Das Jahr 2019 scheint sich für Deutschland zu dem vielleicht bedeutsamsten Klimapolitikjahr seit den Beschlüssen zur Energiewende zu entwickeln. Die Weichen, die Deutschland gegenwärtig stellt, werden einen Einfluss darauf haben, inwieweit der Klimaschutz glaubhaft weiterentwickelt werden kann und die internationale Wettbewerbsfähigkeit dabei erhalten bleibt.
Schon die teils sehr emotional geführte Kohleausstiegsdebatte im Januar dieses Jahres, die in einem überparteilichen 40 Milliarden Euro teuren Kompromissvorschlag mit dem finalen Ausstiegsdatum 2038 endete, gab einen ersten Eindruck davon. Die jedoch im Laufe des Jahres immer mehr an öffentlicher Aufmerksamkeit gewinnende Fridays for Future Bewegung und die deutlichen Zugewinne der Grünen bei den Europawahlen und die Öffentlichkeit durchdringende Erkenntnis, dass Deutschland seine eigenen Klimaziele für 2020 nicht erreicht, haben das Thema Klima-wandel nach einigen Jahren innenpolitischer Bedeutungslosigkeit erneut ganz nach oben auf die bundespolitische Prioritätenliste geschoben. Vor allem das anfangs für die breite Öffentlichkeit noch recht abstrakte Thema der CO2-Bepreisung rückte dabei zunehmend in den Mittelpunkt.
Für die teilweise sehr dogmatisch geführte Diskussion um „CO2-Steuer vs. Emissionshandel“ nahmen die Erfahrungswerte der europäischen Nachbarn, aber auch der klimapolitische Rahmen der Europäischen Union, einen wichtigen Stellenwert ein. Hierbei zeigte sich dann auch, dass CO2-Bepreisung immer auch eine einzigartige nationalstaatliche Prägung besitzt und eine einfache Übertragung mangels vergleichbarer ökonomischer, sozialer und politischer Rahmenbedingungen schwierig ist. Deutschlands eigens für die Debatte eingesetztes Klimakabinett hat nun ein entsprechend spezielles CO2-Bepreisungssystem vorgeschlagen. Danach soll zunächst neben anderen Maßnahmen ein nationales Festpreissystem für CO2-Emissionen im Verkehrs- und Wärmesektor – der Energiesektor ist bereits über das europäische Emissionshandelssystem (EHS) abgedeckt – eingeführt werden, das über preisliche Ober- und Untergrenzen in ein EHS überführt werden soll. Die daraus erzielten Erlöse sollen unter anderem zur Senkung der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage (EEG-Umlage) genutzt werden, um damit wiederum Strompreise zu senken.
Insgesamt zeigt der Diskurs um den deutschen CO2-Bepreisungsansatz, dass der Blick über die EU hinaus nur selten Eingang in die nationale Debatte erhielt. Ein Umstand, der in den nun folgenden parlamentarischen Debatten noch einmal an Bedeutung gewinnen könnte. Die globale Perspektive ist für Deutschland wichtig, da es international über seine Programme zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung, aber auch seiner bi- und multilateralen Klimapolitik in diesem Politikfeld besonders stark engagiert ist. Vor allem diejenigen Länder in Asien und Pazifik, Lateinamerika und Afrika, die zum Teil besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden und / oder zugleich zu den größten CO2-Emittenten überhaupt gehören, müssen dabei in den Fokus genommen werden. Die Kenntnis darüber inwieweit sich der CO2-Bepreisungsdiskurs dort darstellt, könnte für die ökonomische und internationale Anschlussfähigkeit des deutschen CO2-Bepreisungsansatzes von besonderer Bedeutung sein. Die nachfolgende Analyse gibt einen Überblick dazu.
Asien und Pazifik
Trotz des Klimawandels und den damit verbundenen immer häufiger auftretenden Wetterextremen hat es das Thema CO2-Bepreisung in der Region Asien und Pazifik bis heute nicht geschafft, eine breite öffentliche Aufmerksamkeit zu erreichen. Obwohl es zahlreiche entsprechende Initiativen gibt. Die Gründe dafür liegen in der ökonomischen Entwicklung und der sozialen Heterogenität, die die Region kennzeichnen. So waren in den vergangenen Jahren ein starkes Wirtschaftswachstum und ein damit einhergehender gewachsener Energieverbrauch zu beobachten. Das Energieangebot ist derart stark gestiegen, dass positive Entwicklungen wie der zunehmende Ausbau erneuerbarer Energien in der ganzen Region durch den zugleich stattfindenden Ausbau fossiler Kraftwerke vor allem im Kohlebereich physisch deutlich überlagert werden.
