Ausgabe: 1/2019
Wenngleich die Protestbewegungen des „Arabischen Frühlings“ weitgehend gescheitert sind, befindet sich die Region nach wie vor in einer tiefgreifenden und langwierigen Umbruchsphase. Dies betrifft sowohl die innenpolitischen Strukturen der arabischen Staaten als auch die regionale Ordnung. Unter US-Präsident Donald Trump wollen sich die Vereinigten Staaten aus der inneren Verfasstheit der arabischen Staaten weitgehend heraushalten. Der Versuch von George W. Bush, „proaktiv“ demokratischen Wandel in der Region herbeizuführen, ist ebenso Geschichte wie Barack Obamas Bemühungen, den Iran in eine regionale Sicherheitsarchitektur einzubringen. Trump fährt stattdessen einen harten Kurs gegen die Islamische Republik und setzt auf die traditionellen US-Verbündeten in der Region. Dazu gehört neben dem Lager pro-westlicher sunnitischer Staaten – allen voran Saudi-Arabien und Ägypten – auch Israel. Im Nahostkonflikt haben sich die USA deutlicher denn je an die Seite der Netanjahu-Regierung gestellt und bislang einseitig den Druck auf die Palästinenser erhöht.
Ob Trump mit dieser Nahostpolitik, mit der er sich von seinen beiden Vorgängern abgrenzt, Erfolg haben wird, ist mehr als ungewiss. Bloße Arrangements mit arabischen Autokraten werden langfristig genauso wenig zu Stabilität und nachhaltiger Entwicklung in der Region führen wie ein „Deal“ zwischen Israelis und Palästinensern, der nicht die legitimen Interessen beider Konfliktparteien berücksichtigt. Es liegt nun an den Europäern, die Trump’sche Schlagseite in Nahost auszubalancieren – möglichst ohne dabei die Gräben zu den USA weiter aufzureißen. Wenn Europa – sei es im EU-Format, im Rahmen von Ad-hoc-Koalitionen europäischer Staaten oder durch verstärkte deutsch-französische Zusammenarbeit – die Chance nutzt, seine Handlungsfähigkeit in der Region zu stärken, wird es auch in Washington als potenzieller Partner ernster genommen werden. Perspektivisch müssen Amerikaner und Europäer auch angesichts neu erstarkter Akteure in der Region, wie Russland, darum bemüht sein, ihre Politikansätze wieder näher zusammenzuführen oder im Sinne einer transatlantischen Aufgabenteilung komplementär zu agieren.
Gemeinsames Interesse an Stabilität – aber um welchen Preis?
„Wir sind nicht hier, um Lektionen zu erteilen – wir sind nicht hier, um anderen Völkern zu erzählen, wie sie zu leben, was sie zu tun, zu sein, oder was sie zu glauben haben.“ Trumps Auftritt auf dem Arabisch-Islamisch-Amerikanischen Gipfel im Mai 2017 in Riad machte den realpolitischen Kursschwenk Washingtons deutlich. Nicht demokratischer Wandel soll unterstützt werden, sondern der Erhalt des Status quo – gerade in einer fragilen Region wie dem Nahen Osten. Die Autokraten, von Ägyptens Präsidenten Al-Sissi bis zum saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, sind wieder wohl gelitten im Weißen Haus. Zwar mag sich darin auch Trumps Faible für eine stark personalisierte Außenpolitik mit „starken Männern“ widerspiegeln. Doch treibt der neue US-Präsident nur konsequent weiter, was sein Amtsvorgänger eingeleitet hatte: den Rückzug der USA aus den Verstrickungen der arabischen Welt. Bereits Obama war von der transformativen Freedom Agenda für die Region abgerückt, der sich die USA unter den Neokonservativen während der Präsidentschaft von Bush jr. verschrieben hatten.
Nicht zuletzt die desaströsen Folgen des Irak-Kriegs 2003 haben diesen Ansatz weitgehend desavouiert. Obama versprach in seiner gefeierten Kairoer Rede 2009 einen „neuen Anfang“ in den Beziehungen der USA zur islamischen Welt, der von gegenseitigem Respekt gekennzeichnet sein sollte. Zwar warb auch Obama für Menschen- und Bürgerrechte, stellte aber klar: „Kein Regierungssystem kann oder sollte von einer Nation einer anderen Nation aufgezwungen werden.“ Nach dem Scheitern des Experiments externer Demokratisierung im Irak hat sich mittlerweile auch die Hoffnung auf demokratischen Wandel durch innere Protestbewegungen weitgehend zerschlagen, die im Zuge des „Arabischen Frühlings“ 2011 aufgekeimt war. Mit der darauf folgenden Ermordung des US-Botschafters in Libyen, dem Erstarken des politischen Islam in demokratischen Wahlen, dem Militärputsch in Ägypten und dem Abgleiten Syriens in einen Bürgerkrieg wurde bereits 2012 / 2013 deutlich, dass sich die teils hochfliegenden Erwartungen auf eine Demokratisierung der arabischen Welt so schnell jedenfalls nicht erfüllen würden. Der Aufstieg der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), die das Machtvakuum in der Region ausnutzen konnte und mit Anschlägen auch im Westen wütete, sowie die Migrationsbewegungen nach Europa in den Folgejahren taten ihr Übriges: Stabilität – genauer gesagt auch kurzfristiger Stabilitätsgewinn – wurde wieder zur obersten nahostpolitischen Maxime.
