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Johannesson, der keine politische Erfahrung besitzt und in Island vor allem als Fernsehexperte bekannt war, hatte sich mit 39 Prozent der Stimmen bei der Wahl am 25. Juni souverän gegen acht andere Kandidatinnen und Kandidaten durchgesetzt. Hinter ihm blieben die Unternehmerin Halla Tomassdottir (27,9 Prozent) und der Schriftsteller Andri Snaer Magnason (14,3 Prozent). Umfragen hatten schon im Vorfeld der Wahl seinen Sieg mit einem großen Vorsprung vorausgesagt.
Die Wahl galt als ein Protest gegen die politische Elite, die sich zuerst während der Wirtschaftskrise 2009 und zuletzt durch die Enthüllungen der Panama-Papers diskreditiert hatte. Premierminister Sigmundur David Gunnlaugsson war zuvor im April zurückgetreten, nachdem ihm vorgeworfen worden war, seine frühere Beteiligung an einer Briefkastenfirma seiner Ehefrau verschwiegen zu haben.
Die Wahlbeteiligung lag bei beachtlichen 75 Prozent, auch wenn sich geschätzte 8 Prozent der etwa 330.000 Einwohner zählenden Bevölkerung zu dieser Zeit in Frankreich befanden, um ihre Nationalmannschaft bei der ersten Europameisterschaft-Teilnahme zu unterstützen. Laut Medienberichten wurde zwar kurzerhand ein Wahllokal im Mannschaftshotel eingerichtet, für die meisten der mitgereisten Fans wurden aber solche Vorkehrungen nicht getroffen.
Der fünffache Vater Johannesson wird sein Amt am 1. August antreten und damit den seit 20 Jahren amtierenden Präsidenten Olafur Ragnar Grimsson ablösen. Der 73-Jährige hatte noch im April angedeutet, sich für ein weiteres Mal zur Wahl aufstellen zu lassen, zog dann aber infolge sinkender Umfragewerte und Fragen über die Rolle seiner Frau bei einer Briefkastenfirma seine Kandidatur zurück.
Der 48-jährige Johannesson, der Geschichte an der Universität Islands lehrt und unter anderem auch in Bonn studiert hat und Deutsch spricht, wird in seinem Amt hauptsächlich repräsentative Aufgaben wahrnehmen. Allerdings kann der Präsident auch ein Veto gegen Gesetzentwürfe einlegen. Weiterhin spielt er eine wichtige Rolle bei der Regierungsbildung. Auf diese Rolle wird er bereits im Herbst nach den anstehenden Parlamentswahlen zurückgreifen müssen. Außerdem hatte er bereits vor der Wahl für die von Bürgern initiierten Referenden geworben. Johannesson ist mit der Kanadierin Eliza Reid verheiratet. Er hat mehrere Bücher über die Politik und Geschichte Islands verfasst. Zudem hat er auch Werke des amerikanischen Horror-Autors Stephen King ins Isländische übersetzt.