CO2-Bepreisungmechanismen könnten gerade vor diesem Hintergrund eine sinnvolle Ergänzung sein, um den durch den Ausbau fossiler Energieträger ebenso zunehmenden CO2-Emissionen entgegenzuwirken. Vor allem das Klimaabkommen von Paris von 2015 sorgte tatsächlich dafür, dass viele Länder in der Region entsprechende Programme in ihren National Determined Contributions (NDCs) verankerten. So gibt es in Australien einen Emission Reduction Fund, der kürzlich aufgestockt wurde. Er kauft Unternehmern, Landbesitzern oder Indigenen sogenannte Australien Carbon Credit Units ab, die diese mit CO2 einsparenden Projekten verdienen können. In China soll ein nationales Emissionshandelssystem aktiv werden, das auf den Erfahrungen mit entsprechenden Modellen in zahlreichen chinesischen Provinzen aufbaut. Es könnte mengenmäßig größer als das der Europäischen Union werden.
In Japan gibt es ein auf der Provinzebene verbundenes EHS zwischen den Präfekturen Tokio Metropolitan Government und Saitama. In Kasachstan – mit Unterbrechung –, Südkorea und Neuseeland sind EHS schon seit mehreren Jahren im Einsatz und steigen bzw. sind bereits in weitere Handelsphasen eingestiegen. In den neuen Handelsphasen werden die EHS nun flexibler, breiter – in Neuseeland soll sogar der Waldsektor einbezogen werden – aber auch verbindlicher zum Zuge kommen sollen. In Singapur ist indes die einzige unmittelbare CO2-Steuer in der Region eingeführt worden, die ab 2023 sukzessive erhöht werden soll. Außerdem wird in Thailand, Vietnam und Indonesien gegenwärtig die Einführung eines nationalen CO2-Bepreisungsmechanismus vorbereitet bzw. untersucht.
Die in der Region eingeführten CO2-Mechanismen sind in ihrer konkreten Ausgestaltung sehr verschieden und decken viele CCO2 verursachende Sektoren ab. Allerdings schaffen sie es nicht, den Gesamtanstieg der CO2-Emissionen in der Region zu bremsen, geschweige denn zu verringern. Neben den unmittelbaren CO2-Bepreisungsmaßnahmen gibt es noch zahlreiche weitere Steuern und Abgaben, die in den meisten asiatischen und pazifischen Energiesektoren CO2 indirekt verteuern. Vor allem im Verkehrs- und Stromsektor sind diese zu finden. Im Vergleich zu den in der ganzen Region nationalstaatlich gewährten Subventionen für fossile Energieträger sind die Abgaben für CO2 jedoch marginal.
Die hohe politische Bedeutung von Subventionen für fossile Energieträger wie Kohle liegt in der immer noch zu beobachtenden Energiearmut der Region. Signifikante Teile der asiatischen und pazifischen Bevölkerung haben keinen Zugang zu Strom, wodurch sie von wichtigen alltäglichen und den zunehmend digitalen Dienstleistungen abgeschnitten sind. In der Region Asien und Pazifik hatten im Jahr 2014 421 Millionen Menschen keinen Zugang zu Strom. Die Gewährung von Subventionen oder Steuerbeihilfen für fossile Energieträger, die schnell und günstig Strom und Arbeitsplätze bereitstellen können, sind deshalb in vielen Ländern weitverbreitet. Sie sind nicht zuletzt dadurch politisch legitimiert, da es in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Energiearmut zu senken.
Allerdings sind die Subventionen für Öl und Gas zurückgegangen. Hintergrund sind Preiseinbrüche auf den Weltmärkten. Aber auch multilaterale Verpflichtungen zeigen Wirkung. Insbesondere die asiatischen G20-Staaten können Erfolge beim Abbau ihrer Energiesubventionen vorweisen. In Indonesien führte 2013 eine Reform des Subventionssystems im Verkehrssektor in Kombination mit geringen Weltmarktölpreisen zu einem deutlichen Abbau der Subventionen. Indonesien erhöhte damals die Preise für Benzin und Diesel innerhalb eines kurzen Zeitraums deutlich, um den Abstand zu den tatsächlichen Marktpreisen zu verringern. Zugleich erhielten über 15 Millionen Haushalte Direktzahlungen vom Staat und weitere Leistungen in den Bereichen Bildung und Gesundheit als Ausgleich. Die niedrigen Ölpreise zu dieser Zeit taten ihr Übriges, um die Subventionen zu reduzieren. Im Stromsektor schaffte es Indonesien sogar, über eine geschickte Lastenverteilung auf die Einkommensklassen der Bevölkerung Subventionen komplett abzuschaffen.
Trotz dieser ermutigenden Entwicklungen ist das asiatische Subventionsniveau im weltweiten Vergleich am höchsten. Im Bereich Kohle ist unter anderem in Indien und China sogar ein Anstieg zu beobachten. Die Subventionen für erneuerbare Energien sind ebenfalls massiv gestiegen. Fast alle Länder in der Region besitzen heute erneuerbare Energien sowie Ausbau- und / oder Energieeffizienzziele. Die regionale Staatengruppe ASEAN will beispielsweise ihre Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zu 2005 steigern. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtmix in der Region Asien und Pazifik ist aber nach wie vor gering. Auch Projektionen für 2030 sehen keinen wesentlichen Anstieg am Primärenergiemix für Energie aus regenerativen Quellen.
