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Buenos Aires-Briefing

Buenos Aires-Briefing März 2021

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land. Die folgende Ausgabe fasst die wichtigsten Ereignisse des Monats März zusammen.

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Verschärfungen der Reisebestimmungen und Änderungen in der Impfverordnung

Das argentinische Ministerkabinett verschärfte erneut die Reisebestimmungen, um eine Ausbreitung der neuen Varianten des Coronavirus‘ in Argentinien soweit wie möglich zu unterbinden. Zum einen wurden die Flugverbindungen nach Mexiko, Brasilien und Chile am 27. März eingestellt, zum anderen die Verbindungen nach Europa und in die USA drastisch reduziert. Innerhalb des Landes gelten momentan keine Reisebeschränkungen. Lediglich der öffentliche Personennahverkehr im Großraum Buenos Aires ist für systemrelevante Berufsgruppen reserviert. Ausländern ist die Einreise nach Argentinien nur in Ausnahmefällen gestattet. Die gegenwärtigen Kontaktbeschränkungen und Eingrenzungen der Versammlungsfreiheit gelten noch mindestens bis zum 9. April. Angesichts der steigenden Infektionszahlen schließt die amtierende Gesundheitsministerien Carla Vizzoti weitere Beschränkungen des öffentlichen Lebens nicht aus. Im Gespräch sind unter anderem Ausgangssperren sowie eine Verschärfung der Distanzierungsregeln.

Die Impfkampagne läuft weiterhin schleppend. Auch wenn die staatliche Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas binnen der letzten Wochen beinahe eine Millionen Impfdosen des russischen Sputnik V-Vakzins einflog und eine weitere Lieferung des chinesischen Vakzins Sinopharm in der Höhe von einer Millionen Dosen, 580 Tausend Dosen des Vakzins Covishield aus Indien sowie die erste Lieferung der Covax-Initiative mit knapp 220 Tausend Dosen des AstraZeneca-Oxford-Vakzins erhielt, reichen die bisher erworbenen Impfstoffe kaum zur Immunisierung der prioritären Impfgruppen aus. Angesichts des bevorstehenden Wintereinbruchs und der erhöhten Ansteckungsgefahr aufgrund der Mutation des Coronavirus‘ gehen Wissenschaftler von einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen sowie einer größeren Belastung des Gesundheitssystems aus. Ministerin Vizotti einigte sich daher mit den Vertretern der argentinischen Provinzen auf eine Verzögerung der Anwendung der zweiten Impfdosen um drei Monate zugunsten einer schnelleren flächendeckenden Anwendung der ersten. Bisher fanden die Immunisierungen mit einem Abstand von drei Wochen statt. Aktuell erhielten 7,8 Prozent der Bevölkerung die erste Impfdosis, lediglich 1,5 Prozent sind bereits vollimmunisiert (Stand: 04.04.2021). Die neue Impfstrategie ist angesichts etwaiger Verzögerungen durch Lieferengpässe nicht unumstritten.

Neubesetzung des Justizministeriums

Die Neubesetzung des Amts des Justizministers sorgte für Gesprächsbedarf in Argentinien. Nachdem am 18. März der Rücktritt der Präsident Alberto Fernández nahestehenden Ministerin Marcela Losardo in Kraft trat, entflammte eine hitzige Debatte um ihre Nachfolge. Erst elf Tage nach ihrem Rücktritt wurde schließlich der Spitzenkandidat des Kirchnernismus‘, der ehemalige Bürgermeister und nationale Abgeordnete Martín Soria, in seinem neuen Amt vereidigt. Seine Ernennung wird von Experten als Signal gedeutet, dass die eingeleitete Justizreform eher den Vorstellungen von Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner (CFK) entsprechen wird, sofern sie die notwendigen parlamentarischen Mehrheiten erreicht. Dies würde unter anderem Änderungen im Strafrecht, bei den Ermittlungen in Korruptionsverfahren sowie bei der Einsetzung und Entlassung von Richtern in Schlüsselpositionen zur Folge haben. Auch wenn CFK die Reform im Senat als Vorsitzende aktiv vorantreiben wird, ist vor allem vom Abgeordnetenhaus Gegenwind zu erwarten. Nichtsdestotrotz ist mit dem dritten Ministerwechsel infolge eine klare Verschiebung des Machtgleichgewichts zugunsten des linkspopulistischen Flügels innerhalb der Regierungsallianz erkennbar. Vor der personellen Neubesetzung des Justizministeriums waren in den vergangenen Monaten bereits CFK-nahe Kandidaten im Bau- und Gesundheitsministerium vereidigt worden.

