Ausgabe: 3/2018
„Es ist durchaus denkbar, dass die Parteien als Institution schrittweise verschwinden und durch neue politische Strukturen ersetzt werden, die den wirtschaftlichen und politischen Realitäten des 21. Jahrhunderts mehr entsprechen.“
Zahlreiche Korruptionsskandale haben Lateinamerika schwer erschüttert und fast alle Regierungen der Region diskreditiert. Die Fälle, die hunderte Politiker hinter Gitter gebracht und viele weitere Ermittlungsverfahren begründet haben, stellen nicht nur die ethischen Grundlagen der betroffenen Gesellschaften infrage und belasten deren Institutionen. Sie zeigen auch den Zusammenhang zwischen Wirtschaftskrise (oder zumindest Verlangsamung des Wachstums) und Veruntreuung öffentlicher Mittel. Letzteres ist nicht einmal mehr in autokratischen Systemen ein Geheimnis, denn im Internet wird ausdauernd sowie ausführlich darüber berichtet. Damit wachsen die Zweifel an der Demokratie und das bestehende System mit seinen Amtsinhabern und politisch-programmatischen Plattformen gerät in Konflikt mit neuen sozialen Bewegungen, noch jungen politischen Gruppierungen und Außenseitern.
Ihre Forderungen? Einige drängen auf einen radikalen Wandel in der Art, wie Politik gemacht wird. Sie bestehen auf institutionelle Strukturreformen und verbesserte Chancen für neue Akteure und von der Korruption unbelastete Generationen. Andere bevorzugen einen graduellen Wandel und wollen sich innerhalb des bestehenden Systems Gehör verschaffen und mitbestimmen. Wieder andere schließlich greifen direkt nach der Macht, um ihre Pläne mithilfe neuer Regierungsprogramme durchzusetzen.
In Lateinamerika sind die Beziehungen zwischen politischen Parteien und der Zivilgesellschaft durch vielschichtige Probleme belastet, die heute angesichts des Aufkommens der sozialen Netzwerke stark zugenommen haben. Diese Netzwerke sind ein Raum, in dem ein Großteil der Gesellschaft zu dem, was er gut oder schlecht findet, Position bezieht, es hinterfragt, verurteilt oder mit Applaus bedenkt. Diese Flut an subjektiven Wahrnehmungen – auf Neudeutsch: Postfaktizität – hat zur Folge, dass die Öffentlichkeit das Handeln der Mandatsträger ununterbrochen überprüft und dabei immer mehr Transparenz einfordert.
Dem Internet, diesem globalen Schaufenster, verdanken wir einerseits, alles über alle zu wissen. Andererseits löst das Fehlverhalten von Regierungen heute immer mächtigere Wellen der Empörung aus und wird stärker bestraft als früher. Von Sartori, Duverger und anderen Theoretikern wissen wir, dass die Existenz politischer Parteien wesentlich ist für die Demokratie, wie wir sie kennen. Doch wie die Gesellschaft befinden sich auch die Parteien in einem kontinuierlichen Wandlungsprozess. Sie wollen und müssen sich weiterentwickeln, um so das Beste aus sich herauszuholen, ihre Unterstützer bei der Stange zu halten und auch neue hinzuzugewinnen. Denn diese brauchen sie für den ständigen Kampf um die Macht. Das Fundament dieser Beziehung zwischen Partei und Basis ist jedoch schwächer geworden, und zwar auch wegen der Globalisierung sowie wegen der Tatsache, dass über die sozialen Netzwerke politisches Fehlverhalten auf der ganzen Welt viel schneller publik wird.
Ende 2017 veröffentlichte Latinobarómetro eine Untersuchung zur politischen Wahrnehmung von mehr als 20.000 befragten Personen auf dem ganzen Kontinent. Selbst in Uruguay, dem bestplatzierten Land, hatten nur 25 Prozent der Befragten eine gute Meinung von politischen Parteien. Das geringste Vertrauen herrscht in Brasilien. Dort sind es sieben Prozent.
Wir müssen uns daher zwei Fragen stellen. Erstens: Ist die Beziehung zwischen Gesellschaft und Parteien im freien Fall? Zweitens: Wer füllt dann das entstehende Vakuum aus? Welche Rolle spielen soziale Bewegungen, junge Gruppierungen und politische Außenseiter im heutigen Lateinamerika?
