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Auslandsinformationen

Endlich ein Durchbruch?

von Marc Frings, Johannes Lutz

Zur Wiederbelebung des gemeinsamen israelisch-palästinensischen Wasserkomitees

Der krisengeschüttelte Nahe Osten zählt zu den wasserärmsten Regionen der Welt. An der Frage einer gerechten Verteilung der grenzüberschreitenden Ressource Wasser entzünden sich regelmäßig Konflikte. Ungeklärte Wasserfragen erweisen sich auch als Hemmnis für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Durch die Wiederbelebung des gemeinsamen israelisch-palästinensischen Wasserkomitees ist es nach jahrelangem Stillstand zu einer Annäherung im Wassersektor gekommen. Gelingt nun der Durchbruch?

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Ein palästinensischer Junge steigt durch eine Öffnung in der israelischen Mauer in Shuafat im Westjordanland in der Nähe zu Jerusalem.

Einleitung

Während des Sommers haben Unruhen rund um den Jerusalemer Tempelberg/al-Haram ash-Sharif für Schlagzeilen gesorgt. Trotz der religiösen Einfärbung dieser Ereignisse kreist der israelisch-palästinensische Konflikt im Kern um territoriale Fragen. Auf der Agenda künftiger Friedensgespräche werden geostrategische Fragen wie etwa jüdische Siedlungen, palästinensische Flüchtlinge, der Status von Jerusalem, Grenzen und Sicherheit sowie Ressourcenfragen stehen. Wasser nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein: Der gerechte Zugang zu natürlichen Ressourcen ist eng mit Fragen nach wirtschaftlicher Entwicklung, Bevölkerungswachstum sowie Gesundheit und Abwasser verbunden. Die Knappheit natürlicher Wasservorkommen im Nahen Osten und das damit oftmals postulierte Konfliktpotenzial verleihen diesen Fragen zusätzliches Gewicht.

Ein Blick auf die geologische Landkarte zeigt, dass Wasser keine Grenzen kennt: Die zentralen Wasserquellen – der Jordan und der Berggrundwasserspeicher – liegen sowohl auf israelischem Gebiet als auch unterhalb des palästinensischen Westjordanlandes. Wird keine für beide Parteien akzeptable Wasseraufteilung gefunden, könnte dies die Region weiter destabilisieren. Allerdings könnte der grenzüberschreitende Charakter auch konstruktiv genutzt werden, um jenseits von Endstatusverhandlungen die Lebensbedingungen der Menschen zwischen Mittelmeer und Jordan schon heute spürbar zu verbessern. Da ernsthafte regionale und internationale Bemühungen zur Reaktivierung des Friedensprozesses derzeit nicht zu erwarten sind, sollte der Ressourcenfrage besondere Aufmerksamkeit zukommen.

Die Entwicklungen der letzten Monate zeigen, dass daran hinter verschlossener Tür gearbeitet wurde. Im Januar dieses Jahres wurde nach sechsjähriger Pause das gemeinsame israelisch-palästinensische Wasserkomitee wiederbelebt. Seit der Unterzeichnung des Interimsabkommens von 1995 (Oslo II) zwischen der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und Israel ist es dafür zuständig, wasser- und abwasserbezogene Infrastrukturprojekte im Westjordanland zu genehmigen. 2010 kündigten die Palästinenser ihre Kooperation im Wasserkomitee auf, da Israel Zusagen für palästinensische Anträge davon abhängig machte, ob Infrastrukturprojekte für die nach Völkerrecht illegalen israelischen Siedlungen bewilligt würden. Die palästinensische Seite geriet durch diesen Abhängigkeitsmechanismus zunehmend unter Druck, da jede Zustimmung für ein israelisches Projekt als nachträgliche Anerkennung der Siedleraktivitäten hätte gewertet werden können. Das neu unterzeichnete Abkommen hat diesen Streitpunkt überwunden, indem neue Regularien für das gemeinsame Wasserkomitee festgelegt wurden. Unter anderem sollen künftig ausschließlich palästinensische Anträge behandelt werden; bestimmte Projekte sind zudem von der Pflicht der Einholung einer Genehmigung befreit. Parallel wurde die neue Annäherung im Wassersektor durch Jason Greenblatt gestützt, der in der Regierung von US-Präsident Donald Trump für internationale Verhandlungen zuständig ist. In Jerusalem machte er im Juli ein neues Abkommen bekannt, wonach Israel zusätzliche 32 Millionen Kubikmeter Wasser an die Palästinenser im Westjordanland und dem Gazastreifen liefern wird.

Ausgehend von den jüngsten Annäherungen zwischen Israelis und Palästinensern auf diesem Gebiet untersucht der Beitrag, ob es sich hierbei um Symbolpolitik oder um einen echten Durchbruch im Wassersektor handelt. Hierfür wird das gemeinsame israelisch-palästinensische Wasserkomitee genauer betrachtet. Zunächst wird der Blick auf das Interimsabkommen von 1995 sowie die regulatorischen Rahmenbedingungen des gemeinsamen Wasserkomitees und dessen Implementierung bis 2010 gerichtet. Anschließend werden der Inhalt des neuen Abkommens sowie die Beweggründe für die Wiederbelebung des gemeinsamen Wasserkomitees erörtert. Der Beitrag schließt mit einer Diskussion über die möglichen Auswirkungen, Chancen und Risiken des neuen Abkommens.

