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Länderberichte

Angela Merkels Wahl in den britischen Medien

von Dr. Bernhard Lamers

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  • Nachdem die britischen Medien in den vergangenen Monaten ausführlich über die CDU und die Kandidatendiskussion berichtet hatten, durfte man gespannt sein auf die Bewertung der Wahl von Angela Merkel. Die BBC 1-Nachrichten berichteten bereits am Tag der Wahl und stellten die europapolitischen Passagen der Rede von Frau Merkel in den Vordergrund. Eine kritischere und distanziertere Haltung zu Europa in deutlicher Abgrenzung zur Europapolitik unter Helmut Kohl sei der Grundtenor ihrer Aussagen.

  • Der "Guardian" widmet auch der Europathematik die Überschrift: "New CDU chief takes Brussels by surprise". John Hooper unterstellt Frau Merkel zwar keine Europaskepsis - sie stelle Deutschlands Mitgliedschaft in der EU nicht in Frage, ihre Sichtweise einer Verlagerung von Macht weg von Brüssel hin zur nationalen, regionalen und lokalen Ebene sei indes eine Vision, die Lichtjahre von der Vision Helmut Kohls entfernt sei. Die Rede sei mehr "rechts" als erwartet gewesen. Begründet wird dies mit der Betonung des Heimatgedankens und einigen Formulierungen, die für einen Tory-Parteitag nicht unangemessen gewesen wären. Trotz Betonung von Kontinuität in bezug auf Europa seien einige ihrer Ansichten seit den 50er Jahren nicht mehr gehört worden.

  • Auch für den "Daily Telegraph" ist Europa ein wichtiger Aspekt in der Rede. In der Kritik an der Brüsseler Bürokratie und am Europäischen Gerichtshof sieht auch Toby Helm euroskeptische Töne und eine Abkehr von früheren CDU Positionen. Neben dem Hinweis einer Absage an die Erteilung eines Kandidatenstatus für die Türkei schreibt Helm dann aber auch ein wenig widersprüchlich: "Sie war eindeutig und ganz und gar für die europäische Integration". Trotz einer allgemeinen positiven Stimmung während des Parteitages weist Helm auf "offensichtliche Spannungen" in wichtigen Politikfeldern wie Immigration und Asyl hin. Frau Merkel sei über die NRW-Kampagne alarmiert und halte sie für zu extrem.

  • Spannungen innerhalb der CDU - "zwischen zwei sich fundamental gegenüberstehenden Ideologien" - und widersprüchliche Aussagen der neuen CDU-Vorsitzenden bestimmen die Berichterstattung bei Imre Karacs im "Independent". So habe Frau Merkel ihre Abneigung gegen den fremdenfeindlichen Slogan Jürgen Rüttgers` deutlich gemacht, gleichzeitig aber in den Chor der Populisten gegen die neuen Gastarbeiter eingestimmt. Nach Karacs ist die neue Vorsitzende die liberalste von allen bisherigen Vorsitzenden, vergleichbar liberal sei die Grundhaltung des neuen Generalsekretärs, während "Friedrich Merz so weit rechts steht, wie man nur jemanden außerhalb Bayerns ... antreffen kann". Mit dem Hinweis, daß viele in der Partei Merkel als Übergangsvorsitzende sehen, gibt sie ihrem Beitrag einen weiteren Dreh kritischer Einschätzung, der schon in der Überschrift andeutungsweise erkennbar ist: ""Iron Maiden" elected to lead Kohl's party out of scandal".

  • Auch in der "Times" wird Bezug auf Margaret Thatcher genommen. Roger Boyes hebt in einem kurzen Artikel hervor, daß es das Talent Angela Merkels sei, den Sozialdemokraten Slogans aus dem Konzept des Dritten Weges zu stehlen.

  • Ausführlich und differenziert ist die Berichterstattung in der "Financial Times", die dem Parteitag ergänzend auch einen Kommentar widmet. Haig Simonian sieht den Schwerpunkt der Rede von Angela Merkel in der Sozialpolitik, erwähnt die lange Passage zu den Verdiensten Helmut Kohls und daß "die Kohl-Ära vorbei sei". Die Ausführungen zu Europa werden ebenso wie von anderen britischen Journalisten als eine distanzierte Stellungnahme gegenüber Brüssel bei gleichzeitig positiver Enschätzung der Erweiterung interpretiert. Eine durchweg positive Einschätzung findet sich im Kommentar: Burying the past. "Frau Merkels relative Jugend, ihr Ost-Hintergrund, ihre Art, einfach zu sprechen sowie die fehlenden Bindungen zur alten CDU-Garde haben sie zu einer attraktiven Wahl gemacht." Die Parteimoral zu heben, sei der einfache Teil gewesen, jetzt komme es darauf an, die praktischen Schritte zu ergreifen, um die gespaltene CDU wieder zu einer Regierungspartei werden zu lassen. Die FT sieht Frau Merkel politisch in der Mitte, mit liberalen und sozialen Vorstellungen, die die Parteirechten nicht teilen. Diese an Bord zu bringen sei die eigentliche Herausforderung. "Frau Merkel versucht, mehr Anhänger zu gewinnen, indem sie die Partei in die Mitte rückt, ohne die Rechte zu verlieren. Mindestens eine andere konservative Partei in Europa hat erfahren, daß dieses Manöver unmöglich ist."

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