In Europa hat sich der Diskurs ebenso einmal im Kreis gedreht. „Der Weg zu Stabilität führt über die Demokratie“, wie es der damalige deutsche Außenminister Guido Westerwelle Anfang 2011 formulierte, schien zunächst die Lehre aus dem Sturz Ben Alis in Tunis und Mubaraks in Kairo zu sein. Diese Neujustierung der deutschen und europäischen Perspektive auf die Region wurde in der Hochzeit des „Arabischen Frühlings“ von Selbstkritik gegenüber der bisherigen Nahostpolitik begleitet, die vor allem auf die Kooperation mit den autokratischen Regierungen gesetzt und die innere Entwicklungsdynamik der arabischen Länder unterschätzt habe. Doch angesichts des Zerfalls staatlicher und regionaler Ordnung in seiner Nachbarschaft, die sich unmittelbar auf Europa auswirkte, fand auch hier bald ein Rücksteuern statt. „Resilienz“, also Widerstandsfähigkeit, lautet in neuem Gewand das letztlich alte Leitmotiv, das sich unter anderem in der Globalen Sicherheitsstrategie der EU vom Juni 2016 prominent wiederfindet und für das sich die EU nun in ihrer östlichen und südlichen Nachbarschaft einsetzen will: „Ein resilienter Staat ist ein sicherer Staat und Sicherheit ist der Schlüssel für Prosperität und Demokratie.“
Auf beiden Seiten des Atlantiks dominiert also ein Stabilitäts- und Sicherheitsparadigma, das durchaus Perspektiven für gemeinsames Handeln ermöglicht. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Terrorbekämpfung. So wurde im Rahmen des NATO-Gipfels in Wales unter Führung der USA im September 2014 eine Militärallianz gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ geschmiedet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören europäische Schlüsselstaaten wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Mittlerweile haben sich rund 80 Länder und internationale Organisationen angeschlossen. Dass die territoriale Basis des IS im Irak und in Syrien zu großen Teilen zerschlagen werden konnte, ist nicht zuletzt diesem koordinierten internationalen Vorgehen zu verdanken, das eben auch ein transatlantisches ist.
Trump hat dieses unter Obama begonnene Engagement fortgesetzt, zugleich aber immer wieder betont, die Verbündeten müssten mehr beitragen und die USA damit entlasten. Bereits im April 2018 erklärte Trump, das US-Ziel der Zerschlagung des IS sei fast vollendet und die US-Truppen könnten bald abziehen: „Andere Leute sollen sich jetzt darum kümmern.“ Als Trump im Dezember desselben Jahres den Rückzug der noch verbleibenden 2.000 US-Soldaten aus Syrien dann tatsächlich anordnete, löste dies nicht nur bei den westlichen und regionalen Verbündeten, wie den Kurden, Entsetzen aus, sondern auch in Washington selbst. Befürchtet wird, dass der Westen damit weiter an Einfluss verliert. In der Folge traten der US-Verteidigungsminister James Mattis und der Sondergesandte für den Kampf gegen den IS, Brett McGurk, zurück. Die Trump-Administration hat daraufhin einen geordneten Rückzug betont, der sich über mehrere Monate erstrecken und die Interessen der Verbündeten nicht gefährden soll. Ein kleines US-Truppenkontigent soll zudem vor Ort verbleiben.
So problematisch der Rückzug der USA im Einzelfall für die Situation vor Ort auch sein mag – dass regionale Akteure mehr Verantwortung für die Sicherheit, Stabilisierung und Entwicklung ihrer Region übernehmen sollen, ist ein Anliegen, das Trump mit den Europäern teilt. Anschaulich zeigt das die 2016 lancierte Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung, die auch drei arabische Schwerpunktländer umfasst, nämlich Tunesien, Jordanien und den Irak, die sicherheitspolitische Unterstützung und Ausbildung erhalten. Hier könnte die Hebelwirkung zweifellos erhöht werden, wenn es gelingt, europäische und amerikanische Ansätze noch besser zu verzahnen.