Wasser – eine umkämpfte Ressource

Der Sechstagekrieg von 1967 endete mit einem Sieg Israels über seine arabischen Nachbarstaaten. Zugleich war er der Startschuss für die Besetzung des Westjordanlandes (einschließlich Ost-Jerusalems), des Gazastreifens, der Golanhöhen und der Sinai-Halbinsel. Mit diesen Eroberungen gerieten nicht nur das Land und dessen Bewohner, sondern auch die vorhandenen Ressourcen unter israelische Kontrolle. Darin miteingeschlossen sind die natürlichen Wasservorkommen des Westjordanlandes, die angesichts der geringen Niederschlagsmengen in der Region eine wichtige strategische Ressource darstellen. Bis heute greift Israel für den eigenen Verbrauch auf Wasserressourcen zurück, die sich ganz oder teilweise außerhalb der Grenzen von 1967 und somit auf von Palästinensern beanspruchten Gebieten befinden. Diesen fehlt hingegen weiterhin ein angemessener Zugang zum Grundwasser unter dem Westjordanland.

Eine Ursache hierfür kann im Interimsabkommen von 1995 gesehen werden, welches das bis heute umfassendste Vertragswerk zwischen der PLO und Israel darstellt. Das Abkommen leitete eine fünfjährige Übergangsperiode ein, während der – als Vorbereitung zu einer palästinensischen Staatlichkeit – schrittweise Kompetenzen und Gebiete an die ein Jahr zuvor ins Leben gerufene Palästinensische Autonomiebehörde (PA) übertragen werden sollten. Entwicklungen wie die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin 1995, die Wahl des konservativen Politikers und Oslo-Kritikers Benjamin Netanjahu als sein Nachfolger im darauffolgenden Jahr, der fortschreitende Ausbau israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten und eine Terrorwelle radikaler palästinensischer Organisationen haben früh dazu geführt, dass sich der anvisierte Zeitrahmen verzögerte und schließlich nicht eingehalten wurde.

Bis heute haben die Palästinenser keinen angemessenen Zugang zum Grundwasser unter dem Westjordanland.

Auch nach dem offiziellen Verstreichen der Interimsperiode im Jahr 1999 hat sich am Referenzcharakter von Oslo II nichts geändert: Das eigentlich temporäre politische System der PA und die Übergangsregeln für die bilateralen Beziehungen zwischen Ramallah und Jerusalem bestehen bis heute fort. Inzwischen hat vor allem auf palästinensischer Seite eine kritische Evaluierung von Oslo II eingesetzt. So wurde etwa auf die Tendenz des ersten PA-Präsidenten Jassir Arafat hingewiesen, seine Verhandlungsteams auch kurzfristig umzugestalten und nicht ausreichend auf Expertenwissen zurückzugreifen. Demgegenüber ging Israel mit klaren Zielsetzungen in die Verhandlungen. So wurde für die Interimsperiode etwa auf Vereinbarungen verzichtet, die während der späteren Endstatusverhandlungen als Präzedenzfälle hätten gewertet werden können. Im Ergebnis wurde mit Zustimmung der PLO eine Realität geschaffen, die in vielfacher Hinsicht das vorherige Besatzungsregime widerspiegelt.

Dieser Prozess lässt sich exemplarisch an den Regularien für den Wassersektor verdeutlichen, die in Artikel 40 des dritten Anhangs des Interimsabkommens dargelegt sind. Während der Verhandlungen drohten Wasserfragen das gesamte Vertragswerk zum Scheitern zu bringen, weswegen die palästinensische Delegation unter erheblichem Druck stand. Gleichzeitig wurden palästinensische Vertreter während der entscheidenden Sitzungen weitgehend ausgeschlossen und lediglich durch einen fachfremden Delegierten vertreten. Israel erkannte die palästinensischen Wasserrechte im Westjordanland zwar an, allerdings sollten diese Rechte erst in den Endstatusverhandlungen geklärt werden. Ferner wurde festgelegt, dass für die Dauer der Interimsperiode die bestehenden israelischen Nutzungsmengen im Westjordanland beibehalten werden sollten. Da die Endstatusverhandlungen ausblieben, werden diese Übergangsregeln weiter angewandt.

Das Oslo-II-Abkommen sichert Israel Wassernutzungsrechte im Westjordanland zu.

Das Interimsabkommen hat auch für die PA feste Förderquoten festgelegt. Die über dem Westjordanland jährlich ins Grundwasser eindringende Wassermenge wird im Interimsabkommen auf 679 Millionen Kubikmeter (679 Kubikhektometer) angesetzt. Hiervon darf die PA 118 Kubikhektometer pro Jahr entnehmen, was der palästinensischen Fördermenge in der Zeit vor dem Interimsabkommen entspricht. Zudem wurde festgelegt, dass die PA für die Deckung ihres künftigen Bedarfs weitere 80 Kubikhektometer pro Jahr benötigt. Diese sollten größtenteils durch neue Brunnen im Westjordanland gewonnen werden. Das Interimsabkommen berücksichtigte somit weder klimatische noch demografische Veränderungen und auch nicht die Tatsache, dass im Falle eines Scheiterns des Friedensprozesses der vertragliche Status quo die Realität bestimmen würde.

