Studenten teilweise ohne Strom auskommen mussten. Die Demonstranten forderten die Regierung auf, den Universitäten zusätzliche Mittel zu bewilligen, um den Bildungsbetrieb weiter aufrechtzuerhalten. Obwohl die Regierung eine Erhöhung des Budgets für Betriebskosten um 70 Prozent angekündigt hatte, konnten diese Maßnahmen die Demonstranten nicht besänftigen.
Denguefieber-Epidemie
Auch eine Denguefieber-Epidemie machte dem Land zu schaffen. Aufgrund der durch Klimawandel steigenden Temperaturen und die dadurch verkürzten Kälteperiodenden nimmt die Zahl der Denguefieber-Infektionen kontinuierlich zu. Die Regierung unter Javier Milei verweigerte den Provinzen finanzielle Unterstützung. Die Folge war die schlimmste Dengue-Epidemie in der Geschichte Argentiniens mit weit über 100.000 Erkrankten und über 100 Toten.
Ausblick für Mai und Juni 2024:
› National: Javier Milei hat Gouverneure, Ex-Präsidenten und führenden Politiker aller politischen Parteien für den 25. Mai nach Córdoba eingeladen, um dort den sogenannten Pacto de Mayo zu unterzeichnen. Dabei handelt es sich um ein Abkommen, in dem neue Richtlinien und Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Argentiniens festgelegt werden sollen. Es bleibt jedoch abzuwarten, inwiefern das Treffen von Erfolg gekrönt sein wird, da führende Politiker des peronistischen Lagers, wie beispielsweise der Gouverneur der Provinz Buenos Aires Axel Kicillof, sich bereits pessimistisch äußerten und ein Fernbleiben andeuteten.
› International: Javier Milei wird am 18. und 19. Mai nach Spanien reisen, um an einer Veranstaltung der rechtspopulistischen Partei VOX teilzunehmen. Außerdem wurde Milei von der italienischen Ministerpräsidentin Georgia Meloni eingeladen, vom 13. bis 15. Juni am G7-Gipfel im italienischen Borgo Egnazia teilzunehmen.
› Trivia: Während Argentinien mit einer anhaltenden Wirtschaftskrise und zunehmenden sozialen Problemen zu kämpfen hat, haben die argentinischen Senatoren einer Verdopplung ihres Gehalts zugestimmt. Das Senatorengehalt wird somit von 1.700.000 Pesos auf 4.100.000 Pesos angehoben, was etwa 4.490 USD entspricht. Diese Nachricht stieß in Argentinien auf viel Unmut und Unverständnis, insbesondere wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsgehalt eines Angestellten im Privatsektor nur bei 677 USD pro Monat liegt.
© Foto: Delfina Linares
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Über diese Reihe
Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.
Susanne Käss
Leiterin des Auslandsbüros Argentinien / Leiterin des Auslandsbüros Brasilien (kommissarisch)