Die Zahlen zum seit 2011 scheinbar unaufhaltbar sinkenden Vertrauen in die politischen Parteien können eine Antwort auf die erste Frage geben. Aufschlussreich ist außerdem die Haltung der lateinamerikanischen Bevölkerung zur Demokratie an sich. Zu Optimismus besteht hier wenig Anlass.
Abbildung 1 zeigt das durchschnittliche Vertrauen in die Parteien von 1995 bis 2017. In diesen 22 Jahren entfiel der höchste Wert auf das Jahr 1996 – eine Zeit politischer und wirtschaftlicher Krisen in der Region. Anschließend nahm der Wert bis 2002 rapide ab, stieg jedoch mit dem Aufkommen sogenannter progressiver Regierungen in ganz Lateinamerika wieder an, um dann ab 2011 erneut zu sinken.
Abb. 1: Vertrauen in politische Parteien (Angaben in Prozent)
Die zweite Frage bezieht sich auf die Rolle sozialer Bewegungen, junger politischer Gruppierungen und politischer Außenseiter. Dabei handelt es sich um Akteure, die auf der politischen Bühne mit dem Anspruch auftreten, eine Alternative zur herkömmlichen Politik jenseits von Korruption und Machtmissbrauch zu sein. Doch nicht alle von ihnen sind wirklich neu. In einigen Fällen handelt es sich um Personen, die in der Vergangenheit bereits Volksvertreter, Mitglieder einer politischen Partei oder Kandidaten waren. Durch ihr Verhalten und ihre Art, Politik zu machen, unterscheiden sie sich dennoch vom Establishment.
Abb. 2: Bewertung der Demokratie (Angaben in Prozent)
Die Skandale um gesetzeswidriges Handeln prägen die politische Agenda in der Region und haben zahlreiche Amtsinhaber und Führungspersönlichkeiten ins Rampenlicht gerückt. Kein Land bleibt von schwerwiegenden Vorwürfen gegen prominente Politiker verschont. Vor diesem Hintergrund haben soziale Bewegungen Fuß gefasst, die für Veränderungen und Reformen eintreten. Ihr Ziel ist es, das System zu ändern, neue Akteure ins Spiel und unabhängige Persönlichkeiten in die Regierungsverantwortung zu bringen. Ein kurzes Beispiel soll diese Überlegungen veranschaulichen.
Die Bewegung der Autoconvocados in Uruguay
Die neuen sozialen Bewegungen sind in der derzeitigen Konjunktur als Ausdruck eines Teils der Gesellschaft entstanden, der nicht mehr von Parteien geprägt ist. Sie interagieren unmittelbar mit den Entscheidungsträgern, wobei sie alle sich bietenden politischen Möglichkeiten nutzen und sich durch öffentlichkeitswirksame Mobilisierungen Gehör verschaffen. Ein gutes Beispiel ist das Entstehen von Un solo Uruguay (Es gibt nur ein Uruguay) zu Beginn des Jahres 2018. Es handelt sich um eine Bewegung von Autoconvocados (aus eigener Initiative – nicht auf Geheiß einer bestimmten Partei – handelnder Personen) im Landesinneren. In ihr findet man kleine, mittlere und große Landwirte und Viehzüchter. Sie macht die von der Regierung gesetzten Rahmenbedingungen sowohl für das langsame Wachstum in der Agrarindustrie als auch für die eigenen Verluste verantwortlich und fordert deshalb Reformen von der Politik.
Wer hätte sich eine soziale Bewegung dieses Ausmaßes in einem Land vorgestellt, dessen politische Parteien traditionell mit Landwirtschaft und Viehzucht verbunden sind und das eine der solidesten Demokratien der Region vorzuweisen hat?
Das Zusammenspiel von Parteien und Gesellschaft hat in diesem Fall nicht funktioniert. Die Autoconvocados haben stattdessen neue Wege beschritten, um ihre Forderungen bekannt zu machen: Versammlungen, Mahnwachen, öffentliche Verlautbarungen und alternative Medien. Sie haben zwar stets im Rahmen der Gesetze gehandelt, sich aber betont als Gegenpol zur etablierten Politik gegeben. Damit haben sie ein breites Echo gefunden und erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinung genommen. Ihr so gewonnenes Kapital nutzten sie, um ihre Forderungen zu formulieren: wirtschaftspolitische Korrekturen, welche die Betriebe stärken, niedrigere Strom- und Treibstoffkosten sowie bessere Produktionsbedingungen für die Unternehmen, aber auch eine Reduzierung der Staatsausgaben und den Abbau der staatlichen Korruption.