In der Analyse der heutigen Fördermengen nennen beide Seiten unterschiedliche Zahlen: Israel argumentiert, die palästinensische Fördermenge sei seit der Unterzeichnung des Interimsabkommens deutlich gestiegen. So seien etwa der Bau dutzender Brunnen genehmigt und bestehende Systeme an die PA übergeben worden. Zudem habe die PA im Westjordanland zahlreiche illegale Brunnen errichtet, die 2009 rund zehn Kubikhektometer gefördert haben sollen. Palästinensische Behörden argumentieren hingegen, durch technische und bürokratische Hürden sei die tatsächliche Fördermenge mit lediglich 87 Kubikhektometern im Jahr 2011 auf einen Tiefststand gefallen; 2013 lag die entnommene Menge mit 106,9 Kubikhektometern nach dieser Darstellung noch immer deutlich unter den zugesicherten Fördermengen. Auch über zwanzig Jahre nach der Unterzeichnung des Interimsabkommens hat die Frage nach palästinensischen Wasserrechten somit kaum an Brisanz verloren. Im Gegenteil: Die Konfliktanalyse ist durch eine unterschiedliche Betrachtung der Kennzahlen komplizierter geworden.

Ein gemeinsames Wasserkomitee – aber nur für das Westjordanland

Das Recht auf gerechte und angemessene Nutzung gemeinsamer Wasservorkommen ist ein international akzeptiertes Prinzip des Völkerrechts. Im Fall der Palästinensischen Gebiete kann jedoch nicht von einem unabhängigen Staat im völkerrechtlichen Sinn gesprochen werden. Die PA hat daher keinen Zugriff auf die nötigen Rechtsmittel, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Das Völkerrecht stellt dennoch eine Richtschnur für Standards und Prinzipien dar, die auch an die Beziehungen zwischen Israel und der PA angelegt werden können.

Die Region verfügt im Wesentlichen über drei gemeinsame Wasservorkommen, für die sowohl die PA als auch Israel ein Recht auf gerechte und angemessene Nutzung haben und für die eine Kooperation sinnvoll erscheint. Im Fall des Küstengrundwasserspeichers entlang der Mittelmeerküste üben die PA und Israel die jeweilige Kontrolle aus; eine formale Kooperation findet nicht statt. Jedoch wäre eine Zusammenarbeit zwingend erforderlich, um die Überbeanspruchung des Grundwasserspeichers zu regulieren. Der Gazastreifen wird seit 2007 von der Hamas regiert und entzieht sich der Kontrolle der PA. Aufgrund geringer Liefermengen aus Israel ist die Bevölkerung auf die Wasserentnahme aus dem Grundwasserspeicher angewiesen. Durch die Übernutzung des Wasserspeichers fällt der Grundwasserspiegel kontinuierlich. Mit der zunehmenden Einsickerung von Meerwasser droht der Grundwasserspeicher in wenigen Jahren für den menschlichen Verbrauch gänzlich ungeeignet zu werden. Im Falle des Jordans ist die PA in keine der regionalen Regulierungsmechanismen eingebunden. Bevor der Jordan das Westjordanland als verschmutztes Rinnsal erreicht, haben Israel und die arabischen Anrainer bereits bis zu 95 Prozent des ursprünglichen Durchflusses umgeleitet.

Abb. 1: Wasserressource Jordan und Grundwasserspeicher

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Quelle: Eigene Darstellung nach ArcWorld, UN Geospatial Information Section, DCW, Palestinian Environmental Quality Authority 2002.

Das dritte geteilte Wasservorkommen ist der Berggrundwasserspeicher zwischen dem Westjordanland und Israel. Für dieses Wasservorkommen wurde durch Oslo II das gemeinsame israelisch-palästinensische Wasserkomitee als Koordinierungsmechanismus etabliert. Seine Aufgabe ist es, die Bestimmungen des Artikels 40 im Westjordanland umzusetzen. Dies bedeutet in erster Linie, geplante Infrastrukturmaßnahmen im Wassersektor zu genehmigen. Obwohl das Wasserkomitee zu je gleichen Teilen aus palästinensischen und israelischen Vertretern besteht, zeigt ein Blick auf die geografischen Eigenheiten ein Ungleichgewicht zugunsten Israels.

