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Länderberichte

Das Kabinett Nastase einen Monat im Amt

von Sabine Habersack
Am 28. Dezember 2000 ist das Kabinett des Premierministers Adrian Nastase (Partei der Sozialen Demokratie in Rumänien - PDSR) vom rumänischen Parlament gewählt worden. Das Wahlergebnis war eindeutig (314 Stimmen dafür, 145 Stimmen dagegen bei 20 abwesenden Parlamentariern), obwohl die PDSR nicht die absolute Mehrheit im Parlament innehat. Sofort nach den Wahlen führte die PDSR Verhandlungen mit allen Oppositionsparteien, um sich deren Vertrauensvotum für die Minderheitenregierung zu sichern.

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Die Partei Groß-Rumäniens (PRM), der C. V. Tudor vorsteht, war allerdings als einzige Partei von diesen Verhandlungen ausgeschlossen, da laut Ion Iliescu die PDSR keinen Kontakt mit einer extremistischen Partei suche. In diese Richtung hatte sich der jetzige Staatspräsident bereits zwischen den zwei Wahlgängen der Präsidentenwahl Ende letzten Jahres geäußert gehabt.

Das Ergebnis dieser Verhandlungen mit den Oppositionsparteien wurde in Form einer "Erklärung" festgehalten, die die PDSR mit den Liberalen und den Ungarn - die Demokratische Partei (PD) beteiligte sich nicht an dieser Erklärung - unterzeichnet hatte. Nach diesem Protokoll verpflichteten sich diese zwei Oppositionsparteien, die Wahl des neuen PDSR-Kabinetts zu unterstützen und ein Jahr lang kein Mißtrauensvotum zu stellen. So äußerte der UDMR-Vorsitzende Marko Bela für seine Partei , dass sie alle Regierungsinitiativen unterstützen werden, die zu einer Modernisierung des Landes führten. Die PDSR ihrerseits verpflichtete sich, keinerlei wichtigeren Gesetze auf die Tagesordnung des Parlaments zu bringen, ohne vorher die PNL und die UDMR um deren Stellungnahme zu bitten.

Nastase erklärte zu der Vereinbarung, dass es sich nicht um einen Pakt handele, sondern um ein Zeichen der Dialogbereitschaft der Regierung gegenüber der Opposition. Rumänien brauche ein politisch stabiles Klima, damit die Demokratisierung, die Weiterentwicklung und die Eingliederung des Landes in die europäische Strukturen fortgesetzt werden könne.

Kurze Zeit später hat man aber feststellen können, daß die PDSR dem Ungarnverband nach der Wahlunterstützung im Parlament die Besetzung von 5 Präfekturposten überlassen hat. Es spricht einiges dafür, zwischen diesen beiden Fakten einen Zusammenhang Verbindung zu sehen.

Für die PDSR - Regierung stimmte auch die parlamentarische Fraktion der "kleinen Minderheiten", die sich aber nicht an der erwähnten Erklärung beteiligt hatte. Diese kleine Fraktion hatte im Parlament deswegen für das "Nastase-Kabinett" gestimmt, weil sie darin eine Garantie für die Fortsetzung des Reformprozesses sehe. Der Abgeordnete Varujan Pambuccian drückte die Hoffnung der Fraktion aus, dass sie bei der Pflege und dem Aufbau der Beziehungen Rumäniens zu den jeweiligen "Herkunftsländern" einbezogen würde. Die PDSR hat diesbezüglich bereits positive Signale erkennen lassen.

Die Demokratische Partei (PD) und die Partei Groß-Rumäniens von Tudor (PRM) stimmten gegen das "Nastase-Kabinett".

Noch-PD-Vorsitzender Petre Roman begründete diese Haltung damit, daß seine Partei sich als echte Oppositionspartei etablieren und damit eine Alternative zur regierenden PDSR anbieten wolle.

Parallel zu den Verhandlungen mit den Oppositionsparteien wurden auch Verhandlungen mit den Gewerkschaften geführt, um einen sogenannten "Pakt für den sozialen Frieden" abzuschließen. In diesem Pakt wurden die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Steigerung der Kaufkraft mit schnellen und konkreten Ergebnissen versprochen. Doch das für den Pakt erarbeitete Regierungsdokument mit den Prinzipien, zu denen sich die Regierung den Gewerkschaften gegenüber verpflichtete, wurde bereits von "Cartel Alfa", einer Art oppositioneller Gewerkschaft, massiv kritisiert: Es enthalte zwar schöne Absichtserklärungen, aber keine konkreten Maßnahmen und genauen Verpflichtungen.

Noch am Abend der Wahl durch das Parlament legten die 27 Mitglieder des Kabinetts im Schloß Cotroceni den Eid vor Präsident Iliescu ab. Der Staatschef bemerkte in seiner Ansprache, daß das Präsidialamt den Ministern "ein loyaler Partner" sein würde.

Nastase versprach gleich zu Beginn seiner Amtszeit spürbar mehr Effizienz des Regierungshandelns: er brauche keine Rücksicht mehr auf Koalitionspartner zu nehmen (das hat den früheren Regierungen sehr geschadet) und als Parteivorsitzender der PDSR könne er leichter Entscheidungen treffen, weil er mit der vollen Unterstützung seiner Partei rechnen könne. Er habe vor, realistisch, pragmatisch und im nationalen Interesse zu regieren. Auch sei ihm der sozialpolitische Frieden sehr wichtig, welcher durch die Unterstützung seines Minderheitenkabinetts seitens der Gewerkschaften gesichert sei.