Jenseits der spezifischen Lage in Syrien, wo sich angesichts des fortbestehenden Assad-Regimes und der ausgeprägten iranischen und russischen Präsenz besondere Herausforderungen für Amerikaner und Europäer stellen, wird beiderseits des Atlantiks mit Blick auf Konfliktherde wie in Libyen, im Irak und im Jemen das grundsätzliche Interesse am Rückgewinn staatlicher Handlungsfähigkeit und Integrität geteilt. Gleichwohl sollte sowohl in Washington als auch in europäischen Hauptstädten nicht vergessen werden, dass es neben geopolitischen Rivalitäten letztendlich die strukturellen Probleme in den überkommenen Gesellschafts-, Wirtschafts- und Herrschaftssystemen in den arabischen Ländern sind, welche die Region in steter Unruhe halten. Es wird deshalb nicht reichen, erneut auf Potentaten zu setzen, die mit harter Hand ihre Länder zusammen und dem Westen damit vermeintlich die Terroristen und Flüchtlinge vom Leib halten. Ohne möglichst inklusive Reformen, welche zumindest die sozioökonomische und bestenfalls auch die politische Partizipationsbasis verbreitern, werden sich die Länder des Nahen Ostens und Nordafrikas nicht nachhaltig stabilisieren lassen. Neben diesem realpolitischen Argument gibt es ein normatives. Will sich der Westen weiterhin als Wertegemeinschaft verstehen, darf er die grobe Missachtung von Menschen- und Bürgerrechten auch andernorts nicht achselzuckend zur Kenntnis nehmen. Angesichts der extremen Status quo- und staatszentrierten Orientierung der US-Nahostpolitik unter Trump obliegt es umso mehr den Europäern, mit den Herrschaftseliten der arabischen Länder einen kritischen Dialog darüber zu suchen sowie die Reformkräfte in den Zivilgesellschaften, wo immer möglich, miteinzubeziehen und zu stärken. Obamas langjähriger außenpolitischer Berater, Ben Rhodes, ermutigte jüngst Europa zu einer „klaren Haltung“ in Menschenrechtsfragen: „Jetzt, da die amerikanische Stimme zu Demokratie und Menschenrechten verstummt ist, ist es sehr wichtig, dass Europa diesen Schritt geht und der weltweite Wortführer wird.“
Geopolitik am Golf: Mit Riad gegen Teheran?
Das gemeinsame Interesse der Europäer und Amerikaner an Stabilität bezieht sich in besonderem Maße auf die Golf-Region. Die sunnitischen Herrscherhäuser in den sechs Golf-Monarchien (Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Bahrain, Kuwait, Katar und Oman), die sich im Golf-Kooperationsrat zusammengeschlossen haben, sind traditionelle Verbündete des Westens. Schon 1942 besiegelten US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der saudische Staatsgründer Abdelaziz bin Saud die Allianz zwischen ihren Ländern, deren Kern amerikanische Sicherheitsgarantien gegen Zugang zum arabischen Öl sein sollte.
Auch wenn Europa und vor allem – dank ihrer Schiefergasförderung – die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren weniger abhängig von Ölimporten geworden sind, ist und bleibt die Stabilität und Sicherheit der Region mit den weltweit größten Ölreserven und dem größten Ölförderer mit Blick auf die Weltmarktpreise von vitalem wirtschaftlichem Interesse für die Industrieländer. Angesichts des von Trump wieder eingesetzten Sanktionsregimes gegen den Iran gilt das umso mehr. Die Golfstaaten sind darüber hinaus wichtige Handelspartner für Europa und die USA. Allein die EU-Länder exportierten 2017 an die Staaten des Golf-Kooperationsrats Waren im Wert von 100 Milliarden Euro. Für den Golf-Kooperationsrat ist die EU der wichtigste Handelspartner. Die Wirtschaftsreformen, wie sie in Saudi-Arabien unter der „Vision 2030“ angestoßen wurden, erweitern den Bedarf an Konsumgütern und beinhalten große Infrastrukturprojekte. Sie bieten dementsprechend neue Chancen für westliche Unternehmen. Schließlich verfügen die USA seit Jahrzehnten (in Bahrain, Kuwait, Katar, den VAE und Oman) sowie Frankreich seit 2009 (in den VAE) und Großbritannien seit 2018 (in Bahrain) über Militärstützpunkte in den Golf-Staaten. Diese sind damit, vor allem für die Vereinigten Staaten, Stützpfeiler zur Projektion militärischer Macht – sei es, um gegen Terrorgruppen wie den IS in Syrien oder al-Qaida im Jemen zu operieren oder um Handelswege zu sichern.