Kernmerkmal geteilter Wasservorkommen ist, dass sie sich nicht nur auf ein administratives Gebiet begrenzen, sondern das Territorium mehrerer Parteien betreffen. Im Falle des Berggrundwasserspeichers erstreckt sich der Geltungsbereich des gemeinsamen Wasserkomitees jedoch nur auf eben diesen Teil unter dem Westjordanland. Die meisten israelischen Pumpstationen über dem Berggrundwasserspeicher befinden sich außerhalb des Westjordanlandes und unterliegen somit nicht den Bestimmungen des gemeinsamen Wasserkomitees. Obwohl der Berggrundwasserspeicher maßgeblich durch Niederschläge über dem Westjordanland aufgefüllt wird, entfielen im Jahr 2015 lediglich 14 Prozent der Fördermenge auf die PA, der Rest wurde von Israel entnommen. Auch wenn dem gemeinsamen Wasserkomitee oftmals ein koordinierender Charakter zugeschrieben wurde, muss dies aufgrund der eingeschränkten geografischen Ausdehnung seines Geltungsbereiches mit Vorsicht betrachtet werden. Während Israel ein Mitspracherecht über Projekte im Westjordanland besitzt, hat die PA keine rechtliche Möglichkeit, die Nutzung des gemeinsamen Grundwasserspeichers auf israelischem Staatsgebiet zu kontrollieren.

Eine weitere geografische Eigenheit ergibt sich aus der politischen Topografie des Westjordanlandes. Das Interimsabkommen hat das Westjordanland in A-, B- und C-Gebiete eingeteilt. Die A- und B-Gebiete unterliegen der vollen zivilen Kontrolle der PA; in den A-Gebieten hat die PA zusätzlich auch die Sicherheitsverantwortung inne. Die Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung wohnt in diesen (semi-)urbanen Zentren, die zusammen rund 40 Prozent des Westjordanlandes ausmachen. Die C-Gebiete umfassen dessen restliche 60 Prozent und unterliegen voller israelischer Kontrolle. Hier leben 300.000 Palästinenser an der Seite von knapp 600.000 jüdischen Siedlern, die sich auf etwa 250 Siedlungen und Außenposten verteilen. Wichtige Komponenten einer palästinensischen Wasserinfrastruktur müssen aufgrund von Umweltfaktoren und Standorterwägungen in den dünnbesiedelten C-Gebieten liegen, da die unter PA-Kontrolle stehenden A- und B-Gebiete nicht ausreichend Raum hierfür bieten. In der Praxis bedeutet dies, dass die PA für neue Projekte oder Instandhaltungsmaßnahmen in

den A-, B- und C-Gebieten das gemeinsame Wasserkomitee anrufen musste. Möchte sie in den C-Gebieten operieren, muss sie zusätzlich eine Zustimmung beim Bau- und Planungs-Komitee der israelischen Zivilverwaltung für das Westjordanland einholen. Dies ist die Instanz, die innerhalb der israelischen Armee die besetzten Gebiete administriert.

Implementierung des gemeinsamen Wasserkomitees bis 2010

Das geografisch bedingte Ungleichgewicht zugunsten Israels wurde bis 2010 durch die Etablierung israelischer Interpretationen vager Richtlinien weiter verstärkt. So war zunächst etwa nicht genau kodifiziert, ab welchen Dimensionen Infrastrukturprojekte eine Genehmigung benötigen. Erst während der Arbeit des gemeinsamen Wasserkomitees setzte sich beispielsweise durch, dass für Leitungen mit mehr als fünf Zentimeter (zwei Inch) Durchmesser oder 200 m Länge Genehmigungen erforderlich seien. Diese Interpretation entspricht der Vorgehensweise vor der Unterzeichnung des Interimsabkommens; damals mussten Projekte dieser Dimensionen von der israelischen Zivilverwaltung genehmigt werden.

Seine Zustimmung zu palästinensischen Projekten machte Israel von der Genehmigung eigener Anträge zur Versorgung jüdischer Siedlungen abhängig.

Zudem wurde zunächst angenommen, Artikel 40 betreffe lediglich den palästinensischen Wassersektor des Westjordanlandes. Israel begann jedoch zügig damit, eigene Anträge einzureichen, die sich auf die Anbindung von Siedlungen an das israelische Wassernetz bezogen. Hierbei etablierte sich die Praxis, die Zustimmung zu palästinensischen Projekten von der Genehmigung israelischer Anträge abhängig zu machen. Bis 2010 wurden Genehmigungen für mehr als 100 Infrastrukturprojekte erteilt, die primär der Versorgung israelischer Siedlungen dienten. In der Praxis setzte sich Israel über das Genehmigungsverfahren häufig hinweg und verwirklichte einseitig Projekte in den von ihm kontrollierten C-Gebieten, ohne eine Entscheidung des Wasserkomitees abzuwarten. Der PA bleibt eine solche Option hingegen verwehrt, da Israel nicht genehmigte palästinensische Bauaktivitäten konsequent unterbindet.

In der Arbeitspraxis des gemeinsamen Wasserkomitees zeichnete sich zudem eine Bevorzugung israelischer Projekte ab. Von den bis 2008 eingereichten 135 israelischen Anträgen wurde nur einem die Genehmigung verweigert. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der israelischen Anträge lag bei rund 70 Tagen. Statistiken für die im gleichen Zeitraum eingereichten 602 palästinensischen Anträge sind unvollständig, geben aber eine deutlich niedrigere Genehmigungsquote zu erkennen. So wurden die 188 Anträge zur Renovierung, zum Ausbau und zur Neuerrichtung von Brunnen nur in 33 bis 66 Prozent der Fälle genehmigt. Vor allem die 32 genehmigten Anträge für neue Brunnen haben teilweise mehrjährige Verzögerungen erfahren. So wurden acht im Jahr 1996 beantragte Brunnen erst 25 Monate später durch das gemeinsame Wasserkomitee genehmigt. Weitere acht im Jahr 2001 genehmigte Brunnen haben erst 2009 eine teilweise Baugenehmigung durch die israelische Zivilverwaltung erhalten.