Das Ganze funktioniert auch deshalb, weil es in der Bewegung Personen gibt, die dem traditionellen Parteienspektrum zwar fremd sind, gleichwohl aber mit Blick auf die Wahlen 2019 Politik machen und die Gunst der Stunde nutzen wollen. In Uruguay sei dafür beispielhaft Edgardo Novick genannt: ein Unternehmer, der 2014 für das Amt des Oberbürgermeisters von Montevideo kandidierte und jetzt nach dem Amt des Staatspräsidenten greift. Dazu bedient er sich der Partido de la Gente (Partei der Leute), einer auf ihn zugeschnittenen, in der Mitte angesiedelten Organisation aus Unabhängigen und ehemaligen Führungspersönlichkeiten anderer Parteien. Sie sei „aus einer spontanen Forderung der Gesellschaft“ entstanden und arbeite „auf einen Machtwechsel hin in der Überzeugung, dass das Land tiefgreifende Veränderungen braucht“. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass die Bewegung der Autoconvocados und vergleichbare andere Bündnisse lediglich als Plattform für die direkte Unterstützung Novicks oder anderer Kandidaten zu verstehen sind, zumal Novick bisher kaum Chancen eingeräumt werden. Dennoch bieten sie politischen Außenseitern eine Gelegenheit, ihre Botschaften unter die Leute zu bringen: Erneuerung der Parteien, Staatsreform, strengere Standards im öffentlichen Dienst, mehr Ehrlichkeit in öffentlichen Ämtern und Raum für neue Gesichter in der Politik. Gruppen wie die Partido de la Gente gewinnen immer dann eine gewisse Bedeutung, wenn sie Themen besetzen, bei denen die traditionellen Parteien als Bindeglied zwischen gesellschaftlichen Forderungen und dem Staat versagen.
Es gilt als so gut wie sicher, dass die Präsidentschaftswahlen Ende 2019 ein erfahrener Politiker gewinnen wird. Zugleich könnte das Phänomen der Autoconvocados ein Hinweis darauf sein, dass in Zukunft neue Akteure auf die politische Bühne drängen könnten.
Nicht im Rampenlicht, aber mit im Spiel: die Außenseiter
Für den peruanischen Journalisten Gustavo Gorriti ist der Außenseiter jemand, der „(politisch) außerhalb des Systems steht; einer, der wie in den alten Wild-West-Romanen in das Dorf kommt und einen starken Eindruck macht“. Rodríguez wiederum charakterisiert diese Spezies so:
„Erstens sind es Kandidaten, die sich ohne vorherige politische Erfahrung zur Wahl stellen und damit von außen, aus einem anderen beruflichen Umfeld, zur Politik stoßen. Zweitens sind es Politiker, die sich am Rande der traditionellen Konventionen der Politik bewegen oder diese ablehnen und sich als Alternative oder Kritiker der bestehenden Verhältnisse darstellen. Und schließlich sind es jene, denen niemand etwas zutraut und die trotzdem am Ende den Sieg davontragen.“
Die Wahl von Außenseitern ist mittlerweile in zahlreichen Ländern, die sich in einer schweren politischen oder wirtschaftlichen Krise befinden, keine Ausnahme mehr. Argentinien hat dies mit der Wahl Mauricio Macris, des ehemaligen Oberbürgermeisters von Buenos Aires, bereits erlebt. Mit Unterstützung einer Koalition, die sich unter anderem für einen grundlegenden Wechsel nach 13 Jahren Kirchnerismus stark machte, gelang ihm der Einzug in den Präsidentenpalast. Nach diesem Erfolg traten in der Region weitere Kandidaten an, die von systemkritischen Parteien und Bewegungen aufgestellt wurden: Jimmy