Zudem gilt Saudi-Arabien angesichts des Staatszerfalls in der Region nunmehr vielen als „einzige verbliebene arabische Ordnungsmacht.“ Als Hüterin der Heiligen Stätten Mekka und Medina strahlt das Königreich auf die gesamte islamische Welt aus. Auch bei einem Frieden zwischen Israel und arabisch-muslimischen Ländern bzw. einer Beilegung des Nahostkonfliktes würde Riad dementsprechend eine wichtige Rolle spielen. Das Stabilitätsparadigma für den Golf galt vor diesem Hintergrund selbst während des „Arabischen Frühlings“. Als die Proteste in Bahrain mit saudischer und emiratischer Unterstützung gewaltsam unterdrückt wurden, fiel die westliche Kritik daran deutlich leiser aus als andernorts; Konsequenzen gab es keine.
Wenngleich diese Status quo-orientierte Grundauffassung beiderseits des Atlantiks eine langjährige Konstante ist und weiter fortbesteht, wurde mit Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten ein Kurswechsel eingeläutet, der schließlich auch den gemeinsamen transatlantischen Ansatz am Golf auseinanderriss. Bemerkenswerterweise führte die erste Auslandsreise des neuen US-Präsidenten im Mai 2017 nach Saudi-Arabien. Sicherheit für die Region und Arbeitsplatzsicherheit für die USA war dabei das Leitmotiv Trumps. Es wurden saudische Investitionen von über 400 Milliarden US-Dollar in die USA vereinbart, Verträge über Waffenkäufe im Wert von etwa 110 Milliarden US-Dollar unterzeichnet. Das zweite große Thema seines Besuchs und die eigentliche Kehrtwende gegenüber Obama aber war Iran. Trump warf während seines Riad-Besuchs in einer Grundsatzrede vor Vertretern von mehr als fünfzig Staaten der muslimischen Welt der iranischen Regierung vor, „Terroristen einen sicheren Hafen, finanzielle Unterstützung und das für die Rekrutierung notwendige soziale Ansehen“ zu bieten. Der Iran habe seit Jahrzehnten sektiererische Konflikte und Terror angeheizt. Auf dieser Argumentationslinie blieb Trump auch in seiner Begründung des Ausstiegs der USA aus dem Iran-Abkommen im Mai 2018. Der „Deal“ bringe keinen Frieden, da er die destabilisierenden Aktivitäten des Iran in der Region nicht einschränke.
Die Trump-Administration setzt bei ihrer Golf-Politik also auf Wahrung von Stabilität und Sicherheit, und zwar durch eine Stärkung Saudi-Arabiens und eine Eindämmung Irans. Die von der Obama-Administration und Europa (in diesem Fall mit der EU sowie Deutschland, Frankreich und Großbritannien als Verhandlungspartner) verfolgte Strategie dagegen zielte – neben der Begrenzung der nuklearen Fähigkeiten des Iran und der damit einhergehenden Kriegsgefahr – darauf ab, Iran über das Atom-Abkommen sukzessive in eine regionale Sicherheitsarchitektur mit einzubeziehen und letztlich zu einem kooperativeren Verhalten auch in anderen Konfliktfeldern des Nahen und Mittleren Ostens zu bewegen. Die Europäer hätten zwei Jahre nach dem 2015 unterschriebenen Abkommen sicher offener für die durchaus berechtigte Kritik aus Washington sein müssen, die auch jenseits des Trump’schen Entscheidungszirkels vor allem in der Republikanischen Partei geteilt wurde: Demnach habe Iran von seiner expansiven Regionalpolitik bislang nicht abgelassen, sondern die aus der Aufhebung der Sanktionen gewonnene Dividende stattdessen in eben diese gesteckt.
Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Europäer bereit waren und sind, gegen die von der Islamischen Republik ausgehenden Bedrohungen vorzugehen. In Syrien wird weiterhin ein echter politischer Prozess gefordert, der im (derzeit indes unwahrscheinlichen) Idealfall zum Ende des mit Teheran verbündeten Assad-Regimes führen könnte. Im Jemen unterstützt die EU die international anerkannte, aber inner-jemenitisch umstrittene Regierung, die auch ein Bündnispartner der Saudis ist. Neben den USA liefern Großbritannien und Frankreich Waffen nach Saudi-Arabien, die auch im Jemen-Krieg gegen die lose mit Iran verbündeten Huthis zum Einsatz kommen. Bezüglich der ballistischen Raketen des Iran verbietet das von Europa unterstützte Atom-Abkommen dem Iran, Raketen zu entwickeln, die Atomwaffen tragen könnten.
Eine gemeinsame transatlantische Position im Umgang mit dem Iran wäre also mit einer entsprechenden Akzentverschiebung nach dem Ende der Obama-Administration durchaus denkbar gewesen. Doch mit dem einseitigen Ausstieg aus dem Iran-Atomabkommen und der augenscheinlich uneingeschränkten Parteinahme für Saudi-Arabien nimmt Trump eine extreme Position ein, welche die bisherigen westlichen Bemühungen um Vermittlung und Deeskalation in der Region konterkariert.