Unter dem Anschein von Kooperation und der scheinbar freimütigen Zustimmung durch die PA holte Israel Genehmigungen zum Ausbau der Infrastruktur jüdischer Siedlungen ein. Gleichzeitig blockierte das Land den Ausbau des palästinensischen Wassersektors und zementierte den ungleichen Zugang zu Wasservorkommen. Bis weit nach dem offiziellen Auslaufen der fünfjährigen Interimsperiode hat sich die PA auf diese Praxis eingelassen. Ein plausibler Grund hierfür war der Handlungsdruck aufgrund des schlechten Zustands der palästinensischen Wasserinfrastruktur. So waren 2015 noch immer sieben Prozent der Haushalte noch nicht an ein Wassernetz angeschlossen. 80 von 524 palästinensischen Gemeinden sind zudem komplett von einem geordneten Abwassersystem abgeschnitten. Die Herangehensweise der PA an das gemeinsame Wasserkomitee änderte sich erst mit der Ernennung von Shaddad Attili zum neuen Minister der palästinensischen Wasserbehörde im Jahr 2010. Nachdem die palästinensische Seite sich zuerst weigerte, die Protokolle des Gremiums zu unterschreiben, wurde die Mitarbeit schließlich ausgesetzt.

Nach sechs Jahren Pause: Neue Regeln für das gemeinsame Wasserkomitee

Die Herangehensweise der PA änderte sich 2014 erneut, nachdem Mazen Ghoneim zum neuen Minister der palästinensischen Wasserbehörde ernannt worden war. Während des vierjährigen Stopps hatten sich das gemeinsame Wasserkomitee und dessen Sub-Komitees sporadisch und vor allem in Notfallsituationen getroffen, um wichtige Angelegenheiten im Zusammenhang mit bereits genehmigten Wasserprojekten zu besprechen. Unter dem neuen Minister wurden nun auch wieder Verhandlungen über eine formale Wiederbelebung des gemeinsamen Wasserkomitees aufgenommen.

Die Verhandlungen zogen sich über mehrere Jahre hin und fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit und internationaler Vertreter statt. Am 15. Januar 2017 gaben der palästinensische Minister für zivile Angelegenheiten und der israelische Koordinator für Regierungsangelegenheiten im Westjordanland in einer Pressekonferenz die Unterzeichnung eines neuen Abkommens sowie die daraus resultierende Wiederbelebung des gemeinsamen Wasserkomitees bekannt. Berichterstatter hielten sich mit Kommentaren über den Inhalt des Abkommens vor allem deshalb zurück, da der Text zunächst nicht veröffentlicht wurde. Mittlerweile liegt er relevanten internationalen Repräsentanten und Organisationen vor.

Das Abkommen umfasst nur eine Textseite und definiert in knappen Worten neu, welche Projekte künftig eine Genehmigung durch das gemeinsame Wasserkomitee benötigen. Drei Kernbotschaften scheinen besonders relevant zu sein:

  1. Im Gegensatz zum originalen Wortlaut des Artikels 40 wird im neuen Abkommen die palästinensische Wasserbehörde ausdrücklich als einziges Gremium genannt, das Anträge stellen kann. Alles deutet darauf hin, dass israelische Projekte nun nicht mehr von dem gemeinsamen Wasserkomitee behandelt werden.
  2. Alle Projekte, die Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel haben, benötigen weiterhin eine Genehmigung durch das gemeinsame Wasserkomitee. Dies umfasst alle Arbeiten im Zusammenhang mit Wasserquellen sowie Maßnahmen, die die Entnahme von Wasser über die im Interimsabkommen genannten Mengen hinaus erhöhen. Israel behält sich damit das Recht vor, die palästinensische Nutzung natürlicher Wasservorkommen weiterhin zu reglementieren.
  3. Abgesehen von einigen weiteren Einschränkungen scheint eine Vielzahl von Projekten von der Pflicht ausgenommen zu sein, vor ihrer Implementierung eine Genehmigung des gemeinsamen Wasserkomitees einholen zu müssen. Vor allem der Ausbau des Verteilernetzwerks scheint in Zukunft von dieser politischen Hürde befreit zu sein. Der Wortlaut des Abkommens ist jedoch vage gehalten und bietet weiten Interpretationsspielraum.

Faktoren, die das neue Wasserabkommen begünstigt haben

Zeitgleich mit der Unterzeichnung des neuen Wasserabkommens am 15. Januar traten in Paris Repräsentanten von 70 Staaten und internationalen Organisationen zusammen, um unter Ausschluss von Palästinensern und Israelis über einen neuen Anlauf in den Friedensbemühungen zu beraten. Israel brachte bereits Wochen zuvor seine Missbilligung über die Konferenz zum Ausdruck. Der Zusammenfall beider Ereignisse dürfte daher mehr als nur Zufall gewesen sein. Der zeitliche Zusammenhang deutet vielmehr darauf hin, dass die israelische Seite zumindest teilweise darauf zielte, der Konferenz ein Beispiel gelungener regionaler Kooperation entgegenzusetzen. Mit Sicherheit war dies aber nicht der einzige Faktor, der zur Unterzeichnung des neuen Abkommens beigetragen hat.