Die CO2-Bepreisung hat es in der Region Asien und Pazifik trotz zahlreicher Initiativen schwer eine allgemeine positive öffentliche Wahrnehmung zu erlangen. Die wachsende Energienachfrage und der Zugang zu Energie sind die politisch dominanteren Themen. Es verwundert deshalb nicht, dass das Thema Klimapolitik in den jüngsten Wahlen in Indien, Thailand, Kasachstan oder Indonesien keine wesentliche Rolle einnahm. Für die Politik ergibt das eine schwierige Ausgangslage.
Unpopuläre Energiepreissteigerungen aufgrund von CO2-Bepreisung sind schwer darzustellen. Jedoch könnten andere politische Herausforderungen ein Umdenken einleiten. Für die Öffentlichkeit ist beispielsweise die Luftverschmutzung zu einem drängenden Problem geworden, da sie in vielen Ländern der Region zu erheblichen Gesundheitsrisiken führt. Das Aufzeigen, der Zusammenhänge zwischen Luftverschmutzung und CO2-Emissionen könnte dabei ein Ansatz sein. Auch der starke Ausbau der erneuerbaren Energien in der Region, der vor allem als Verbesserung der Energiesicherheit durch die Diversifikation der Energieträger wahrgenommen wird, könnte ein Ansatz sein. Das vermutlich stärkste Signal für eine CO2-Bepreisung in der Region könnte jedoch von dem geplanten chinesischen EHS ausgehen. Hierbei Möglichkeiten der Partizipation aufzuzeigen bzw. die regionale Vernetzung voranzutreiben, könnte es ermöglichen CO2-Emissionen einen wirksamen Preis zu geben. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist zudem der Abbau von Subventionen für fossile Energieträger. Die erneuerbaren Energien würden dadurch noch konkurrenzfähiger werden und könnten zugleich stärker zur regionalen Energiesicherheit beitragen.
Lateinamerika
Obwohl fast zwei Drittel der Länder Lateinamerikas marktbasierte CO2-Preisinstrumente in ihren NDCs erwähnen, verfügen die meisten de facto über keinen Preis für Treibhausgasemissionen oder beziehen gar negative Preise wie Subventionen für fossile Brennstoffe ein. Dies fördert die aktive Nutzung fossiler Brennstoffe, insbesondere der großen Ölproduzenten. Steuerreformen, die Subventionen für fossile Brennstoffe senken und positive Emissionspreise einführen, würden nicht nur zur Eindämmung des Klimawandels beitragen, sondern auch zusätzliche öffentliche Einnahmen garantieren. In Bezug auf die Einführung von CO2-Steuern gibt es jedoch gerade in der Region Lateinamerika Bedenken hinsichtlich ihrer Verteilungseffekte und Auswirkungen auf verschiedene soziale Gruppen. Hinzu kommen der Region innewohnende Merkmale wie Informalität, Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Luftqualität und – oftmals – das Fehlen nationaler Industrien, die Kapitalinvestitionen für erneuerbare Energieprojekte bereitstellen könnten.
Dennoch haben einige Länder der Region erste Schritte hinsichtlich tiefgreifender Reformen zur Besteuerung von CO2-Emissionen gemacht. Im Juni 2017 verpflichteten sich die Länder der Pazifikallianz – Chile, Kolumbien, Mexiko und Peru – ihre Anstrengungen zur Messung, Meldung und Überprüfung von Emissionen zu intensivieren, um potenzielle freiwillige Marktmechanismen zu ermitteln. Darüber hinaus unterzeichneten im Dezember desselben Jahres mehrere Regierungen Lateinamerikas die „Pariser Erklärung über die CO2-Preise in Nord- und Südamerika“. Darin vereinbaren die Unterzeichnerstaaten, CO2-Preise als zentrale Politik zur Bekämpfung des Klimawandels einzuführen und gleichzeitig einen gemeinsamen Markt zu fördern.
CO2-Bepreisung in Lateinamerika findet gegenwärtig vor allem über Steuermodelle statt. Argentinien führte 2017 eine Steuer auf den CO2-Gehalt von flüssigen Brennstoffen und mineralischem Kohlenstoff ein. Die Besonderheit dieser Steuer bestand darin, dass sie angesichts des komplexen makroökonomischen Kontexts darauf abzielte, kurzfristig keine Auswirkungen auf den Endpreis von Energieerzeugnissen zu haben – bestehende Steuern wurden abgeschafft, neue hinzugefügt. Im Jahr 2019 wurde diese Steuer mit dem vollen Steuersatz auf die meisten flüssigen Brennstoffe besteuert; bis 2028 soll diese um 10 Prozent pro Jahr auf 100 Prozent ansteigen. Während die neue CO2-Steuer in Argentinien frühere Steuern auf Kraftstoffe ersetzte, hat die Einführung in Kolumbien, Chile und Mexiko den Zweck, die Staatseinnahmen zu erhöhen.