Dass der US-Präsident davon abrücken wird, ist unwahrscheinlich. Selbst als nach dem Mord des in den USA lebenden saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat des Königreiches im Oktober 2018 eine Welle der Kritik auf Saudi-Arabien niederbrach, gerade auch in Washington, ließ sich Trump bislang nicht beirren. Zwar verhängten die USA (genauso wie wenig später auch Deutschland, Großbritannien und Frankreich) rasch Einreisesperren gegen saudische Verdächtige und mahnten das Königshaus zur Aufklärung. Doch bekräftigte Trump zugleich, Saudi-Arabien sei ein „großartiger Verbündeter in unserem sehr wichtigen Kampf gegen den Iran (…). Die Vereinigten Staaten beabsichtigen, ein fester Partner Saudi-Arabiens zu bleiben, um unsere eigenen Interessen und die Interessen Israels und aller anderen Partner in der Region zu wahren“. Indes wird seit dem Khashoggi-Mord nicht nur in der europäischen, sondern auch in der amerikanischen Öffentlichkeit und Politik die saudische Politik grundsätzlich kritischer beleuchtet. Der republikanische Senator Lindsey Graham forderte harsche Sanktionen gegen das Königreich, sein Fraktionskollege Robert Corker kritisierte, das Weiße Haus würde nebenher als „Werbefirma für den Kronprinzen von Saudi-Arabien“ auftreten. Der amerikanische Senat verabschiedete eine (allerdings rechtlich nicht verbindliche) Resolution, wonach die amerikanische Unterstützung für Saudi-Arabien im Jemen-Konflikt beendet werden soll. In einer weiteren Abstimmung wurde Mohamad bin Salman persönlich für die Ermordung Khashoggis verantwortlich gemacht. Das Europaparlament verabschiedete ebenfalls erneut eine Resolution, in der zu einem EU-weiten Waffenexport-Stopp an Saudi-Arabien aufgerufen und der saudische Kronprinz bin Salman wegen der Menschenrechtsbilanz seines Landes auch persönlich hart angegangen wird. Während die Bundesregierung bereits zuvor angesichts des Khashoggi-Falles entschieden hatte, selbst schon genehmigte Waffenexporte nach Saudi-Arabien auszusetzen, waren Frankreich und andere EU-Mitgliedstaaten hierzu allerdings nicht bereit.
Letztlich bleiben die Golfstaaten und allen voran Saudi-Arabien ein weiterhin wichtiger, aber schwieriger Partner. So begrüßenswert die rasante sozioökonomische Öffnung dort sein mag, geben die Zentralisierung der politischen Macht, das restriktive Vorgehen gegen Oppositionelle und die aggressive Außenpolitik des Königreiches auch Anlass zur Kritik. Die Kriegsführung im Jemen, die Katar-Blockade, die zeitweilige Festsetzung des libanesischen Premierministers in Riad – all dies hat zur Stabilisierung der Region offensichtlich nicht beigetragen. Wenn Europa Saudi-Arabien und die mit ihm verbündeten Golfstaaten zu einem konstruktiveren regionalpolitischen Verhalten bewegen will, sollte es ihnen aber gleichzeitig zu verstehen geben, dass es deren Sicherheitsbedenken ernst nimmt. Dazu gehört nicht zuletzt, die hegemonialen Ambitionen und die expansive Politik Irans als Problem zu erkennen und sich zu bemühen, diese – auf welchem Weg auch immer – einzuhegen. Eine Kombination aus amerikanischem Druck und konditionierten europäischen Anreizen gegenüber Teheran könnte dafür tatsächlich nützlich sein – wenn auf beiden Seiten des Atlantiks denn wieder der Wille zu einer gemeinsamen oder zumindest abgestimmten Strategie entsteht.
Zankapfel Nahostkonflikt: Verspielt Trump die Zweistaatenlösung?
Im israelisch-palästinensischen Konflikt teilen Amerikaner und Europäer, allen voran die Deutschen, das Interesse an der Sicherheit Israels. Zugleich gehörte bislang das Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung und – nach einer Verhandlungslösung mit Israel – auf einen eigenen Staat zum transatlantischen Konsens in Nahost. Zwar sind die USA der engste Verbündete Israels und in internationalen Foren wie den Vereinten Nationen stehen sie traditionell unverbrüchlicher an seiner Seite als viele europäische Staaten. Doch seit Ronald Reagans Anerkennung der Palästinensischen Befreiungsbewegung PLO im Jahre 1988 folgten alle US-Präsidenten im Grunde einer auf Ausgleich zwischen Palästinensern und Israelis ausgerichteten Strategie auf der Basis der Land-für-Frieden-Formel, also palästinensische Staatlichkeit im Gegenzug für die Garantie der Sicherheit und der Anerkennung Israels. Wenngleich der in den Verhandlungen von Oslo Anfang der 1990er Jahre lancierte Friedensprozess seit Jahren brach liegt und auch die Administration von Präsident Obama keinen Durchbruch erzielen konnte, hat diese doch die Zielperspektive einer Zweistaatenlösung nachdrücklich vertreten und versucht, den israelischen Siedlungsbau zumindest zu begrenzen. Trump scheint mit dieser außenpolitischen Tradition zu brechen. Er löst sich vom Verhandlungsprimat, verfolgt einen unilateralen Ansatz und bekennt sich nicht mehr uneingeschränkt zur Zweistaatenlösung.