Auf technologischer Ebene hat die Entsalzung von Meerwasser Israel von einem Staat mit akuten Sorgen hinsichtlich eines zukünftigen Wassermangels zu einem potenziellen Wasserexporteur gewandelt. Schon heute exportiert das Land, das zu 60 Prozent aus Wüste besteht, wasserbezogene Technologien und Expertise im Wert von 2,2 Milliarden US-Dollar. Seit Israel 2005 die erste Entsalzungsanlage in Betrieb genommen hat, wurden die Kapazitäten kontinuierlich erhöht. Mit der bevorstehenden Inbetriebnahme der fünften Anlage wird das Land jährlich 582 Kubikhektometer Wasser entsalzen, was rund zwei Dritteln des häuslichen Verbrauchs entspricht. Durch diese Entwicklung reduziert sich für Israel zumindest theoretisch die strategische Bedeutung der Wasservorkommen des Westjordanlandes. Darüber hinaus ermöglichen die Entsalzungsanlagen dem Land, Wasser vermehrt mit seinen Nachbarn zu teilen.

Für Israel hat sich die strategische Bedeutung der Wasservorkommen im Westjordanland durch die Inbetriebnahme von Entsalzungsanlagen reduziert.

Diesen positiven Entwicklungen steht die weiterhin kritische Lage beim Abwassersystem und bei der allgemeinen Wasserversorgung im Westjordanland und im Gazastreifen gegenüber. Laut Angaben des Palästinensischen Büros für Statistik lag 2015 die Anzahl der an ein Abwassersystem angeschlossenen Haushalte im Norden des Westjordanlandes bei rund 34 Prozent, im Zentrum bei rund 48 Prozent und im Süden bei rund 36 Prozent. Im selben Jahr sollen im Westjordanland rund 66 Kubikhektometer Abwasser angefallen sein, von denen das bestehende Abwassersystem rund 15 Kubikhektometer aufgenommen hat. Nur rund zehn Kubikhektometer wurden teilweise wiederaufbereitet, die restliche Menge versickerte unbehandelt im Boden oder floss oberflächlich ab. Zusammen mit dem teilweise unbehandelten Abwasser aus israelischen Siedlungen stellt dieses Szenario eine deutliche Herausforderung für das stromabwärts gelegene Israel dar. In regelmäßigen Abständen wird dort auf die möglichen Folgen der Umweltverschmutzung hingewiesen. Erst im Mai warnte der staatliche Rechnungsprüfer Joseph Shapira in drastischen Worten vor den Folgen für Mensch und Umwelt sowie für die „politische Sicherheit“ des Landes, sollte weiterhin nichts gegen die Verschmutzung unternommen werden.

Solange das Wasserkomitee keine Entscheidung fällt, besteht die Gefahr, dass sich diese ungünstige Situation weiter verschärft. So droht beispielsweise die Zahl der durch internationale Organisationen und Drittstaaten finanzierten Projekte im palästinensischen Wassersektor auf längere Sicht abzunehmen. Zwar haben Geberorganisationen auch 2017 noch Projekte ausgeführt, allerdings waren diese bereits vor 2010 durch das gemeinsame Wasserkomitee abgesegnet worden. Ohne neue Genehmigungen wird sich der Schwerpunkt dieser Organisationen in den kommenden Jahren wohl auf andere Regionen oder Sektoren verlagern. Es ist daher wenig überraschend, dass internationale Organisationen beide Seiten regelmäßig dazu aufgefordert haben, die Arbeit im gemeinsamen Wasserkomitee wieder aufzunehmen.

Die Wasserproblematik kann auch aus dem Blickwinkel harter Sicherheitserwägungen betrachtet werden. Düstere wirtschaftliche Aussichten im Westjordanland – das Wachstum wird in diesem Jahr bei etwa 3,5 Prozent liegen, die Arbeitslosigkeit rangiert bei 27 Prozent, das Haushaltsdefizit der PA wird auf 1,35 Milliarden US-Dollar anwachsen – und eine Verschlechterung der Sicherheitssituation werden schon seit Jahren mit Sorge registriert. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, versucht die israelische Koordination für Regierungsangelegenheiten im Westjordanland den Lebensstandard der palästinensischen Gemeinden anzuheben. Nach dem angekündigten Aufbau eines 3G-Mobilfunknetzes, der geplanten schnelleren Zustellung internationaler Post und der angestrebten Begleichung palästinensischer Schulden gegenüber den israelischen Elektrizitätswerken ist das Wasserabkommen bereits das vierte Abkommen innerhalb von zwei Jahren. Jedoch lässt die Umsetzung der Abkommen auf sich warten – und damit auch eine spürbare Verbesserung im Alltag der Bevölkerung.