Morales etwa, ein Unternehmer, Schauspieler und Komödiant, der zum Präsidenten Guatemalas gewählt wurde; oder Lorenzo Mendoza, ein erfolgreicher venezolanischer Industrieller, der bereits in den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute seines Landes an erster Stelle lag, obwohl er seine Absicht, Präsident zu werden, bis dahin überhaupt nicht erklärt hatte. Ein weiteres Beispiel ist Brasilien, der südamerikanische Gigant, der eine existenzielle, alle Parteien betreffende politische Krise durchlebt. Das Aufkommen von Außenseitern als Wahlfavoriten ist dort keineswegs neu. Sportler und Figuren aus dem Showbiz werden zunehmend Teil des politischen Geschehens. Die bekanntesten Beispiele sind der ehemalige Fußballer Romario (Senator) und der Komödiant Tiririca (Abgeordneter des brasilianischen Kongresses). Jetzt aber nimmt das Phänomen ganz neue Dimensionen an. Außenseiter könnten heute sogar in den Präsidentenpalast einziehen. Der Unternehmer und Fernsehunterhalter Luciano Huck ist ein Beispiel. Er hat sich nicht zuletzt durch sein beliebtes Programm im einflussreichen Kanal TV Globo einen Namen gemacht, kommt auf beneidenswerte 43 Millionen Unterstützer in den sozialen Netzwerken und genießt zudem die Unterstützung eines der angesehensten ehemaligen Präsidenten der Region: Fernando Henrique Cardoso. Auch wenn er sich letztlich gegen eine Kandidatur entschieden hat, zeigte sich eben auch, dass er durchaus Gefolgschaft gefunden hätte: Als im Januar und Februar 2018 mit seiner Kandidatur gerechnet wurde, sprachen sich in Meinungsumfragen acht Prozent der Befragten für ihn aus. In die gleiche Reihe ist auch der Fernsehmoderator und Unternehmer João Doria Júnior einzuordnen, der 2016 zum Oberbürgermeister von São Paulo gewählt wurde: ein weiterer traditionsferner Politiker, mit dem bei der Präsidentschaftswahl gerechnet werden kann.
Die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten war ein Meilenstein für den Aufstieg von Außenseitern in Führungspositionen der Weltpolitik. Tatsächlich ist Trump heute der bedeutendste Außenseiter-Politiker, und sein Sieg gegen Hillary Clinton unterstreicht einmal mehr die Präsenz von Persönlichkeiten, die überall auf der Welt den Status quo herausfordern. So kam bei einer Meinungsumfrage in den Vereinigten Staaten im Januar dieses Jahres die Fernsehmoderatorin Oprah Winfrey auf 50 Prozent Zustimmung, sollte sie für das Präsidentenamt kandidieren.
Bei den beiden vergangenen Wahlen in Honduras kandidierten vor allem Personen von außerhalb der traditionellen Parteien für die Abgeordnetensitze. In Paraguay bewarb sich die Cumbia-Sängerin Nadia Portillo um einen Sitz im Kongress, während sich Fidel Zavala, ein Viehzüchter, der wegen seiner Entführung durch die Guerilla-Gruppe des Ejército del Pueblo Paraguayo landesweit bekannt geworden war, für den Senat bewarb. Auch bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen in Chile trat mit Beatriz Sánchez eine Spitzenkandidatin für die linke Frente Amplio an, die ebenfalls nicht aus den Reihen einer Partei, sondern aus dem Journalismus kam. Und bei den Präsidentschaftswahlen in Costa Rica galt der evangelikale konservative Sänger Fabricio Alvarado eine Zeit lang als Favorit und schaffte es am Ende in die Stichwahl.