Kolumbien hat im Rahmen eines umfassenden Steuerreformpakets beschlossen, einen Teil der Einnahmen seiner CO2-Steuer auf alle flüssigen oder gasförmigen fossilen Brennstoffe zur Unterstützung der Friedenskonsolidierung sowie zum Schutz der Ökosysteme und Küstenerosion zu verwenden. Der Vorschlag, die Einnahmen aus der CO2-Steuer für einen anderweitigen Zweck einsetzen zu können, kann als Grund für eine positive Zustimmung gelten. Nicht zuletzt die Tatsache, dass die CO2-Steuer in eine strukturelle Steuerreform aufgenommen wurde, scheint die Diskussion und Genehmigung von Steuern erleichtert zu haben. Costa Rica hingegen entwickelt seit geraumer Zeit eine CO2-Preispolitik, die sich auf das Problem der Luftverschmutzung konzentriert. Die vorgeschlagene Emissionssteuer würde andere Luftschadstoffe wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und Partikel abdecken, um sauberere und leistungsfähigere Technologien zu fördern. Chile ist das erste Land der Region, das seit 2017 eine sogenannte „grüne“ Steuer führt. Ähnlich wie in Kolumbien, wurde diese Steuer ebenfalls im Rahmen einer umfassenden Steuerreform verabschiedet und steuert die CO2-Emissionen großer Emittenten im Energie- und Industriesektor.
Neben der Besteuerung von CO2 gibt es in der Region auch Ansätze zur Einführung von EHS. In Brasilien und Mexiko gibt es seit 2013 und 2016 respektive Unternehmen, die an freiwilligen CO2-Marktsimulationen teilnehmen. Die Simulation bietet alle Elemente eines regulierten Emissionshandelssystems und führt die teilnehmenden Unternehmen zu der Funktionsweise eines solchen Instruments hin. Ziel ist es, entsprechende Inputs für zukünftige Politikvorschläge bereitzustellen. In Mexiko wird in einigen Monaten die Pilotphase eines EHS einsetzen. Die regionale oder gar internationale Verknüpfung der Initiativen von EHS ist durchaus schon heute angedacht, allerdings aufgrund der erst gerade beginnenden Entwicklung noch Zukunftsmusik.
Nichtsdestotrotz bietet die wachsende Erfahrung in der Nutzung von CO2-Bepreisungsmechanismen in der Region sinnvolle Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit. Ein Beispiel für einen vertieften regionalen Austausch bietet die Plattform Carbon Pricing in the Americas. Diese Initiative wurde im Dezember 2017 ins Leben gerufen und sieht vor, die MRV (Monitoring, Reporting and Verification)-Systeme zu stärken, gemeinsame Standards zu entwickeln, bewährte Verfahren auszutauschen sowie entsprechende Kapazitäten aufzubauen und Interessenträger einzubeziehen. Gleichzeitig wird die Rolle von Instrumenten zur CO2-Preisgestaltung als zentrales Merkmal der Klimapolitik bekräftigt.
In den meisten lateinamerikanischen Ländern sind CO2-Preisinitiativen seit 2017 Teil des Klimawandel-Mixes geworden und werden es zukünftig auch bleiben. Während einige Länder – darunter Argentinien, Chile, Kolumbien und Mexiko – mit der Umsetzung tiefgreifenderer Steuerreformen zur Besteuerung von CO2-Emissionen begonnen haben, prüfen andere Länder aktiv, wie ein Verbraucherpreisindex am besten in ihre Klimapolitik integriert werden kann. Dass die meisten Treibhausgasemissionen in der Region durch ein Preisinstrument abgedeckt werden, ist somit Sache des WANN und nicht OB. Daher sollten Unternehmen und staatliche Stellen eine solche Zukunft antizipieren und sich entsprechend vorbereiten.
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Länder sich den CO2-Preisbildungsmechanismen nur durch schrittweise Anstrengungen nähern. Es besteht weiterhin hoher Bedarf nach Informationen über die Vorteile und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Preismechanismen als politische Instrumente. Die bestehenden Initiativen haben entsprechendes Potenzial, in ihrem Umfang – sei es in Bezug auf Quellen oder Kraftstoffe – erweitert zu werden. Ein Übergang zu einem, wie in Mexiko geplanten und in Chile und Argentinien in Betracht gezogenen, Emissionshandelssystem könnte zusätzliche Marktverknüpfungen ermöglichen, eine regionale Integration vorantreiben und den Ländern weiter helfen, ihre Ziele von Paris zu erreichen.
Naher Osten und Nordafrika
Die in Deutschland intensiv geführte Diskussion um CO2-Bepreisung spielt in der öffentlichen Debatte der arabischen Welt nur eine verhaltene Rolle. In den Staaten des Nahen und Mittleren Osten existieren bislang keine nationalen Formen der CO2-Bepreisung, weder als explizite CO2-Besteuerung noch als Emissionszertifikatshandel. Zwar sind die Staaten im südlichen und östlichen Mittelmeer überproportional von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen, doch lässt sich daraus kein einheitliches Engagement für eine Minderung oder Anpassung an die Folgen des Klimawandels feststellen. Dem gegenüber stehen die in der Region weitverbreiteten Energiesubventionen. Einen Sonderweg über freiwillige Emissionsmärkte hat in den vergangenen 15 Jahren die Türkei eingeschlagen. Die divergierenden Prioritäten im MENA-Raum lassen sich vor allem am NDC Register des UNFCCC Sekretariats ablesen. Auch wenn die MENA-Staaten dem Pariser Abkommen 2016 beigetreten sind, haben bislang nur 14 Regierungen dieses ratifiziert, zuletzt das Sultanat Oman im Mai 2019.
