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Auslandsinformationen

Jeder ist sich selbst der Nächste

von Anna Reismann

Ugandas Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine

„Wenn Elefanten kämpfen, leidet das Gras.“ Dieses afrikanische Sprichwort ist in Uganda zu hören, wenn es um den aktuellen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und dessen Auswirkungen auf dem afrikanischen Kontinent geht. ­Als die großen Elefanten werden die ­USA beziehungsweise der Westen einerseits und Russland andererseits gesehen. Die politische Elite in Uganda übt sich offiziell in Neutralität, versucht aber die entstandene internationale Lage zum eigenen Vorteil zu nutzen. Deutschland sollte vor diesem Hintergrund die eigenen Interessen und Stärken deutlich definieren und sie gezielt zum beidseitigen Vorteil zum Einsatz bringen.

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Neutralität als Kalkül

Mit dem Überfall Russlands auf die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 kehrte der klassische zwischenstaatliche Krieg zurück nach Europa. Das, was den meisten zuvor als absolut unmöglich erschien, wurde Realität. Die Abstimmungstafel in der Generalversammlung der Vereinten Nationen wurde bald zur Projektionsfläche der Unterstützung entweder für die Ukraine oder für Russland. Sie wurde aber auch zur Interpretationsfläche entlang einer moralischen Skala zwischen der „richtigen“ und der „falschen“ Seite der Geschichte. Der Feststellung und Betonung, dass sich die meisten Staaten der Welt mit der Ukraine solidarisieren, steht die Erkenntnis gegenüber, dass die Mehrheit der Weltbevölkerung sich auf der Seite der sich enthaltenden beziehungsweise mit Russland sympathisierenden Staaten wiederfindet.

Seit Beginn der Invasion hat sich die internationale Gemeinschaft in sechs Abstimmungen der UN-Generalversammlung mit deren Auswirkungen und Folgen beschäftigt: von der ersten Verurteilung der Aggression Russlands bis zuletzt beim Votum für einen umfänglichen, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine in Übereinstimmung mit der UN-Charta. Zur Abstimmung gestellt wurden auch Resolutionen zu den humanitären Folgen des Krieges und zur Unterstützung der territorialen Integrität der Ukraine. In diesen Abstimmungen wie auch bei den beiden zur Suspendierung Russlands vom UN-Menschenrechtsrat und zur Verpflichtung Russlands zur Zahlung von Reparationen an die Ukraine, die die meisten Enthaltungen und Gegenstimmen erhielten, enthielt sich Uganda. Es ist damit das einzige Land in Ostafrika, das in allen sechs Abstimmungen das gleiche Votum abgab.

Kenia etwa, das bis Ende 2022 einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat hatte, stimmte stets mit Ja, abgesehen von der Enthaltung bei der Abstimmung zur Suspendierung Russlands vom Menschenrechtsrat. Bereits am 21. Februar 2022, bei einer Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats, sprach Kenias Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, Botschafter Martin Kimani, vielen Afrikanerinnen und Afrikanern aus dem Herzen. Er betonte, Russlands Handlungen richteten sich gegen die Prinzipien der Charta. Mit dem Hinweis auf die koloniale Vergangenheit des afrikanischen Kontinents warnte er vor einem rückwärtsgewandten Blick in die Geschichte, der – gekoppelt mit einer gefährlichen Nostalgie – neue Formen von Vorherrschaft und Unterdrückung mit sich bringen würde. Im Namen Kenias lehnte er Irredentismus und Expansion ab, unabhängig von ihrer Grundlage. Gleichzeitig verurteilte er scharf die in den vergangenen Dekaden zu beobachtende Bereitwilligkeit der starken Mächte – zu denen er die Mitglieder des Sicherheitsrats zählte –, das Völkerrecht zu brechen.

Imperiale Expansion und die daraus resultierende Entmündigung und Unterdrückung sind den Menschen auf dem afrikanischen Kontinent nur allzu bekannt. Die koloniale Erfahrung ihrer Völker ist Teil ihrer Identität. Wie erklärt es sich dann, dass ein Land mit einer langen Kolonialgeschichte wie Uganda nicht jede Form von Imperialismus und Kolonialismus verurteilt, sondern sich stattdessen „neutral“ verhält?

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Kontakt

Anna Reismann

Anna Reismann Final

Landesvertreterin, Uganda & Südsudan

anna.reismann@kas.de

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