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Buenos Aires-Briefing

Buenos Aires-Briefing Juni 2022

von Inga von der Stein
Wechsel im Kabinett: Daniel Scioli wird Minister für produktive Entwicklung | Alberto Fernández bei Amerika-Gipfel und Treffen der G7 | Forderung nach Mitgliedschaft Argentiniens bei den BRICS | Rätsel um iranisch-venezolanisches Flugzeug in Buenos Aires

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Buenos Aires-Briefing Juni 2022

gesprochen von Inga von der Stein

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Erneuter Wechsel im Regierungskabinett

Anfang Juni bat Argentiniens Präsident Alberto Fernández den Minister für produktive Entwicklung, Matías Kulfas, von seinem Amt zurückzutreten. Die Entlassung kam, nachdem mehrere Journalisten ein „inoffizielles“ Dokument des Ministeriums erhalten hatten. In diesem wurden Beamte des linksgerichteten Kirchnerismus beschuldigt, eine staatliche Ausschreibung manipuliert zu haben. Der Vorwurf sorgte sofort für neue Spannungen innerhalb der Regierungskoalition. Alberto Fernández blieb keine andere Wahl, als Kulfas zum Rücktritt aufzufordern. Für Ersatz war schnell gesorgt: Zum neuen Minister für produktive Entwicklung wurde der bisherige argentinische Botschafter in Brasilien, Daniel Scioli, ernannt. Dieser ist kein Unbekannter: Der Peronist Scioli ist ehemaliger Vizepräsident (2003-2007), ehemaliger Gouverneur der Provinz Buenos Aires (2011-2015) sowie ehemaliger Präsidentschaftskandidat gegen Mauricio Macri (2015). Mit dem neuen Posten kehrt er nun in die vorderste Reihe der Politik zurück. Scioli pflegt gute Beziehungen sowohl zu Vize-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner, als auch zu Präsident Alberto Fernández. Dies dürfte Einstellungsvoraussetzung gewesen sein. Aus dem ursprünglichen Kabinett, welches Alberto Fernández bei seinem Amtsantritt 2019 vorstellte, sind von den 21 Posten nur noch acht von den ursprünglichen Mandatsträgern besetzt. Die Wechsel manifestieren den Einfluss von Vize-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner in der Regierung.

 

Alberto Fernández kritisiert USA bei Amerika-Gipfel

Im Juni tanzte Argentiniens Präsident Alberto Fernández außenpolitisch auf vielen Hochzeiten. In Zeiten des geopolitischen Wandels, ist Argentinien derzeit ein umgarnter Gast durch den Vorsitz der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC), als auch aufgrund des unausgeschöpften Potenzials als Energie- und Nahrungsmittellieferant.

Auf dem Amerika-Gipfel, an dem der argentinische Präsident nach Zögern teilnahm (wir berichteten), kritisierte Alberto Fernández die Entscheidung der USA, den nicht-demokratischen Staaten Venezuela, Nicaragua und Kuba die Teilnahme an dem Gipfel zu verwehren. Der venezolanische Machthaber Nicolás Maduro dankte Fernández im Anschluss für die Unterstützung auf dem Amerika-Gipfel. Alberto Fernández zeigte bei dem Gipfel deutlich, wo Argentinien außenpolitisch steht. Die USA haben in Lateinamerika an Einfluss verloren, auch deshalb konnte sich der argentinische Präsident bei seiner Kritik aus dem Fenster lehnen. China ist der wichtigste Handelspartner Südamerikas und eine wichtige Quelle für ausländische Direktinvestitionen und Kredite in Energie und Infrastruktur.