Die Golfstaaten wie Saudi-Arabien oder Katar sowie das nordafrikanische Land Algerien, die über hohe Vorkommen fossiler Brennstoffe in Form von Öl und Gas verfügen und deren Ökonomien entsprechend einseitig auf Deviseneinnahmen des Exportes dieser Ressourcen angewiesen sind, betonen in ihren NDCs stärker die Chancen wirtschaftlicher Diversifizierung durch die nationale Förderung erneuerbarer Energien. Jedoch sehen sie gleichzeitig ihre Wirtschaft und letztlich durch das vorherrschende Rentensystem auch die Grundlage ihrer Gesellschaften angesichts des weltweiten Klimaengagements und dem erwarteten Nachfragerückgang nach fossilen Brennstoffen in Gefahr.
Marokko und Tunesien hingegen sehen ihr Engagement im Rahmen des Klimaabkommens von Paris als Chance hin zu einer nachhaltigeren Entwicklung und v. a. der Unabhängigkeit von Energieimporten über den Ausbau erneuerbarer Energien und der Steigerung von Energieeffizienz. Der sukzessive Abbau von Energiesubventionen als Steuerungsinstrument wird insbesondere von Marokko betont. Allerdings weisen sie explizit auf den Bedarf an internationaler Finanzierung zur Deckung der Investitionskosten hin. Beide Länder sehen eine Integration in internationale carbon markets und generell marktbasierte Mechanismen als eine Möglichkeit des Zugangs zu Klima-Investitionsgeldern.
In Tunesien etwa wird die Nationale Agentur für Energie-Management (ANME) bei einem entsprechenden Vorhaben von deutscher Seite durch das BMU unterstützt. Marokko, das schon 2009 ein Programm für freiwilligen CO2-Ausgleich initiierte, arbeitet neben Tunesien, Jordanien sowie der Türkei im Rahmen der Weltbank-Initiative Partnership for Market Readiness (PMR) seit 2016 konkret an den Voraussetzungen für die Einführung marktbasierter Klimainstrumente: Emissionsdatenmanagement sowie Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung der Daten (MRV). Die marokkanische Regierung pocht bereits seit Längerem auf internationale Unterstützung bei der Umsetzung und behält hierbei auch die Auswirkungen der Instrumente auf die lokale Wirtschaft, insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen, im Auge. Anhand der vorläufigen Ergebnisse der PMR-Studie wird ebenfalls ein „Hybrid-Modell“ vorgeschlagen, welches zunächst auf eine CO2-Steuer setzt, um kurzfristig Emissionen v. a. in den Sektoren Elektrizität, Phosphat- und Zementherstellung zu senken sowie die grundlegende Infrastruktur für die zweite Phase aufzubauen. In dieser sollte dann sukzessive zu einem auf Zertifikatshandel basierenden System übergegangen werden.
Auch Ägypten betont in seinen NDCs den notwendigen Subventionsabbau im Energiesektor, nennt jedoch als einziges Land der Region explizit einen nationalen Markt für Emissionshandel als mögliches Instrument zur Erreichung der Klimaziele. Eine Ausweitung auf einen regionalen Markt wird ebenfalls in Erwägung gezogen. Letzteres illustriert zugleich den regionalen Führungsanspruch Ägyptens. Die von Energieimporten abhängigen Länder des Nahen Ostens, wie etwa Jordanien, verweisen in ihren NDCs ebenfalls auf ihre hohe Abhängigkeit von internationalen Geldern zur Umsetzung der nationalen Klimaziele. Die Palästinensischen Gebiete nennen im Mashrek als einzige namentlich die mögliche Nutzung marktbasierter Mechanismen zur Finanzierung ihrer Klima-Maßnahmen, welche jedoch aufgrund der politischen Situation im Nahost-Konflikt nur schwer umsetzbar sein dürften.