Nastase betonte, daß er eine sozialdemokratische Politik betreiben werde sowie eine größere Effizienz der Wirtschaft und eine gerechtere Verteilung der Einnahmen in der Gesellschaft anstrebe. Ein weiteres Schwerpunkt bilde die Fortsetzung der Integrationsbemühungen in Richtung EU und NATO. Schließlich kündigte der neue Premierminister an, sechs Monate nach seiner Wahl dem Parlament einen Bericht über die Erfüllung des Regierungsprogramms zu unterbreiten und sich der Vertrauensfrage zu stellen.

Zur Frage der nationalen Minderheiten in Rumänien betonte Nastase, daß sie einen großen Reichtum für Rumänien darstellen und er persönlich dafür sorgen werde, daß sie ihre Identität bewahren und weiterentwickeln könnten. Dies alles in einem Geiste der Toleranz und des gegenseitigen Respektes zwischen den Minderheiten und der Mehrheitsbevölkerung.

So erklärte sich die neue Regierung mit der Anwendung der Minderheitensprachen in der Kommunalverwaltung einverstanden. Mehrere Zeitungen bemerkten daraufhin, daß die Ungarn in zwei Wochen Opposition mehr erreicht hätten, als während der vergangenen vier Jahren Regierungsbeteiligung. Und der ungarische Außenminister meinte gegenüber der Tageszeitung "Nepszabadsag", er sei sehr zufrieden mit den ersten Maßnahmen, die die neue Regierung in Bukarest getroffen hätte. Seine noch im Wahlkampf 2000 bestehende Sorge um das Schicksal der ungarischen Minderheit in Rumänien sei unbegründet gewesen; die Vereinbarung regierenden PDSR u. a. mit dem Ungarnverband UDMR funktioniere gut.

Unter den ersten Maßnahmen, die die neue Regierung getroffen hat, war im übrigen auch die schnelle Abschaffung der Visa-Pflicht für die Bürger der Europäischen Union zum 1. Januar 2001.

Deutlich geworden ist aber wieder einmal, daß Staatspräsident Iliescu und Premierminister Nastase gelegentlich in unterschiedlicher Sprache sprechen: während der Premierminister in Brüssel und Straßburg die Vertreter der EU und der NATO zu überzeugen versuchte, daß das neue Kabinett nach einer wahren Marktwirtschaft strebe, ein anhaltendes Wirtschaftswachstum wünsche und eindeutige Signale für die Ernsthaftigkeit der angekündigten Vorhaben geben wolle, äußerte sich Staatspräsident Ion Iliescu am selben Wochenende in Focsani in gewohnter halbkommunistischer Weise diesmal über die Bankenprivatisierung.

Vor Geschäftsleuten sagte er nach mehreren übereinstimmenden Zeitungsberichten, dass, wenn die rumänischen Banken im Zuge der Privatisierung an Ausländer verkauft würden, Rumänien wie ein Bettler dastehen würde. Die Pressesprecherin des Präsidialamtes beeilte sich, gleich am folgenden Tag zu erklären, Iliescu habe nicht die Privatisierung an sich kritisiert, sondern ihre Durchführung. Eigentlich wollte er unterstreichen, dass das rumänische Bankensystem uneingeschränkt privatisiert werden müßte, habe dieses aber unglücklich formuliert. Darüber hinaus glaube der Staatspräsident nicht, daß seine "unglückliche Formulierung" dem Besuch von Premierminister Adrian Nastase in Straßburg und Brüssel geschadet habe.

Allerdings scheint der Staatspräsident gerne "unglücklich" zu formulieren. So ließ er sich am 7. Februar 2001 auf dem Treffen des Deutschen Wirtschaftsclub in Rumänien (DWR) dazu hinreißen, die Visapolitik der EU gegenüber Rumänien mit der Vergangenheit zu vergleichen: Früher hätten die europäischen Länder die Ostblockländer wegen der undurchlässigen Grenzen (von Ost nach West) kritisiert, heute schotte sich die EU genauso ab!






Die Regierung Rumäniens, Das Kabinett

Ressort
Adrian NastasePremierminister
Mircea Dan GeoanaAußenminister
Hildegard Carola PuwakMinister für Europäische Integration
Mihai Nicolae TanasescuFinanzminister
Mihaela Rodica StanoiuJustizminister
Ioan Mircea PascuMinister für Nationale Verteidigung
Ioan RusInnenminister
Cazan Gheorghe LeonardMinister für Entwicklung und Prognose
Marian SârbuMinister für Arbeit und soziale Solidarität
Ioan Dan PopescuMinister der Industrie und Ressourcen
Ilie SârbuMinister für Landwirtschaft, Ernährung und Forst
Ilie Aurel ConstantinMinister für Gewässer und Umweltschutz
Miron Tudor MitreaMinister für öffentliche Arbeit, Transport und Wohnungen
Matei - Agaton DanMinister für Tourismus
Silvia CiorneiMinister für Klein- und Mittelunternehmen
Andronescu EcaterinaMinister für Unterricht und Forschung
Razvan TheodorescuKulturminister
Daniela BartosMinister für Gesundheit und Familie
Georgiu GingarasMinister für Jugend und Sport
Dan NicaMinister für Kommunikation und Informationstechnologie
Octav CozmâncaMinister für öffentliche Administration
Vasile DâncuMinister für öffentliche Informationen
Petru Serban MihailescuMinister - Generalsekretär der Regierung
Acsinte GasparMinister für die Beziehungen zum Parlament
Ovidiu Tiberiu MusetescuMinister für Privatisierung
Vasile PuscasDelegierter Minister - Chefunterhändler bei der EU
Serban Constantin ValecaDelegierter Minister beim Ministerium für Unterricht und Forschung

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Dr. Martin Sieg

martin.sieg@kas.de

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