Trump hat einen „Deal des Jahrhunderts“ angekündigt, um den Dauerkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu lösen, aber bislang noch keine Strategie ausformuliert. Seine Haltung kann deshalb noch nicht abschließend bewertet werden. Festzuhalten ist jedenfalls, dass er in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit Fakten geschaffen hat: Die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt und die Verlegung der US-Botschaft dorthin; das Streichen von 360 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern für das Hilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA, das über fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge in den besetzten Gebieten und benachbarten Ländern versorgt; die Kürzung der bilateralen Hilfe für die Autonomiebehörde und Wirtschaftsprojekte im Westjordanland und in Gaza um 200 Millionen US-Dollar; die Schließung des PLO-Büros in Washington, das bisher als Vertretung der Palästinenser in den USA fungierte, sowie des eigens für die Palästinensischen Gebiete zuständigen US-Konsulats in Jerusalem, das stattdessen in die nach Jerusalem verlegte US-Botschaft integriert werden soll.
Offensichtlich wollen Trump und sein Nahost-Team (um den Sonderbeauftragten Jason Greenblatt, seinen Schwiegersohn und Berater Jared Kushner und den US-Botschafter in Israel David Friedmann) die sogenannten Endstatusfragen – also noch auszuverhandelnde Kernbereiche des Konflikts wie den Status von Jerusalem oder den Umgang mit den palästinensischen Flüchtlingen und ihrer Forderung nach Rückkehr – reduzieren bzw. deren Beantwortung vorwegnehmen. Zwar hat Trump bei der Jerusalem-Entscheidung die Anerkennung von Grenzen den Konfliktparteien überlassen und damit eine spätere einvernehmliche Lösung nicht ausgeschlossen. Dennoch gilt die Hauptstadtfrage für die USA nunmehr als entschieden. Daneben erweckt das amerikanische Vorgehen gegen das VN-Flüchtlingshilfswerk UNRWA den Eindruck, das Flüchtlingsproblem sei eine rein finanziell-administrative Frage. In diesem Sinne forderte Washington auch Jordanien auf, die dort lebenden palästinensischen Flüchtlinge zu integrieren und ihnen den Flüchtlingsstatus abzuerkennen. Es deutet sich damit an, dass die Amerikaner an wirklich politischen Verhandlungen von und mit den Konfliktparteien gar kein Interesse haben, sondern diesen einen Fahrplan und ein mögliches Abkommen diktieren wollen. Trumps bisherigen Schritten nach zu urteilen, würde sich ein solches stark an der Sichtweise der israelischen Regierung orientieren. Während dementsprechend auf palästinensischer Seite das verhandlungsbereite Lager frustriert ist, weil man sich von den US-Strategen ausgeschlossen fühlt, jubilieren in Israel die siedlerfreundlichen Gruppen.
Die Europäer hingegen halten nach wie vor an einer Zweistaatenlösung und der Forderung nach direkten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien fest. Bezeichnend ist, dass 22 der 28 EU-Mitglieder im Dezember 2017 in der Generalversammlung der Vereinten Nationen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem verurteilten, darunter auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Bislang ist es zudem gelungen, dass kein EU-Staat dem amerikanischen Vorbild gefolgt ist und seine Botschaft nach Jerusalem verlegt hat. Die EU und ihre Mitgliedstaaten bleiben damit beim internationalen Konsens, dass die Hauptstadtfrage erst im Zuge einer Friedensregelung abschließend geklärt und die israelische Annexion Ost-Jerusalems nicht anerkannt wird.
Wenngleich es schwierig ist, Einigkeit unter allen EU-Ländern zu erzielen, kann es den Europäern in flexiblen Formaten gelingen, auf die israelische Regierung mäßigend einzuwirken. So geriet im Sommer 2018 der drohende Abriss des nahe Jerusalem gelegenen Beduinen-Dorfes Khan el-Ahmar im Westjordanland auf die internationale Agenda, nachdem das oberste israelische Gericht das Vorhaben der Regierung für rechtmäßig erklärt hatte, die einst ohne offizielle Genehmigung errichteten Hütten zu entfernen. Während Washington zu dem Sachverhalt schwieg, ist es nicht zuletzt dem Drängen der Europäer und dem dadurch erzeugten internationalen Druck zu verdanken, dass die israelische Regierung bislang auf einen Abriss und eine zwangsweise Umsiedelung der Beduinen verzichtet hat. Noch ist aber unklar, ob und wie es Deutschland und anderen europäischen Staaten gelingen könnte, solche Vorstöße in eine kohärente und engagiertere Rolle Europas bei der Bearbeitung des Nahostkonfliktes zu übersetzen.