Keine Einigung beim Streit um Biokraftstoff

Im argentinischen Kongress hätte am 25. März hitzig über die Verlängerung der staatlichen Subventionen für Biotreibstoffhersteller debattiert werden sollen. Aufgrund fehlenden Quorums musste die Sitzung jedoch vertagt werden. Der vom Senat verabschiedete Gesetzesentwurf kann bis zum 12. Mai vom Abgeordnetenhaus abgesegnet oder geändert werden, danach verliert das Projekt den parlamentarischen Status. Die Mehrheit der Vertreter landwirtschaftlich geprägter Provinzen setzen sich für eine Verlängerung der Unterstützungsleistungen ein. Einige Abgeordnete legen zudem Wert auf die Schaffung zusätzlicher Anreize für kleine und mittelgroße Biotreibstoffhersteller. Dieser macht aktuell zwischen zehn und zwölf Prozent des herkömmlichen Benzins aus. Der Erhalt dieser Proportionen ist für die Bewahrung von mehr als zwanzigtausend direkten und indirekten Arbeitsplätzen von großer Bedeutung. Kritik am Status Quo gibt es von Seiten der patagonischen Provinzen, die vor allem von der Erdölförderung profitieren. Sie plädieren für eine Reduktion des Pflichtanteils an Biodiesel und Bioethanol im Treibstoff. Die Terminierung und der Ausgang der Debatte, die keine Parteigrenzen kennt, bleiben offen.

Austritt Argentiniens aus der Lima-Gruppe und virtuelles Gipfeltreffen des MERCOSUR

Der symbolträchtige Austritt Argentiniens aus der Lima-Gruppe am Gedenktag der Opfer der argentinischen Militärdiktatur am 24. März kam nicht überraschend: Die ablehnende Haltung gegenüber des von Präsident Mauricio Macri (2015-2019) mitgegründeten Bündnisses war bereits im Vorfeld deutlich geworden, als der von Präsident Alberto Fernández ernannte Außenminister Felipe Solá im Januar 2020 davon absah, die Stellungnahme des Staatenbundes zu den gewalttätigen Menschenrechtsverletzungen des Maduro-Regimes zu unterschreiben. Stattdessen veröffentlichte das argentinische Außenministerium damals, ebenso wie Mexiko, seine eigene Erklärung. Weiterhin entzog Fernández‘ Regierung im selben Monat der Botschafterin der Guaidó-Regierung Elisa Trotta den Diplomatenstatus in Argentinien. In Bezug auf den letztendlichen Austritt aus dem Staatenbund erläuterte die Behörde, dass die bisher erlassenen Sanktionen zu nichts geführt hätten und stattdessen auf einen Multi Stakeholder-Dialog gesetzt werden müsste. Unmittelbar nach der Ankündigung stellten die argentinische Finanz- und Handelsaufsichtsbehörden rückwirkend die Überwachung der Geld- und Warenflüsse führender Mitglieder der Maduro-Regierung ein. Diese Maßnahmen sollten ursprünglich ihren Handlungsspielraum einschränken. Die Aufhebung macht einmal mehr den Einfluss des linkspopulistischen Flügels der argentinischen Regierungsallianz Frente de Todos auf die argentinische Außenpolitik deutlich.

Am Freitag, den 26. März 2021 feierte der südamerikanische Wirtschaftsblock MERCOSUR sein 30-jähriges Jubiläum. Argentinien hat seit dem 16. Dezember 2020 den sechsmonatigen Vorsitz des Organismus inne und war daher mit der Ausrichtung des Gipfeltreffens betraut. Dieses fand aufgrund der pandemiebedingten Reisebeschränkungen virtuell statt. Der argentinische Präsident Alberto Fernández eröffnete den Festakt. Dabei schlug er die Schaffung eines Observatoriums über die Qualität der Demokratien der Mitgliedsländer sowie zur Gewaltprävention vor. Weiterhin forderte er klimaschützende Maßnahmen ein und lehnte er das Vorantreiben weiterer Freihandelsabkommen ab. Stattdessen machte er sein Wohlwollen für eine eher protektionistische Ausrichtung des Blocks deutlich. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hingegen pochte, ebenso wie seine Amtskollegen Luis Lacalle Pou (Uruguay) und Mario Abdo Benítez (Paraguay), auf eine Modernisierung des Blocks sowie mehr Teilhabe an der internationalen Politik. Weiterhin sei mehr Flexibilität beim Verabschieden von bilateralen Freihandelsabkommen erforderlich. Angesichts der vorherrschenden Spannungen hinsichtlich der zukünftigen Ausrichtung des Staatenbundes rückte die abschließende Vorstellung der aktualisierten Satzung der MERCOSUR-Staatsbürgerschaft durch den argentinischen Außenminister in den Hintergrund. Allgegenwärtig blieb jedoch die Grundsatzfrage, wie die Wirtschaftsgemeinschaft nun angesichts der ideologischen und diplomatischen Differenzen wieder an Orientierung und Schwung gewinnen kann. Von dieser Entscheidung wird auch die Umsetzung des strategischen Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union abhängen, das 2019 zur Stärkung des Multilateralismus, Freihandels und einer verlässlichen Partnerschaft unterzeichnet worden war.

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Olaf Jacob

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Leiter des Auslandsbüros Chile

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Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. in Argentinien möchte allen Interessierten einen besseren Zugang zu den politischen Ereignissen des Landes ermöglichen. Dafür veröffentlichen wir monatlich ein kurzes Briefing mit den wichtigsten Nachrichten aus dem Land.

Susanne Käss

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Leiterin des Auslandsbüros Argentinien / Leiterin des Auslandsbüros Brasilien (kommissarisch)

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