Die Türkei ist eines der wenigen Länder weltweit, das das Klimaabkommen von Paris nicht ratifiziert hat. In seinen INDCs wird zwar bis 2030 ein CO2-Reduktionsziel von bis zu 21 Prozent unter business as usual (BAU) angegeben, doch entspricht dies einer Steigerung der Emission von 90 Prozent im Vergleich zu 2017, bzw. einer Steigerung um 348 Prozent im Vergleich zu 1990. Die Türkei weist in Bezug auf internationale Klimaverhandlungen immer wieder auf ihren Sonderstatus als „fortgeschrittenes Entwicklungsland“ hin. Dies ermöglichte etwa zu früheren Zeiten eine Ausnahme aus Verpflichtungen zu Emissionsreduktionen im Kyoto-Protokoll. Trotz des Zögerns der Regierung, sich international auf verbindliche absolute Ziele festzusetzen, gehört die Türkei zu den weltweit prominenten Empfängern von Klimafinanzierung. So führt sie etwa die Liste der Empfänger von EU-Klimaförderung an und steht im Hinblick auf internationale Fördermittel auf Platz fünf der Rangliste. Zum Green Climate Fund allerdings besteht aufgrund der Blockadehaltung v. a. von G77-Ländern und China bislang kein Zugang, dies wird von der Türkei jedoch als eine der Bedingungen für die Ratifizierung des Pariser Abkommens aufgeführt.
Dem gegenüber steht das türkische Engagement im Bereich der freiwilligen Emissionsmärkte, in denen die Türkei bereits seit 2005 aktiv ist. Zwischen 2007 und 2015 verkaufte das Land ca. 35 Millionen Tonnen CO2-Zertifikate im Wert von mehr als 200 Millionen US-Dollar, es gehört damit zum größten Anbieter in Europa. Allein in 2015 wurde die Hälfte der europäischen Transaktionen mit der Türkei abgewickelt, insgesamt 3,1 Millionen Tonnen. Weltweit rangiert die Türkei damit hinter den USA, Indien und Indonesien auf Rang vier der Anbieter freiwilliger Emissionsausgleich-Zertifikate, in etwa auf gleicher Höhe mit Kenia und Brasilien. Aufgrund des Preisverfalls der Zertifikate hatte sich der Umsatz jedoch erheblich verringert. Die meisten der Zertifikate stammen aus Wind- oder Wasser-kraftprojekten sowie aus Methan-Einsparungen auf Mülldeponien. Zu diesem Engagement im Bereich der freiwilligen Emissionsmärkte kommt noch hinzu, dass die türkische Gesetzgebung an den Voraussetzungen für eine formale Anbindung an das europäische EHS arbeitet. Inwieweit dies jedoch Wirklichkeit werden kann, bleibt abzuwarten.
Subsahara-Afrika
Die Frage, ob afrikanische Länder eine CO2-Bepreisung auf nationaler Ebene einführen sollten, wird in der Region aktuell tatsächlich diskutiert. Nachdem Südafrika im Sommer 2019 eine CO2-Steuer eingeführt hatte, denken offenbar nun auch Burkina Faso, die Côte d’Ivoire, Ruanda, Senegal und Nigeria über eine CO2-Bepreisung nach. Auch das Interesse afrikanischer Länder an einer Reformierung des Subventionssystems für fossile Brennstoffe nimmt zu. Ob sich dieses Interesse auch auf die Einführung einer CO2-Steuer oder eines EHS auf regionaler und nationaler Ebene bezieht, hängt davon ab, wie die CO2-Bepreisung in Abwesenheit einer eindeutigen Definition in einschlägigen Vereinbarungen und Absichtserklärungen interpretiert wird. In vielen Dokumenten ist lediglich die Rede von einer Bepreisung auf dem internationalen Markt.
Insgesamt sind erste Anzeichen zu beobachten, die darauf schließen lassen, dass sich die Länder in Subsahara-Afrika auf Initiativen zur CO2-Bepreisung auf dem Kontinent vorbereiten. Allerdings legten die meisten afrikanischen Länder (insgesamt 35) in ihren NDCs fest, dass sie bei der Finanzierung von Klimaschutzaktivitäten auf die Hilfe von internationalen Märkten angewiesen seien. Ein Beispiel dafür sind die unter Artikel 6 des Pariser Abkommens vorgesehenen Marktmechanismen. Damals war die Haltung in den Absichtserklärungen, dass die Länder mit geringen Emissionen Kohlenstoffgutschriften auf dem internationalen Markt verkaufen könnten. Von den Ländern Subsahara-Afrikas erklärte nur Südafrika in seinen NDCs die Absicht, eine CO2-Bepreisung in Form einer CO2-Steuer im eigenen Land einzuführen (dies geschah am 1. Juni 2019).
Seit der Ausarbeitung der NDCs haben sich verschiedene afrikanische Länder, wie Burkina Faso, die Côte d‘Ivoire, Ruanda und Nigeria dazu bereit erklärt, die CO2-Bepreisung auf nationaler Ebene voranzutreiben. Kenia arbeitet an einer Plattform für Emissionshandel, doch nur wenige andere afrikanische Länder zeigen Interesse daran, eine CO2-Steuer oder ein Emissionshandelssystem einzuführen. Zehn Länder in Subsahara-Afrika erwähnen eine CO2-Bepreisung in ihren NDCs. Doch sie tun dies hauptsächlich, indem sie sich als Verkäufer von Gutschriften und Kompensationen auf dem internationalen Markt positionieren und so an der internationalen CO2-Bepreisung teilnehmen wollen.