Einer Kooperation zwischen Europa und der amtierenden US-Regierung stehen dabei Unterschiede im methodischen Ansatz und bei der Bewertung rechtlicher Implikationen entgegen. Während die EU für Verhandlungen mit zwei gleichberechtigten Akteuren einsteht, marginalisiert die US-Regierung die palästinensische Perspektive. Als normativer und regelbasierter Akteur in den internationalen Beziehungen kann die EU beim Nahost-Friedensprozess darüber hinaus nur schwerlich mit Washington zusammenarbeiten, sollte die Trump-Administration das Primat völkerrechtlicher Vereinbarungen nicht akzeptieren. Ein Hinweis darauf ist die offensichtliche Annahme der Amerikaner, mit einem Angriff auf UNRWA könne man die Flüchtlingsfrage klären. Dabei würde selbst eine Auflösung von UNRWA nichts am Status der palästinensischen Flüchtlinge – ganz gleich welcher Generation – ändern. Die EU hingegen hat dazu beigetragen, dass die Finanzkrise bei dem VN-Hilfswerk für die palästinensischen Flüchtlinge vorübergehend gelöst werden konnte.
Angesichts der Funkstille zwischen der palästinensischen Führung und der US-Administration sowie dem Rückbau der jeweiligen diplomatischen Vertretungen fällt es Washington zunehmend schwer, die Stimmung unter den Palästinensern zu messen. Somit sind die Europäer schon heute gefordert, ihrerseits den Austausch mit der palästinensischen Führung und der Zivilgesellschaft zu intensivieren. Insbesondere die Überlebensfähigkeit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sollte dabei in den Mittelpunkt rücken. Dazu gehört auch, die zunehmend autokratischen Tendenzen in der PA deutlich und offener als bisher anzusprechen und mit Blick auf Korruption und Drangsalierung kritischer Teile der Zivilgesellschaft Hilfen gegebenenfalls zu konditionieren. Der Führungsriege um Präsident Abbas muss klar gemacht werden, dass die Unterstützung des palästinensischen Rechts auf Staatlichkeit durch die Europäer kein Blankoscheck für schlechte Regierungsführung ist.
Gleichwohl ist zu beachten, dass ein Zusammenbrechen der Autonomiebehörde unmittelbare Folgen für die Resilienzfähigkeit der Palästinenser und die Sicherheit in Israel hätte. Zudem wäre nicht ausgemacht, dass die politische Führung den Verhandlungsweg dann weiterhin verfolgt. Internationalisierungsstrategien wie die Anerkennung und Aufwertung Palästinas in internationalen Organisationen und Boykottkampagnen gegen Israel verdeutlichen, dass die Palästinenser unter Umgehung staatlicher und diplomatischer Strukturen auf die Mobilisierungskraft der globalen Zivilgesellschaft setzen könnten. Schon heute gehen viele Palästinenser davon aus, dass sie in einer Koalition mit Bürgerrechtsbewegungen und Lobbygruppen die internationale Stimmung zu ihren Gunsten verstärken können. Dafür spricht, dass sich eher liberale amerikanische Juden von der israelischen Regierungspolitik zunehmend entfernen. Laut einer Umfrage vom Juni 2018 befürwortet eine Mehrheit der israelischen Juden (77 Prozent) Trumps Umgang mit den amerikanisch-israelischen Beziehungen, während eine Mehrheit der amerikanischen Juden (57 Prozent) diesen ablehnt.
Während die Palästinenser das Vertrauen in die USA als Vermittlerin verloren haben und die Zweistaatenlösung immer unwahrscheinlicher wird, ist die Europäische Union gefordert, wenigstens eine Überbrückungsstrategie zu entwerfen, um die Hoffnung auf das Zustandekommen der Zweistaatenlösung nicht komplett erodieren zu lassen. Da das Oslo-Modell, also bilaterale Verhandlung unter der Ägide eines Vermittlers, in den vergangenen 25 Jahren nicht erfolgreich war, muss Europa über einen alternativen Konfliktregelungsmechanismus nachdenken. Empirische Studien zeigen, dass die EU das Rad nicht neu erfinden muss: israelische und palästinensische Mehrheiten für eine Zweistaatenlösung kämen eher zustande, würde ein multilaterales Forum die Umsetzung der Arabischen Friedensinitiative voranbringen. Eine Möglichkeit könnte eine Koalition aus den Mitgliedern des Nahost-Quartetts (EU, Vereinte Nationen, USA, Russland) in Verbindung mit den zentralen Akteuren der Region (Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate) sein. Das Zustandekommen des Iran-Atomabkommens hat jedenfalls eindrucksvoll bewiesen, dass auch einzelfallbezogene Koalitionen handlungsfähig sein können. Das Abkommen entstand auf Anregung der Europäer und die USA hatten sich erst im Laufe des Verhandlungsprozesses eingeklinkt. Auch für eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts, einschließlich einer Zweistaatenlösung, wird es letztendlich die Vereinigten Staaten brauchen. Doch zumindest solange Trump die US-Nahostpolitik bestimmt, wäre es im Sinne der Zweistaatenlösung angezeigt, ihre Rolle von einem Verhandlungsmonopolisten zu einem Verhandlungsteilnehmer zu überführen.