 

Forderung nach Mitgliedschaft Argentiniens bei den BRICS

Auch am virtuellen Gipfel der BRICS nahm Alberto Fernández teil. Zu den BRICS zählen die fünf Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Das Treffen im Juni war das erste seit dem Russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Argentinien wäre gerne Teil der BRICS, Alberto Fernández setzte sich bereits mehrfach für die Mitgliedschaft Argentiniens ein. Die Einladung des argentinischen Präsidenten zu dem Gipfel der BRICS zeigt, dass die bisherigen Mitglieder eine Mitgliedschaft Argentiniens zumindest nicht gänzlich ausschließen. Die formelle Aufnahme erfordert jedoch den Konsens aller Mitglieder sowie einen komplexen Prozess. Es ist zudem fraglich, ob sich Argentinien aufgrund seiner langjährigen wirtschaftlichen Probleme überhaupt als „Schwellenland“ qualifiziert. Eine Mitgliedschaft könnte jedoch aus geopolitischen Interessen für die anderen BRICS-Mitglieder von Vorteil sein. Argentinien erhofft sich von der Mitgliedschaft bei den BRICS eine Verbesserung der internationalen Positionierung des Landes in einer „kooperativen Alternative zu einer Weltordnung, die zum Nutzen einiger weniger funktioniert hat“, so schrieb Alberto Fernández in einem Brief an die Außenminister der BRICS im Mai 2022.

Vor allem mit China pflegt Argentinien gute Beziehungen. Seit Februar 2022 ist Argentinien Teil der chinesischen „Neuen Seidenstraße“. Im April 2022 löste China zeitweise Brasilien als wichtigsten Handelspartner Argentiniens ab. Auch bei der Förderung von Lithium in Argentinien arbeitet die Regierung von Alberto Fernández mit mehreren chinesischen Unternehmen zusammen.

 

Alberto Fernández bei G7-Gipfel in Elmau

Nur wenige Tage später reiste Alberto Fernández nach Deutschland zum G7-Gipfel in Elmau. Damit zählte Argentinien zu den fünf Gastländern aus dem Globalen Süden, zwei aus Afrika, zwei aus Asien, die zum G7-Gipfel eingeladen wurden. Auf dem 48. G7-Gipfel wurden die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Konflikts auf die Weltwirtschaft erörtert. Alberto Fernández versuchte einen Balanceakt, um es sich weder mit den G7 noch mit den BRICS zu verscherzen: Einerseits rief er zum Frieden im Krieg in der Ukraine auf, anderseits zeigte er kein Interesse der Beteiligung Argentiniens an den Sanktionen gegen Russland.

 

Rätsel um iranisch-venezolanisches Flugzeug in Buenos Aires

Seit Mitte Juni wird ein Frachtflugzeug der venezolanischen Firma Emtrasur auf dem internationalen Flughafen Ezeiza von Buenos Aires festgehalten. Das Flugzeug gelangte aus Mexiko nach Argentinien. An Bord befinden sich angeblich Autoteile. Die Besatzung besteht aus 14 Venezolanern und fünf Iranern. Nach einer Durchsuchung und Beschlagnahme der Pässe äußerte die argentinische Polizei den Verdacht, dass es Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden gäbe, die von den USA als ausländische "terroristische Organisation" eingestuft werden. Die Vorsitzende der KAS-Partnerpartei Propuesta Republicana, Patricia Bullrich, forderte die Einleitung eines Verfahrens wegen "Angriffs auf die nationale Sicherheit“ gegen Regierungsbeamte.

 

Ausblick für Juli 2022

National: Am 9. Juli wird der argentinische Unabhängigkeitstag gefeiert. Dieses Datum geht auf die Unterzeichnung der argentinischen Unabhängigkeitserklärung am 9. Juli 1816 zurück. Die Lossagung von der spanischen Monarchie ging von der nordwestlichen Provinz Tucumán aus.

Regional: Die Staats- und Regierungschefs des südamerikanischen Handelsblocks Mercosur treffen sich am 21. Juli zu einem Gipfeltreffen in Paraguay.

Trivia: Es entstand eine erzürnte Debatte, nachdem der Regierungschef von Buenos Aires, Horacio Rodríguez Larreta, die Verwendung der inklusiven Sprache in Schulen in der gesamten Hauptstadt verboten hatte. Die Verwendung von "e" zur Kennzeichnung eines nicht-binären Geschlechts wird nicht mehr akzeptiert, ebenso wenig wie "x" oder "@" in der Schrift. Grund für das Verbot der inklusiven Sprache seien die schlechten Ergebnisse im Sprachunterricht. Kritiker wehrten sich gegen die Maßnahme, es handle sich vielmehr um einen politisch motivierten, ideologischen Kampf.

 

 

© Fotos: Casa Rosada

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Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.

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