Angesichts dieser Faktoren erscheint der neue Kompromiss für Israel gleich in mehrfacher Hinsicht attraktiv. Die Wiederbelebung des gemeinsamen Wasserkomitees ermöglicht, neue Infrastrukturprojekte im palästinensischen Wassersektor anzustoßen. Dies kann sowohl Gesundheits- und Umweltbelastungen für israelische Staatsbürger reduzieren als auch einen Beitrag zur Absenkung des Konfliktpotenzials im Westjordanland leisten. Hierfür muss Israel kaum direkte Kosten tragen, da diese primär von der PA übernommen werden. Sichergestellt werden muss zugleich, dass die internationale Staatengemeinschaft ihre Entwicklungszusammenarbeit auf konstant hohem Niveau fortführt, da die Autonomiebehörde geberabhängig bleibt, solange es keine Aussicht auf wirtschaftliche Entwicklung und einen verbesserten Außenhandel gibt. Gleichzeitig behält Israel auch unter den neuen Regularien die legale Kontrolle über die von der PA aus den Grundwasserspeichern entnommenen Mengen.

Mögliche Auswirkungen des neuen Abkommens

Am 16. Mai hat das gemeinsame israelisch-palästinensische Wasserkomitee nach einer mehr als sechsjährigen Pause zum ersten Mal wieder getagt. Das Treffen fand unter der Leitung des Ministers der palästinensischen Wasserbehörde und des Vorsitzenden der israelischen Wasserbehörde statt. Vom Treffen selbst sind nur spärliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangt. So wird lediglich darüber berichtet, das Gremium hätte mehrere Themen von gegenseitigem Interesse diskutiert. Weder wurden Entscheidungen zu Wasserprojekten gefällt noch hat sich das Gremium auf einen festen Tagungsrhythmus geeinigt.

Aufseiten der palästinensischen Wasserbehörde ist mit dem neuen Abkommen die Erwartung verknüpft, nun rasch zahlreiche Projekte verwirklichen zu können. Seit 2010 sollen sich insgesamt 97 Projekte angesammelt haben, die einer Genehmigung des gemeinsamen Wasserkomitees bedürfen. Für die Finanzierung und Implementierung der meisten Projekte sollen laut Angaben der palästinensischen Wasserbehörde bereits potenzielle internationale Geber bereitstehen. Auf einer rein technischen Ebene kann jedoch bezweifelt werden, ob viele dieser Projekte tatsächlich ohne größeren Zeitverzug umgesetzt werden können. Größere Infrastrukturprojekte erfordern in der Regel lange Planungsphasen; nach mehrjährigen Verzögerungen werden zahlreiche Projekte zudem mit großer Wahrscheinlichkeit neue Machbarkeitsstudien angesichts veränderter ökonomischer und demografischer Rahmenbedingungen benötigen.

Nicht nur technische Notwendigkeiten, auch die vagen Formulierungen des neuen Abkommens könnten Infrastrukturprojekte weiterhin behindern. So stellt sich die Frage, welche Projekte tatsächlich von der Notwendigkeit eines Antrages befreit sind. Das Abkommen weist unter anderem darauf hin, dass „grenzüberschreitende“ Abwasserprojekte weiterhin Genehmigungen benötigen. Diese Formulierung ist so unklar gehalten, dass die für diesen Beitrag befragten internationale

n Organisationen keine Prognose über die Auslegung der Passage gewagt haben. Weiterhin stellt sich die Frage, welche Regularien in den von Israel kontrollierten C-Gebieten des Westjordanlandes greifen. Das neue Abkommen scheint auch für diese Gebiete zahlreiche Projekte von der Genehmigungspflicht durch das gemeinsame Wasserkomitee zu befreien. Auf palästinensischer Seite besteht die Hoffnung, dass nun insbesondere Infrastrukturprojekte innerhalb palästinensischer Gemeinden in den C-Gebieten durchgeführt werden können. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass alle diese Projekte in den besagten Gebieten auch weiterhin eine Genehmigung der israelischen Zivilverwaltung und von deren Bau- und Planungs-Komitees benötigen. Insofern wird Israel unerwünschte Projekte in den C-Gebieten wohl weiterhin durch bürokratische Schritte behindern können.

Um die Grenzen des neuen Abkommens auszutesten, werden palästinensische Behörden in den nächsten Monaten möglicherweise versuchen, einzelne Projekte ohne vorherige Genehmigung durch das gemeinsame Wasserkomitee zu realisieren. Im Zweifelsfall haben sie jedoch kaum Möglichkeiten, ihre Interpretation des Abkommens mit Nachdruck durchzusetzen. Israelische Behörden haben hingegen schon in der Vergangenheit bewiesen, dass sie nicht davor zurückschrecken, von ihnen als illegal eingestufte Projekte notfalls unter Einsatz israelischer Sicherheitskräfte zu unterbinden. Dies stellt auch internationale Geberorganisationen vor potenzielle politische Herausforderungen. Geber sind in der Regel nur dann gewillt, kapitalintensive Infrastrukturprojekte zu verwirklichen, wenn Bewilligungen der israelischen Behörden vorliegen. Es bleibt fraglich, inwieweit sie bereit sind, Projekte auch ohne ausdrückliche israelische Genehmigung durchzuführen, wenn die Möglichkeit eines nachträglichen israelischen Vetos weiterhin gegeben ist. Dass in den Umgang mit Investitionen in den C-Gebieten Bewegung kommt, zeigt der Ansatz der Europäischen Union: EU-finanzierte Maßnahmen werden künftig auch dann in den C-Gebieten umgesetzt, wenn 18 Monate nach Einreichung eines Masterplans kein Veto der israelischen Zivilverwaltung vorliegt. Dieser Ansatz wird bislang von der EU und einigen ihrer Mitgliedstaaten verfolgt. Es ist jedoch unklar, ob dies auch eine Option für größere Infrastrukturprojekte sein kann. Die deutsche Bundesregierung implementiert Projekte in den C-Gebieten weiterhin nur, wenn dafür eine israelische Genehmigung vorliegt.