Kenia, Sambia und Lesotho gaben an, dass sie die Möglichkeit nicht ausschließen, den internationalen Markt dazu zu nutzen, die Klimaschutzziele in ihren NDCs zu erreichen. Nur Südafrika erwähnte eine CO2-Steuer und kein Land erwähnte ein EHS. Länder wie Madagaskar, Angola, Malawi, die Demokratische Republik Kongo und Sambia beziehen sich auf das REDD+ (United Nations Collaborative Programme on Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation in Developing Countries) Konzept und führen auf, inwieweit verschiedene Projekte in den jeweiligen Ländern für die Einhaltung ihrer Klimaziele relevant sind. Dies unterstreicht das Potenzial für Results-Based Climate Finance (RBCF) und die Rolle unkonventioneller Mechanismen zur CO2-Bepreisung. Obwohl es zum Zeitpunkt der NDC-Formulierung kein weitverbreitetes Interesse an nationalen CO2-Steuern oder EHS gab, wurde der Wert von Projekten z. B. unter REDD+ als wichtige Finanzquelle für die Realisierung von Klimazielen erkannt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass dort, wo NDCs CO2-Bepreisungen erwähnen, nicht von einer Steuer oder EHS die Rede ist. Außerdem sind die Formulierungen bezüglich einer CO2-Bepreisung größtenteils ungenau und vorläufig. Es fehlt an Details, wie ein offizielles System zur CO2-Bepreisung auf nationaler Ebene entwickelt werden kann. Viele Absichtserklärungen beschränken sich auf, aus Kyoto abgeleitete, projektbasierte Handlungen, bei denen der inländische Wert von CO2 durch die traditionelle Marktdynamik festgelegt wird. Dieser Ansatz geht von einer weitreichenden internationalen CO2-Bepreisung in der Zukunft aus. Diese Herangehensweise ist nicht überraschend, weil viele der Länder südlich der Sahara bisher nur mit traditionellen Ansätzen zur CO2-Bepreisung, wie dem Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, CDM), in Berührung gekommen sind. Es herrscht auch ein Mangel an Forschung und Analyse zu der Frage, was eine ganzheitlichere Perspektive der CO2-Bepreisung, vor allem in Afrika, beinhalten könnte (z. B. RBCF). Folglich gibt es keine Informationen, die den NDCs als Referenzen zum CO2-Preis in diesem erweiterten Bereich dienen könnten.
Seit 2015, als die INDCs (heute die NDCs) verfasst wurden, scheint es mehr Diskussion um konventionelle Ansätze zur CO2-Bepreisung (CO2-Steuern und ETS) zu geben, doch in offiziellen Stellungnahmen fehlen diese immer noch – meist kommen sie nur in Absichtserklärungen regionaler Gremien und Foren vor. Auf der African Climate Week 2019 in Ghana zeigte sich aufgrund dessen, dass Afrika nur drei Prozent der weltweiten Emissionen verursacht, die Mitigation keine politische Priorität darstellt. Stattdessen solle, so das Fazit der Veranstaltung, der Fokus auf der Bereitstellung von finanziellen Mitteln liegen, die der breiten Masse der afrikanischen Bevölkerung zugutekommen und eine nachhaltige Entwicklung fördern. Dessen ungeachtet haben sich kürzlich zwei Bündnisse zu CO2-Märkten und Klimafinanzierung in der Region gebildet. Die West African Alliance on Carbon Markets and Climate Finance (WAA) und die East African Alliance on Carbon Markets and Climate Finance (EAA). Die WAA besteht aus 16 Mitgliedstaaten und hat das Ziel, der West African Economic Area (ECOWAS) mithilfe von Kooperationen und Hilfe zur Selbsthilfe einen frühen Zugang zu Kohlenstoffmärkten und zur Klimafinanzierung zu bieten.
Hinzu kommt, dass afrikanischer Vertreter der Vulnerable Twenty (V20)-Gruppe (die Komoren, Demokratische Republik Kongo, Kenia, Madagaskar, Malawi, Ruanda und Tansania) ebenfalls eine regionale Absicht in Bezug auf die CO2-Bepreisung äußerten. Sie fordern unter anderem Subventionen für fossile Brennstoffe bis spätestens 2020 mithilfe geeigneter Instrumente abzuschaffen, Mechanismen zur CO2-Bepreisung bis 2025 einzuführen und gemeinsam daran zu arbeiten, eine CO2-Bepreisung für alle Arten von Emissionen einzuführen. Allerdings ist auch bei der Stellungnahme der V20-Gruppe nicht klar ersichtlich, was genau unter einer CO2-Bepreisung zu verstehen ist. Mit Blick auf die NDCs dieser Länder liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um Projekte wie den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung handelt.