Mexiko ist ein weiteres Land, das sich dieser Realität stellen muss. Der frühere Bürgermeister von Mexiko-Stadt, Andrés Manuel López Obrador, ein Politiker, der zum dritten Mal für das Präsidentenamt kandidierte, hat vor Kurzem an der Spitze seines aufstrebenden Movimiento de Regeneración Nacional die Wahlen für sich entschieden und mit seinem Anti-System-Diskurs erhebliche Zweifel gesät, in welche Richtung Mexiko in Zukunft steuern wird. Außenseiter sind in Mexiko keine Ausnahme. Einer der interessantesten ist der 28-jährige Pedro Kumamoto, der erste unabhängige Abgeordnete des Bundesstaates Jalisco, der sich bei den letzten Parlamentswahlen um einen Sitz im Senat bewarb. Kumamoto ist Mitglied von Wikipolítica, einer 2013 gegründeten links stehenden Jugendbewegung, die jungen unabhängigen Anwärtern bei Wahlen auf Landes- und Bundesebene als Plattform dient. Diese neue Gruppe bemüht sich darum, durch die Übernahme von Wahlämtern die herkömmliche Politik zu verändern. Roberto Castillo, der ehemalige Kandidat von Wikipolítica für das Parlament von Mexiko-Stadt, erklärte dazu: „In einem von der (früheren Staatspartei) PRI geführten Land geboren zu werden führte automatisch dazu zu glauben, dass es nur eine Form der Politik gab (…). Vetternwirtschaft und persönliche Beziehungen standen über objektiven Verdiensten, Leistungen, Ausbildung und Führungsqualitäten. Sie wollten uns glauben machen, dass dies richtig und moralisch akzeptabel sei.“
In allen Ländern Lateinamerikas gibt es Außen-seiter, die viel Lärm verursachen, die traditionelle politische Klasse verurteilen und Strategien anwenden, die sich von denen der älteren Parteien unterscheiden. Von ihnen stammt die Vorstellung, ein Außenseiter sei in der Lage, Probleme zu lösen, die Karrierepolitiker nicht bewältigen können, da diese in Korruptionsskandale verstrickt sowie unfähig seien, eine Verwaltung zu führen, und für die schlechten Ergebnisse ihrer Regierungen verantwortlich seien.
Doch ist das tatsächlich der Fall? Lassen sich die diversen politischen Krisen alleine dadurch lösen, dass man einen Newcomer zum Anführer bestimmt? Wir wissen es nicht mit Sicherheit, doch die Erfahrungen sprechen für sich. Der salvadorianische Journalist Mauricio Funes, der seine politische Karriere kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten begann, ist nach Nicaragua geflohen, während die Justiz seines Landes gegen ihn wegen Bereicherung im Amt und Veruntreuung von öffentlichen Geldern ermittelt. In Guatemala ist die Zustimmung für den ebenfalls der Korruption bezichtigten Jimmy Morales auf unter 17 Prozent gesunken. Und Donald Trump kam in seinem ersten Regierungsjahr auf einen Zustimmungswert von durchschnittlich 39 Prozent: den niedrigsten Wert, den ein US-Präsident jemals in diesem Zeitraum hatte. Ein Außenseiter zu sein ist also weder eine Garantie für hohe Popularität noch für eine gute Amtsführung. Es ist lediglich ein anderer Weg, um an die Macht zu kommen.
In der ganzen Region stößt die politische Klasse auf starke Ablehnung. Die bereits zitierte Umfrage von Latinobarómetro zum Vertrauen in die Politik sendet eine unmissverständliche Botschaft: Wir brauchen eine neue Art, Politik zu machen. Die etablierten politischen Organisationen müssen wieder stärker mit der Gesellschaft in Kontakt treten. Die Verbindung zwischen Wählern und Gewählten ist gestört. Das Internet und die sozialen Netzwerke haben bedauerliche Fälle ans Licht gebracht, welche die Beziehung zwischen den Bürgern und ihren Vertretern beschädigt haben. Die Politik als Kunst des Möglichen verfügt jedoch über die nötigen Werkzeuge, um diese Verbindung wiederherzustellen und den Kontakt zur Gesellschaft wiederaufzunehmen – zweifellos eine schwierige und komplexe Aufgabe, die ein hohes Maß an Opferbereitschaft erfordert.
Eines ist jedoch klar: In einer Welt, die sich täglich ändert, hat die Politik von gestern keinen Platz mehr. Die politischen Führungseliten in der Region stehen nun vor der Aufgabe, sich den neuen Umständen anzupassen, den Ruf der Parteien als verbindliche und notwendige demokratische Einrichtungen zu verbessern und mit neuer Kraft in die Arena zurückzukehren. Nur so können sie ihre Rolle in einer von Ungewissheit geprägten Zukunft wahrnehmen.
– übersetzt aus dem Spanischen –
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Ángel Arellano ist Projektkoordinator im Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Uruguay und Mitarbeiter des Centro de Formación para la Democracia.
Dieser Beitrag ist zuerst in Ausgabe 1 | 2018 von DIÁLOGO POLÍTICO erschienen (dialogopolitico.org).
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