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Erste Chance für die Oppositon in Mosambik

von Burkhard Margraf
Bei den zweiten Kommunalwahlen in Mosambik hat die oppositionelle RENAMO in 4 Städten gewonnen. Damit wird sie zum ersten Mal seit der Einführung der Mehrparteiendemokratie vor 10 Jahren die Chance haben, zumindest auf lokaler Ebene in die Regierungsverantwortung zu kommen. Dies ist wichtig, damit sie unter Beweis stellen kann, dass sie für die kommenden Parlamentswahlen eine echte Alternative zur FRELIMO darstellt. Die kleinen Oppositionsparteien spielten bei dieser Wahl keine entscheidende Rolle. Die Wahlen fanden ohne Zwischenfälle statt.

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Seit dem Wahltag am 19. November sind nun 2 Wochen vergangen und das amtliche Endergebnis dieser zweiten Kommunalwahlen seit dem Ende des Einparteienregimes und der Einführung der Mehrparteiendemokratie in 1992 wurde am Abend des 3. November bekannt gegeben. Radio und Fernsehen übertrugen die Bekanntgabe der Ergebnisse live. Bei diesen Kommunalwahlen waren rd. 20% der wahlberechtigten Mosambikaner zu den Urnen gerufen, und zwar überwiegend die städtische Bevölkerung in insgesamt 33 Städten des Landes.

Da die Einzelergebnisse in vielen der Städte und Gemeinden, in denen gewählt wurde, bereits am Tag nach der Auszählung vor Ort an den Wahllokalen ausgehängt worden waren, hat die Bekanntgabe des amtlichen Ergebnisses bis auf wenige Ausnahmen kaum Überraschungen gebracht.

Die seit der Unabhängigkeit im Jahre 1975 das Land ohne Unterbrechung regierende FRELIMO hat die große Mehrzahl der Städte und Gemeinden gewinnen können. Die oppositionelle RENAMO hat 4 Städte gewonnen, darunter die zweitgrößte Stadt des Landes, Beira, und 3 Küstenstädte im Norden des Landes. In einer fünften Gemeinde wird die RENAMO den Bürgermeister stellen - die Bürgermeister werden direkt gewählt – während die FRELIMO die Mehrheit im Stadtparlament hat. Der Süden des Landes ging komplett an die FRELIMO. Von der Mehrzahl der politischen Beobachter war erwartet worden, dass die RENAMO bei dieser Wahl erheblich mehr Gemeinden gewinnen würde. Bei den letzten Parlamentswahlen erhielt die Opposition knapp 47% der Stimmen.

Die Wahlbeteiligung war mit rund 30% - 35% sehr viel besser als bei den ersten Kommunalwahlen vor 5 Jahren, an denen sich die Opposition nicht beteiligt hatte und bei der mangels Alternativen weniger als 15% der Wähler zu den Urnen gingen. Bei den letzten Parlamentswahlen vor 4 Jahren lag sie allerdings bei 75%. Das zeigt, dass die Parteien es nicht geschafft haben, den Wählern die Bedeutung dieser Kommunalwahlen zu vermitteln. Dies ist nicht verwunderlich, da Mosambik ein sehr zentralistisch organisierter Staat ist, in der fast alle den Bürger betreffenden Entscheidungen (noch) von der Zentralregierung getroffen werden.

Die Wahl wurde von mehreren Gruppen nationaler und internationaler Beobachter verfolgt, von denen die EU die größte und wichtigste stellte. Die Beobachtermission der EU bescheinigte den zuständigen Wahlbehörden im Großen und Ganzen eine faire und transparente Durchführung der Wahl. Sie nannte allerdings auch die Schwächen, die aus ihrer Sicht dringend angegangen werden müssen, damit die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr besser ablaufen.

Die Mängelliste wurde angeführt von der Feststellung, dass der Regierungspartei FRELIMO in 2 der 11 Provinzen die Nutzung von staatlichen Ressourcen für die Durchführung ihrer Wahlkampagne nachgewiesen werden konnte. In diesen Provinzen konnte die FRELIMO Traumergebnisse von über zwei Drittel bis drei Viertel der Stimmen einfahren.

Ein weiterer schwerer Fehler war der Ausschluss eines aussichtsreichen Kandidaten der Opposition durch die FRELIMO-dominierte Nationale Wahlkommission CNE kurz vor Wahlkampfbeginn. Diese Entscheidung wurde vom Verfassungsrat einen Tag vor der Wahl aufgehoben. Durch die falsche Entscheidung der CNE konnte der Kandidat keinen Wahlkampf führen und unterlag. Die RENAMO hat inzwischen eine Wiederholung der Wahl in dieser Stadt beantragt, die Entscheidung des Verfassungsrats steht noch aus.