Wenn Trump von einem ultimate deal spricht, umfasst dies auch den Nahen Osten als Gesamtregion. Israel bemüht sich derzeit, seine bilateralen Beziehungen zu den arabischen Golf-Staaten in kleinen Schritten auszubauen. Es nutzt dabei das gemeinsame Bedrohungsszenario durch den Iran und profitiert vom gegenwärtigen Bedeutungsverlust der Palästina-Frage auf der internationalen und regionalen Agenda. Doch die Vertiefung der israelisch-arabischen Annäherung erfolgte bislang vor allem auf Regierungsebene. In den vergangenen Jahren haben die arabischen Herrscher ihre Bevölkerung nicht auf eine neue Israelpolitik eingestimmt, sodass dort weiterhin Skepsis dominiert. Dies gilt auch für Staaten, die über einen Friedensvertrag mit Israel verfügen. Im Verborgenen und unter Ausschluss relevanter gesellschaftlicher Kräfte wird die Normalisierung an ihre innenpolitischen Grenzen geraten. Am deutlichsten hat dies zuletzt Jordanien zu spüren bekommen, als im Nachgang der Jerusalem-Entscheidung Anti-Trump-Proteste ausbrachen. Während Trump mit seinem personalisierten Führungsstil, etwa über die Verbindung ins saudische Königshaus, hier ein hohes Risiko fährt, könnte Europa gerade über die Arbeit in und mit den arabischen Zivilgesellschaften eine nachhaltig vermittelnde Rolle zwischen Israel und der arabischen Welt spielen.
Fazit
Die Trump-Administration hat in der Iran-Politik und in der Frage des Nahostkonflikts einen Kurswechsel vorgenommen. Fortgesetzt wurden hingegen der bereits unter Obama eingeleitete Abschied von einer transformativen Agenda und der grundsätzliche Rückbau amerikanischen Engagements in der Region. Dennoch bleiben die USA dort ein maßgeblicher Akteur. Mit ihrer sowohl militärischen als auch handelspolitischen Schlagkraft können sie bislang immer noch mehr Einfluss ausüben als das zumal oft um Einigkeit ringende Europa. Die Europäer müssen sich deshalb, wollen sie die Region stabilisieren, stärker engagieren und die Schlagseite der US-Politik ausbalancieren. Dafür braucht es flexiblere Formate. Wenn es nicht möglich ist, Einigkeit aller Mitgliedsländer herzustellen, können auch Ad-hoc-Koalitionen von Mitgliedstaaten (und einem möglichen Nicht-Mitglied Großbritannien) europäische Akteursfähigkeit im Nahen Osten herstellen. Zugleich ist, wo möglich und gegebenenfalls punktuell, eine transatlantische Zusammenarbeit anzustreben. Wie nützlich deren Hebelwirkung sein kann, haben beispielsweise die Aushandlung des Iran-Atomabkommens oder der erfolgreiche Kampf gegen den IS unter Beweis gestellt.
Doch letztlich wird die Zukunft des Nahen Ostens im Nahen Osten entschieden. Die Region ist im Umbruch, Staaten zerfallen, die zerklüfteten Gesellschaften suchen nach Identität und neuen Modellen des Zusammenlebens. Diese tiefgreifenden Prozesse können begleitet, aber nicht linear von außen gesteuert werden. Wenngleich Amerikaner und Europäer das Schicksal teilen, dass westliche Einflussnahme begrenzt ist, steht für das geografisch angrenzende und kulturell mit der Region verwobene Europa weit mehr auf dem Spiel. Resonanzräume für Reformstimmen schaffen, einen konstruktiv-kritischen Dialog mit den Eliten suchen, ein verlässlicher Partner und fairer Vermittler sein – es ist Zeit für Europa, mehr Verantwortung zu übernehmen in seiner unruhigen Nachbarschaft.
Dr. Edmund Ratka ist Referent im Team Naher Osten und Nordafrika der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Marc Frings ist Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah.
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