Fernab der Diskussion über die praktische Umsetzung des neuen Abkommens sollte somit nicht aus den Augen verloren werden, dass sich das Machtgefälle innerhalb des gemeinsamen Wasserkomitees nicht grundlegend verschoben hat. Das neue Abkommen wird der PA wahrscheinlich ermöglichen, bei der Verwirklichung bestimmter Projekte auf eine bürokratische Hürde zu verzichten. Ohne israelische Zustimmung wird es aber auch künftig nicht möglich sein, zusätzliches Wasser durch neue Leitungen zu pumpen.

Politische Implikationen für die Wasserkooperation in der Region

Begehrte Ressourcen haben weltweit das Potenzial, Konflikte auszulösen und bestehende Spannungen eskalieren zu lassen. Jedoch können sie auch das Gegenteil bewirken: Die Knappheit natürlicher Güter und der Umstand, dass Natur-, Klima- und menschengemachte Umweltkatastrophen keinen Halt an politischen Grenzen machen, können auch integrierend und konfliktregelnd wirken.

Es erscheint daher vernünftig, dass erneut Bewegung in den israelisch-palästinensischen Wasserkonflikt gekommen ist. Vorausgesetzt, die letzten Beschlüsse werden zeitnah umgesetzt, können die Bewohner des Westjordanlandes auf eine bessere Versorgung hoffen. Im Gazastreifen hat sich parallel dazu die humanitäre Lage gravierend verschlechtert, nachdem es dort in den letzten neun Jahren zu drei kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Hamas und Israel gekommen ist. Die Vereinten Nationen warnen davor, dass der Küstenstreifen mit seinen zwei Millionen Einwohnern 2020 unbewohnbar sein wird und die bis dahin erfolgten Umweltbelastungen unumkehrbar sein werden. Die Wassersituation ist hier besonders besorgniserregend, da die einzige natürliche Frischwasserquelle – der Küstengrundwasserspeicher – zu 95 Prozent konterminiert ist und somit nicht mehr als Trinkwasser genutzt werden kann. Dies erhöht einerseits die Risiken für Seuchen und Krankheiten, andererseits aber auch die strategische Abhängigkeit von Wasserimporten. Dass täglich 90 Millionen Liter nahezu ungeklärtes Abwasser von Gaza aus ins Mittelmeer abfließen, weil wegen akuter und immer wiederkehrender Stromkrisen die ohnehin spärlichen Kläranlagen nicht betrieben werden können, spürt auch Israel: Strände müssen regelmäßig schließen und der Betrieb der Entsalzungsanlage im nördlich von Gaza gelegenen Aschkelon musste in der Vergangenheit immer wieder unterbrochen werden. In diesem Licht erscheinen Kooperationsansätze zwischen Israelis und Palästinensern als Beitrag zur Linderung der humanitären Katastrophe, die in Gaza drohen könnte. Eine zumindest verhalten positive Nachricht für die Bewohner des Gazastreifens dürfte die Vereinbarung sein, die durch die Vermittlung der USA im Juli zustande gekommen ist: Israel erklärte sich bereit, von den zusätzlich in Aussicht gestellten 32 Kubikhektometern Wasser zehn für rund 75 Cent pro Kubikmeter in den Gazastreifen zu liefern.

Die Annäherung in diesem spezifischen Sektor belegt, dass Israelis und Palästinenser zu pragmatischen Schritten bereit sind. Jedoch wird die politische Strahlkraft dieser Entscheidung dadurch gemindert, dass die jüngste Vereinbarung lediglich einseitige Allokationsgrenzen erhöht, anstatt der PA das Recht zuzugestehen, eigene Wasserressourcen zu nutzen. Zudem werden die Spielregeln im Wassersektor nicht grundlegend verändert. Im Gegenteil wird am Status quo des israelisch-palästinensischen Konflikts festgehalten: nichts ist geregelt, bis alles geregelt ist. So ist die jüngste Vereinbarung auf der Managementebene angesiedelt, die die Machtasymmetrie stillschweigend bestätigt. Die Chance auf eine Rückkehr zu Friedensverhandlungen – oder auch nur zur Bereitschaft beider Seiten, diese wieder aufzunehmen – bleibt damit unverändert gering.

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Marc Frings ist Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Palästinensischen Gebieten.

Johannes Lutz ist Programm-Manager im Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Palästinensischen Gebieten.

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