Es scheint vor allem in Westafrika auf regionaler Ebene Bewegungen hin zu einem Momentum für CO2-Bepreisungen zu geben. Es besteht außerdem Interesse an der Reduktion der Subventionen für fossile Brennstoffe. Vor einer eventuellen Einführung von Mechanismen zur CO2-Bepreisung auf nationaler Ebene sind jedoch noch intensive Analysen über die etwaigen Wirkungen notwendig. Es ist fraglich, ob Länder in Subsahara-Afrika in der Lage wären, die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Kosten überhaupt zu tragen. Außerdem müsste eine beachtliche institutionelle Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, um derartige Systeme zu schaffen und an die nationalen Rahmenbedingungen anzupassen. Vor allem dort, wo eine CO2-Steuer oder ein EHS nicht infrage kommen, müssen andere Formen der CO2-Bepreisung, wie RBCF sowie der Abbau von Subventionen für fossile Brennstoffe stärker als Alternative diskutiert werden.
Fazit
Die Bepreisung von CO2 erfolgt, auch wenn sie oftmals kein populäres und der Öffentlichkeit bekanntes Instrument darstellt, mittlerweile in zahlreichen Ländern Asiens, des Pazifiks, Lateinamerikas und Afrikas. Hinzu kommen die Erprobung und Entwicklung von ersten Plänen für eine Einführung etwaiger CO2-Bepreisungsansätze in den Regionen. Die Ausgangsbasis bilden fast immer die NDCs, die die Länder im Rahmen des Klimaabkommens von Paris als freiwillige Selbstverpflichtung eingegangen sind.
Es zeigt sich jedoch ein deutlicher Unterschied zwischen entwickelten Ländern, die zum Teil bereits komplexe CO2-Bepreisungsregime wie EHS auf nationaler oder föderaler Ebene implementiert haben und Schwellenländern, die beginnen erste Erfahrungen mit Pilotprogrammen auf freiwilliger Basis und überwiegend auf Grundlage von CO2-Steuermodellen zu sammeln. In Entwicklungsländern sind indes kaum realisierte CO2-Bepreisungsansätze zu finden. Allerdings finden dort zum Teil sehr intensive Auseinandersetzungen zu diesen Instrumenten statt. Hier artikuliert sich dann auch oft der Wunsch nach alternativen CO2-Einsparmodellen, die weder auf Steuer noch auf EHS basiert sind.
Von besonderer Bedeutung für den globalen Klimaschutz sind die Schwellenländer. Sie emittieren zusammengenommen den Großteil aller Emissionen weltweit. Zugleich subventionieren sie oftmals große Mengen fossiler Energieträger, um vor allem den armen Bevölkerungsschichten einen günstigen oder überhaupt Zugang zu Energie zu ermöglichen. Die Auswirkungen des Klimawandels, die in einigen Regionen dieser Länder längst Alltag sind, führen jedoch nicht zu einem politischen Umdenken. Die Sicherung der Energieversorgung für das Wirtschaftswachstum als Garant für Wohlstand hat absolute Priorität. Der Abbau von Subventionen für fossile Energieträger ist damit politisch schwer durchsetzbar. Für potenziell Energie verteuernde wirkungsvolle CO2-Bepreisungsansätze entsteht damit ebenfalls ein schwieriges Umfeld. Auch der in Asien und Pazifik, Lateinamerika und Afrika teilweise massiv stattfindende Ausbau der erneuerbaren Energien, als Alternative zu fossilen Energieträgern, hat es damit schwer den Energiemarkt über den Wettbewerb zu durchdringen, obwohl die erneuerbaren Energien mittlerweile konkurrenzfähig sind.
Ungeachtet des schwierigen politischen Umfeldes für CO2-Bepreisung, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, ist das Instrument auf dem Vormarsch. Zahlreiche internationale Organisationen fördern diese Entwicklung, indem sie institutionelle und technische Hilfestellung leisten. Zugleich sind immer mehr Initiativen zur regionalen und überregionalen Verbindung von EHS zu beobachten. Inwieweit das ausreicht, um mittelfristig überall auf der Welt wirkungsvolle CO2-Bepreisungsansätze herbeizuführen, bleibt jedoch offen. Selbst in Deutschland wird der Bundesregierung vorgeworfen, die selbstgesteckten Ziele mit dem neuen CO2-Bepreisungsansatz nicht erreichen zu können. Für den Kampf gegen den Klimawandel ist es deshalb von besonderer Bedeutung noch stärker gegen Subventionen für fossile Energieträger vorzugehen und zugleich Platz für energietechnologische Innovation ohne Denkverbote zu schaffen. Zugleich gilt es, sich auf die immer stärker werdenden und nicht mehr verhinderbaren Auswirkungen des Klimawandels einzustellen. Die Klimakatastrophenprävention wird vermutlich das globale Thema des kommenden Jahrzehnts werden.
Anja Berretta ist Leiterin des Regionalprogramms Energiesicherheit und Klimawandel in Subsahara-Afrika der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Kamerun.
Daniela Diegelmann ist Leiterin des Regionalprogramms Energiesicherheit und Klimawandel Naher Osten und Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Marokko.
Dr. Christian Hübner ist Leiter des Regionalprogramms Energiesicherheit und Klimawandel Asien und Pazifik der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Hongkong.
Nicole Stopfer ist Leiterin des Regionalprogramms Energiesicherheit und Klimawandel Lateinamerika der Konrad-Adenauer-Stiftung mit Sitz in Peru.