Eine Überraschung war die Feststellung der EU-Mission, dass die elektronischen Medien (Rundfunk und Fernsehen) der Opposition eine angemessene Sendezeit im Wahlkampf widmeten. Dies ist gegenüber früheren Wahlen ein eindeutiger Fortschritt.

Die Printmedien, die indirekt durch die öffentlichen Hand kontrolliert werden, vor allem die größte Tageszeitung des Landes „Noticias“, haben dagegen – wie nicht anders erwartet - eine eindeutig tendenzielle Berichterstattung zugunsten der FRELIMO gebracht. Auch in der Berichterstattung der Nachrichtenagentur AIM wird an der Opposition in der Regel kein gutes Haar gelassen.

Wenn man von den Stimmen für die Regierungspartei FRELIMO die Angestellten im öffentlichen Dienst (und ihre wahlberechtigten Familienangehörigen) abzieht, die in der überwiegenden Mehrheit Mitglieder „der Partei“ sind – was in der langjährigen Ära der Einheitspartei bis 1992 eine Selbstverständlichkeit war und noch heute die Voraussetzung für eine Beförderung im öffentlichen Dienst ist –, bleibt von dem Vorsprung der FRELIMO nicht mehr viel übrig. Da es seit langem zur Strategie der FRELIMO gehört, die RENAMO dadurch zu diskreditieren, dass sie über die staatlich beeinflussten Medien (Nachrichtenagentur AIM, Fernsehsender TVM und größte Tageszeitung Noticias) die Angst schürt, bei einem Wahlsieg der Opposition würden alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ihren Job verlieren, stimmen alle diejenigen für die „Staatspartei“, denen sie Lohn und Brot gibt.

Aus dem Ergebnis dieser Kommunalwahlen lassen sich keine Schlüsse für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr ziehen, da dann von allen Mosambikanern gewählt wird und die RENAMO auf dem flachen Land ihre Anhängerschaft hat. Bei den Kommunalwahlen waren nur nur rd. 1/5 der wahlberechtigten Mosambikaner betroffen, und zwar überwiegend die städtische Bevölkerung, der es im Vergleich zu den ländlichen Massen des Landes viel besser geht. Auch das Heer der Angestellten im öffentlichen Dienst wohnt in den Städten. Das Wohlstandsgefälle zwischen der Hauptstadt Maputo und den armen ländlichen Provinzen beträgt 12 zu 1. Die Wähler auf dem Lande, die seit Jahren keine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage sehen, hatten bei den letzten beiden Wahlen überwiegend für die Opposition gestimmt.

Für die Parlaments- und Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr bedeutet das, dass das Rennen offen ist und die Opposition eine realistische Chance auf einen Wahlsieg hat, wenn die von den Wahlbeobachtern genannten Mängel bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen beseitigt werden können und damit Chancengleichheit zwischen den Parteien hergestellt wird.

Für die Opposition markiert die Kommunalwahl einen Wendepunkt, an dem sie ihre Regierungsfähigkeit – wenn auch nur auf lokaler Ebene – unter Beweis stellen kann. Die wurde ihr von der Regierung bisher abgesprochen. Jetzt muss die Regierungspartei FRELIMO zeigen, dass sie bereit ist, auf lokaler Ebene dem Bürgerwillen zu entsprechen und Macht abzugeben – eine für sie nach 28 Jahren Alleinherrschaft völlig neue Situation. Die Zentralregierung hat die Möglichkeit, über die Zuteilung der Finanzen an die Gemeindehaushalte die Arbeit der neu gewählten oppositionellen Gemeinderäte und Bürgermeister in ihrer Arbeit zu unterstützen oder zu behindern.

Die internationale Gemeinschaft, vor allem die Geber - von denen der Staatshaushalt zu 60% abhängt - sollte in den kommenden Monaten genau beobachten, wie die Regierung sich in dieser wichtigen Frage verhält. Daran wird sich messen lassen, ob sie es mit der Demokratie ernst meint und bereit ist, die Macht zu teilen. Für die Geber ist dies ebenfalls ein Test, der zeigen wird, ob ihre Forderungen nach guter Regierungsführung (good governance) ernst gemeint sind und sie bereit sind, sich für deren Umsetzung stark zu machen.

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5. November 2003
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